In einem aktuellen (Hinweis-)Beschluss bejaht auch das OLG Karlsruhe das Rücktrittsrecht von Käufern, deren Dieselfahrzeuge mit einer veränderten Motorsteuerungssoftware ausgestattet sind und den Ausstoß von Stickoxiden lediglich auf dem Prüfstand verstärkt reduzieren. Ein Sachmangel liege in der manipulativen Erreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Emissions-Grenzwerte durch Einbau einer entsprechenden Steuerungssoftware. Zudem sei ein Sachmangel darin zu sehen, dass eine Betriebsuntersagung erfolgen könne. Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gegenüber der Verkäuferin sei ausnahmsweise unzumutbar gewesen: Die Verkäuferin sowie die Fahrzeugherstellerin behaupteten bis heute öffentlich, dass kein Sachmangel bzw. kein erheblicher Sachmangel vorliege. Auch wenn die Beklagte als Verkäuferin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gutgläubig gewesen sein dürfte, könne ein Käufer nicht darauf verwiesen werden, ein – wiederum von der dem Käufer nun wenig vertrauenswürdig erscheinenden Fahrzeugherstellerin entwickeltes – Update aufspielen zu lassen. Schließlich sei das Festhalten an der Rücktrittserklärung nach Durchführung des Software-Updates nicht treuwidrig.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.12.2018 – 17 U 4/18
I.
In Bezug auf die gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 gerichtete Berufung weist der Senat darauf hin, dass die zulässige (insbesondere den Begründungsanforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügende) Berufung in der Sache teilweise Erfolg haben dürfte.
Gegen die – im Übrigen zutreffende – Annahme des Landgerichts, dass die V. AG „Dritte“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 28 U 201/16 –, juris Rn. 40, juris; OLG München, Urteil vom 3. Juli 2017 – 21 U 4818/16 –, juris Rn. 17 f; OLG Hamm, Beschluss vom 18. Mai 2017 – 2 U 39/17 –, juris Rn. 4; OLG Koblenz, Urteil vom 28. September 2017 – 1 U 302/17 –, juris Rn. 26 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 7 W 26/16 –, juris Rn. 8; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Mai 2017 – I-22 U 52/17 –, juris Rn. 14) und die Beklagte Ziff. 1 keine Kenntnis von der behaupteten Täuschung durch die Beklagte Ziff. 2 hatte, erinnert die Klägerin zwar nichts, so dass sich der geltend gemachte Anspruch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB ergibt. Indes steht der Klägerin nach §§ 346 Abs. 1, 349, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 323 BGB ein Anspruch auf Rückabwicklung des zwischen ihr und der Beklagten Ziff. 1 geschlossenen Kaufvertrages zu (1.). Dies führt dazu, dass die Klägerin den an die Beklagte Ziff. 1 bezahlten Kaufpreis von 24.207 EUR zurückerhält, worauf sie sich jedoch Nutzungen anrechnen lassen muss (2.). Da die Anzahl der von der Klägerin seit Übergabe des in Streit stehenden Pkw gefahrenen Kilometer zwischen den Parteien streitig ist, ist auf Antrag der insoweit beweisbelasteten Beklagten Ziff. 1 Beweis zu erheben über den aktuellen Kilometerstand durch Inaugenscheinnahme des klägerischen Fahrzeugs (3.).
1. Die Klägerin kann von der Beklagten Ziff. 1 nach §§ 346 Abs. 1, 349, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 323 BGB die Rückabwicklung des zwischen ihnen am 3. August 2012 über einen gebrauchten Passat Variant, 2,0 l …, … geschlossenen Kaufvertrages verlangen. Die Klägerin hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt (a). Im Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung lagen alle für die Ausübung des Gestaltungsrechts nötigen Voraussetzungen vor. Das erworbene Fahrzeug war mangelhaft (b.), wobei der Sachmangel erheblich (c) und der Kläger das Setzen einer Nachfrist unzumutbar (d) war. Dem Verlangen der Klägerin nach Rückabwicklung des Kaufvertrags steht nicht entgegen, dass der Mangel – wie die Beklagte Ziff. 1 behauptet – durch das am 24. August 2016 aufgespielte Software-Update behoben worden sei (e).
a) Die Klägerin hat mit an die Beklagte Ziff. 1 gerichtetem Schreiben vom 28. Juli 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Zwar enthält weder dieses Schreiben noch das diesem Schreiben beiliegende Schreiben vom selben Tag an den „V.verbraucherschutz“, auf das der klägerische Bevollmächtigte ausdrücklich Bezug nahm, eine ausdrückliche Rücktrittserklärung. Allerdings ist den beiden Schreiben hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Klägerin im Hinblick auf die hier in Streit stehende Motorsteuersoftware nicht weiter an den Kaufvertrag gebunden bleiben und das erworbene Fahrzeug zurückgeben wollte. Eine Beschränkung der Gestaltungserklärung auf eine ex tunc wirkende Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann dem Schreiben auch unter Berücksichtigung des späteren Verhaltens der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 – VI ZB 24/16 –, juris Rn. 9 mwN; Versäumnisurteil vom 7. Dezember 2006 – VII ZR 166/05, – juris Rn. 18) entgegen der Ansicht der Beklagten Ziff. 1 nicht entnommen werden. Vielmehr erstrebte die Klägerin – für die Beklagte Ziff. 1 erkennbar – jedenfalls eine Beendigung des Kaufvertrages ex nunc, um ihr erklärtes Ziel der Rückgabe des erworbenen Fahrzeugs erreichen zu können. Bei dieser Sachlage ist die in dem Schreiben vom 28. Juli 2016 enthaltene Erklärung entweder gemäß §§ 133, 157 BGB in eine Rücktrittserklärung auszulegen oder in eine solche gemäß § 140 BGB umzudeuten (vgl. zur Umdeutung einer Anfechtung in einen Rücktritt BGH, Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 182/08 –, juris Rn. 16; Urteil vom 7. Juni 2006 – XII ZR 209/05 –, juris Rn. 27). Einer derartigen Auslegung oder Umdeutung steht nicht entgegen, dass die auszulegende oder umzudeutende Willenserklärung von einem Rechtsanwalt abgegeben wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2014 – IV ZR 230/14 –, juris Rn. 12 mwN; Urteil vom 9. Oktober 1980 – VII ZR 332/79 –, juris Rn. 18). Die Beklagte Ziff. 1 hat die Erklärung der Klägerin im Übrigen offensichtlich auch als Rücktrittserklärung verstanden. Denn in ihrem Antwortschreiben vom selben Tag, in dem sie sich ausführlich mit der beanstandeten Software und den beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung des Stickstoffausstoßes auseinandersetzte, teilte sie der Klägerin nicht nur mit, dass sie „Ihrem Wunsch, Ihr Fahrzeug zurückzunehmen, nicht entsprechen“ könne, sondern sie verzichtet zugleich auf die Erhebung der Verjährungseinrede „im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit Motortyp .. … eingebauten Software bestehen“, wobei sich der Verjährungsverzicht ausdrücklich auch auf Ansprüche bezog, die „bereits verjährt sind“. Da die im Falle der Wirksamkeit der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung allein bestehenden Bereicherungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB noch nicht verjährt waren, bezieht sich die Verjährungseinrede offensichtlich auf vorliegend bereits verjährte Mangelgewährleistungansprüche der Klägerin.
Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob (auch) im Zeitpunkt des Zugangs der klägerischen Berufungsbegründung, die (ebenfalls) eine konkludente Rücktrittserklärung enthält (welche unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen wäre, vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 – VIII ZR 212/17 –, juris), alle für die Ausübung des Gestaltungsrechts nötigen Voraussetzungen vorlagen.
b) Das hier in Streit stehende Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft, weil es sich zwar für die gewöhnliche Verwendung eignete, aber nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB; im Ergebnis ebenso: OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 – 6 U 409/17 –, juris Rn. 38; OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – 18 U 112/17 –, juris Rn. 36 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 7 W 26/16 –, juris Rn. 6).
aa) Da zwischen den Parteien weder eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) besteht noch im Vertrag eine bestimmte Verwendung vorausgesetzt wurde (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), ist für die Frage des Sachmangels nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB neben der – hier unstreitig zu bejahenden Eignung für die gewöhnliche Verwendung – entscheidend, ob das Kfz eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Für die Sollbeschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB kommt es weder auf die konkret vorhandene Vorstellung des jeweiligen Käufers noch auf einen durchschnittlichen technischen Informationsstand – sofern ein solcher überhaupt feststellbar sein sollte – der Käuferseite an, sondern allein darauf, welche Beschaffenheit der Käufer „nach der Art der Sache” erwarten kann. Maßstab ist danach die objektiv berechtigte Käufererwartung, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Als übliche Beschaffenheit kann der Käufer in technischer Hinsicht aber grundsätzlich nicht mehr erwarten, als dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht (BGH, Urteil vom 4. März 2009 – VIII ZR 160/08 –, juris Rn. 11 mwN).
Daher ist bei Kraftfahrzeugen der am Stand der Technik orientierte Vergleich auf alle Fahrzeuge mit einer nach Bauart und Typ vergleichbaren technischen Ausstattung zu erstrecken; es besteht dagegen keine Veranlassung, ihn darüber hinaus noch hersteller- oder sogar fahrzeugtypspezifisch einzugrenzen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 – VIII ZR 102/16 –, juris Rn. 3).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stellt die – unstreitige – Existenz einer zwei Betriebsmodi umfassenden Motorsteuerungssoftware, die den Ausstoß von Stickoxiden (nur) dann durch Abgasrückführung reduziert, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet, nicht jedoch auch, wenn das Fahrzeug – wie für den größten Teil seiner Lebensdauer vorgesehen – auf der Straße betrieben wird, in zweierlei Hinsicht einen Sachmangel dar:
(1) Das Fahrzeug soll nach dem Vortrag der Beklagten Ziff. 1 die sog. Abgasnorm Euro 5 erfüllen. Die diesbezügliche Typengenehmigung wird nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (nachfolgend: VO 715/07) aber nur erteilt, wenn der Hersteller nachweist, dass die in Anhang I und in den in Artikel 5 genannten Durchführungsmaßnahmen festgelegten Grenzwerte eingehalten werden.
Die objektiv berechtigte Käufererwartung geht dabei dahin, dass – wie bei der Beschaffenheit gleichartiger Sachen (hier: anderer Kfz anderer Hersteller mit Euro 5-Zulassung) üblich – die Einhaltung dieser Grenzwerte ohne Manipulation an der Motorsteuerungssoftware von statten geht, insbesondere, dass es nicht zwei Betriebsmodi gibt, von denen einer für die Straße und der andere – wegen der Messung der Abgaswerte – für den Prüfstand vorgesehen ist und allein Letzterer die Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt.
Dass dem durchschnittlichen Käufer dabei bewusst sein mag, dass die in den Prospekten der Fahrzeughersteller enthaltenen und anhand der in Art. 3 Nr. 6 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (nachfolgend: VO 692/08) genannten Prüfbedingungen ermittelten Stickoxidwerte (NOx) mit denen im realen Fahrbetrieb auf der Straße nicht übereinstimmen, ist ohne Belang. Es mag sein, dass der Käufer zwar erwartet, dass die Hersteller bei der Auslegung der Prüfbedingungen und der Beschaffenheit des auf dem Rollenprüfstand zu testenden Fahrzeugs (erlaubte) Veränderungen in ihrem Sinne vornehmen, die auf der Straße unüblich sind (z.B. zulässige Gewichtsreduktion durch Ausbau der hinteren Sitzbänke, Verwendung lediglich eines Außenspiegels, Lotuslackierung etc.). Das ist auch deshalb naheliegend, weil der über Anhang III Ziffer 2 und Ziffer 3 VO 692/08 anwendbare und die Versuchsbedingungen beschreibende Anhang 4a der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Fahrzeuge hinsichtlich der Emission von Schadstoffen aus dem Motor entsprechend den Kraftstofferfordernissen des Motors (nachfolgend: UN Nr. 83) lediglich vorsieht, dass das zu testende Fahrzeug in gutem technischem Zustand vorzuführen ist, eingefahren sein und vor der Prüfung mindestens 3.000 km zurückgelegt haben muss (Ziffer 3.2.1). Darüber hinaus gehende Vorgaben zum Testfahrzeug werden nicht gemacht. Schließlich erlaubt Ziffer 6.2.3 sogar die Erhöhung des Reifendrucks um bis zu 50% im Vergleich zum vom Hersteller empfohlenen Druck. Doch auch wenn die objektive Käufererwartung vor diesem Hintergrund dahin gehen mag, dass die prospektierten Abgaswerte – ähnlich der Angaben zum durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch – regelmäßig von denen auf der Straße abweichen dürften, darf der Käufer dennoch davon aus ausgehen, dass für die Ermittlung der aufgrund des NEFZ ohnehin künstlichen Werte nicht zusätzlich der Motor durch eine Software so gesteuert wird, dass er nicht nur die Testdurchführung auf dem Prüfstand erkennt (z.B. für die Abschaltung der Fahrassistenzsysteme), sondern demgemäß in einen höheren Abgasrückführungsmodus schaltet, der unter Realbedingungen niemals aktiv ist. Das ist auch der Grund, warum Art. 5 Abs. 2 VO 715/07 die Verwendung von Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig erklärt.
Der (erste) Sachmangel liegt demnach nicht in der Abweichung der unter Testbedingungen gemessenen Abgasemissionswerte zu denen im realen Fahrbetrieb, sondern in der manipulativen Erreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte durch Einbau einer Steuerungssoftware, mit der der Kunde – gerade weil sie verglichen mit Fahrzeugen anderer Hersteller mit einer nach Bauart und Typ vergleichbaren technischen Ausstattung nicht üblich ist – nicht rechnen muss.
(2) Darüber hinaus liegt der (zweite) Sachmangel darin, dass allein die im Motor enthaltene Steuersoftware zur Abgasrückführung dazu führen kann, dass der Käufer – sollte er sich weigern, das von der VW AG angebotene Software-Update aufzuspielen – mit der Untersagung des weiteren Betriebs auf öffentlichen Straßen nach § 5 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (nachfolgend: FZV) zu rechnen hat.
Wie dem Spezialsenat aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle zur Kenntnis gekommen und damit gerichtsbekannt ist, wurden alle von dem sog. Abgasskandal betroffenen Fahrzeughalter seitens des KBA angeschrieben und ihnen „dringend empfohlen, an der Ihr Fahrzeug betreffenden Rückrufaktion sehr zeitnah teilzunehmen“, sprich: das vom KBA freigegebene Software-Update aufzuspielen, um die andernfalls drohende Untersagungsverfügung zu vermeiden. Ein Fahrzeug, dem aufgrund einer vom Motorenhersteller entwickelten und im Aggregat inkorporierten Software die Stilllegung droht, weicht aber von der bei Sachen der gleichen Art üblichen Beschaffenheit ab und ist daher mangelhaft.
Hier kommt es allein darauf an, dass das KBA – unabhängig von der Frage, ob zu Recht oder zu Unrecht und für den Senat bindend oder nicht – die auch im streitgegenständlichen Motor enthaltene Steuerungssoftware in seinem Bescheid vom 15. Oktober 2015 als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO 715/07, Ziffer 2.15 und Ziffer 5.1.2.1 UN Nr. 83 angesehen hat und tatsächlich mit den beschriebenen Konsequenzen droht. Für die Frage des Vorliegens eines Sachmangels zum maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist es ferner unerheblich, ob die Klägerin durch Teilnahme am Software-Update einer Untersagungsverfügung Jahre später entgehen könnte.
(3) Der Umstand, dass die Kaufsache alles in allem gebrauchstauglich sein mag, spielt demgegenüber keine Rolle. Weder das Gesetz noch die zum Mangelbegriff ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung fordern für die Bejahung einer zum Nachteil des Käufers von der Soll-Beschaffenheit abweichenden Ist-Beschaffenheit eine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache.
c) Der Rücktritt ist nicht deshalb nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil – was die Beklagte Ziff. 1 darzulegen und zu beweisen hat – die Pflichtverletzung unerheblich wäre. Das Gegenteil ist der Fall (im Ergebnis ebenso: OLG Köln, Beschluss vom 28. Mai 2018 – I-27 U 13/17 –, juris Rn. 56 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 – 6 U 409/17 –, juris Rn. 44 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 12. März 2018 – I-27 U 13/17 –, juris Rn. 53 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – 18 U 112/17 –, juris Rn. 41 ff.; aA OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017 – 2 U 4/17 –, juris Rn. 22 ff.; OLG München, Urteil vom 3. Juli 2017 – 21 U 4818/16 –, juris Rn. 27).
aa) § 437 Nr. 2 Var. 1 BGB verweist bei Vorliegen eines Sachmangels auf die den Rücktritt von gegenseitigen Verträgen betreffende Vorschrift des § 323 BGB. Nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10 –, juris Rn. 19; Urteil vom 6. Februar 2013 – VIII ZR 374/11 –, juris Rn. 16). Dabei ist stets auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (BGH, Urteil vom 15. Juni 2011 – VIII ZR 139/09, juris Rn. 9 mwN; Urteil vom 6. Februar 2013 – VIII ZR 374/11 –, juris Rn. 18). Ein zu diesem Zeitpunkt erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es im weiteren Verlauf der sich anschließenden Auseinandersetzung gelingt, den Mangel mit geringem Aufwand zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2008 – VIII ZR 166/07 –, juris Rn. 20; Urteil vom 9. März 2011 – VIII ZR 266/09 –, juris Rn. 18).
Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 70/07 –, juris Rn. 23; Urteil vom 6. Februar 2013 – VIII ZR 374/11 –, juris Rn. 16; Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13 –, juris Rn. 16 mwN; vgl. auch zur Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls bei der Vorgängerregelung in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF: BGH, Urteile vom 10. Juli 1953 – I ZR 162/52 – und vom 11. Dezember 1956 – VIII ZR 61/56 –, jeweils juris).
Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung ist bei – was hier zugunsten der Beklagten Ziff. 1 unterstellt werden soll – behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Dabei ist von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind (BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13 –, juris Rn. 17 mwN). Wird allein auf die Kosten der Mängelbeseitigung abgestellt, so hat der Bundesgerichtshof weiter ausgeführt, dass jedenfalls Mängel, deren Beseitigung Aufwendungen von nur knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, ohne Zweifel als unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen seien, so dass auf sie ein Rücktritt nicht gestützt werden könne (vgl. BGH, aaO, Rn. 19 mwN).
bb) Allerdings hat der Bundesgerichtshof die nach seiner ständigen Rechtsprechung stets vorzunehmende umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls keineswegs bei behebbaren Sachmängeln strikt auf die bloße Feststellung der Relation der Höhe der Mängelbeseitigungskosten zum Kaufpreis reduziert und dabei die Inblicknahme anderer Faktoren bei der Entscheidung der Frage der Erheblichkeit ausgeschlossen (vgl. nur „regelmäßig“: BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 140/12 –, juris Rn. 33; „jedenfalls in der Regel“: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 – VIII ZR 240/15 –, juris Rn. 28; „ungeachtet des dafür anzusetzenden Reparaturaufwandes von 433,49 €, was einem Verhältnis zum Kaufpreis von dreieinhalb Prozent entspricht, nicht als geringfügig einzustufen“: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016, aaO, Rn. 27). Vielmehr kann ein erheblicher Mangel auch dann vorliegen, wenn dieser „für viele, wenn nicht gar für die meisten Interessenten ein Grund sein (wird), vom Kauf Abstand zu nehmen” (so BGH, Urteil vom 5. November 2008 – VIII ZR 166/07 –, juris Rn. 19).
cc) Vor diesem Hintergrund war der Mangel jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht unerheblich. Dies gilt auch dann, wenn man die von der Beklagten behaupteten Beseitigungskosten von rund 100 EUR zugrunde legt und bei der Abwägung als einen Faktor berücksichtigt.
Bereits der Umstand, dass das KBA – wie oben ausgeführt – mit der Untersagung des Betriebs des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen nach § 5 Abs. 1 FZV droht, wenn das Kfz im bei Gefahrübergang befindlichen Zustand belassen, also das Update nicht vorgenommen wird, streitet für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung. Denn dieser Befund wäre für die „meisten Interessenten ein Grund […], vom Kauf Abstand zu nehmen” (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2008 – VIII ZR 166/07 –, juris Rn. 19).
Ferner spricht gegen die Geringfügigkeit des Mangels, dass es umfangreicher und zeit- sowie kostenaufwändiger Entwicklungsarbeiten bedurfte, um mit dem Software-Update die vom KBA in seinem Bescheid vom 15. Oktober 2015 gesetzten Bedingungen zu erfüllen. Denn der Umstand, dass – um den sonst über § 25 Abs. 3 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (vgl. den Bescheid des KBA vom 15. Oktober 2015) drohenden Verlust der unter Einsatz einer Manipulationssoftware erlangten Typengenehmigung zu vermeiden – überhaupt eine behördliche Überwachung, Überprüfung und Freigabe der Nachbesserungsarbeiten erforderlich ist, unterscheidet den Streitfall von allen bisher entschiedenen Sachverhaltskonstellationen und spricht gegen die Unerheblichkeit im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Dem kann entgegengehalten werden, bei einer erheblichen Pflichtverletzung hätte das KBA die Typengenehmigung sofort widerrufen. Die Gründe für das gewählte Vorgehen des KBA in der sog. Dieselaffäre dürften vielfältiger Natur und öffentlich-rechtlich motiviert sein, spielen aber für die allein objektiv im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zu bestimmende Erheblichkeit der Pflichtverletzung letztendlich keine Rolle.
Schließlich rechtfertigt folgende Kontrollüberlegung die Annahme der Erheblichkeit der Pflichtverletzung: Hätten die Parteien das Fahrzeug nicht nur durch die in der Bestellung aufgeführten konkreten Fahrzeugdaten (Modell, Motorisierung, Getriebeart, Ausstattung), sondern zusätzlich z.B. durch die Angabe „Euro 5“ beschrieben, läge insoweit eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vor (vgl. Witt, NJW 2017, 3681, 3682 Fn. 6 mwN). In diesem Fall indizierte aber schon ein – dann hier vorliegender – Verstoß gegen die Beschaffenheitsvereinbarung die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (so BGH, Urteil vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 70/07 –, juris Rn. 23). Die Entscheidung des Rechtsstreits kann indes schwerlich davon abhängen, ob die Parteien durch die Erwähnung (auch) der Angabe „Euro 5“ im Kaufvertrag ausdrücklich die Einhaltung der Euro 5-Abgaswerte (ohne Umgehung des dafür gültigen Prüfsystems) vereinbart haben oder ob sich dies (erst konkludent aber dennoch unzweideutig) allein aufgrund der tatsächlich angegebenen Daten (z.B. der genauen Motorisierungsdaten und des Modell-Bestell-Schlüssels) ergibt.
d) Der Klägerin war es im Streitfall ausnahmsweise nicht zuzumuten, der Beklagten Ziff. 1 vor Erklärung des Rücktritts eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, da die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung (Nachbesserung) infolge des zerstörten Vertrauensverhältnisses der Klägerin zu dem laut Beklagter Ziff. 1 einzig zur Nachbesserung fähigen Hersteller des Motors – der Beklagten Ziff. 2 – unzumutbar ist (§ 440 Satz 1 Var. 3 BGB).
aa) Eine Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung kommt in Fällen der vorliegenden Art nicht in Betracht. Zwar ist bei einer Ersatzlieferung keine absolute Identität im Hinblick auf alle Ausstattungsmerkmale und Varianten erforderlich. Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch erstreckt sich aber nicht auf die Lieferung eines Neuwagens der aktuellen Serienproduktion mit Motoren der Euro 6 -Norm. Deshalb ist eine Nacherfüllung in Form einer Ersatzlieferung dann unmöglich, wenn der entsprechende Fahrzeugtyp – wie vorliegend – nicht mehr hergestellt wird, sondern durch ein neues Modell mit einer anderen Motorisierung ersetzt worden ist (ebenso Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 15. August 2018 – 7 U 721/17 –, juris Rn. 72; OLG München, Beschluss vom 2. Juli 2018 – 8 U 1710/17 – juris Rn. 30; OLG Köln, Beschluss vom 6. März 2018 – 16 U 110/17 –, juris Rn. 4; OLG Bamberg, Beschluss vom 2. August 2017 – 6 U 5/17 –, juris Rn. 24). Damit beschränkt sich die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung auf die Nachbesserung.
bb) Diese Nachbesserung ist der Klägerin nicht zuzumuten (ebenso im Ergebnis OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2018 – 18 U 134/17 –, juris Rn. 30 ff., 41; BeckOKBGB/Faust, Stand: 01.11.2018, § 440 Rn. 42 mwN; aA OLG Frankfurt, Beschluss vom 31. August 2018 – 25 U 17/18 –, juris Rn. 67; OLG Köln, Beschluss vom 1. August 2018 – 7 U 67/18 –, juris Rn. 3 ff; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 – 6 U 409/17 –, juris Rn. 68; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017 – 2 U 4/17 – juris Rn 35).
(1) Ob auf eine nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Fristsetzung des Käufers zur Nacherfüllung verzichtet werden darf, richtet sich nach den Bestimmungen in § 323 Abs. 2 BGB und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 – VIII ZR 240/15 –, juris Rn. 17 mwN).
(2) Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.), diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen (BT-Drucks. 14/6040, S. 223) oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (BGH, Urteil vom 15. April 2015 – VIII ZR 80/14 –, juris Rn. 22 mwN; Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 49/15 –, juris Rn. 38 mwN). Im Rahmen des § 440 Satz 1 Var. 3 BGB kommt es letztlich ausschlaggebend darauf an, ob aufgrund der aufgetretenen Mängel das Vertrauen des Klägers in eine insgesamt ordnungsgemäße Herstellung des Fahrzeugs ernsthaft erschüttert ist. Denn ein solcher Vertrauensverlust setzt voraus, dass die bislang aufgetretenen Mängel aus Sicht eines verständigen Käufers eine ausreichende Grundlage für die Befürchtung bieten, das Fahrzeug sei insgesamt mit Qualitätsmängeln behaftet und werde daher auch in Zukunft nicht längere Zeit frei von herstellungsbedingten Mängeln sein. Bei dieser Beurteilung spielen Art, Ausmaß und Bedeutung der aufgetretenen Mängel eine entscheidende Rolle (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 140/12 –, juris Rn. 34).
So kann es sich insbesondere verhalten, wenn der Verkäufer bei Abschluss des Vertrags eine Täuschungshandlung begangen hat. Eine solche Handlung ist grundsätzlich geeignet, das Vertrauen des Käufers in die Ordnungsmäßigkeit der Nacherfüllung zu zerstören, und lässt aus diesem Grund das Verlangen der Nacherfüllung für den Käufer in der Regel unzumutbar sein (BGH, Urteil vom 12. März 2010 – V ZR 147/09 –, juris Rn. 9 mwN).
(3) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist eine Nachfristsetzung ausnahmsweise entbehrlich.
(a) Hat der Verkäufer beim Abschluss eines Kaufvertrags eine Täuschungshandlung begangen, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist. Dies gilt insbesondere – aber nicht nur – dann, wenn die Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst oder unter dessen Anleitung im Wege der Mängelbeseitigung erfolgen soll. In solchen Fällen hat der Käufer ein berechtigtes Interesse daran, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2006 – V ZR 249/05 –, juris Rn. 13 mwN). Damit kann sich der täuschende Verkäufer auch nicht darauf berufen, die Mangelbeseitigung einem seriösen Dritten zu überlassen, da sich der Käufer hierauf nicht einlassen muss.
(b) Der Senat verkennt nicht, dass im Streitfall die Beklagte Ziff. 1 als Verkäuferin im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses im August 2012 von der erst im September 2015 öffentlich bekannt gewordenen Manipulation der Steuerungssoftware durch Verantwortliche der V. AG (noch) keine Kenntnis hatte und damit die Klägerin hierüber auch nicht arglistig getäuscht hat. Ihm ist ferner bewusst, dass der Hersteller der Kaufsache nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist, der die Sache an seine Kunden verkauft (vgl. nur BGH, Urteil vom 2. April 2014 – VIII ZR 46/13 –, juris Rn. 31 mwN). Hier geht es indes weder um eine für die Begründung einer Haftung nötige Zurechnung fremden Verhaltens im Sinne von § 278 BGB noch um die im Rahmen der Anfechtung des Kaufvertrags (§ 123 Abs. 2 BGB) entscheidende Frage, ob die V. AG „Dritter“ im Sinne der Vorschrift ist, sondern um eine für die Zumutbarkeit der Art der Nacherfüllung und demgemäß die Erforderlichkeit einer Nachfristsetzung nötige umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen im Rahmen des § 440 BGB. Diese fällt hier zum Nachteil der Beklagten Ziff. 1 aus:
(aa) Der – nicht arglistig täuschenden – Beklagten Ziff. 1 steht nach der gesetzgeberischen Konzeption des Kaufrechts zwar grundsätzlich das Recht zur zweiten Andienung zu, also die Eröffnung der Möglichkeit, einen Sachmangel entweder selbst oder durch einen von ihr beauftragten Dritten zu beseitigen, ohne dass der Käufer die Art und Weise der Behebung oder die Person des beauftragten Dritten beeinflussen könnte.
(bb) In die Abwägung zugunsten der Beklagten Ziff. 1 einzustellen ist ferner der Umstand, dass das klägerische Fahrzeug trotz der aufgespielten Software grundsätzlich sicher, gebrauchstauglich und technisch im Übrigen einwandfrei ist.
(cc) Andererseits ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sowohl die Vertragshändler und freien Händler – so auch die Beklagte Ziff. 1 – als auch die VW AG in allen beim Senat anhängigen, gleich gelagerten Verfahren und auch öffentlich bis heute den Standpunkt vertreten, es liege überhaupt kein Sachmangel vor bzw. dieser sei unerheblich.
(dd) Die Fälle der vorliegenden Art sind, und darauf kommt es an, weiter entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte Ziff. 1 selbst nicht nur geltend macht, wegen der Komplexität der zu entwickelnden technischen Lösung für eine Vielzahl von Motorvarianten zur eigenen Nachbesserung gar nicht in der Lage zu sein, sondern zudem ausführt, dass hierfür niemand anderes als die VW AG als Herstellerin des verbauten Motors … in Frage komme.
Die V. AG zeichnet jedoch für die Entwicklung, den Einsatz und die Herbeiführung der behördlichen Genehmigung mit der ursprünglichen Abschaltautomatik (zwei unterschiedliche Betriebsmodi für Prüfstand und Straße) verantwortlich. Die hier in Streit stehende Software wurde durch deren Mitarbeiter bzw. in deren Auftrag ersonnen, konstruiert und so in der Motorsteuerungssoftware der einzelnen Aggregate versteckt, dass sie jedenfalls der für die Prüfung der Erteilung der Typengenehmigung zuständigen Spezialbehörde – dem offensichtlich vorgefassten Plan entsprechend – nicht aufgefallen ist. Dabei kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, ob im Rahmen des § 826 BGB oder der §§ 831, 31 BGB einer konkreten Person als verfassungsmäßig berufenem Vertreter der V. AG die positive Kenntnis und eine in Arglist erfolgte Täuschungshandlung gegenüber dem KBA oder den einzelnen Autokäufern nachgewiesen werden kann. Denn es geht bei § 440 BGB nicht um eine – nach Ansicht des Senats durchaus in Betracht kommende – deliktische Verantwortlichkeit des Herstellers für in seinem Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter, sondern allein um die Frage, ob sich der Kläger von seinem gutgläubigen Vertragspartner darauf verweisen lassen muss, dass die Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtung und die Sicherstellung, dass dies ohne Folgeschäden für den Motor geschieht, allein von dem Unternehmen entwickelt, koordiniert und im Ergebnis auch durchgeführt wird, das für die ursprüngliche Pflichtverletzung verantwortlich ist. Diese Frage verneint der Senat. Denn dass die Klägerin zu dem Unternehmen, das den erheblichen Sachmangel erst willentlich verursacht hat, kein Vertrauen mehr aufbringt, ist für den Senat nachvollziehbar.
(ee) Daran ändert sich nichts dadurch, dass auch das Update von einer Freigabe durch das KBA abhängt und damit in gewissem Maße im Rahmen der Fehlerbeseitigung eine behördliche Beaufsichtigung erfolgt. Denn das KBA hat schon die Implementierung der ersten Abschaltautomatik nicht entdeckt und die Typengenehmigung erteilt, obwohl es nunmehr in seinem Bescheid vom 15. Oktober 2015 wegen eben jener Software bei Nichtbefolgung der angeordneten Maßnahmen mit deren Entzug droht. Das Vertrauen in dessen Fachkompetenz ist daher unabhängig davon als erschüttert anzusehen, ob im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits eine Freigabe des Software-Updates für das streitgegenständliche Kfz existierte und ob diese als Verwaltungsakt anzusehen ist (zu dessen eventueller Bindungswirkung zusammenfassend: BFH, Urteil vom 21. Januar 2010 – VI R 52/08 –, juris Rn. 19).
(ff) Das gilt erst recht, wenn man die Argumentation der Herstellerin zugrunde legt, dass sich der (weiterhin in Abrede gestellte) Sachmangel in einer halben Arbeitsstunde und – selbst bei Einrechnung der hohen Entwicklungskosten – bei einem Aufwand von ca. 100 EUR pro Fahrzeug so beheben lässt, dass nunmehr die Emissionsgrenzwerte ohne unzulässige Abschalteinrichtungen eingehalten werden und trotzdem sichergestellt ist, dass weder Leistung und Drehmoment verschlechtert noch Kraftstoffverbrauch oder Geräuschemissionen erhöht werden. Wenn dem wirklich so wäre, stellt sich die bisher weder vom Hersteller noch den Vertragshändlern zufriedenstellend beantwortete Frage, warum dann die Motorsteuerungssoftware nicht von Anfang an gesetzmäßig kalibriert und die dafür nötigen und im Vergleich zum Kaufpreis marginalen Mehrkosten nicht schlichtweg in die Modellpolitik eingepreist wurden.
e) Dem Verlangen der Klägerin nach Rückabwicklung des Kaufvertrags steht schließlich nicht entgegen, dass der Mangel – wie die Beklagte Ziff. 1 behauptet – durch das am 24. August 2016 aufgespielte Software-Update behoben worden sei. Zwar könnte die Klägerin unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) gehindert sein, an ihrer Rücktrittserklärung festzuhalten, sofern sie mit einer Mängelbeseitigung durch Aktualisierung der Fahrzeugsoftware einverstanden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 – VIII ZR 66/17 – juris Rn. 54). So liegt der Fall indes nicht. Zwar hat die Beklagte Ziff. 1 im Rahmen eines Inspektionstermins das Software-Update aufgespielt. Ob die Klägerin hiervon vor dem Aufspielen des Updates Kenntnis hatte und hiermit ausdrücklich einverstanden war, lässt sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen. Unabhängig hiervon hat die Beklagte Ziff. 1 nicht behauptet, dass sie der Klägerin das Software-Update ausdrücklich als Nachbesserung bzw. Nacherfüllung angeboten hat, was jedoch erforderlich wäre, um das Festhalten an der Rücktrittserklärung als treuwidrig ansehen zu können. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin – sollte sie vor dem Aufspielen des Software-Updates hiervon Kenntnis gehabt und dem nicht widersprochen oder gar zugestimmt haben – in einer „Zwangslage” befand. Da im Falle des Nichtaufspielens des Updates nicht nur das Bestehen der nächste Hauptuntersuchung in Frage stand, sondern auch der Widerruf der Zulassung drohte, kann das ausdrückliche oder stillschweigende Einverständnis der Klägerin mit der Durchführung des Updates und die daran anschließende Nutzung des Pkw auch mit Rücksicht auf den Horizont der Beklagten Ziff. 1 als Empfängerin der Willenserklärung nicht ohne weitere Erklärung der Klägerin als Entgegennahme einer Leistung im Sinne einer (Nach-)Erfüllung verstanden werden (ebenso OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2018 – 18 U 134/17 –, juris Rn. 20). Vielmehr kann ein objektiver Empfänger das Verhalten der Klägerin gemäß §§ 133, 157 BGB nur dahingehend verstehen, dass diese an der Durchführung des Software-Updates ausschließlich deshalb mitwirkte, um die fortgesetzte Nutzung des erworbenen Pkw sicherzustellen. Ohne weitere Erklärung der Klägerin kann indes nicht angenommen werden, dass diese hierdurch auf ihre durch den erklärten Vertragsrücktritt erworbene Rechtsposition verzichten wollte.
2. Rechtsfolge des wirksam erklärten Rücktritts ist nach § 346 Abs. 1 BGB, dass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind.
a) Die Beklagte Ziff. 1 muss der Klägerin daher den Kaufpreis von 24.207 EUR erstatten (§ 346 Abs. 1 Var. 1 BGB).
b) Da die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien nach § 348 BGB nur Zug um Zug zu erfüllen sind, muss die Klägerin – ihrem Antrag entsprechend – das Fahrzeug an die Beklagte Ziff. 1 zurückgeben.
c) Der Beklagten Ziff. 1 steht bei einer Rückabwicklung des Vertrages nach § 346 BGB zudem ein Gegenanspruch auf Wertersatz wegen der Gebrauchsvorteile des Fahrzeugs während der Besitzzeit der Klägerin zu (§ 346 Abs.1 Var. 2 BGB). Europäisches Recht steht dabei einem Anspruch auf Nutzungswertersatz im Falle der Rückabwicklung eines Verbrauchsgüterkaufs nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. September 2009 – VIII ZR 243/08 –, juris Rn. 14 f. mwN).
Die bei Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlende Nutzungsentschädigung ist in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte (Brutto-)Kaufpreis (hier 24.207 EUR) durch die voraussichtliche Restlaufleistung des Fahrzeugs (im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer) geteilt wird, wobei grundsätzlich von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km auszugehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – VIII ZR 196/14 –, juris Rn. 3). Gründe, von diesem Grundsatz abzuweichen, zeigen die Parteien nicht auf.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin einen Kilometerstand von 26.587 aufwies, ergibt dies im Streitfall einen Betrag von rund 0,10835090 EUR/km an Nutzungsersatz.
d) Auch wenn wechselseitige Ansprüche nach § 437 Nr. 2, § 323 BGB in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB keiner automatischen Verrechnung unterliegen (vgl. zum Widerruf BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15 –, juris Rn. 18 mwN) und es daher einer Aufrechnungserklärung bedarf, hat die Beklagte Ziff. 1 – durch Berechnung einer von dem Kaufpreis abzuziehenden Nutzungsentschädigung und dessen hilfsweiser Einführung in den Rechtsstreit (vgl. Klageerwiderung, dort S. 3 f. = I 41 f.) – eine solche Erklärung abgegeben.
3. Da die Anzahl der von der Klägerin seit Übergabe des in Streit stehenden Pkw gefahrenen Kilometer zwischen den Parteien streitig ist (den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2018 behaupteten Kilometerstand von 120.000 hat die Beklagte Ziff. 1 ausdrücklich bestritten), ist auf den mit Schriftsatz der insoweit beweisbelasteten Beklagten Ziff. 1 vom 2. November 2018 gestellten und nicht verspäteten Antrag Beweis zu erheben durch Inaugenscheinnahme des klägerischen Pkw zur Feststellung des aktuellen Kilometerstandes.
II.
In Bezug auf die gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte Ziff. 2 gerichtete Berufung hält der Senat an seiner in der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2018 geäußerten vorläufigen Rechtsansicht fest, dass die Berufungsbegründung insoweit nicht den Begründungsanforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügt und die Berufung deshalb unzulässig ist.
Aus diesem Grund wird in Bezug auf die Beklagte Ziff. 2 keine Entscheidung in der Sache ergehen.
III.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, bis 8. Januar 2019 zu den obigen Hinweisen Stellung zu nehmen.
Innerhalb dieser Frist können die Parteien auch zu den nach der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2018 eingereichten Schriftsätzen der jeweiligen Gegenseite Stellung nehmen.
Die Parteien werden im Hinblick auf den für den 22. Januar 2019 bestimmten Verhandlungstermin (vgl. Ziff. IV.) gebeten, von Fristverlängerungsanträgen Abstand zu nehmen.
IV.
Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und Inaugenscheinnahme wird bestimmt auf
Dienstag, den 22. Januar 2019, 14.10 Uhr,
Sitzungssaal I, Zimmer 112, 1. Obergeschoss, Hoffstr. 10, Karlsruhe.Der Klägerin wird gemäß § 144 Abs. 1 ZPO aufgegeben, den hier in Streit stehenden Pkw am Terminstag in unmittelbarer Nähe des o.g. Gerichtsgebäudes des Oberlandesgerichts Karlsruhe für eine Inaugenscheinnahme zur Verfügung zu stellen.
Einen Kommentar schreiben