Der Pkw der 79-jährigen Klägerin wurde von einer Katze mehrfach durch Kratzer beschädigt, zudem hinterließ diese Pfotenabdrücke und Haare auf dem Fahrzeug. Nachdem die Klägerin ihren Stellplatz sowie die Katze mittels Videoüberwachung eine Zeit lang beobachtet hatte, vermutete sie, dass es sich bei dem Halter der schwarzen Katze um ihren Nachbarn handelt, welchen sie gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nahm. Dieser leugnete doch die “Täterschaft” der von ihm gehaltenen schwarzen Katze. Das AG Bremen holte ein DNA-analytisches Gutachten ein, welches dann die Katze des Beklagten “überführte”.

Das Gericht führt aus, dass auf Grund des nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebotes das reine Betreten eines Grundstücks durch Katzen grundsätzlich durch den Nachbarn zu dulden sei. Dies gelte aber nicht für weitergehende Beeinträchtigungen wie Sandablagerungen auf dem (Stoff-)Dach des Fahrzeugs sowie Lackkartzer. Daher habe die Klägerin einen Unterlassungsanspruch. Das regelmäßig Abdecken ihres Fahrzeugs durch eine Plane sei der Klägerin, die ihr Fahrzeug üblicherweise in ihrem Carport abstellt, nicht zumutbar.

AG Bremen, Urteil vom 08.11.2017 – 19 C 227/16

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, das Fahrzeug der Klägerin, einen PKW der Marke BMW Z3 Cabrio mit dem amtlichen Kennzeichen (…), durch ungehinderten Freilauf der von ihm gehaltenen schwarzen Katze zu beeinträchtigen.

2. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Unterlassung von Beeinträchtigungen an einem Pkw durch eine Katze.

Die Parteien sind Nachbarn. Die 79-jährige Klägerin ist Eigentümerin eines PKW der Marke BMW, Typ Z3 Cabrio mit Stofffaltdach, welchen sie unter einem auf ihrem Grundstück befindlichen Carport parkt. Der Beklagte ist zusammen mit seiner Ehefrau Halter zweier Katzen im ungehinderten Freilauf.

Seit Ende 2015 hielt sich regelmäßig eine Katze auf dem Grundstück der Klägerin auf, die regelmäßig den PKW der Klägerin betrat und dort Haare, Pfotenabdrücke sowie Kratzer hinterließ. Die Klägerin installierte eine Kamera an dem Carport zwecks Dokumentation des Aufenthaltes der Katze. Die Klägerin behalf sich zwischenzeitlich mit einer mobilen Faltgarage bzw. einer Abdeckplane, um ihren Pkw vor weiterer Beschädigung durch Katzen zu schützen. Die Wohnungseigentümerversammlung erörterte das Anbringen eines Netzes am Carport, um den Zugang durch Katzen zu verhindern. Zur Anbringung eines Netzes kam es nicht.

Mit Schreiben vom 16.09.2015 begehrte die Klägerin von dem Beklagten eine Unterlassungserklärung, welche der Beklagte nicht unterschrieb. Im Jahr 2017 kam es zu weiteren Beschädigungen am Pkw der Klägerin durch eine Katze.

Die Klägerin behauptet, bei der Katze, die ihren Pkw betritt, handele es sich um die schwarze Katze des Beklagten. Diese Katze verliere ihre Haare auf dem Autodach und hinterlasse Sandspuren von Katzenpfoten sowie Kratzer auf dem Lack und Stoffdach des Fahrzeugs. Die Kratzer seien durch Bewegung der Pfoten in Verbindung mit Sandkörnern im Klarlack entstanden. Die Klägerin behauptet weiter, ihr sei nicht zumutbar, das Auto nach jeder Fahrt mit einer Plane abzudecken. Die übrigen Eigentümer hätten das Anbringen eines Netzes am Carport im Rahmen der Eigentümerversammlung durch Beschluss abgelehnt. Sie behauptet weiter, die auf dem Dach ihres Fahrzeugs anhaftenden Haare gesichert zu haben. Bei diesen Haaren handele es sich um die Haare der Katze des Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

dem Beklagten zu untersagen, das Fahrzeug der Klägerin, einen PKW BMW Z3 Cabrio mit dem amtlichen Kennzeichen (…) durch ungehinderten Freilauf der von ihm gehaltenen schwarzen Katze zu beeinträchtigen;

dem Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt werden kann.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass es seine Katze sei, die sich auf dem klägerischen Fahrzeug aufhält und dort Spuren und Schäden verursacht. Die von der Klägerin gesammelten Haare seien nicht von seiner Katze hinterlassen worden. Das Fahrzeug der Klägerin könne zumindest seit dem 16.2.2017 nicht mehr durch eine Katze beschädigt worden sein, weil es mit einer Haube bzw. Luftpolsterfolie abgedeckt war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S. sowie durch in Augenscheinnahme von Video-Dateien. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften vom 21.12.2016 und 11.10.2017 (Bl. 56ff. und Bl. 135ff. d.A.) verwiesen. Weiter wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen DNA-Gutachtens des Fachtierarztes B. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 4.5.2017 (Bl. 97 ff. der Akte).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 862 Abs. 1 S. 2, 858, 1004 Abs. 1 BGB dahingehend, dass die schwarze Katze des Beklagten das Fahrzeug der Klägerin zukünftig nicht mehr beschmutzt und beschädigt.

1. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es die schwarze Katze des Beklagten ist, welche regelmäßig das Fahrzeug der Klägerin betritt. Der Beklagte ist damit als Halter der Katze Störer im Sinne der §§ 862, 1004 BGB.

Nach dem durch das Gericht eingeholten DNA-analytischen Gutachten konnten drei von fünf Katzenhaarproben der Blutprobe, welche von der Katze des Beklagten entnommen worden war, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw. mit größter Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Lediglich zwei der Haarproben waren aufgrund Verunreinigung für einen DNA Abgleich nicht brauchbar. Das Gericht hat keinen Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens. Das Gutachten beschreibt ausführlich und anschaulich das Verfahren der DNA-Analyse und der Genotypisierung. Der Gutachter erklärt zu dem deutlich das Ergebnis der Analyse.

Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen S. stammten die eingesammelten und dem Gutachter zwecks DNA-Analyse zur Verfügung gestellten Katzenhaare von der Oberfläche des Fahrzeugs der Klägerin. Der Zeuge schilderte im Einzelnen, wie er Haare vom Fahrzeugdach eingesammelt und in kleine Tüten verpackt hat. Das Ergebnis des DNA-Gutachters korrespondiert mit der Aussage des Zeugen S. dahingehend, dass jedenfalls zwei der Haarproben wegen Verunreinigung nicht zu verwerten waren. Der Zeuge S. hat die Haare so wie er sie dort vorgefunden hat, eingesammelt. Dies fand nachvollziehbarer Weise nicht unter sterilen Bedingungen statt.

In der Zusammenschau mit den in Augenschein genommenen Videodateien, welche eine dunkle Katze auf dem Autodach der Klägerin gezeigt haben, besteht für das Gericht kein Zweifel mehr daran, dass es sich dabei um die Katze des Beklagten handelt, von welcher die analysierte Blutprobe stammt. Wenigstens drei der zur Verfügung gestellten Haarproben konnten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der Katze des Beklagten zugeordnet werden. Der Einwand des Beklagten, dass es in der Nachbarschaft weitere Katzen gibt, die für die Verschmutzungen und Beschädigungen verantwortlich sein können, ist damit unerheblich. Jedenfalls erschüttert dieser Einwand nicht das Ergebnis der Beweisaufnahme, dass die Katze des Beklagten mindestens (mit)verantwortlich für die Beeinträchtigung ist.

Bereits das bloße Betreten eines Grundstücks – oder wie hier – des Eigentums auf dem Grundstück durch Katzen stellt eine Besitzbeeinträchtigung dar, ohne dass es darauf ankäme, ob es zu Beschädigungen oder Verschmutzungen kommt (vgl. OLG Köln NJW 1985, 2338; Landgericht Lüneburg NZM 2001, 397; Landgericht Darmstadt NJW-RR 1994, 147; Landgericht Bonn NJW-RR 2010, 310).

2. Die Klägerin ist nicht zur Duldung der von der Katze des Beklagten ausgehenden Störung verpflichtet.

a) Eine Duldungspflicht gemäß §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 1 BGB scheidet bereits aus, da das Betreten eines Grundstücks durch Katzen keine Zuführung unwägbarer Stoffe oder eine ähnliche Einwirkung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB darstellt (Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 906 Rdnr. 4a; Staudinger/Roth, BGB, 2002, § 906 Rdnr. 118). Die Voraussetzungen für eine derartige Duldungspflicht liegen damit schon nicht vor.

b) Die Klägerin ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebotes gemäß § 242 BGB verpflichtet, die Störungen der Katze des Beklagten durch Hinterlassen von Schmutz und Kratzern hinzunehmen. Aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann eine Beschränkung der Besitzrechte im Sinne einer Duldungspflicht resultieren, soweit dies unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zum billigen Ausgleich nach Treu und Glauben geboten scheint. Das reine Betreten eines Grundstücks durch Katzen ist grundsätzlich durch den Nachbarn zu dulden, insbesondere wenn Katzenhaltung in Wohngebieten üblich und verbreitet ist (vgl. OLG Köln, NJW 1985, 2338; OLG Celle, NJW-RR 1986, 821; LG Oldenburg, NJW-RR 1986, 883; AG Neu-Ulm, NJW-RR 1999, 892 = NZM 1999, 432; OLG München, NJW-RR 1991, 17; LG Darmstadt, NJW-RR 1994).

Das Gericht schließt sich allerdings der Rechtsprechung der Instanzgerichte an und hält jede weitergehende Beeinträchtigung, die über das bloße Betreten des Grundstücks des Nachbarn hinausgeht, für nicht von dem Nachbarn zu dulden (vgl. LG Bonn v. 06.10.2009, NJW-RR 2010, 310; LG Lüneburg v. 27.01.2000, NZM 2001,397). Die Klägerin muss vorliegend weder dulden, dass die schwarze Katze des Beklagten Sandablagerungen auf dem Stoffdach des Fahrzeugs der Klägerin hinterlässt, noch, dass die schwarze Katze des Beklagten Lackkratzer auf dem Fahrzeug der Klägerin verursacht.

Dass es zu solchen Beeinträchtigungen durch die Katze des Beklagten gekommen ist, steht aufgrund der in Augenschein genommenen diversen Fotos vom Fahrzeug der Klägerin und dem von der Klägerin als Anlage K1 (Bl. 6 d.A.) eingereichten Gutachten vom 18.09.2015, auf denen Sandablagerungen in Form von Katzenpfoten und Lackkratzer unzweifelhaft zu erkennen waren, zur Überzeugung des Gerichts fest.

Aufgrund der in Augenschein genommenen Videodateien steht für das Gericht weiter fest, dass es zu dieser Art der Beeinträchtigungen nicht nur einmal gekommen sein kann, sondern dass diese Beeinträchtigungen bei jedem Besuch der Katze entstehen können und auch entstanden sind. Die Klägerin hat demnach bewiesen, dass die Katze am 29.4.2016, am 30.4.2016, am 23.8.2016 sowie am 12.4.2016 und damit mindestens vier Mal auf ihr Fahrzeug geklettert ist und sich dort aufgehalten hat.

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Klägerin auch nicht verpflichtet mittels einer Abdeckplane selbst Abhilfe für Verschmutzungen und Beschädigungen am Fahrzeug zu schaffen. Denn der Klägerin ist nicht zuzumuten, dass sie ihr Fahrzeug nach jeder Fahrt mit einer Plane abdeckt. Die Klägerin verfügt über einen Stellplatz für ihr Fahrzeug in Form eines Carports auf ihrem Grundstück. Sinn und Zweck eines solchen Carports ist es, das Fahrzeug geschützt vor äußerlichen Einflüssen abzustellen und ein praktisches Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Würde man nun von der Klägerin verlangen, dass sie ihr Fahrzeug noch einmal gesondert abdeckt, wäre der Carport überflüssig und sein Zweck würde unterlaufen. Zudem hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, dass ihr das ständige Abdecken des Fahrzeugs gerade in der nassen Jahreszeit schwerfällt.

Die Klägerin kann nach alledem von dem Beklagten verlangen, dass die Katze des Beklagten so gehalten wird, dass sie nicht mehr das Fahrzeug der Klägerin verschmutzt und nicht mehr beschädigt. Der Klage war daher stattzugeben.

Die Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft ergibt sich aus § 890 Abs. 2 ZPO.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 9, 711 ZPO.