Hier fiel der zuständige Richter wegen einer Corona-Erkrankung und beide Geschäftsstellenmitabeiterinnen wegen Quarantäne aus, so dass die Wiedervorlage der Sache bis nach dem Verjährungseintritt verzögert wurde. Deshalb stellte das AG gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a Abs. 1 StPO, wobei der Betroffene seine Auslegen selbst zu tragen habe. Zum einen ergebe sich nach Aktenlage gegen ihn ein Tatverdacht, zum anderen erscheine die Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO unter Berücksichtigung der für den Eintritt des Verfahrenshindernisses ursächlichen außergewöhnlichen Umstände als nicht unbillig.

AG Ludwigshafen, Beschluss vom 12.02.2021 – 4m OWi 5888 Js 18364/20

1. Das Verfahren wird gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, § 206a Abs. 1 StPO eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse, der Betroffene seine eigenen Auslagen selbst.

Gründe:

Es besteht ein Verfahrenshindernis im Sinne von § 206a Abs. 1 StPO, denn mit Ablauf des 01.12.2020 ist im vorliegenden, am 02.06.2020 bei Gericht eingegangenen Bußgeldverfahren Verfolgungsverjährung eingetreten.

Die Akte wurde entgegen der richterlichen Verfügung vom 27.10.2020 nicht am 10.11.2020, sondern erst am 08.12.2020 wieder vorgelegt, wofür allerdings außergewöhnliche Umstände ursächlich waren. Der Ablauf der Wiedervorlagefrist fiel in die Woche der Corona-Erkrankung des Referatsrichters, ab der sich beide Geschäftsstellenmitabeiterinnen in zweiwöchige Quarantäne begeben mussten. Bis Ende November 2020 waren deshalb Referat und Geschäftsstelle nicht besetzt, so dass in dieser Zeit erhebliche Rückstände aufgelaufen sind, deren Aufarbeitung offensichtlich zu der Verzögerung bei der Wiedervorlage geführt haben.

Das Verfahren war somit nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206a Abs. 1 StPO einzustellen, und die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 467 Abs. 1 StPO der Landeskasse aufzuerlegen.

Hingegen hat das Gericht nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO davon abgesehen, auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Landeskasse aufzuerlegen.

Denn im Rahmen der nach dieser Vorschrift eröffneten Ermessensentscheidung erscheint es nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der für den Eintritt des Verfahrenshindernisses ursächlichen außergewöhnlichen Umstände einerseits und dem nach wie vor gegen den Betroffenen bestehenden Tatverdacht bezüglich der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit andererseits nicht unbillig, wenn der Betroffene seine eigenen Auslagen selbst trägt.

Nach Aktenlage war nämlich davon auszugehen, dass der Betroffene wegen einer in Mutterstadt begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung nur deshalb nicht verurteilt worden ist, weil zwischenzeitlich das Verfahrenshindernis besteht.

Für eine derartige Feststellung ist auch nicht etwa Schuldspruchreife erforderlich, von der nur dann ausgegangen werden könnte, wenn nach einer vollständig durchgeführten Hauptverhandlung und dem letzten Wort des Betroffenen davon auszugehen ist, dass es grundsätzlich zu einer Verurteilung kommen müsste, das Verfahrenshindernis mithin erst nach dem letzten Wort des Betroffenen bekannt wird.

Auch ist nicht erforderlich, dass nach einer wenigstens weitgehend durchgeführten Hauptverhandlung ein erheblicher Tatverdacht besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur Feststellung der Tatschuld infrage stellen.

Diese Auffassung, die letztlich zu einer Unanwendbarkeit der Vorschrift bei Einstellungen durch die Bußgeldbehörde oder die Staatsanwaltschaft führte, da sie stets die vollständige oder jedenfalls weitgehende. Durchführung einer Hauptverhandlung erforderte, wird vom Gericht nicht geteilt. Denn bei der Beurteilung der Frage, ob allein das Verfahrenshindernisses einer Verurteilung entgegensteht, bedarf es nicht etwa einer Schuldfeststellung, sondern es genügt das Bestehen eines erheblichen Tatverdachts, der auch ohne Durchführung einer Hauptverhandlung und somit insbesondere auch anhand der Aktenlage festgestellt werden kann (vgl. OLG Frankfurt NStz-RR 2002, 246; AG Frankfurt, Beschluss vom 07.10.2008 – 902 OWi 12/08 -, juris).

Ein solcher Tatverdacht hat vorliegend hinsichtlich der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit bestanden.

Aufgrund der in den Akten befindlichen Unterlagen , insbesondere des Messprotokolls der mit dem standardisierten Messverfahren PoliScan FM1 durchgeführten Geschwindigkeitsmessung, des Eichscheins für das eingesetzte Messgerät Und der Schulungsnachweise für das Messpersonal, sowie aufgrund der in der Akte enthaltenen Lichtbilder, d.h. des vom Messgerät erstellten Beweisfotos mit Falldaten- und Messwerteinblendung in der Titelzeile und des Passfotos des Betroffenen, bestahl der erhebliche Verdacht, dass der Betroffene am … gegen … Uhr als Führer des PKW mit dem Kennzeichen … in der Gemarkung Mutterstadt auf der B9 in Richtung Speyer auf Höhe der Anschlussstelle zur A5 die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h überschritt.

Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die bei Fortführung des Verfahrens die Verdichtung dieses Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung des dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes infrage gestellt hätten.