Das OLG Karlsruhe gibt hier einen guten Überblick, was der Tatrichter bei einem (qualifizierten) Rotlichtverstoß alles in sein Urteil schreiben muss. Zunächst muss der Verkehrsbereich näher erläutert werden einschließlich der Angabe, welchen Verkehrsbereich die Lichtzeichenanlage geschützt hat und ob der Bettroffene in diesen eingefahren ist. Ein bloßes Überfahren der Haltelinie genüge, anders als das Amtsgericht meinte, nicht. Demgegenüber komme es für die Bestimmung der Rotlichtzeit auf den Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie an, so dass die Mitteilung der durch die Überwachungsanlage bestimmten Zeit allein nicht genügt, da die Position der Schleifen der Anlage nicht mit der der Haltelinie übereinstimmen müssen. Des weiteren nahm das AG ein Augenblicksversagen an, ließ das Fahrverbot entfallen und verdoppelte die Geldbuße – letzteres beanstandet das OLG und gibt dem Tatgericht weitere Hinweise zur Darstellung der Betroffeneneinlassung im Urteil sowie zum Recht auf Einsicht in Messunterlagen mit auf den Weg.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.02.2022 – 1 Rb 34 Ss 9/22
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2021 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 15.11.2021 gegen die Betroffene wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes eine Geldbuße in Höhe von EUR 400,00 festgesetzt. Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat bereits mit der Sachrüge – jedenfalls vorläufigen – Erfolg, so dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Ein zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht aus den im Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 21.01.2022 aufgeführten Gründen nicht.
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil es den Mindestanforderungen an die Begründung einer Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes nicht genügt.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
“Am 22.05.2020 um … Uhr beachtete die Betroffene als Führerin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … das Rotlicht der in Karlsruhe, B10 Keßlerstraße, linke und rechte Fahrspur, Richtung Kriegsstraße aufgestellte Lichtzeichenanlage nicht. Die Betroffene überfuhr die Haltelinie, als die Lichtzeichenanlage bereits 12,15 Sekunden Rotlicht zeigte, nachdem zuvor eine Gelbzeit von 3.01 Sekunden angezeigt war.
Bei der gebotenen Aufmerksamkeit hätte die Betroffene diesen Rotlichtverstoß unschwer vermeiden können.”
1.
Zwar sind in Bußgeldsachen an die schriftlichen Urteilsgründe keine zu hohen Anforderungen zu stellen (BGHSt 39, 291). Gleichwohl gilt für sie gemäß § 71 OWiG die Vorschrift des § 267 StPO sinngemäß und damit für ihren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren. Auch die Gründe eines Bußgeldurteils müssen so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 18. Aufl. 2021, § 71 Rn. 42; Senge in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 71 Rn. 106, jeweils mwN). Unerlässlich ist daher die Angabe der für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der ordnungswidrigen Handlung gefunden werden, und zwar hinsichtlich des Sachverhalts sowie des Orts und der Zeit; dies bedeutet bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine hinreichende Wiedergabe der Örtlichkeit, der Verkehrsregelung und der besonderen Verkehrssituation (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2020 – IV-4 RBs 46/20 -, juris mwN; Seitz/Bauer, aaO, § 71 Rn. 42a mwN; Senge, aaO). Feststellungen, die nur die Worte des Gesetzes wiederholen oder mit allgemeinen Redewendungen umschreiben, reichen nicht aus.Bei einer Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO müssen die Urteilsgründe Feststellungen darüber enthalten, an welcher konkreten Wechsellichtzeichenanlage sich der Verstoß ereignet hat, wie dieser Bereich verkehrstechnisch gestaltet ist (Fußgängerüberweg, Kreuzungs- oder Einmündungsbereich, Anzahl und ggf. nähere Ausgestaltung der Fahrstreifen) und welchen Verkehrsbereich die Anlage geschützt hat (Fußgängerfurt und/oder Kreuzungsbereich mit Querverkehr), ebenso ob der Betroffene überhaupt in den geschützten Bereich eingefahren ist (Fahrstreifen und Fahrtrichtung des Betroffenen (OLG Düsseldorf, aaO).
In seiner Entscheidung vom 24.06.1999 hat der Bundesgerichtshof Folgendes entschieden:
“Ein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn gegen das Gebot des § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO – „Halt vor der Kreuzung” – verstoßen ·wird, ein Fahrzeugführer also bei Rotlicht in den durch die Lichtzeichenanlage (= LZA) gesicherten Bereich, im Regelfall den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich einfährt… Dem bloßen Überfahren einer der LZA zugeordneten Haltelinie (die ergänzend zu dem durch die LZA gegebenen Halt- und Wartegebot anordnet: “Hier halten”) kommt insoweit keine eigenständige Bedeutung zu. Zwar verstößt ein Fahrzeugführer, der bei Rotlicht die Haltelinie überfährt, gegen§§ 41 Abs. 3 Nr. 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, wenn er noch vor dem geschützten Kreuzungsbereich anhält. Diese Ordnungswidrigkeit tritt aber hinter dem Verstoß gegen §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, 49 Abs, 2 Nr. 2 StVO zurück, wenn er anschließend in den durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich einfährt”. Lediglich hinsichtlich der Berechnung der Rotlichtdauer – insbesondere der in Nr. 34.2 BKatV genannten Rotphase von mehr als einer Sekunde – kommt es in den Fällen, in denen vor der LZA eine Haltelinie angebracht ist, auf den Zeitpunkt an, in dem der Betroffene die Haltelinie überfährt (BGH, Beschluss vom 24.06.1999 – 4 StR 61/99 – ,juris = BGHSt 45, 134 = NStZ 1999, 512).”
Ein Rotlichtverstoß liegt damit vor, wenn gegen das Gebot des § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7 StVO – “Halt vor der Kreuzung” – verstoßen wird, ein Fahrzeugführer also bei Rotlicht in den durch die Lichtzeichenanlage gesicherten Bereich, im Regelfall den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich, einfährt (vgl. BGHSt 45, 134; 43, 285; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 37 StVO Rn. 41 mwN).
Dass dies hier der Fall war, kann den Urteilsgründen auch in ihrer Gesamtschau nicht entnommen werden. Die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen sind daher lückenhaft und tragen den Schuldausspruch nicht.
2.
Die getroffenen Feststellungen sind auch in Bezug auf die maßgebliche Rotlichtdauer lückenhaft, sodass die Beweiswürdigung für das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachvollziehbar ist. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts erfolgte die Messung der Rotlichtdauer mit dem standardisierten Messverfahren Traffiphot III. Auch wenn der Einsatz eines solchen Gerätes ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte darstellt (vgl. u.a. BGHSt 46, 358; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02.04.2014 – 1 Ss OWi 59/14 -, juris mwN), bedarf es zumindest der Angabe. der wesentlichen Anknüpfungstatsachen wie des Abstands zwischen Haltelinie, erster und zweiter Induktionsschleife sowie der Rotlichtzeiten bei Überfahren der ersten und zweiten Induktionsschleife. Ohne diese Darlegungen lässt sich für das Rechtsbeschwerdegericht die Berechnung der Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie nicht nachvollziehen. Etwas anderes gilt lediglich für den Fall, dass die Induktionsschleife in der Haltelinie selbst angebracht wäre. Dann wären Messzeit und der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie identisch. Aber auch in diesem Falle wäre der Tatrichter gehalten, sowohl die Messzeit als auch den Lageort der Sensorschleife im Urteil darzulegen (vgl., Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, aaO).Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift vom 21.01.2022 zutreffend ausgeführt:
“3.
Die auf die erhobene allgemeine Sachrüge hin gebotene Überprüfung des Urteils führt hingegen zur vorläufigen Aufhebung des Urteils, da die Feststellungen des Gerichts nicht rechtsfehlerfrei getroffen wurden und daher eine Verurteilung der Betroffenen wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes nicht tragen.a.
Grundsätzlich zutreffend ging das Gericht zwar davon aus, dass es sich bei der Rotlichtüberwachung durch die Anlage TRAFFIPAX TraffiPhot III um ein standardisiertes Messverfahren handelt, bei dessen Verwendung im Urteil grundsätzlich nur der angewendete Gerätetyp, das gewonnene Messergebnis und ein ggf. in Abzug zu bringender Toleranzwert mitzuteilen sind, sofern keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Messung im konkreten Fall fehlerhaft verlaufen sein könnte. Demzufolge verwies das Amtsgericht in den Urteilsgründen auf das von der Überwachungsanlage aufgenommene und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Lichtbild AS 13 und führte aus, dass sich aus diesem ergebe, dass die Betroffene die Haltelinie überfahren habe, als die Lichtzeichenanlage nach einer 3,01 sekündigen Gelbphase bereits 27,15 Sekunden Rotlicht angezeigt habe (UA, Seite 4 oben).Bei der Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes i. 5. d. Nr. 132.3 BKat ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Gerät die Rotlichtdauer beim Erreichen von einer oder zwei in Fahrtrichtung gesehen hinter der Haltelinie in die Fahrbahn eingebrachten Induktionsschleifen misst, während es für die Feststellung der vorwerfbaren Rotlichtdauer auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Betroffene mit ihrer Fahrzeugfront die Haltelinie passiert. Von der auf der ersten Induktionsschleife gemessenen und auf dem vom Gericht in Bezug genommenen ersten Messfoto eingeblendeten Fahrzeit ist daher diejenige Fahrzeit abzuziehen, die das Fahrzeug für die Strecke von der Haltelinie bis zur ersten Induktionsschleife benötigt hat. Das Urteil muss daher eine für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbare Berechnung der Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie enthalten. Dies erfordert jedenfalls die Angabe der Entfernung der ersten und zweiten Induktionsschleife von der Haltelinie sowie der an den Induktionsschleifen gemessenen Zeiten der Rotlichtdauer (OLG Hamm, Beschluss vom 17.07.2006 – 3 Ss OWi 435/06 = SVR 2007, 270; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2017 – lV-1 RBs 264/16 – juris = DAR 2017, 594; Buck/Krumbholz, Sachverständigenbeweis im Verkehrs- und Strafrecht, 2. Aufl. 2013, § 9, Rn. 46; vgl. auch OLG Karlsruhe, NZV 2009, 201).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es fehlt bereits an der Angabe der Entfernung der ersten und zweiten Induktionsschleife von der Haltelinie sowie der an den Induktionsschleifen gemessenen Zeiten der Rotlichtdauer. Darüber hinaus ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass das Gericht der Verurteilung der Betroffenen rechtsfehlerhaft allein die sich aus dem ersten Messfoto ergebende Rotlichtdauer Im Zeitpunkt des Überfahrens der ersten Induktionsschleife zugrunde gelegt hat, anstatt anhand des – ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in der Hauptverhandlung auch eingeführten (vgl. AS 77 i. V. m. AS 423) – Abstands zwischen der Haltelinie und den Induktionsschleifen sowie anhand der auf den Messfotos ersichtlichen, an den Induktionsschleifen gemessenen Zeiten der Rotlichtdauer die maßgebliche Rotlichtdauer im Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie zu ermitteln.”
3.
Auch der Rechtsfolgenausspruch enthält einen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen, als das Gericht (allerdings auf lückenhaften Feststellungen und ohne hinreichende Beweiswürdigung) von einem Augenblicksversagen ausgeht und deshalb vom Regelfahrverbot absieht sowie die Regelgeldbuße verdoppelt. Wenn das Gericht vom Vorliegen eines Augenblickversagens ausgeht, liegt bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG, der alleinige Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ist (BGH, NJW 1997, 3252), nicht vor. Dies hat zur Folge, dass deshalb weder ein Fahrverbot verhängt werden darf noch eine Erhöhung der Geldbuße in Betracht kommt. liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des§ 25 StVG nicht vor (z.B. bei Augenblicksversagen), so scheidet die Anwendung des § 4 Abs. 4 BKatV aus (Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 25 StVG Rn. 12; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.11.2015 – 2 Ws 213/15 -, juris mwN). Zur weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hierzu Bezug genommen, auch soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Verhängung eines Fahrverbots aufgrund des gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 358 Abs. 2 StPO zu beachtenden Verschlechterungsverbots (nach neuer Verhandlung) nicht mehr in Betracht kommt.4.
Aus den vorgenannten Gründen konnte das Urteil keinen Bestand haben. Es kommt daher nicht darauf an, ob das Urteil auch deswegen der Aufhebung unterliegt, weil das Amtsgericht – wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt – nicht mitteilt, ob und gegebenenfalls wie sich die in der Hauptverhandlung anwaltlich vertretene Betroffene – über das Eingestehen der Fahrereigenschaft hinaus – eingelassen hat. Die Feststellungen des Urteils sind insoweit ebenfalls lückenhaft. Die Urteilsgründe müssen im Regelfall erkennen lassen, ob und wie sich die Betroffene eingelassen hat, ob der Richter der Einlassung folgt oder ob und inwieweit er die Einlassung für widerlegt ansieht (Senge in KK-OWiG, aaO, Rn. 107). Das Fehlen einer zumindest gestrafften Darstellung der Einlassung in den Urteilsgründen begründet auch im Bußgeldverfahren regelmäßig einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils (Senge in KK-OWiG, aaO, Rn. 107 mwN).5.
Das angefochtene Urteil war folglich gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1, Abs. 6 OWiG mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzugeben.III.
Für die erneute Hauptverhandlung und deren Vorbereitung weist der Senat darauf hin, dass aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den Beschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgen kann (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 04.05.2021 – 2 BvR 277/19 -, juris und BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 -, juris; Senat, Beschluss vom 16.07.2019 -1 Rb 10 Ss 291/19-, juris). Angesichts des von der Betroffenen im vorliegenden Bußgeldverfahren geltend gemachten Anspruchs auf umfassende Einsicht in bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Unterlagen (vgl. die entsprechende Verfahrensrüge in der Rechtsbeschwerdebegründung vom 27.12.2021 und die diesbezüglichen Ausführungen in der Gegenerklärung vom 10.02.2022) wird das Amtsgericht – neben einer abschließenden Aufklärung bei der Bußgeldbehörde, ob die vom Beschwerdeführer weiterhin begehrten Daten und Unterlagen tatsächlich existieren und vorgelegt werden können – (ggf. mit Hilfe eines technischen Sachverständigen) zu prüfen und entscheiden haben, ob die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem vorliegenden Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen. Insofern ist maßgeblich auf die Perspektive des Betroffenen beziehungsweise seines Verteidigers abzustellen. Entscheidend ist, ob dieser eine Information verständiger Weise für die Beurteilung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs für bedeutsam halten darf. Die Verteidigung kann grundsätzlich jeder auch bloß theoretischen Aufklärungschance nachgehen, wohingegen die Bußgeldbehörden und schließlich die Gerichte von einer weitergehenden Aufklärung gerade in Fällen standardisierter Messverfahren grundsätzlich entbunden sind. Es kommt deshalb insofern nicht darauf an, ob die Bußgeldbehörde oder das Gericht die in Rede stehende Information zur Überzeugung von dem Verstoß für erforderlich erachtet (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 -, Rn. 57, juris).
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