Das AG wies die Verwaltungsbehörde im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 62 OWiG an, der Verteidigung verschiedene Unterlagen zur Einsichtnahme zu überlassen. Dem Beschluss wurde nicht (vollständig) nachgekommen; das Verfahren schließlich an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Nachdem auch bis zum Hauptverhandlungstermin jedenfalls die Bedienungsanleitung noch nicht der Verteidigung vorgelegen hat, machte das Gericht von der Möglichkeit des § 69 Abs. 5 OWiG Gebrauch und verwies die Sache wegen offensichtlich ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Behörde zurück.

AG Pirmasens, Beschluss vom 24.01.2022 – 2 OWi 4211 Js 2513/21

Die Sache wird gem. § 69 Abs. 5 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen.

Gründe:

Der Sachverhalt ist vorliegend nicht ausreichend geklärt.

Eine ungenügende Aufklärung des Sachverhalts liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Verwaltungsbehörde keine Beweise für die Beschuldigung vorgelegt oder naheliegenden Beweise nicht erhoben oder das Ergebnis der Beweiserhebung nicht in den Akten dokumentiert hat Darüber hinaus ist die Sachverhaltsaufklärung auch dann offensichtlich ungenügend, wenn auf Beweisbegehren des Betroffenen ohne Angabe von Gründen nicht eingegangen wurde (BeckOK OWiG/Gertler, 32. Ed. 1.10.2021, OWiG § 69 Rn. 137; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. August 2006 – 1 Ss 144/06).

Derart gestaltet sich die Sachlage im vorliegenden Verfahren.

Der Betroffene hat über seinen Verteidiger erweitere Akteneinsicht und die Herausgabe von Daten und Unterlagen begehrt. Im Wege des Antrags auf gerichtliche Entscheidung wurde hieraufhin ein gerichtlicher Beschluss vom 24.03.2021 (Az 2 Owi 105/21) erlassen. Hierin wurde der Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Betroffenen über seinen Verteidiger folgende Unterlagen, Daten und Information gegen Überlassung eines Datenträgers zukommen zu lassen, soweit tatsächlich vorhanden oder von anderen Behörden beziehbar und nicht bereits herausgegeben:

– digitalen Falldatensätze der gesamten Messreihe mit Statistikdatei und Case-List
– Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichunterlagen des Messgeräts mit Gerätebegleitkarte
– Baumusterprüfbescheinigung, KonformitätsbeScheinigung und Könformitätserklärung zum Messgerät
– Ausbau- und Einbauvorschriften der Firma Vitronic für das Messgerät Poliscan FM 1 bei Verwendung in einem Trailer (Traileranleitung)
– verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung
– Veiwendungsanzeige bei der zuständigen Landesbehörde

Dem ist die Behörde nicht vollständig nachgekommen.

Im Termin zur Hauptverhandlung vom 30.06.2021 teilte der Verteidiger mit, dass nicht alle im Beschluss enthaltenen Daten und Unterlagen übermittelt worden seien.

Trotz mehrmaliger Aufforderung kam die Behörde dem nicht nach. Zwar ist dem Gericht bewusst, dass der Beschluss des Gerichts die Einschränkungen „soweit vorhanden oder von anderen Behörden beiziehbar” enthielt, sodass denklogisch Fälle umfasst sind, in denen eine Herausgabe durch die Behörde nicht erfolgen kann und mithin auch nicht muss. In vorliegendem Fall kann sich hierauf jedoch nicht berufen werden. Insbesondere wurde. die Anleitung für den Enforcementtrailer nicht herausgegeben. Es ist gerichtsbekannt, dass diese in anderen Fällen herausgegeben wurde und mithin beiziehbar ist.

Mitgeteilt von Rechtsanwälte Zimmer-Gratz, Bous.