Gegen den Antragsteller erging eine Fahrtenbuchauflage unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, nachdem der Führer des von ihm gehaltenen Fahrzeugs in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren (Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h außerorts, ermittelt bei einer Messung mittels PoliScan FM1 bei Zweibrücken) nicht festgestellt werden konnte. Hiergegen wandte sich der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutz mit der Begründung, dass Messergebnis sei mangels Speicherung von Rohmessdaten und damit fehlender Überprüfbarkeit unverwertbar. Das VG des Saarlandes wies seinen Antrag zurück.

Das OVG änderte nun den Beschluss ab und stellte die aufschiebende Wirkung wieder her. Die an obergerichtliche Rechtsprechung anderer Bundesländer angelehnte Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach ein standardisiertes Messverfahren vorliege und die Richtigkeit des Messergebnisses vom Antragsteller nicht durch konkrete Einwände in Frage gestellt sei, sei nicht tragfähig. Dies folge aus der Bindungswirkung (§ 10 Abs. 1 VerfGHG), die dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 5.7.2019 zukomme. Dieser habe umfänglichen Beweisaufnahme mit ausführlicher Begründung betont, zu einem rechtsstaatlichen Verfahren gehöre aus Gründen der Transparenz und Kontrollierbarkeit jeder staatlichen Machtausübung die grundsätzliche Möglichkeit der Nachprüfbarkeit einer auf technischen Abläufen und Algorithmen beruhenden Beschuldigung. Die Bindungswirkung dieser Entscheide treffe auch die saarländischen Straßenverkehrsbehörden und das Verwaltungsgericht.

Auf die Entscheidungen der Obergerichte anderer Bundesländer komme es daher nicht an. Die (vom VG zitierte) Annahme des OLG Zweibrücken, das Messgerät PoliScan FM1 speichere Rohmessdaten in ausreichendem Umfang, habe der Antragsteller durch Vorlage einer sachverständigen Stellungnahme substantiiert in Frage gestellt; auch aus dem Urteil des VerfGH Rheinland-Pfalz folge diese Speicherung nicht. Diese tatsächliche Frage müsse daher in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage seien damit offen; die notwendige Abwägung falle zugunsten des Antragstellers aus. Dass die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung in anderen Ländern auf eine gewisse Skepsis bzw. umfängliche Kritik stoße, ändere daran nichts. Im zu erwartenden Hauptsacheverfahren sei zu erwägen, gemäß § 134 VwGO die Sprungrevision zuzulassen.

OVG des Saarlandes, Beschlus vom 30.03.2020 – 1 B 15/20

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Januar 2020 – 5 L 1710/19 – wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter dem 11.10.2019 verfügte Fahrtenbuchauflage wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.200,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Hinsichtlich des PKWs des Antragstellers wurde am 10.12.2018 um 12.16 Uhr auf der A 8 in Höhe Zweibrücken eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h gemessen. Ausweislich des gefertigten Fotos wurde der PKW von einer Frau geführt. Die Messung erfolgte mittels eines bis zum 31.12.2019 geeichten mobilen Lasergeräts des Herstellers …Typ POLISCAN FM 1 durch einen entsprechend geschulten Polizeibeamten.

Die zentrale Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz übersandte dem Antragsteller unter dem 21.12.2018 einen Zeugenfragebogen mit der Bitte, die Personalien der verantwortlichen Person mitzuteilen; eine Reaktion des Antragstellers unterblieb. Unter dem 10.1.2019 erging eine an die Ehefrau des Antragstellers adressierte Anhörung im Bußgeldverfahren mit dem Vorwurf, sie sei die verantwortliche Person, und der Bitte, falls dies nicht zutreffe, mitzuteilen, wer das Fahrzeug geführt hat. Auch hierauf war keine Reaktion zu verzeichnen. Nachdem weitere Ermittlungsbemühungen der zentralen Bußgeldstelle erfolglos blieben, wurde das Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt und der Antragsgegner über den Sachverhalt unterrichtet.

Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 17.6.2019 mit, dass er beabsichtige, ihm die Führung eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen. Binnen der bis zum 5.7.2019 verfügten Äußerungsfrist beantragten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Akteneinsicht und stellten die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme in Frage.

Mit Anwaltsschreiben vom 9.8.2019 rügte der Antragsteller unter zusammenfassender Wiedergabe der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes in seinem im Verfahren Lv 7/17 ergangenen Urteil vom 5.7.2019, die Verwertung der Messdaten sei unzulässig. Bei dem angewandten Messverfahren würden nicht alle Rohmessdaten erhoben und gespeichert, sondern ein Modell des Fahrzeugs gebildet, das als Grundlage der Messung dienen solle. Insbesondere würden nicht alle zur Überprüfung der Messung notwendigen Daten gespeichert, obwohl dies technisch möglich wäre. Damit stünden die Messdaten dem Betroffenen nicht zu einer nachträglichen Überprüfung zur Verfügung. Der Saarländische Verfassungsgerichtshof habe zu einem vergleichbaren Messverfahren entschieden, dass die Verwertung so gewonnener Messergebnisse Grundrechte des Betroffenen verletze. Dieses Urteil binde die saarländischen Behörden und Gerichte. Liege mithin keine verwertbare Messung vor, so stehe nicht einmal fest, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung überhaupt stattgefunden habe. Die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage scheitere daher am Nichtvorliegen einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 31a StVZO, namentlich an einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften.

Durch Bescheid vom 11.10.2019 legte der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Dauer von sechs Monaten die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs auf.

Unter dem 22.10.2019 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht unter Bekräftigung seiner Einwände die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Die verfassungsgerichtliche Entscheidung gelte hinsichtlich aller Messverfahren, bei denen die Rohmessdaten trotz entsprechender Möglichkeiten des Herstellers nicht gespeichert würden, und binde gemäß § 10 Abs. 1 VerfGHG alle saarländischen Gerichte und Verwaltungsbehörden. Inzwischen habe das Oberlandesgericht Saarbrücken aufgrund dieser Bindungswirkung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt, dem eine Anwendung des in Rede stehenden Messgeräts Poliscan Speed zugrunde gelegen habe.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die dem Antragsteller auferlegte Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs offensichtlich rechtmäßig sei. Rechtsgrundlage sei § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO; hiernach könne eine Fahrtenbuchauflage angeordnet werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Vorliegend stehe bei einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 41 km/h ein hinreichender gewichtiger Verkehrsverstoß in Rede, da dieser mit einer Geldbuße von 160 EUR, der Eintragung von zwei Punkten im Verkehrszentralregister und einem Fahrverbot von einem Monat sanktioniert sei. Der Verstoß stehe mit der erforderlichen Sicherheit fest. Zumindest in Bezug auf die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage sei davon auszugehen, dass geeichte Geschwindigkeitsmessgeräte mit Bauartzulassung bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder eine unsachgemäße Bedienung hinreichend verlässliche Beweise für eine Geschwindigkeitsüberschreitung erbringen. Die obergerichtliche Rechtsprechung anderer Bundesländer folge der gegenteiligen Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes mit bedenkenswerten Gründen nicht; auch in der Literatur werde substantiierte Kritik geäußert. All dies könne aber dahinstehen, da ein anderes Messgerät verwendet worden sei, hinsichtlich dessen nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken davon auszugehen sein dürfte, dass das Messergebnis aufgrund gesicherter Rohmessdaten im Sinne der Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs grundsätzlich überprüfbar ist. Gegenteiliges ergebe sich nicht aus der antragstellerseits angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken, in der diese Frage letztlich offen gelassen und der amtsgerichtlichen Klärung in künftigen Fällen überantwortet worden sei. Unabhängig von alldem sei die Entscheidung des saarländischen Verfassungsgerichtshofs schon nicht einschlägig, weil es hier nicht um die Verhängung eines Bußgeldes, sondern um eine Fahrtenbuchauflage gehe. Eine solche sei keine Strafe, sondern eine Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs. In diesem Zusammenhang genüge es nach gefestigter Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen – anders als im Strafprozess -, wenn mit hinreichender Sicherheit feststehe, dass ein Verkehrsverstoß begangen worden ist. Im Verwaltungsverfahren verpflichte der Amtsermittlungsgrundsatz die Behörde nicht, das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung ohne konkreten Anlass zu hinterfragen. Messergebnisse, die in standardisierten Verfahren gewonnen werden, dürften nach Abzug der Messtoleranz ohne Weiteres zugrunde gelegt werden; mögliche Fehlerquellen bedürften nur einer Erörterung, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gebe, aber auch wenn kein standardisiertes Messverfahren angewendet worden sei, seien Ermittlungen nur geboten, wenn von dem Fahrzeughalter Unstimmigkeiten der Messung aufgezeigt seien oder sie sich der Behörde aufdrängen müssten. Demgegenüber hinterfrage der Antragsteller das Messergebnis ohne konkreten tatsächlichen Anlass und ohne etwaige Unstimmigkeiten der Messung aufzuzeigen, also gewissermaßen allein „ins Blaue hinein“. Dies werde den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht gerecht. Der Einwand, infolge einer behaupteten Unzugänglichkeit der Rohmessdaten könne das Messergebnis nicht hinreichend in Frage gestellt werden, bleibe ohne Erfolg. Es sei dem Antragsteller möglich und zumutbar gewesen, sich mit der aktenkundigen Dokumentation der Geschwindigkeitsmessung konkret auseinanderzusetzen. Indes habe er sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf Fehler des Messvorgangs berufen, sondern von vornherein jegliche Kooperation verweigert. Dass er sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren der Chance zur Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte, offenbar in Verkennung der Reichweite der Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs, begeben habe, gehe mit ihm heim. Alle weiteren Voraussetzungen für die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage seien – wie im Einzelnen ausgeführt wird – erfüllt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

Das Vorbringen des Antragstellers in dem fristgerecht eingereichten Beschwerdebegründungsschriftsatz gibt Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung antragsgemäß abzuändern.

Dem Antragsteller ist darin zuzustimmen, dass die an die obergerichtliche Rechtsprechung anderer Bundesländer angelehnte Argumentation des Verwaltungsgerichts, die Fahrtenbuchauflage sei offensichtlich rechtmäßig, angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes nicht tragfähig ist. Denn diese Argumentation lässt sich wegen der durch § 10 Abs. 1 VerfGHG SL vorgegebenen Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen nicht damit begründen, dass das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung unter Anwendung eines standardisierten Messverfahrens mittels eines geeichten Messgeräts durch einen entsprechend geschulten Polizeibeamten gewonnen, und die Richtigkeit dieses Ergebnisses seitens des Antragstellers weder im Ordnungswidrigkeitenverfahren noch im streitgegenständlichen Verwaltungsverfahren bzw. im Rahmen des nunmehrigen gerichtlichen Verfahrens durch konkrete Einwände in Frage gestellt worden sei.

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat in seinem Urteil vom 5.7.2019 nach einer umfänglichen Beweisaufnahme mit ausführlicher Begründung betont, dass zu einem rechtsstaatlichen Verfahren aus Gründen der Transparenz und Kontrollierbarkeit jeder staatlichen Machtausübung die grundsätzliche Möglichkeit der Nachprüfbarkeit einer auf technischen Abläufen und Algorithmen beruhenden Beschuldigung gehöre. Das in der Garantie eines fairen gerichtlichen Verfahrens angelegte Grundrecht auf wirksame Verteidigung beziehe sich auch darauf, die tatsächliche Grundlage des erhobenen Vorwurfs auf ihr Vorliegen und ihre Validität prüfen zu dürfen. Sei nämlich ein Gericht im Rahmen von Massenverfahren befugt, sich auf standardisierte Beweiserhebungen zu stützen, ohne sie anlasslos hinterfragen zu müssen, so müsse zu einer wirksamen Verteidigung gehören, etwaige Anlässe, sie in Zweifel zu ziehen, recherchieren zu dürfen. Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens hätten keine normativ bindende Kraft, sondern stellten ähnlich antizipierten Sachverständigengutachten eine belastbare wissenschaftliche Grundlage einer Verurteilung dar, ohne diese zu erzwingen. Dass ein Bürger die tatsächlichen Grundlagen seiner Verurteilung zur Kenntnis nehmen, sie in Zweifel ziehen und nachprüfen dürfe, gelte nicht nur in Fällen strafrechtlicher Sanktionen, sondern stets. Staatliches Handeln dürfe, so gering belastend es im Einzelfall sein möge und so sehr ein Bedarf an routinisierten Entscheidungsprozessen bestehe, in einem freiheitlichen Rechtsstaat für den Bürger nicht undurchschaubar sein; eine Verweisung darauf, dass alles schon seine Richtigkeit habe, würde ihn zum unmündigen Objekt staatlicher Verfügbarkeit machen. Daher gehöre die grundsätzliche Nachvollziehbarkeit technischer Prozesse, die zu belastenden Erkenntnissen führten, und ihre staatsferne Prüfbarkeit – wie das Bundesverfassungsgericht zu dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte entschieden habe(BVerfGE 123, 39 ff.) – zu den Grundvoraussetzungen eines freiheitlich-rechtsstaatlichen Verfahrens. Die Speicherung der Rohmessdaten sei ohne größeren Aufwand technisch möglich. Zwingende Gründe, Rohmessdaten nicht zu speichern, gebe es nicht und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Verfassungsgerichtshofs fest, dass ihre Speicherung es erlaube, das Ergebnis eines Messvorgangs nachzuvollziehen. Unter diesen Gegebenheiten könne sich ein Betroffener – selbst ohne nähere Begründung – gegen das Messergebnis wenden und ein Fehlen von Rohmessdaten rügen.(VerfGH des Saarlandes, Urteil vom 5.7.2019 – Lv 7/17 -, juris)

Nach § 10 Abs. 1 VerfGHG SL binden die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs die Verfassungsorgane des Saarlandes sowie alle saarländischen Gerichte und Verwaltungsbehörden. Demgemäß haben nicht nur die für Ordnungswidrigkeitenverfahren zuständigen Gerichte und die Bußgeldbehörden, sondern auch die saarländischen Verwaltungsgerichte und der Antragsgegner als zuständige Straßenverkehrsbehörde das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes zu beachten und im Rahmen der Rechtsanwendung umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die Obergerichte anderer Bundesländer mit – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – beachtlicher Begründung davon ausgehen, dass der Amtsermittlungsgrundsatz die Behörde in Verfahren betreffend den Erlass einer Fahrtenbuchauflage – also im Tätigkeitsbereich der vorbeugenden Gefahrenabwehr – nicht verpflichte, ohne konkreten Anlass gewissermaßen „ins Blaue hinein“ das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung zu hinterfragen, dies vielmehr erst dann geboten sei, wenn von dem Fahrzeughalter Unstimmigkeiten der Messung aufgezeigt würden oder sie sich der Behörde aufdrängen müssten.(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2018 – 8 B 1018/18 -, juris)

Die angefochtene Verfügung des Antragsgegners kann schließlich nicht deshalb als offensichtlich rechtmäßig erachtet werden, weil die Messung nicht mit einem der Rechtsprechung des saarländischen Verfassungsgerichtshofs zugrunde liegenden Gerät des Typs Traffistar S 350, sondern mit dem Messgerät Poliscan FM 1 durchgeführt worden ist. Nicht ausreichend ist in diesem Zusammenhang, dass sich im Tenor des vom Verwaltungsgericht zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichts Zweibrücken(OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23.7.2019 – 1 OWi 2 SSRS 68/19 -, juris) die Formulierung findet, bei dem Messgerät Poliscan Speed FM 1 sei eine Überprüfung des Messergebnisses aufgrund gespeicherter Rohmessdaten für den Betroffenen grundsätzlich möglich. Ob diese seitens des Oberlandesgerichts Zweibrücken nicht begründete Annahme tatsächlicher Art zutrifft oder nicht, ist seitens des Antragstellers durch Vorlage einer sachverständigen Stellungnahme vom 24.7.2018 substantiiert in Frage gestellt und es finden sich auch in dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 15.1.2020, dem ebenfalls eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Gerät des Typs PoliScan FM1 vorausgegangen war, keine Feststellungen dazu, dass dieser Gerätetyp Rohmessdaten speichert, vielmehr scheint dies im vorangegangenen ordnungsbehördlichen bzw. gerichtlichen Verfahren streitig gewesen und ungeklärt geblieben zu sein. Die Frage der Speicherung bedarf daher der Klärung in einem Hauptsacheverfahren.(VerfGH Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rdnrn. 2 und 8)

Ist die Sach- und Rechtslage demnach nach dem Erkenntnisstand im verfahrensgegenständlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren offen, so hängt der Erfolg des einstweiligen Rechtsschutzantrags von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten ab. Diese Abwägung muss gerade auch vor dem Hintergrund der das Verwaltungsgericht und den Senat bindenden Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs(VerfGH des Saarlandes, Beschluss vom 27.4.2018 – Lv 1/18 -, juris, und Urteil vom 5.7.2019, a.a.O.) zugunsten des Antragstellers ausgehen.

Dass die Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs in der Rechtsprechung anderer Bundesländer nach ersten Reaktionen auf eine gewisse Skepsis(VerfGH Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rdnr. 48) bzw. auf umfängliche Kritik(zusammenfassend: Brandenburgisches OLG Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 15.1.2020 – (1 Z) 53 Ss-OWi 798/19 (4/20) -, juris Rdnrn. 2 f. und 5 m.w.N.) gestoßen ist, ändert hieran nichts. Es bedarf in tatsächlicher Hinsicht der Klärung in einem Hauptsacheverfahren, ob Messgeräte des Herstellers … Typ PoliScan FM1 ausgehend von der Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs den dortigen Bedenken in gleicher Weise unterliegen wie Messgeräte des Modells Traffistar S 350 der Firma … . Sollte dies der Fall sein, wird die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bei der Entscheidung saarländischer Gerichte und Behörden über die sich hieran anschließenden Rechtsfragen zu berücksichtigen sein. Zwecks einer bundesgerichtlichen Klärung seitens der Fachgerichte(VerfGH des Saarlandes, Urteil vom 5.7.2019, a.a.O., Rdnr. 62) wäre unabhängig vom Ausgang des noch nicht anhängigen, aber zu erwartenden erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens zu erwägen, die für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage erheblichen Rechtsfragen in Anwendung des § 134 VwGO durch Zulassung der Sprungrevision einer zeitnahen Klärung zuzuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.