Der Verteidiger des Betroffenen beantragte bei der Verwaltungsbehörde die Übersendung der Akte in Originalform, hilfsweise in elektronischer Form “wie vom Gesetz vorgesehen”. Die Verwaltungsbehörde übersandte ihm einen Ausdruck der von ihr elektronisch geführten Akte und forderte hierfür 12 Euro an.
Laut AG Wittlich zu Unrecht: Bei dem übersandten Ausdruck der elektronischen Akte handele es sich nicht um die (beantragte) Originalform. Auch eine elektronische Form “wie vom Gesetz vorgesehen” liege nicht vor, da § 110c OWiG i.V.m. § 32f StPO die Übersendung eines Aktenausdrucks nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen erlaube.
AG Wittlich, Beschluss vom 21.08.2019 – 313 OWi 234/19
1. Die mit Bescheid vom 12.06.2019 erfolgte Auslagenfestsetzung in Höhe von 12,- € für die mit Schreiben vom 03.06.2019 beantragte und gewährte Akteneinsicht wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Angewendete Vorschriften: §§ 467 I StPO analog, 62 II 2 OWIG
Gründe:
I.
Dem Betroffenen wird mit Bußgeldbescheid vom 22.05.2019 – Aktenzeichen … – vorgeworfen, am 01.03.2019 um 01:47 Uhr, Gemarkung Salmtal, A1, Fahrtrichtung Koblenz, die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h überschritten zu haben. Mit Schreiben vom 03.06.2019 hat der Verteidiger des Betroffenen um Akteneinsicht nachgesucht und um Überlassung der Akten Im Original bzw. mit Schreiben vom 24.06.2019, falls dies nicht möglich ist, um Überlassung der Akten in elektronischer Form, wie vom Gesetz vorgesehen, gebeten. Die Zentrale Bußgeldstelle hat die Akten als Ausdruck elektronisch geführter Akten vorgelegt und mit Bescheid vom 12.06.2019 hierfür nach § 107 V OWiG eine Auslagenpauschale von 12,- € festgesetzt. Mit Schreiben vom 24.06.2019 hat der Verteidiger hiergegen form- und fristgerecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG gestellt, weil die vorgelegte Akte nicht der gesetzlichen Form entspreche.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß §§ 62, 68 OWiG zulässig und das Amtsgerieht Wittlich zur Entscheidung berufen. Der Antrag ist auch begründet.
Das Gericht sieht die beantragte Akteneinsicht als nicht in der beantragten Form gewährt, so dass auch eine Auslagenfestsetzung nicht erfolgen kann (so auch AG Daun, Beschluss vom 28.09.2018, Az. 4b OWi 46/18).
Gemäß § 107 V OWiG kann von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführter Sendung einschließlich der Rücksendung pauschal 12,- € als Auslage erhoben werden. In dem Fall, dass die Akte – wie hier – elektronisch geführt und deren Übermittlung – was hier nicht der Fall war – elektronisch erfolgt, wird eine Auslagenerstattung nicht geschuldet.
Grundsätzlich hat bei der durch einen Rechtsanwalt beantragten Aktenübersendung die Übersendung der Originalakte zu erfolgen. Dies wurde vom Verteidiger des Betroffenen in seinem Sehreiben vom 03.06.2019 auch so beantragt. Die Zentrale Bußgeldstelle hat ihm die Akten jedoch nicht antragsgemäß im Original, sondern lediglich als Ausdruck elektronisch geführter Akten vorgelegt.
Hilfsweise hat der Verteidiger des Betroffenen beantragt, ihm die Akten in elektronischer Form, “wie vom Gesetz vorgesehen”, zu überlassen. Die vom Gesetz grundsätzlich vorgegebene Form ergibt sich v.a. aus den §§ 110c OWiG i.V.m. 32f StPO. Hiernach ist die Übermittlung eines Aktenausdrucks nur in den dort genannten, vorliegend aber nicht gegebenen, Fällen möglich. Insbesondere war eine solche vom Verteidiger des Betroffenen auch nicht gewünscht.
Die Auslagenfestsetzung entbehrt somit einer Rechtsgrundlage; sie war aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 467 I StPO analog, 62 II 2 OWiG.
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