Der Betroffene überfuhr eine rote Ampel, was er auch einräumte. Der Verstoß wurde zufällig von einem Polizeibeamten beobachtet. Dieser hatte in die Vorwurfschilderung die Tatbestandsnummer 1376018 mit der Bemerkung „Rotlicht missachtet über eine 1 Sekunde“ eingetragen. Im Hauptverhandlungstermin konnte sich der Zeuge allerdings erst nach Vorhalt des Anzeigentextes bruchstückhaft an den Verstoß erinnern. Während der Betroffene meinte, das Polizeifahrzeug habe sich neben ihm befunden, war in der Anzeige der Standort mit 30 Meter hinter dem Betroffenenfahrzeug angegeben; eine genaue Angabe zur Rotlichtzeit war in der Anzeige nicht enthalten. Danach sah sich das Gericht nicht in der Lage, einen Verstoß von mehr als einer Sekunde Rotlichtdauer anzunehmen.

AG Dortmund, Urteil vom 08.10.2018 – 729 OWi 250/18

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 90,00 € verurteilt.

Ihm wird gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von 30,00 € jeweils bis zum 5. eines Monats, beginnend mit dem 1. des Folgemonats nach Erhalt der Zahlungsaufforderung, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht rechtzeitig gezahlt wird.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene.

(§§ 37 II, 49 StVG, 24 StVG)

Gründe

Der Betroffene ist syrischer Flüchtling und etwa seit 3 Jahren in Deutschland. Einen Beruf übt er nicht aus. Er lebt von Sozialmitteln.

Verkehrsrechtlich ist der Betroffene bislang nicht in Erscheinung getreten.

Am 27.05.2018 um 19.25 Uhr befuhr der Betroffene in Dortmund den Schwanenwall/Burgwall/Kuckelke im Bereich des Innenwalls als Führer und Halter des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen …, Fabrikat VW. Dort befinden sich im Abstand von etwa 100 Metern zwei Lichtzeichenanlagen hintereinander. Zur Tatzeit staute sich der Verkehr. Der Betroffene befand sich unmittelbar hinter der zweiten Lichtzeichenanlage. Direkt neben ihm oder 30 Meter hinter ihm befand sich ein Polizeifahrzeug der Polizei Dortmund, besetzt u.a. mit dem später die Anzeige erstattenden Polizeibeamten B. Als die vordere Ampel Grünlicht zeigte, fuhr die Kolonne des Betroffenen an. Dieser achtete nicht mehr auf die sich unmittelbar vor und über ihm befindliche Lichtzeichenanlage und rollte mit der Kolonne über den geschützten Bereich der vor ihm sich befindenden Lichtzeichenanlage, obgleich diese zu dieser Zeit Rotlicht zeigte. Das Rotlicht wäre für den Betroffenen bei hinreichender Sorgfaltspflicht erkennbar gewesen. Wie lange die Rotlichtzeit zur Zeit des Verstoßes andauerte, konnte das Gericht nicht feststellen.

Der Betroffene hat den Verstoß eingeräumt. Er sei in der Kolonne mitgefahren und habe nicht mehr an die Rotlicht zeigende Lichtzeichenanlage vor sich gedacht. Wie lange die Rotlichtzeit gewesen sei, könne er nicht sagen. Das Gericht hat den Anzeige erstattenden Polizeibeamten B als Zeugen vernommen. Dieser konnte sich an den Vorfall nicht mehr erinnern. Erst nach Vorhalt des gesamten Anzeigentextes konnte der Zeuge B sich noch bruchstückhaft erinnern. Während der Betroffene meinte, das Polizeifahrzeug habe sich neben ihm befunden, übernahm der Zeuge B die Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in seiner polizeilichen Anzeige, wonach etwa 30 Meter Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem Polizeifahrzeug zur Zeit der Feststellung des Verstoßes gewesen seien. Ansonsten konnte sich der Zeuge B außer an die äußeren Gegebenheiten nicht mehr an den Verstoß selbst erinnern. Ihm wurde das von ihm für den Verstoß ausgefertigte Beiblatt vorgehalten. Er bestätigte die Richtigkeit der Angaben des Beiblattes (Bl. 6 d.A.). Hieraus ergab sich, dass es sich bei der Maßnahme der Polizei nicht um eine gezielte Überwachung handelte. Der eigene Standort war mit 30 Meter hinter dem Fahrzeug angegeben. Eine Zeitmessung oder eine Angabe zur Rotlichtzeit fand sich in dem Beiblatt nicht. Zur Strecke vor der Haltelinie bis zum Überfahren des Rotlichts ist die Zahl „0“ angegeben. Dem Polizeibeamten konnte dann noch seine Vorwurfschilderung zur Konkretisierung der Tat vorgehalten werden. Dort hatte er die Tatbestandsnummer 1376018 eingetragen und die stichwortartige Konkretisierung: „Rotlicht missachtet über eine 1 Sekunde“. Der Zeuge bestätigte insoweit jedoch, dass es sich bei dieser Bezeichnung lediglich um eine Tatbezeichnung gehandelt habe, die die Tatbestandsnummer konkretisieren sollte, also letztlich nur der Sicherheit der eigenen Aufzeichnungen dient, nicht der Beschreibung der eigentlichen Tat.

Dementsprechend war der Betroffene wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes gemäß §§ 37 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen. Die Rechtsfolge war für den Verstoß diejenige für einen sogenannten einfachen Rotlichtverstoß. Der sogenannte qualifizierte Ein-Sekunden-Verstoß konnte seitens des Gerichtes angesichts der oben genannten Feststellungen nicht festgestellt werden.

Dementsprechend war gegen den Betroffenen eine Regelgeldbuße von 90,00 € mangels weiterer Besonderheiten als angemessen anzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.