In dem Bußgeldverfahren, bei dem ich letzte Woche wegen der Aussagen zum PoliScan Speed-Messverfahren die OLG-Entscheidung vorgestellt habe, hatte der Verteidiger beim Amtsgericht zur Frage der Fahrereigenschaft die Einholung eines gerichtsmorphologischen Gutachtens beantragt, was abgelehnt wurde. Das wurde vom Verteidiger in der Rechtsbeschwerde mit der Begründung beanstandet, das Gericht hätte das Gutachten in Auftrag geben müssen. Außerdem wurde von ihm angemerkt, dass das Messfoto nicht zur Identifizierung des Betroffenen geeignet sei, denn die Qualität sei schlecht und die obere Gesichtshälfte des Fahrers verdeckt. Diese Aussagen zusammen führten zur Unzulässigkeit der Verfahrensrüge: Der Vortrag sei widersprüchlich, wenn einerseits ein Sachverständigengutachten verlangt, andererseits aber die Bildqualität kritisiert werde. Denn ein Gutachten zur Identifizierung des Fahrers komme nur in Betracht, wenn das Messfoto eine gewisse Qualität hat, um als Identifizierungsgrundlage überhaupt dienen zu können (OLG Bremen, Beschluss vom 28.09.2015, Az. 1 SsBs 12/15, Volltext hier).
a) Soweit er eine Verletzung der §§ 77 Abs. 2 OWiG, 244 Abs. 2 und 3 StPO wegen einer unzulässigen Ablehnung seines Beweisantrags auf Einholung eines gesichtsmorphologischen Gutachtens zur Frage der Täter/-Fahrereigenschaft rügt, ist die Rüge nicht zulässig erhoben worden. Die Rüge der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags genügt nicht den Anforderungen des §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer die den vermeintlichen Mangel begründenden Tatsachen so vollständig angibt, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (BGH, NJW 1995, 2047 m.w.N., NStZ 2013, 672). Dazu müssen der Beweisantrag nebst Begründung sowie der ablehnende Gerichtsbeschluss vollständig im Wortlaut oder unter vollständiger Anführung aller wesentlichen Tatsachen sinngemäß mitgeteilt werden (Becker, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage, 2010, § 244 Rn. 372). Zudem muss die Begründungsschrift darlegen, aufgrund welcher Umstände sich das Gericht zur Beweisaufnahme hätte gedrängt sehen müssen (BGH, NStZ 2013, 672) und zu welchem voraussichtlichen Ergebnis die unterlassene Sachaufklärung geführt hätte (vgl. Senge in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 4. Auflage, 2014, § 77 Rn. 51 f. m.w.N.).
Der Betroffene gibt zwar den Beweisantrag sowie den ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Bremen wieder, versäumt es aber mitzuteilen, aufgrund welcher Umstände sich das Gericht zu der Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte gedrängt sehen müssen. Zu Recht weist die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass der Betroffene widersprüchlich vorträgt, indem er einerseits meint, dass das Gericht ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen und andererseits vorträgt, dass die Beweisbilder aufgrund der schlechten Bildqualität und einer verdeckten oberen Gesichtshälfte zur Identifizierung des Fahrzeugführers nicht geeignet seien. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens müssen die Beweisbilder jedoch von gewisser Qualität sein, um als Identifizierungsgrundlage überhaupt dienen zu können (BGH, NStZ 2005, 458, 459). Bereits dieser Widerspruch verwehrt es dem Senat, das Rügevorbringen auf seine Begründetheit hin zu prüfen.
b) Aus den gleichen Gründen ist auch die Aufklärungsrüge des Betroffenen unzulässig erhoben worden. Eine den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Begründung muss ganz bestimmte Beweisbehauptungen und die Angabe des damit verfolgten Beweisergebnisses enthalten (BGH NJW 1985, 1175, 1176; Becker, aaO, § 344 Rn. 366; Senge, aaO, § 79 Rn. 90). Des Weiteren muss das Beweismittel bezeichnet werden, das das Gericht zur weiteren Wahrheitsermittlung hätte benutzen müssen, wobei auf die Eignung des Beweismittels, die aufgestellte Behauptung zu beweisen, hinzuweisen ist (BGHSt 2, 168 f.; Senge, aaO). Auch hier ist darzulegen, aufgrund welcher Umstände sich das Gericht zur Beweisaufnahme hätte gedrängt sehen müssen (Senge, aaO, § 77 Rn. 51, § 79 Rn. 90). Wie bereits dargelegt, hat der Betroffene letztes in seiner Rechtsbeschwerdebegründung versäumt.
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