In diesem Verfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes hat der Betroffene bestritten, gefahren zu sein. Einen Antrag auf Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Tatsache, dass der Betroffene nicht der verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit war, lehnte das AG ab und verurteilte den Betroffenen. Das OLG Bamberg sagt dazu: Es liegt jedenfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, im Übrigen auch kein Beweisantrag. Denn für einen wirksamen Beweisantrag genüge es nicht, nur eine Negativtatsache unter Beweis zu stellen (OLG Bamberg, Beschluss vom 17.03.2017 – 3 Ss OWi 264/17).

I. Der Antrag des Betroffenen, gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 18. November 2016 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.

II. Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer am 29.12.2015 als Führer eines Pkw innerorts begangenen fahrlässigen Überschreitung der nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 28 km/h entsprechend der schon im Bußgeldbescheid vom 14.03.2016 vorgesehenen Rechtsfolge zu einer Regelgeldbuße von 100 Euro verurteilt. Der hiergegen in zulässiger Weise angebrachte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde erweist sich als unbegründet.

II.

Nach § 80 Abs. 1 und 2 Nr. 1 OWiG darf die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird daher nach § 80 Abs. 4 Sätze 1 und 3 OWiG verworfen. Damit gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 4 OWiG).

III.

Außerhalb der durch das Rechtsmittel veranlassten Sachprüfung bemerkt der Senat ergänzend:

1. Soweit die Verletzung des Beweisantragsrechts bzw. insoweit die Versagung rechtlichen Gehörs beanstandet wird, ist die Rüge unbeschadet ihrer am Maßstab der §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu messenden zulässigen Erhebung unbegründet. Denn mit dem Beweisbegehren auf Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens „zum Nachweis der Tatsache, dass der Betroffene nicht der verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit war“, wird auch unter Berücksichtigung der Erläuterungen im Rahmen der Antragsbegründung lediglich eine sog. Negativtatsache in Gestalt des von der Verteidigung erhofften Beweisziels ,unter Beweis‘ gestellt. Dies genügt regelmäßig nicht den für einen förmlichen Beweisantrag notwendigen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Beweisbehauptung (BGH, Beschluss vom 24.01.2017 – 2 StR 509/16 [bei juris]), so dass allenfalls von einem sog. Beweisermittlungsantrag auszugehen ist.

a) Ein nach den Regeln des Strengbeweisverfahrens zu behandelnder Beweisantrag ist nach st.Rspr. und h.M. im Schrifttum das unbedingte oder an eine zulässige Bedingung geknüpfte ernsthafte Verlangen eines Verfahrensbeteiligten, zum Nachweis einer von ihm bestimmt zu behauptenden Tatsache durch den Gebrauch eines bestimmt zu bezeichnenden Beweismittels Beweis zu erheben, soweit die Beweisbehauptung die Tatsachengrundlage, nämlich den zur Schuld- oder Rechtsfolgenfrage gehörenden Sachverhalt eines in der Sache entscheidenden Urteils betrifft (vgl. u.a. BGHSt 1,29/31; 6, 128/129; 30, 131/142; 37, 162/164 ff.; 39, 251/253 f.; 43, 321/325 ff.; BGH StV 2012, 73; BayObLGSt 1995, 72 = NJW 1996, 331; BGH StV 2014, 257 = NStZ 2014, 282 = wistra 2014, 280; BGH StV 2015, 82 = BGHR StPO § 244 Abs. 3 Konnexität 2; OLG Bamberg, Beschluss vom 23.02.2015 – 3 OLG 8 Ss 126/14 = StraFo 2015, 155 = OLGSt StPO § 244 Nr. 22; LR/Becker StPO 26. Aufl. § 244 Rn. 95, 96 ff.; KKJKrehl StPO § 244 Rn. 67; KK-Senge OWiG § 77 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 244 Rn. 18; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 9. Aufl., Rn. 138; Burhoff, Handbuch für die strafverfahrensrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., Rn. 769 und Burhoff [Hrsg.]/Stephan, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn. 568, 597 ff., jeweils m.w.N.).

b) Zwar ergibt sich aus dem Beweisbegehren die Minimalbehauptung, dass mit der Beweiserhebung unter Beweis gestellt werden soll, dass der Betroffene zur Tatzeit nicht der verantwortliche Führer des Tatfahrzeug gewesen ist. Diesen Schluss hat indes nicht der Sachverständige, sondern allein das Gericht auf der Grundlage der erhobenen Beweise zu ziehen. Es fehlen jegliche Angaben entweder dazu, welche bestimmte (verwechselungsgeeignete‘) Person anstelle des Betroffenen das Fahrzeug zur Tatzeit geführt hat bzw. auf dem Beweisfoto abgebildet ist oder aber wenigstens dazu, welche bestimmten morphologischen oder sonstigen Merkmale des Erscheinungsbilds, die eine Identität des Betroffenen mit der auf dem Messfoto abgebildeten Person ausschließen, durch das beantragte Gutachten ermittelt werden sollen (BGH, Beschluss vom 24.01.2017 – 2 StR 509/16 [bei juris]; OLG Hamm, Beschlüsse vom 15.09.2009 – 3 Ss OWi 689/09 und 17.02.2009 – 4 Ss OWi 86/09 [jeweils bei juris]; vgl. ferner u.a. KK-Senge OWiG 4. Aufl. § 77 Rn. 14a und Burhoff/Stephan Rn. 605 f.; 608, 610, 620, jeweils m.w.N.).

2. Im Hinblick auf die Lichtbildidentifizierung des Betroffenen als des verantwortlichen Fahrzeugführers hat das Amtsgericht in der gebotenen Eindeutigkeit auf das bei den Akten befindliche Messfoto Bezug genommen und dieses damit nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO wirksam zum Bestandteil seiner Urteilsgründe gemacht (vgl. neben BGH StraFo 2016, 155 zuletzt insbesondere OLG Bamberg, Beschlüsse vom 14.11.2016 – 3 Ss OWi 1164/16 = DAR 2017, 89 und 06.02.2017 – 3 Ss OWi 156/17 [bei juris], jeweils m.w.N.).

3. Auch soweit die Überzeugungsbildung des Amtsgerichts von der ordnungsgemäßen Durchführung der standardisierten (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277) Geschwindigkeitsmessung mit dem Einseitensensormessgerät ,ES3.0‘ auf dem in der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten des bestellten messtechnischen Sachverständigen beruht, genügen die Urteilsgründe den aus § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. 267 Abs. 1 StPO resultierenden sachlich-rechtlichen Anforderungen. Denn das Amtsgericht hat sich nicht damit begnügt, lediglich das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung mitzuteilen.

Vielmehr werden die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und fachbezogenen Ausführungen des Sachverständigen ausführlich und derart wiedergegeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit unabdingbar ist, um dem Senat eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die gezogenen Schlussfolgerungen (Befundtatsachen) nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st.Rspr.; vgl. neben BGHSt 39, 291/297, u.a. BGH, Beschlüsse vom 02.04.2015 – 3 StR 103/15 [bei juris]; 06.05.2014 – 5 StR 168/14 = NStZ-RR 2014, 244 und 17.06.2014 – 4 StR 171/14 = NStZ-RR 2014, 305 und zuletzt OLG Bamberg, Beschluss vom 14.11.2016 – 3 Ss OWi 1164/16 = DAR 2017, 89 m.w.N. aus der Rspr.; Göhler/Seitz OWiG § 71, Rn. 43d.; KK- OWiG/Senge § 71 Rn. 119; Meyer-Goßner/Schmitt § 267 Rn. 13 f.; KK/Kuckein § 267 Rn. 16 und LR/Stuckenberg § 267 Rn. 66).

IV.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.