In diesem Fall von Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes gelangte das Messfoto in die Gerichtsakte, ohne dass das Gesicht des Beifahrers geschwärzt wurde. Das AG hat dann aus der Person des Beifahrers Schlüsse auf den betroffenen Fahrer gezogen. Dieser machte in der Rechtsbeschwerde ein Beweisverwertungsverbot geltend. Die Frage, ob ein solches Foto, auf dem der Beifahrer nicht unkenntlich gemacht ist, in die Akte übernommen werden darf, lässt das OLG Oldenburg offen. Denn aus einem etwaigen Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte des Beifahrers folge kein Beweisverwertungsverbot (Beschluss vom 09.02.2015, Az. 2 Ss (OWi) 20/15):
Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2010, 2717 f) hat es als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden angesehen, dass die Gerichte als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO angesehen haben. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, dass bei einer Bildaufnahme, bei der Fahrer und Kennzeichen identifizierbar seien, allerdings ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliege. Die Maßnahme ziele aber nicht auf Unbeteiligte, sondern ausschließlich auf Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben hätten, da der Verdacht eines bußgeldbewährten Verkehrsverstoßes bestehe.
Zwar bestand hier kein Verdacht gegen die Beifahrerin. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat aber auf § 100h Abs. 3 StPO verwiesen, wonach andere Personen nur betroffen sein dürfen, wenn dies unvermeidbar sei.
Da es nach Auffassung des Senates unvermeidbar ist, dass bei Anfertigung eines Fotos im Rahmen einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme auch der Beifahrer mit abgebildet wird, sieht er die Anfertigung des Lichtbildes als durch § 100h Abs. 3 StPO gedeckt an (so auch bereits Amtsgericht Herford, DAR 2010, 592 f).
Der Senat lässt offen, ob es zulässig ist, das so gefertigte Lichtbild ohne Unkenntlichmachung der Person des Beifahrers in die Akte der Verwaltungsbehörde und später des Gerichtes zu übernehmen. Geschieht dies, führt dieses zumindest nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn das Amtsgericht Schlüsse von der Person des Beifahrers auf den Fahrer zieht.
Das Bundesverfassungsgericht (NJW 2009, 3293 f) hatte bei einem Sachverhalt, in dem von einem Fahrzeugführer eine verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung gefertigt worden war und die Fachgerichte als Rechtsgrundlage einen Ministerialerlass herangezogen hatten, es (nur) als zumindest möglich angesehen, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annähmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe.
Im Beschluss vom 07.12.2011 (2 BvR 2500/09) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass ein Beweisverwertungsverbot eine begründungsbedürftige Ausnahme darstelle und insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden seien, geboten sein könne (juris Rn. 117).
Von einer derartigen Eingriffsintensität ist die Vorgehensweise des Amtsgerichts weit entfernt.
Das Lichtbild ist zunächst aufgrund einer ausreichenden Rechtsgrundlage gefertigt worden. Es ist dann im Rahmen des Verfahrens, das sich gegen die Person richtete, von der verdachtsabhängig ein Lichtbild gefertigt worden ist, verwertet worden. Die Rechtsbeschwerde macht auch (lediglich) geltend, dass das Persönlichkeitsrecht der Beifahrerin tangiert sei. Demgegenüber ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen durch die Auswertung des Lichtbildes der Beifahrerin nicht in einem Maße berührt, dass insofern von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen werden müsste.
Der BGH (St 11, 213 ff) hatte in einem Fall, in dem ein Zeuge nicht über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt worden war, darauf abgestellt, dass diese Vorschrift ausschließlich auf der Achtung vor der Persönlichkeit des Zeugen beruhe. Durch den Konflikt des Zeugen werde der Rechtskreis des Beschuldigten nicht so berührt, dass ihm wegen unterbliebener Belehrung ein Revisionsrügerecht zugestanden werden könne.
So liegt es auch hier:
Dass der Rechtskreis des Betroffenen hier dadurch berührt wäre, dass durch Bekanntwerden der Person der Beifahrerin seine Interessen verletzt sein könnten, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Darüberhinaus gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass „planmäßig oder systematisch“ (BVerfG vom 7.12.2011, s.o.), Fotos der Beifahrer, auf denen diese erkennbar sind, zum Zwecke der indirekten Identifizierbarkeit des Fahrers zum Gegenstand der Bußgeldakten gemacht werden.
Einen Kommentar schreiben