Hier wurde zunächst in einem Bußgeldverfahren darüber gestritten, ob der Rechtsanwalt, der namens eines Mandanten Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid eingelegt hatte, hierzu bevollmächtigt war bzw. wie dies nachzuweisen sei. Der VerfGH betont, bei Einlegung des Einspruchs durch einen Rechtsanwalt spreche eine Vermutung dafür, dass dieser hierzubevollmächtigt ist. Der Vorlage einer Vollmachtsurkunde bedürfe es grundsätzlich nicht.

VerfGH Koblenz, Beschluss vom 28.01.2021 – VGH B 71/20

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 28. Juli 2020 – 3 OWi 2085 Js 8288/20 – und des Landgerichts Koblenz vom 3. September 2020 – 1 Qs 64/20 – verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 77 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Artikel 124 der Verfassung für Rheinland-Pfalz. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Linz am Rhein zurückverwiesen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die im Verfassungsbeschwerdeverfahren notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zwei in einem Bußgeldverfahren ergangene gerichtliche Entscheidungen. In der Sache betrifft sie die Frage, welche Anforderungen an den Nachweis einer Vollmacht zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid zu stellen sind.

I.

1. Mit Bußgeldbescheid vom 6. November 2019 verhängte das Polizeipräsidium Rheinpfalz, Zentrale Bußgeldstelle, gegen den Beschwerdeführer wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h eine Geldbuße in Höhe von 80,00 €. Mit Schreiben vom 12. November 2019 wandte sich der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers an die Zentrale Bußgeldstelle und bat um Akteneinsicht. Im Betreff seines Schriftsatzes gab er das korrekte Aktenzeichen des an den Beschwerdeführer ergangenen Bußgeldbescheids und den vollständigen Namen des Beschwerdeführers an; im Fließtext teilte er (aufgrund eines Versehens) mit, er habe die Vertretung einer „Firma S.“ übernommen. Unter dem 16. November 2019 legte der Bevollmächtigte – die Betreffzeile entsprach der des Schreibens vom 12. November 2019 – namens des Beschwerdeführers Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 6. November 2019 ein und bat erneut um Akteneinsicht. Am 22. November 2019 gewährte die Zentrale Bußgeldstelle dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers die beantragte Akteneinsicht. Zudem teilte sie ihm mit Schreiben vom 6. Dezember 2019 mit, den „zulässigen Einspruch“ erhalten zu haben und gab Gelegenheit zur Begründung des Einspruchs.

Nach Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Linz am Rhein bestimmte dieses unter dem 5. März 2020 den Hauptverhandlungstermin auf den 14. April 2020. In dem Schreiben wurde der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers unter anderem um Vorlage einer Vollmacht gebeten. Zugleich teilte das Amtsgericht mit, dass nach Aktenlage keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheids bestünden.

Am 2. April 2020 kam es aufgrund der Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu einer Umladung. Neuer Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung wurde auf den 22. Juni 2020 bestimmt. Auf einen entsprechenden Antrag seines Bevollmächtigten vom 30. Mai 2020 wurde der Beschwerdeführer durch Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Juni 2020 von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden. Zudem beantragte der Bevollmächtigte die Einstellung des Verfahrens.

Mit Schreiben des Amtsgerichts vom 17. Juni 2020 wurde der Hauptverhandlungstermin vom 22. Juni 2020 auf den 3. August 2020 verlegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, für eine Einstellung des Verfahrens bestehe derzeit keine Veranlassung. Trotz Aufforderung liege bislang keine Vollmacht des Verteidigers vor, so dass der Einspruch nach derzeitigem Sachstand nicht wirksam eingelegt worden sei. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers habe sich allein für die Firma S. bestellt, die jedoch nicht Betroffene des Verfahrens sei. Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2020, in welchem im Betreff auf das Aktenzeichen des Gerichts sowie den Namen des Beschwerdeführers Bezug genommen wurde, reichte der Bevollmächtigte eine auf den 30. Mai 2020 datierte und unterschriebene Vollmachtsurkunde zu den Gerichtsakten. Zudem wiederholte er seine bereits zuvor gestellten Anträge, unter anderem auf Einstellung des Verfahrens.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2020 teilte das Amtsgericht mit, eine Einstellung des Verfahrens sei nicht angezeigt; auch für eine Aussetzung des Verfahrens bestehe keine Veranlassung, da die Akte vollständig sei.

2. Mit Beschluss vom 28. Juli 2020 – 3 OWi 2085 Js 8288/20 – verwarf das Amtsgericht den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bußgeldbescheid vom 6. November 2019 als unzulässig. Zwar sei das Einspruchsschreiben des Verteidigers grundsätzlich fristwahrend bei der zuständigen Bußgeldbehörde eingegangen. Es genüge jedoch nicht den Anforderungen an einen wirksamen Einspruch. Hierfür sei erforderlich, dass die Vollmacht bereits zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels erteilt worden und dies auch nachgewiesen sei. Daran fehle es. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers habe die Vertretung der Firma S. angezeigt, die zu keinem Zeitpunkt Betroffene des Verfahrens gewesen sei. Für die Vertretung des Beschwerdeführers habe er weder die Verteidigung angezeigt noch eine ordnungsgemäße Vollmacht vorgelegt. Der Zusatz „namens des Herrn …“ im Schreiben vom 16. November 2019 lasse ebenfalls keine ordnungsgemäße Bevollmächtigung erkennen. Auch nach Aufforderung des Gerichts hätten weder der Beschwerdeführer noch sein „vollmachtloser Verteidiger“ eine Bevollmächtigung zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Die am 27. Juni 2020 eingereichte Vollmacht sei ersichtlich erst am 30. Mai 2020 unterzeichnet worden. Dieser Zeitpunkt liege jedoch deutlich hinter dem Zeitpunkt der Einspruchseinlegung.

Gegen den Beschluss vom 28. Juli 2020 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein und machte geltend, das Amtsgericht verkenne das Wesen des Verteidigervertrages. Eine Gesamtschau der Korrespondenz zeige, dass sein Verteidiger ihn in dem Verfahren aktiv verteidigt habe und vernünftige Zweifel hieran nicht berechtigt seien.

3. Die sofortige Beschwerde wurde mit am 9. September 2020 zugegangenem Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 3. September 2020 – 1 Qs 64/20 – als unbegründet verworfen. Nach allgemeiner Auffassung müsse ein Verteidiger bereits bei Einlegung des Einspruchs entsprechend bevollmächtigt sein, wofür die allgemeine Verteidigerbestellung nicht ausreiche. Erforderlich sei vielmehr eine ausdrückliche Bevollmächtigung zur Einlegung von Rechtsmitteln. Habe sich der Verteidiger bereits im Verwaltungsverfahren ausgewiesen, sei vom Fortbestand einer entsprechenden Befugnis auszugehen. Hieran fehle es aber, da sich der Bevollmächtigte lediglich für eine Firma S. bestellt habe und auch ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon auszugehen sei, dass es sich um ein offensichtliches Schreibversehen gehandelt habe. Zwar könne das Bestehen der danach erforderlichen besonderen Vollmacht grundsätzlich auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgewiesen werden. Daran fehle es aber. Die erst mit Schriftsatz vom 27. Juni 2020 vorgelegte und auf den 30. Mai 2020 datierte Vollmacht sei zum Nachweis der bereits bei Einspruchseinlegung erforderlichen besonderen Vollmacht nicht geeignet. Auch die allgemeinen Ausführungen zum grundsätzlich formlos möglichen Abschluss eines Anwaltsvertrages legten es nahe, dass es an der erforderlichen ausdrücklichen Ermächtigung zur Einlegung von Rechtsmitteln gemangelt habe. Schließlich habe das Amtsgericht den Beschwerdeführer und seinen Bevollmächtigten bereits im Juni auf seine Rechtsauffassung hingewiesen und damit rechtliches Gehör gewährt.

II.

Mit seiner am 6. Oktober 2020 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 6 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –), des Willkürverbots (Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 LV) sowie des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 77 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 LV).

Der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts, das bis zum 7. Juli 2020 noch auf Anträge seines Bevollmächtigten reagiert habe, sei überraschend und verletze ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren. Das Gericht verkenne zudem die Bedeutung einer Verteidigervollmacht. Bei Berücksichtigung des konkreten Ablaufs des Verfahrens, insbesondere der zahlreichen Schriftsätze und Anträge, könne an dem Bestehen eines Verteidigungsverhältnisses kein Zweifel bestehen. Selbst wenn man dies wegen der im Schreiben vom 12. November 2019 erwähnten Firma S. anders sähe, sei innerhalb der eingeräumten Frist eine Vollmacht vorgelegt worden, die auch den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid umfasse. Auf der Vollmachtsurkunde sei das korrekte Datum der Unterzeichnung vermerkt worden. Dies bedeute aber nicht, dass „der geschlossene Vertrag“ erst ab dem 30. Mai 2020 habe gelten sollen.

III.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Ministerium der Justiz Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dieses hat eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts Koblenz vorgelegt, wonach sich die Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen als nachvollziehbar darstellten. Die vorgelegte schriftliche Vollmacht sei jedenfalls erst am 30. Mai 2020 unterschrieben worden und daher zum Nachweis einer bereits zuvor – innerhalb der Einspruchsfrist – erteilten Vollmacht nicht geeignet. Eine anwaltliche Versicherung einer zuvor erteilten Vollmacht finde sich lediglich im Schriftsatz vom 12. November 2019, der sich allerdings auf die Vertretung der Firma S. beziehe. Auch wenn im Betreff zugleich der Name des Beschwerdeführers und das Aktenzeichen des Bußgeldbescheids genannt würden, erscheine eine hinreichende Klarstellung jedenfalls zweifelhaft. Weitere anwaltliche Versicherungen seien anschließend nicht erfolgt und auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinen Schriftsätzen erlaube hierauf wenig Rückschlüsse. Schließlich habe der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt einen Wiedereinsetzungsantrag gegen das Versäumen der Einspruchsfrist gestellt.

2. Die Akte der Staatsanwaltschaft Koblenz zum Aktenzeichen 2085 Js 8288/20 hat dem Verfassungsgerichtshof vorgelegen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde, über die der Verfassungsgerichtshof gemäß § 49 Abs. 1 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Die fristgemäß erhobene Verfassungsbeschwerde ist statthaft. Insbesondere steht ihr die Bundesrechtsklausel des § 44 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG nicht entgegen, da die vom Beschwerdeführer gerügte Nichtanerkennung der Vollmacht seitens des Amtsgerichts die der Sachentscheidung vorgelagerte Durchführung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne von § 44 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG betrifft (vgl. ausf. VerfGH RP, Beschluss vom 19. November 2019 – VGH B 10/19 –, AS 47, 299 [305 f.]; Urteil vom 15. Januar 2020 – VGH B 19/19 –, AS 47, 350 [356 f.]; Jutzi, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 130a Rn. 28 ff.).

2. Die Verfassungsbeschwerde wahrt auch das Gebot der Rechtswegerschöpfung (§ 44 Abs. 3 Satz 1 VerfGHG). Zwar hat der Beschwerdeführer, der auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, keine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 3. September 2020 erhoben. Die Erhebung einer Anhörungsrüge ist nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung allerdings dann entbehrlich, wenn sie von vornherein aussichtslos und damit unzumutbar wäre (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 17. Februar 2017 – VGH B 26/16 –, AS 45, 225 [226]; Urteil vom 15. Januar 2020 – VGH B 19/19 –, AS 47, 350 [358]; BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Juli 2019 – 2 BvR 686/19 –, juris Rn. 26; SächsVerfGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 – Vf. 12-IV-16 –, juris Rn. 9; VerfGH NRW, Beschlüsse vom 13. August 2019 – 12/19.VB-2 –, juris Rn. 6; und vom 25. August 2020 – 73/19.VB-2 –, juris Rn. 10; BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Juli 2020 – Vf. 93-VI-19 –, juris Rn. 25). Von vornherein aussichtslos ist ein Rechtsbehelf, wenn er offensichtlich unstatthaft oder unzulässig ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn mit der Anhörungsrüge lediglich ein durch das Rechtsmittelgericht nicht geheilter, sondern fortwirkender („perpetuierter“) Gehörsverstoß beklagt wird (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 15. Januar 2020 – VGH B 19/19 –, AS 47, 350 [358]; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 5. Mai 2008 – 1 BvR 562/08 –, NJW 2008, 2635 [2636]; vom 14. Dezember 2018 – 2 BvR 1594/17 –, juris Rn. 15; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 90 Rn. 371 m.w.N.). Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen. Der Beschwerdeführer macht mit seinem Vortrag keine neue (eigenständige) Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Landgericht, sondern den Fall eines dem Amtsgericht angelasteten und in der Entscheidung des Landgerichts fortwirkenden (perpetuierten) Gehörsverstoßes geltend, der die Erhebung einer Anhörungsrüge nicht voraussetzt.

Der Beschwerdeführer war darüber hinaus auch nicht gehalten, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu stellen. Zwar ist ein Beschwerdeführer zur Ergreifung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – hierzu zählt grundsätzlich auch ein Wiedereinsetzungsantrag (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 1976 – 2 BvR 212/76 –, BVerfGE 42, 252 [256 f.]) – verpflichtet, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverstöße zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (st. Rspr., vgl. VerfGH RP, Beschlüsse vom 12. April 1995 – VGH B 1/95 –; vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [197]; vom 27. Juli 2017 – VGH B 18/16 –, juris Rn. 11; vom 19. November 2019 – VGH B 24/19 –, AS 47, 317 [324]; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1988 – 1 BvR 1561/82 –, BVerfGE 77, 381 [401]; Kammerbeschluss vom 22. Mai 2017 – 2 BvR 1453/16 –, juris Rn. 3 f.). Diese Pflicht besteht aber nur im Rahmen des Zumutbaren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1987 – 1 BvR 1291/85 –, NJW 1988, 1255). Vor Ergehen der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts war dem Beschwerdeführer ein Wiedereinsetzungsantrag schon deshalb nicht zuzumuten, weil er der Aufforderung des Gerichts zur Vorlage einer Vollmacht nachkam und das Amtsgericht im Anschluss hieran – bis zum angegriffenen Beschluss vom 28. Juli 2020 – ihm gegenüber keine (fortbestehenden) Zweifel an der Bevollmächtigung geltend machte, sondern ihn vielmehr noch mit Beschluss vom 7. Juli 2020 auf Antrag seines Bevollmächtigten hin von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entband. Nach Ergehen des angegriffenen Beschlusses vom 28. Juli 2020 wäre ein Wiedereinsetzungsantrag offensichtlich aussichtslos gewesen, da auch nach den Feststellungen des Amtsgerichts die Einspruchsfrist nicht versäumt wurde.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren in Verbindung mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes.

1. Das ausdrücklich vom Beschwerdeführer gerügte Recht auf ein faires Verfahren zählt – ebenso wie das hiermit eng in Verbindung stehende Recht auf effektiven Rechtsschutz – zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 24. Februar 2014 – VGH B 26/13 –, AS 42, 157 [165]; vgl. zur inhaltsgleichen grundgesetzlichen Garantie BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1974 – 2 BvR 747/73 –, BVerfGE 38, 105 [111]; Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81 –, BVerfGE 57, 250 [274 f.]; Beschluss vom 3. Juni 1992 – 2 BvR 1041/88 u.a. –, BVerfGE 86, 288 [317]; Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05 u.a. –, BVerfGE 118, 212 [231]). Es hat seine Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip (Art. 77 Abs. 2 LV) in Verbindung mit den Freiheitsrechten und der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 LV). Am Recht auf ein faires Verfahren ist insbesondere die Ausgestaltung des Strafverfahrens zu messen, wenn und soweit keine spezielle verfassungsrechtliche Gewährleistung existiert (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 24. Juli 2009 – VGH B 21/09 –; BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 –, BVerfGE 122, 248 [271]; Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 u.a. –, BVerfGE 130, 1 [25]). Die Gewährleistung des „fair trial“ begrenzt sich aber nicht auf die Strafverfolgung, sondern gilt auch für sonstige Rechtsbereiche (vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 75 [April 2020]; konkret zur Anwendbarkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren auch VerfGH Saarland, Beschluss vom 27. April 2018 – Lv 1/18 –, juris Rn. 27). Inhaltlich verpflichtet sie alle staatlichen Organe, korrekt und fair zu verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1974 – 2 BvR 747/73 –, BVerfGE 38, 105 [111]). Ferner sichert der Anspruch auf ein faires Verfahren dem Beschuldigten, der im Rechtsstaat nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein darf, den erforderlichen Bestand an aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1977 – 2 BvR 462/77 –, BVerfGE 46, 202 [210]; Beschluss vom 26. Mai 1981 – 2 BvR 215/81 –, BVerfGE 57, 250 [275]). Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 – 2 BvR 731/80 –, BVerfGE 64, 135 [145 f.]; Beschluss vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 –, BVerfGE 122, 248 [272]; Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 u.a. –, BVerfGE 130, 1 [25 f.]). Das Recht auf ein faires Verfahren enthält jedoch keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten.

Im Anwendungsbereich des Art. 124 LV folgt ergänzend aus dem Gedanken effektiven Rechtsschutzes als einer (prozessrechtlichen) Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 77 Abs. 2 LV) das Verbot, den Zugang zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (VerfGH RP, Beschluss vom 13. Dezember 2004 – VGH B 7/04 –, AS 35, 184 [188]; Beschluss vom 9. Januar 2019 – VGH B 25/18 u.a. –, NVwZ-RR 2019, 539; Brocker, in: ders./Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 124 Rn. 20; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 370/84 –, BVerfGE 69, 381 [385]; Beschluss vom 2. März 1993 – 1 BvR 249/92 –, BVerfGE 88, 118 [123 ff.]). Zwar gewährleistet das Gebot effektiven Rechtsschutzes dabei keinen Anspruch auf die Einrichtung eines bestimmten Rechtszuges (VerfGH RP, Beschluss vom 9. Januar 2019 – VGH B 25/18 u.a. –, NVwZ-RR 2019, 539; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. –, BVerfGE 92, 365 [410]; Beschluss vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99 –, BVerfGE 104, 220 [231], stRspr.). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht unzumutbar erschwert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1987 – 1 BvR 1291/85 –, BVerfGE 77, 275 [284]; Beschluss vom 17. März 1988 – 2 BvR 233/84 –, BVerfGE 78, 88 [99]; Beschluss vom 8. Oktober 1991 – 1 BvR 1324/90 –, BVerfGE 84, 366 [369 f.]; Beschluss vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99 –, BVerfGE 104, 220 [232]). Auch in diesem Rahmen muss eine wirksame gerichtliche Kontrolle gewährleistet sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1997 – 2 BvR 817/90 u.a. –, BVerfGE 96, 27 [39]; Kammerbeschluss vom 25. Juli 2005 – 1 BvR 2419/03 u.a. –, BVerfGK 6, 79 [81]; Kammerbeschluss vom 29. September 2010 – 1 BvR 2649/06 –, BVerfGK 18, 105 [111]). Dem Richter ist es danach verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 9. Januar 2019 – VGH B 25/18 u.a. –, NVwZ-RR 2019, 539; BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1991 – 1 BvR 1324/90 –, BVerfGE 84, 366 [369 f.]). Zwar ist die Auslegung und Anwendung des jeweiligen Verfahrensrechts grundsätzlich Sache der Fachgerichte. Die fehlerhafte Anwendung prozessrechtlicher Bestimmungen stellt jedoch dann zugleich einen Verstoß gegen Verfassungsrecht dar, wenn das Gericht bei Anwendung der Verfahrensvorschrift die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts verkannt hat (vgl. auch VerfGH RP, Beschluss vom 13. Dezember 2004 – VGH B 7/04 –, AS 35, 184 [188]; Beschluss vom 27. Juli 2017 – VGH B 18/16 –, juris Rn. 18; Beschluss vom 9. Januar 2019 – VGH B 25/18 u.a. –, NVwZ-RR 2019, 539).

2. Hieran gemessen verletzen die Beschlüsse des Amtsgerichts Linz am Rhein sowie des Landgerichts Koblenz den Beschwerdeführer in seinen Rechten auf ein faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz. Die angegriffenen Entscheidungen überspannen in Verkennung der Verfahrensgrundrechte der Landesverfassung die Anforderungen an den Nachweis einer Vollmacht im (gerichtlichen) Bußgeldverfahren.

a) Einfach-rechtlicher Ausgangspunkt für die Verwerfung des Einspruchs durch das Gericht ist § 70 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten – OWiG –. Danach erfolgt eine Verwerfung als unzulässig, wenn die Vorschriften über die Einlegung des Einspruchs nicht eingehalten wurden. Wie sich mit Blick auf § 69 Abs. 1 Satz 1 OWiG ergibt, sind damit in erster Linie die Vorgaben über die form- und fristgerechte Einlegung gemeint (vgl. auch Krumm, in: Gassner/Seith [Hrsg.], OWiG, 2. Aufl. 2020, § 70 Rn. 3). Nach 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG kann der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen. Einspruchsberechtigt ist neben der Person des Betroffenen unter anderem auch der (nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen handelnde) Verteidiger (§ 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 297 der Strafprozeßordnung – StPO –) sowie – nach allgemeinen Grundsätzen – der (bevollmächtigte) Vertreter (vgl. nur Krenberger, in: Haus/Krumm/Quarch [Hrsg.], Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 67 OWiG Rn. 3).

aa) Voraussetzung für eine wirksame Einspruchseinlegung durch einen Dritten ist das Bestehen der Bevollmächtigung bereits im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung (Blum/Stahnke, in: Gassner/Seith [Hrsg.], OWiG, 2. Aufl. 2020, § 67 Rn. 10). Fehlt es an der Vertretungsmacht, ist der Einspruch unwirksam. Bei Nichtbestehen der Verteidigungsbefugnis bzw. Bevollmächtigung ist der durch den Verteidiger eingelegte Einspruch als unzulässig zu verwerfen (vgl. etwa Ellbogen, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 67 Rn. 21). Auch durch eine nachträgliche Genehmigung der Stellvertretung kann diese Unwirksamkeit nicht mehr behoben werden (vgl. auch Paul, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 297 Rn. 1).

Für die Bevollmächtigung zur Einlegung eines Einspruchs im Bußgeldverfahren ist keine besondere Form erforderlich, insbesondere kann sie auch mündlich erteilt werden (Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. 2020, § 67 Rn. 13; Blum/Stahnke, in: Gassner/Seith [Hrsg.], OWiG, 2. Aufl. 2020, § 67 Rn. 12; Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl. 2016, Teil A Rn. 1774). Gleichfalls anerkannt ist, dass die Bevollmächtigung auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgewiesen werden kann (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. Mai 1994 – 1 Ss 113/94 –, juris Rn. 3; Allgayer, NStZ 2016, 192 [193]; Blum/Stahnke, in: Gassner/Seith [Hrsg.], OWiG, 2. Aufl. 2020, § 67 Rn. 10; Lay, in: Dötsch u.a. [Hrsg.], BeckOK Straßenverkehrsrecht, § 67 OWiG Rn. 10 [Oktober 2020]; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. August 1982 – 4 StR 387/82 –, juris Rn. 9, zur Strafantragsfrist). Damit hängt die Wirksamkeit des Einspruchs weder davon ab, dass eine schriftliche Vollmacht eingereicht wird, noch ist erforderlich, dass dies innerhalb der Einspruchsfrist des § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG erfolgt (Thiele, DAR 1981, 11). Anders gewendet ist der Einspruch wirksam eingelegt, wenn die betreffende Person bevollmächtigt war, als sie ihn einlegte (vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 10. April 2007 – 2 St OLG Ss 10/07 –, NJW 2007, 1767 [1768], zur Revisionsbegründung). Dies gilt auch dann, wenn der Nachweis der Bevollmächtigung erst nach Ablauf der Frist des § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG erfolgt.

bb) Was die Anforderungen an den Nachweis der Bevollmächtigung anbelangt, ist nach der Person des Bevollmächtigten zu differenzieren. Wird der Einspruch durch einen Rechtsanwalt eingelegt, spricht – vor dem Hintergrund seiner Stellung als Organ der Rechtspflege (vgl. § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) – in der Regel eine Vermutung dafür, dass er hierzu bevollmächtigt ist (Kaiser, NJW 1982, 1367 [1369]; Thiele, DAR 1981, 11 mit Fn. 6; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 17. Januar 2005 – 2 Ws 7/05 –, juris Rn. 13, allg. zur Rechtsmitteleinlegung). Der Vorlage einer Vollmachtsurkunde bedarf es – von gesetzlich angeordneten Ausnahmen (vgl. etwa § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG) abgesehen – grundsätzlich nicht. Hiervon wird namentlich dann auszugehen sein, wenn der Rechtsanwalt namens des Betroffenen tätig wird und Prozesserklärungen abgibt, etwa ein Rechtsmittel einlegt und begründet (Kaiser, NJW 1982, 1367 [1368]; Kurz, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 60 Rn. 5). Eine andere Beurteilung ließe sich allenfalls durch das Vorliegen konkreter und gewichtiger, gegen eine Bevollmächtigung des Rechtsanwalts sprechender Anhaltspunkte rechtfertigen (Thiele, DAR 1981, 11). Nur für Fälle, in denen der Einspruch durch einen Dritten, der kein Rechtsanwalt ist, eingelegt wird, gilt eine vergleichbare Vermutungsregel nicht. In dieser Situation erschient es mit Blick auf die Folgen einer Einspruchseinlegung vielmehr vertretbar, den zweifelsfreien Nachweis über die Bevollmächtigung zu fordern (Thiele, DAR 1981, 11).

cc) Vor diesem Hintergrund sind bereits keine berechtigten Zweifel an der Bevollmächtigung des für den Beschwerdeführer tätigen Rechtsanwalts ersichtlich, da dieser den Einspruch „namens“ des Beschwerdeführers eingelegt und das Bestehen einer Vollmacht damit anwaltlich versichert hat. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Passage im Text des – nicht an das Gericht, sondern an die Zentrale Bußgeldstelle gerichteten – Schreibens vom 12. November 2019, wonach der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers die Vertretung der Firma S. übernommen habe. Bei lebensnaher Betrachtung dieses Schriftsatzes spricht vieles für ein offensichtliches Schreibversehen, da im Betreff des genannten Schreibens der vollständige Name des Beschwerdeführers und – noch gewichtiger und aussagekräftiger – das korrekte Aktenzeichen des Bußgeldbescheides genannt wurden. Spätestens unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Bevollmächtigten vom 16. November 2019, in welchem ausdrücklich und ausschließlich im Namen des Beschwerdeführers – ohne Bezug auf die vorgenannte Firma – Einspruch eingelegt wurde, sprechen mehr Gesichtspunkte für als gegen die Annahme eines bloßen Schreibversehens. Auch die Zentrale Bußgeldstelle hatte ersichtlich keine Bedenken an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung, sondern gewährte mit Schreiben vom 22. November 2019 die beantragte Akteneinsicht und bewertete kurz darauf den mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 16. November 2019 erhobenen Einspruch als zulässig. Ebenso hat das Amtsgericht über einen Zeitraum von mehreren Monaten zwar um die Vorlage einer Vollmacht gebeten, zugleich aber Ladungen an den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers herausgegeben und mit diesem korrespondiert. Ein solches Verhalten erscheint jedenfalls erklärungsbedürftig, zumal eine Verlängerung der Belastungen durch das Bußgeldverfahren und die mögliche Verursachung von weiteren (Verfahrens-)Kosten im Interesse des Einspruchseinlegenden nicht angezeigt sind, wenn der Einspruch zu verwerfen ist (vgl. auch Gertler, in: Graf [Hrsg.], BeckOK OWiG, § 70 Rn. 3 [Oktober 2020]). Zudem hat das Amtsgericht auf Antrag des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers letzteren mit Beschluss vom 3. Juni 2020 von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden. Die stattgebende Entscheidung über einen solchen nicht vom Betroffenen selbst gestellten Antrag (vgl. § 73 Abs. 2 OWiG) setzt aber das Bestehen einer Vollmacht (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 73 OWiG, BT-Drucks. 13/3691, S. 8: „durch den bevollmächtigten Vertreter“) voraus, da über ein Recht des Betroffenen verfügt wird, dessen Ausübung ihm selbst vorbehalten ist (vgl. auch Hettenbach, in: Graf [Hrsg.], BeckOK OWiG, § 73 Rn. 5 [Oktober 2020]). Mit Blick auf den Beschluss vom 3. Juni 2020 ist nicht nachvollziehbar, warum das Amtsgericht die Verwerfung des Einspruchs in seinem Beschluss vom 28. Juli 2020 auf das Fehlen einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung gestützt hat.

Selbst wenn man aber trotz der vorgenannten Umstände die Anforderung eines Nachweises über die Vollmacht als gerechtfertigt ansähe, sind die vom Amtsgericht aus der vorgelegten Vollmachtsurkunde gezogenen Schlussfolgerungen zum Nichtvorliegen einer Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung offenkundig rechtlich unzutreffend. Das Amtsgericht beschränkt sich in der angegriffenen Entscheidung auf die Feststellung, dass der Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmachtsurkunde (die zwar keinen konkreten Betreff enthält, aber bei einer Gesamtschau mit dem Übersendungsschriftsatz des Bevollmächtigten dem Verfahren zugeordnet werden kann) nach Ablauf der Einspruchsfrist liege. Dies ist zwar richtig, allein aus diesem Umstand lässt sich aber nicht herleiten, dass eine Vollmacht im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nicht vorgelegen hat. Maßgeblich sind dann die Gesamtumstände. Auf diese frühe Klarstellung des Reichsgerichts (vgl. Urteil vom 21. November 1912 – I 957/12 –, RGSt 46, 372) wird auch heute noch in der Kommentarliteratur hingewiesen (vgl. etwa Ellbogen, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 67 Rn. 19; Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. 2020, § 67 Rn. 13 mit Fn. 10; Gertler, in: Graf [Hrsg.], BeckOK OWiG, § 67 Rn. 24 [Oktober 2020]). Vorliegend erfolgte lediglich der Nachweis der Vollmachtserteilung nach Ablauf der Einspruchsfrist; allein hieraus auf das Nichtbestehen der Vollmacht zu schließen, verkürzte die Rechte des Betroffenen unangemessen (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 17. Januar 2005 – 2 Ws 7/05 –, juris Rn. 10, zur Berufungsfrist). Vielmehr musste sich in der vorliegenden Konstellation das Bestehen einer Vollmacht im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung für das Amtsgericht geradezu aufdrängen. Es fehlt insbesondere eine nachvollziehbare Erklärung für die (implizite) Annahme des Amtsgerichts, der Beschwerdeführer habe eine Vollmacht erst mit Wirkung vom 30. Mai 2020 an und damit ex nunc erteilen wollen. Eine solche Auslegung zulasten des Beschwerdeführers liegt nicht nahe, denn eine Vollmachtserteilung nach Ablauf der Einspruchsfrist löste im Verhältnis zwischen Mandant und Anwalt zwar Kosten aus, wäre zu diesem Zeitpunkt in der Sache aber nutzlos. Zudem lässt sich ein solches Verständnis auch nicht mit den Rechtsgrundsätzen zur Vollmachtserteilung in Einklang bringen. Wenn eine Vollmacht zur Einlegung eines Einspruchs – nach allgemeiner Auffassung – nicht schriftlich erteilt werden muss, muss auch keine auf den Zeitpunkt der Einspruchseinlegung datierte Vollmachtsurkunde vorliegen.

b) Die fehlerhafte Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorgaben – hier der Bestimmungen der §§ 67 Abs. 1, 70 Abs. 1 OWiG – stellt sich zugleich als Verstoß gegen Art. 77 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 124 LV dar. Die Verwerfung des Einspruchs als unzulässig war mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen offenkundig unrichtig. Es ist objektiv kein Gesichtspunkt erkennbar, der bei Würdigung der Gesamtumstände des Verfahrens die Verwerfung des Einspruchs als unwirksam rechtfertigte.

Verstoßen die angegriffenen Entscheidungen bereits gegen Art. 77 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 124 LV, bedarf es keiner Entscheidung, ob auch die weiteren vom Beschwerdeführer benannten Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt worden sind.

C.

Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei.

Die Anordnung der Auslagenerstattung zugunsten des Beschwerdeführers folgt aus § 21a Abs. 1 Satz 1 VerfGHG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes – RVG –. Dieser ist in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien – Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers – nach billigem Ermessen zu bestimmten; er beträgt mindestens 5.000,00 €. Das subjektive Interesse des Beschwerdeführers an dem Verfassungsbeschwerdeverfahren ist angesichts der gegen ihn im Bußgeldverfahren verhängten Geldbuße in Höhe von 80,00 € mit dem Auffangwert von 5.000,00 € ausreichend erfasst (vgl. auch VerfGH RP, Beschluss vom 16. April 2020 – VGH B 19/19 –, BeckRS 2020, 7535). Da der Angelegenheit keine über das Verfahren hinausgehende (objektive) Bedeutung zukommt, bedarf es einer Erhöhung des Auffangwertes vorliegend nicht.