Nachdem das LG Baden-Baden aus Datenschutzgründen eine Einsicht in die Messreihe nur in den Räumen der Behörde für zulässig hielt, die Behörde dies aber verweigert hatte, verurteilte das AG Rastatt den Betroffenen wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes, nachdem es seinen Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung abgelehnt hatte zu einer Geldbuße in Höhe von 70 Euro. Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde stellte das OLG Karlsruhe das Verfahren ein: Der Senat gehe weiterhin davon aus, dass ein Recht auf Einsicht in die nicht bei den Akten befindlichen Daten der Messreihe auf das Gebot des fairen Verfahrens gestützt werden kann. Die Entscheidungen des LG Baden-Baden begegneten Bedenken, da es sich bei der Überlassung der Daten an den Verteidiger bzw. einen (Privat-)Sachverständigen um ein berechtigtes Anliegen handeln könnte.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.06.2020 – 1 Rb 21 Ss 369/20

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Es wird davon abgesehen, die notwendigen Auslagendes Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.

Gründe:

Die Einstellung des Verfahrens war aus den mit Verfügung vom 09.06.2020 genannten Gründen geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 und 4 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG. Die Unschuldsvermutung schließt vorliegend nicht aus, die notwendigen Auslagen dem Betroffenen aufzuerlegen, weil nach § 80 Abs. 2 OWiG eine Zulassung der Rechtsbeschwerde – was im Ergebnis hier nicht zu entscheiden war – nicht möglich gewesen wäre.

OLG Karlsruhe, Verfügung vom 09.06.2020 – 1 Rb 21 Ss 369/20

Es wird erwogen, das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Der Senat geht davon aus, dass ein Recht auf Einsicht in die nicht bei den Akten befindlichen Messdaten der Messreihe besteht und dies auf das Gebot des fairen Verfahrens gestützt werden kann (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.07.2019 – 1 Rb 10 Ss 291/19, juris).

Die Entscheidungen des Landgerichts Baden-Baden in vorliegender Sache vom 06.12.2019 und 20.12.2019, dass die Falldatensätze der gesamten Messreihe nur bei der Behörde eingesehen werden dürfen, jedoch nicht an den Verteidiger und den Privatsachverständigen überlassen werden, begegnen Bedenken, da es sich um ein berechtigtes Anliegen handeln könnte, dass der sachverständige die Daten überlassen bekommt, um sie durch entsprechende Auswertungssoftware verarbeiten zu können.

Ein Zulassungsgrund nach § 80 Abs. 2 OWiG dürfte jedoch nicht gegeben sein, da es sich hierbei um eine Frage der Fortbildung des Verfahrensrechts und nicht der Fortbildung des materiellen Rechts und des rechtlichen Gehörs handeln dürfte.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.06.2020.

Vielen Dank an Frau Rechtsanwältin Monika Zimmer-Gratz, Bous, für die Überlassung der Entscheidung.