Nachdem im Saarland seit einigen Wochen Geschwindigkeitsmessungen auch wieder mit Leivtec XV3- und PoliScan Speed-Geräten durchgeführt werden, sieht auch das AG St. Ingbert nun kein Beweisverwertungsverbot auf Grund nicht gespeicherter Rohmessdaten mehr. Nach einer Entscheidung des OLG Saarbrücken (OLG Saarbrücken zu Leivtec XV3 und der Bindungswirkung verfassungsgerichtlicher Urteile) sei – ungeachtet der nochmals erwähnten Kritik des Amtsgerichts an der verfassungsgerichtlichen Entscheidung (AG St. Ingbert zum Urteil des VerfGH Saar: Ende des standardisierten Messverfahrens sowie der Verkehrssicherheit im Saarland?, AG St. Ingbert: Software-Update zur Speicherung von Rohmessdaten ohne Weiteres möglich?) – für jedes Messgerät einzeln zu prüfen, ob ausreichende Überprüfungs- und Verteidigungsmöglichkeiten für Betroffene bestehen. Dafür müsse die Messung nicht voll überprüfbar sein; es genüge eine „falsifizierende Plausibilitätseinschätzung“. Diese sei bei Leivtec XV3-Messungen einmal über eine Weg-Zeit-Berechnung aus den gespeicherten Anfangs- und Endwerten und zum anderen durch eine fotogrammetrische Auswertung beider Messfotos möglich. Auch PoliScan- und Multanova-Messungen seien nach diesen Maßstäben verwertbar.

AG St. Ingbert, Urteil vom 29.10.2019 – 25 OWi 66 Js 1919/19 (2968/19)

Die Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 42 km/h zu einer Geldbuße von 480,- € verurteilt.

Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften: §§ 41 I, 49 III Nr. 4 StVO, § 24 StVG, § 46 OWiG, § 465 StPO.

Gründe

In der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen getroffen:

Gegen die Betroffene liegt nach Auskunft aus dem Fahreignungsregister (Bl.18 d.A.) keine Voreintragung vor.

Die Betroffene befuhr – nach insofern geständiger Einlassung – am Abend des 02.04.2019 mit dem PKW (amtliches Kennzeichen: SB – W…) die BAB 620 Fahrtrichtung Mannheim. .

In Höhe M. Brücke/Alt-Saarbrücken fand durch den Messbeamten PK Stein, der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen wurde, und entsprechend in der Hauptverhandlung vorgelegten Messprotokolls (Bl. 2 d. A.) eine Geschwindigkeitskontrolle statt mittels ausweislich vorgelegten Eichscheins (Bl. 3f d. A) gültig geeichter Geschwindigkeitsmessanlage der Fa. LEIVTEC, XV 3.

Aufbau und Durchführung der Messung erfolgten durch den gemäß vorgelegter Schulungsbescheinigung (Bl.5 d.A.) an diesem Messgerät geschulten Messbeamten nach den Vorgaben des Herstellers und der von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) erteilten Zulassung. Erforderliche Gerätetests sowie Überprüfung der Eichmarken und –Siegel hatten stattgefunden.

Bei Messungen mit dem hier zum Einsatz gekommenen Messgerät der Fa. LEIVTEC XV 3 handelt es sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung um standardisierte Messverfahren (vergl. u.a. OLG Celle, Beschluss vom 17.05.2017, 2 Ss OWi 93/17; Saarländisches OLG, Beschluss vom 03.11.2017, Ss Rs 44/2017 – 66/17 OWi-, OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.05.2018, B4 Rb 16 Ss 380/18).

Der Umstand, dass bei diesem Messgerät sog. Rohmessdaten gelöscht/nicht gespeichert werden, führte nicht zu einem Verwertungsverbot betreffend Messung und Messdaten.

Es ist offenkundig auf Grund zahlreicher Gerichtsverfahren, gutachterlicher Stellungnahmen sowie Stellungnahmen der PTB und des Geräteherstellers (Leivtec), dass bei diesem Messgerät seit dem ersten Nachtrag zur ersten Bauartzulassung vom 30.12.2014 Rohmessdaten – vom Hersteller als Simulationsdaten bezeichnet -, in der Softwareversion 2.0 nicht mehr gespeichert werden. Abgespeichert werden Orts- und Zeitinformationen des ersten und letzten Punkts.

Dennoch steht die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VerfGH) des Saarlandes vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17 -, betreffend eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerätetyp Jenoptik Traffistar S 350, einer Verurteilung wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes, festgestellt durch ein anderes Messgerät – hier XV 3 der Fa. Leivtec –, bei welchem Rohmessdaten gelöscht/nicht gespeichert werden, nicht entgegen. Die vom erkennenden Gericht nach Urteil des VerfGH zunächst vertretene Auffassung (Beschluss vom 29.08.2019, 25 OWi 1936/19) wird nicht mehr aufrecht erhalten. Diese Auffassung war bedingt durch die nach dem Urteil weit verbreitete Rechtsunklarheit und Rechtsunsicherheit auf Grund im Urteil nicht klar differenzierter Verwendung der Begriffe „Verifizierung“ und „Plausibilisierung“ einer Messung.

Nachdem aber nun das Oberlandesgericht des Saarlandes mit Beschluss vom 30.08.2019 – Ss Bs 46/2019, 44/19 OWi -, in dem in der Sache nicht entschieden, sondern das Verfahren betreffend eine Messung mit dem Messgerät XV 3 der Fa. Leivtec eingestellt wurde, dem erkennenden Gericht letztlich aufgegeben hat, in künftigen Fällen zu überprüfen, ob ein nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs folgendes Verwertungsverbot anzunehmen ist wegen Löschung/Nichtspeicherung solcher Daten, bedarf es einer differenzierenden Betrachtung – entgegen Zweckrichtung des standardisierten Messverfahrens – und Auslegung des Urteils betreffend Intention des Verwertungsverbots.

Der VerfGH stellt in seinem Urteil die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens nicht in Frage, ergänzt sie aber um ein aus der Verfassung des Saarlandes abgeleitetes Grundrecht auf wirksame Verteidigung, welches bei Nichtspeicherung sämtlicher den Messwert bildendender Daten verletzt sein könne. Näheres führt der VerfGH in seinem Urteil unter Abschnitt 4e, überschrieben „Eignung der Rohmessdaten zur Verifizierung“, aus. Danach stelle die fehlende Datenspeicherung nur dann keine Beschränkung der Verteidigung dar, wenn die Rohmessdaten ungeeignet wären, eine nachträgliche Plausibilisierung des Messergebnisses zu erlauben. Dies sei selbst dann nicht der Fall, wenn in Unkenntnis der Algorithmen nur über die Auswertung einer Mehrzahl von Messungen ein Modell entwickelt werden könne, das die Plausibilisierung auch der konkreten Messung erlaube. Dabei gehe es letztlich um den aufwändigen Versuch einer Rekonstruktion eines komplexen Geschehensablaufes und seiner physikalischen Erfassung, der zwar nicht positiv zu einer „höheren Richtigkeit“ einer Geschwindigkeitsmessung führe, wohl aber gewissermaßen falsifizierend Plausibilitätseinschätzungen erlaube.

Zwar kennt dass Mess- und Eichrecht den Begriff der Rohmessdaten nicht und es ist auch nicht erkennbar, ob der VerfGH die Begriffe Validität und Verifizierung in metrologischer Ausprägung (DIN ESO 9000, 12.05, Nr. 3.8.5) verwendet, doch ist hinreichend erkennbar, dass es ihm lediglich um die Möglichkeit zu einer – den Begriffsgebrauch des VerfGH aufgreifend –„falsifizierenden Plausibilitätseinschätzung“ geht.

Ob eine solche angesichts der Grundsätze des standardisierten Messverfahrens Sinn macht, kann dahinstehen (vgl. hierzu Dr. Teßmer, Vorsitzender Richter am OLG Frankfurt, „Plausibilisierung – eine Betrachtung aus juristischer Sicht“, in PTB-Mitteilungen 129 (2019) Heft 2, 99 ff; ausführlich zitiert im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 08.08.2019).

Kritisch auch zu der Frage, ob eine solche Plausibilisierung einer Messung zielführend für eine effektive Verteidigung und verfassungsrechtlich zu fordern ist: Dr. Enrico Peuker (Privat-Dozent der Humboldt- Universität in Berlin, derzeit Vertreter des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes, in NZV 2019, 443, Zum „Blitzer“-Urteil des saarländischen VerfGH):

„Stattdessen stellt der VerfGH fest, dass der Verteidigung in Ermangelung anderer Verteidigungsmittel Zugang zu den Rohmessdaten (auch bei fehlenden Zweifeln an der Tragfähigkeit des Messergebnisses) gewährt werden müsse und dass die fehlende Speicherung von Rohmessdaten zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses führe. Diese Feststellung basiert indes auf nicht belegten Prämissen und ist im Übrigen der Anwendung des zuvor überzeichneten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs geschuldet.

So geht der VerfGH zunächst ohne nähere Begründung davon aus, dass keine alternativen, gleichermaßen zuverlässigen Verteidigungsmittel zur Verfügung stünden, obwohl in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung eine Vielzahl möglicher Verteidigungsansätze erörtert wird, die vom Gericht zu berücksichtigende konkrete Anhaltspunkte für Messfehler darstellen können. Hierzu zählen etwa die gleichzeitige Messung mehrerer Fahrzeuge, die fehlerhafte Zuordnung des Messergebnisses zu dem Betroffenen als Fahrzeugführer, Verstöße gegen die Bedienungsanleitung des Geräts, schlechte Sichtverhältnisse, eine hohe Verkehrsdichte, eine besondere Form des Fahrzeugs oder eine ggf. durch Zeugenbeweis zu bekräftigende Einlassung des Betroffenen, eine abweichende Geschwindigkeit sofort nach Auslösung des Lichtblitzes anhand des Tachometers abgelesen zu haben.

Wenn der VerfGH gleichwohl auf die Herausgabe der Rohmessdaten für eine effektive Verteidigung besteht, übersieht er zum einen, dass das Messgerät TraffiStar S350 selbst schon umfangreiche interne Sicherungsmaßnahmen durchführt, die effektiv 100 Einzelmessungen pro Fahrzeug beinhalten, so dass das Gerät nur dann einen geeichten Messwert bildet, wenn die Einzelmessungen pro Fahrzeug untereinander konsistent sind. Zum anderen überschätzt er die Bedeutung der Rohmessdaten für die Überprüfung des Messvorgangs. Die Ausführungen der Sachverständigen verdeutlichen vielmehr, dass die Rohmessdaten nur einer von mehreren erforderlichen Faktoren zur nachträglichen Rekonstruktion der Korrektheit des angegebenen Messergebnisses sind. Ohnehin erlaubt die Kenntnis der Rohmessdaten keine exakte nachträgliche Berechnung der gefahrenen Geschwindigkeit, sondern allenfalls eine Plausibilitätseinschätzung der Messung, deren Möglichkeit vom Sachverständigen der Physikalisch-technischen Bundesanstalt (PTB) sogar wissenschaftlich bestritten wurde.

Wo solche Plausibilitätsannahmen indes erfordern, dass technische Sachverständige auch eine Vielzahl anderer Datensätze des Messgeräts jenseits des konkreten Messvorgangs kennen, ist daran zu erinnern, dass Strafverfolgungsbehörden und Gerichte nach geltender (Verfassungs-)Rechtslage nicht verpflichtet sind, der Verteidigung bei der Suche nach möglichen Verteidigungsansätzen behilflich zu sein, indem sie ihr eine Vielzahl verfahrensfremder Daten zur Verfügung stellen…

Die Rechtsprechung zu standardisierten Messverfahren fußt schließlich auf einem differenzierten messrechtlichen Zusammenspiel zwischen vorheriger Konformitätsprüfung und nachträglicher Befundkontrolle, das gewährleisten soll, dass die Bedingungen der Anwendbarkeit und der Ablauf des Messverfahrens so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Dies stellt die PTB durch eine erhebliche Vielzahl von unterschiedliche Umgebungsparameter, Geschwindigkeiten und atypische Konstellationen berücksichtigende Messungen bei der Konformitätsprüfung und die Möglichkeit einer nachträglichen Befundkontrolle zum Ausschluss von fehlerhaften Messungen sicher. Insoweit dieses messrechtlich vorgegebene Zusammenspiel also ein erhebliches Vertrauen in die Richtigkeit der Messung rechtfertigt, ist nicht nachvollziehbar, warum das Recht auf eine effektive Verteidigung nach Auffassung des VerfGH ermöglichen soll, eine zwar nie gänzlich auszuschließende, aber gleichwohl äußerst seltene Fehlmessung auf Grundlage von bloßen Plausibilitätsannahmen „nachzuweisen“, wenn hierfür im Einzelfall überhaupt gar keine Anhaltspunkte bestehen.“

Jedoch wird das Ermöglichen einer Plausibilitätskontrolle vom VerfGH gefordert; die Forderung ist vom erkennenden Gericht unbeschadet seiner eigenen Rechtsauffassung (AG St. Ingbert, Beschluss vom 8.8.2019 – 23 OWi 1845/19 und vom 29.8.2019 – 25 OWi 1936/19 unter Bezugnahme auf eine PTB-Auskunft vom 21.8.2019) und der Auffassung anderer Gerichte (u. a. OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.09.2019, 2 Ss – Owi – 233/19, OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019, III 1 RBs 362/19, AG Minden, Beschluss vom 26.07.2019, 15 OWi 504/18, AG Singen, Urteil vom 19.07.2019, 6 OWi 51 Js 12441/19 ) selbstverständlich zu beachten.

Der VerfGH hat jedoch nicht entschieden, ob – sofern mehr Daten als bei dem Messgerät TraffiStar S 350 gespeichert sind – die geforderte Plausibilisierungsmöglichkeit ausschließlich aufgrund vollständig gespeicherter Messdaten oder in anderer Art und Weise möglich sein muss.

Bei dem hier verwendeten Messgerät Leivtec XV 3 sind zwei Arten der Plausibilisierung ohne Rückgriff auf sämtliche in die Messwertbildung eingehenden Daten möglich, nämlich durch Weg-Zeit-Berechnung (vgl. Leivtec XV 3, Geschwindigkeitsüberwachungsgerät, Beschreibung des Messverfahren, Stand 3.3.2015, 13 ff) sowie durch Photogrammetrie (vgl. Leivtec XV 3, a.a.O., 19 ff):

– Plausibilitätsprüfung durch Weg-Zeitberechnung (Ziff. 4.1, Seite 13):

In der aktuellen Version 2.0 des Referenzauswertprogramms wird neben dem abgerundeten XV3 Gerätemesswert zusätzlich der Wert XV3 Geschwindigkeit vor Abrundung angezeigt. Für eine Plausibilitätsprüfung kann jetzt der Wert XV3 Geschwindigkeit vor Abrundung mit der durch die Plausibilitätsberechnung ermittelten Geschwindigkeit Auswertstrecke verglichen werden. Eine Verfälschung durch Abrundungseinflüsse wird somit vermieden. Die Berechnung der Abweichung beider Geschwindigkeiten wird vom Referenz-Auswertprogramm Speed Check bereits durchgeführt als Geschwindigkeitsdifferenz im Fenster zur Anzeige von Zusatzdaten angezeigt. Die Geschwindigkeitsdifferenz kann aber natürlich zur Kontrolle anhand zusätzlich dargestellter Hilfsgrößen nochmals überprüft werden.

– Plausibilitätsprüfung durch Photogrammetrie (Ziff. 4.3, Seite 19):

Unter Zuhilfenahme der Parameter von Kamera und Objektiv kann mittels photogrammetrischer Auswertung der Abstand der Fahrzeuge zur Messeinheit im Messung- Start- und Messung-Ende-Bild ermittelt werden. Die so ermittelte Abstandsdifferenz des gemessenen Fahrzeugs zusammen mit der in Speed Check angezeigten „Zeitdifferenz zwischen Messung-Start-Bild und Messung-Ende-Bild“ ermöglicht die Berechnung eines „Photogrammetrie-Geschwindigkeitswertes“.

Beide Plausibilisierungsverfahren können – wie die Gerichtspraxis zeigt – durch Sachverständige ohne weiteren Aufwand und ohne Rückgriff auf nicht zur Verfügung stehende Algorithmen durchgeführt werden und bedürfen keiner Erstellung eines Modells, welches wohl auch nur besonders befähigte bzw. ausgebildete Sachverständige erstellen könnten.

Eine unter Berücksichtigung von Toleranzen erfolgte Plausibilitätsbetrachtung kann den Gerätemesswert zwar nicht ersetzen, sondern lediglich bestätigen oder anzweifeln. Verbleiben Zweifel, hat das Gericht individuell den vorwerfbaren Geschwindigkeitsmesswert zu ermitteln, also das zu tun, was es bei nicht-standardisierten Messverfahren ohnehin zu tun hätte, nämlich die freie richterliche Beweiswürdigung nach § 261 StPO auszuüben (hierzu Dr. Peukert, a.a.O.).

Das auf den Gerätetyp S 350 bezogene nicht näher begründete landesverfassungsrechtliche Verwertungsverbot stünde nur dann in offenkundigem Widerspruch zur bundesverfassungsrechtlich bestätigten Strafrechtsprechung, die für Verwertungsverbote eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift verlangt oder aber einen wichtigen Grund im Einzelfall, wenn der Begriff „Plausibilisierung“ durch „Verifizierung“ ersetzt würde, was der VerfGH gerade nicht getan hat. Deshalb ist für jeden Gerätetyp gesondert zu prüfen, ob eine nachträgliche Plausibilitätskontrolle möglich ist oder nicht. Ist diese möglich, ist nicht von einem Verwertungsverbot betreffend erlangte Messdaten auszugehen.

Das vom VerfGH angenommene Verfahrensgrundrecht kann somit im Ergebnis nicht verletzt sein, wenn ohne weiteres zugängliche und leicht zu handhabende Plausibilisierungsmöglichkeiten – wie hier bei Leivtec XV 3 – bestehen.

Dies gilt, wenn auch für vorliegende Entscheidung nicht von Bedeutung, wohl ebenfalls für Messungen mit anderen Messgeräten, bei denen Messdaten gelöscht/nicht gespeichert werden: Bei Messungen mit dem Gerät PoliScan der Fa. Vitronic werden neben den Orts- und Zeitkoordinaten von erstem und letztem Messpunkt 3 weitere Punkte gespeichert, was eine photogrammetrische Auswertung ermöglicht. Bei dem Messgerät Multanova der Fa. Jenoptik handelt es sich – anders als bei S 350 – um ein halb-analoges Messsystem, welches einen aufmerksamen Messbetrieb erfordert und als halb-analoges Messsystem die Messdaten nicht speichert. Die Überprüfung der richtigen Positionierung des Messgerätes – auch hier besteht ein Unterschied zu S350, denn diese wird nicht digital erfasst, verwertet oder gespeichert – kann durch photogrammetrische Auswertung erfolgen. Der Geschwindigkeitsmesswert kann ferner bei diesen beiden Messgeräten – soweit ein geeignetes Messfoto zur Verfügung steht, was bei allen verwertbaren Fällen ohnehin der Fall sein sollte – mit Hilfe des Smear-Effektes überprüft werden.

Messung und Messergebnis waren daher vorliegend uneingeschränkt verwertbar.

Der Betroffenen war ein fahrlässiger Geschwindigkeitsverstoß nach den §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr.4 StVO, 24 StVG vorzuwerfen, wobei das Gericht von Fahrlässigkeit ausging.

Dieser war abweichend von der BußgeldkatalogVO mit einer erhöhten Geldbuße i.H.v. 480,- € zu ahnden. Im Gegenzug wurde von dem indizierten Fahrverbot abgesehen. Die Betroffene hat insofern glaubhaft dargelegt und durch überreichte Unterlagen belegt, für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin eines Stahlbau und –Montageunternehmens zur Wahrnehmung von Terminen mit Kunden, Lieferanten und sonstigen Geschäftspartnern sowie Baustellenbesichtigungen auf ständige Mobilität mittels Fahrzeugs angewiesen zu sein, wobei ein zusammenhängender Urlaub von einem Monat nicht gewährt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 OWiG, 465 StPO.