Mit der Rechtsbeschwerde sollte gerügt werden, dass das AG einen vor der Hauptverhandlung gestellten Entbindungsantrag gemäß § 73 Abs. 2 OWiG übergangen hat. Das KG weist darauf hin, dass eine zulässige Verfahrensrüge die Darstellung des gestellten Entbindungsantrags (entweder im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach) sowie der über die Verteidigervollmacht hinausgehenden besonderen Vertretretungsvollmacht erfordere. In der Verfahrensrüge sei hierzu nur „Beweis: Entbindungsantrag vom 20.04.2018“ aufgeführt; der Antrag habe als Anlage beigelegen. Dies genüge nicht. Aus §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebe sich, dass die Verfahrensrüge ohne Bezugnahmen oder Verweisungen zu begründen seien. Dies gelte auch hinsichtlich Anlagen der Rechtsbeschwerde(begründungs)schrift.

KG, Beschluss vom 21.06.2018 – 3 Ws (B) 170/18

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. April 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 11. Juli 2017 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit (Rotlichtmissachtung) eine Geldbuße von 200 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt. Zu dem auf seinen Einspruch anberaumten Hauptverhandlungstermin ist der Betroffene nicht erschienen. Das Amtsgericht hat daher den Einspruch durch nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassenes Urteil verworfen. Die gegen das Verwerfungsurteil gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist unzulässig.

1. Die Verfahrensrüge, das Verwerfungsurteil verstoße gegen § 74 Abs. 2 OWiG oder verletze das rechtliche Gehör, ist nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt.

Der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe einen im Vorfeld der Hauptverhandlung gestellten Entbindungsantrag übergangen und ihn daher zu Unrecht als säumig behandelt. Bei dieser Sachlage muss die Rechtsbeschwerde nicht nur mitteilen, dass ein Gerichtsbeschluss unterblieben ist. Insbesondere ist der gestellte Entbindungsantrag in seinem vollständigen Wortlaut oder jedenfalls seinem wesentlichen Inhalt nach darzulegen. Ist der Entbindungsantrag durch einen Verteidiger gestellt worden, ist weiterhin dessen über die Verteidigervollmacht hinausgehende besondere Vertretungsvollmacht (vgl. Senat VRS 120, 200; BayObLG NZV 2001, 221; OLG Köln NZV 2002, 241, 466; OLG Brandenburg VRS 116, 276; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 73 Rn. 4) darzutun.

Dies ist hier nicht in revisionsrechtlich zulässiger Weise geschehen. Dabei kann dahinstehen, ob der in der Rechtsbeschwerdeschrift kursorisch mitgeteilte Inhalt des Entbindungsantrags den Darstellungsanforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Offen bleiben kann auch, ob der in dem Entbindungsantrag bezeichnete Hinweis auf §§ 233, 234 StPO im Grundsatz ausreichen könnte, die Vertretungsvollmacht darzulegen, wenn er Bestandteil der Verfahrensrüge geworden wäre. Denn jedenfalls enthält die Verfahrensrüge selbst keinen Hinweis auf die über die Verteidigervollmacht hinausgehende Vertretungsvollmacht, und die Verweisung auf eine Anlage („Beweis: Entbindungsantrag vom 20.04.2018“) kann diese Darlegung nicht ersetzen. Denn es ist anerkannt, dass Verfahrensrügen ohne Bezugnahmen und Verweisungen begründet werden müssen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 344 Rn. 21; 345 Rn. 14). Unzulässig ist demnach nicht nur die Bezugnahme auf Akten, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke, sondern namentlich auch auf Anlagen zur Rechtsbeschwerdeschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO mwN). Damit fehlt es der Verfahrensrüge zumindest an der Darlegung der besonderen Vertretungsvollmacht. Die Rüge ist unzulässig.

2. Eine (allgemeine oder ausgeführte) Sachrüge ist nicht erhoben, so dass das Rechtsmittel insgesamt unzulässig ist.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.