Der Kläger machte nach einem Verkehrsunfall Schadensersatz wegen Beschädigung eines Taxis geltend. Zunächst berief er sich darauf, Eigentümer des Taxis zu sein, dann stützte er die Klage darauf, entsprechende Ansprüche im Wege gewillkürter Prozessstandschaft für eine Kreditbank zu verfolgen. Das KG verstand dies dahin, dass, da eine alternative Geltendmachung unzulässig sei, der Anspruch für die Sicherungsnehmerin nur hilfsweise geltend gemacht werden sollte. Die Klage sei jedoch abzuweisen, da die Eigentümerstellung des Klägers bestritten worden und sein Vortrag hierzu widersprüchlich sei. Auch die Vermutung des § 1006 Abs. 1, 3 BGB aus der Besitzerstellung greife dann nicht.

KG, Beschluss vom 22.01.2018 – 22 U 65/16

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 16. März 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 42 O 122/15, auf seine Kosten durch einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, hierzu und zu den Gründen binnen eines Monats schriftlich Stellung zu nehmen.

Gründe

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingereicht und innerhalb der Frist nach § 520 Abs. 2 ZPO ausreichend begründet worden. Der Senat beabsichtigt gleichwohl, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil diese – wie er einstimmig meint – keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen gilt:

II. Eine Berufung kann nach § 513 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung oder der Nichtanwendung einer Rechtsnorm beruht oder die nach § 529 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Unter Anwendung dieses Maßstabs hat die Berufung des Klägers auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keinen Erfolg.

III. Das Landgericht hat ausgeführt, dass es dem Kläger bereits an der Aktivlegitimation mangele. Wegen seiner Behauptung, er sei Eigentümer des bei dem Unfall am 5. Februar 2015 beschädigten Taxis gewesen, könne er sich nicht auf die Vermutung des § 1006 BGB berufen. Das Fahrzeug sei abgeparkt gewesen, als das bei der Beklagten haftpflichtversicherte und von Frau … B… geführte Fahrzeug beim Einbiegen nach rechts in die Straße am Schäfersee gegen das Fahrzeug geraten sei. Sein Vorbringen, er habe das Fahrzeug von einem … Y… erworben, sei unsubstantiiert, so dass dieser auch nicht als Zeuge zu vernehmen sei. Der Abschluss eines Kaufvertrages ließe überdies auch nicht den Schluss auf eine Eigentumsübertragung zu. Der Kläger habe auch weder den Kaufvertrag vorgelegt noch innerhalb der gesetzten Frist näher vorgetragen und Beweis angetreten. Der Kläger könne sich auch nicht auf das Schreiben der T… Kreditbank GmbH vom 4. Februar 2016 mit der Behauptung stützen, das Fahrzeug sei finanziert. Denn aus der Erklärung ergebe sich lediglich, dass der Kläger den Schaden aus dem Unfall vom 5. Februar 2015 gegenüber dem Unfallverursacher geltend machen dürfe. Mit weiterem Vortrag sei der Kläger nach § 296 Abs. 1 und 2 ZPO ausgeschlossen. Nichts anderes gelte, soweit die Beklagte den vom Kläger behaupteten Unfallhergang bestritten und geltend gemacht hat, der Unfall sei gestellt gewesen. Die benannten Polizeibeamten könnten zum Unfallablauf nichts aussagen, für eine Vernehmung des Klägers fehle es am notwendigen Einverständnis der Beklagten. Die Vernehmung der Zeugen L… und B… führte zu einer Verzögerung. Im Übrigen sei die Klageforderung auch nicht schlüssig dargetan, weil der Wiederbeschaffungsaufwand bei 13.500 EUR liege, so dass ein Totalschaden gegeben sei.

IV. Das Landgericht hat die auf Zahlung von Nettoreparaturkosten in Höhe von 14.625,13 EUR, eine Wertminderung von 940 EUR, eine Kostenpauschale von 25 EUR sowie Sachverständigenkosten in Höhe von 1.106,60 EUR hilfsweise Freistellung sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 936,80 EUR gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers konnte das Landgericht durch ein streitiges Urteil entscheiden. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Versäumnisurteils lagen nicht vor, weil der Kläger nicht säumig war. Denn der Kläger hat vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten im Termin vom 16. März 2016 verhandelt, weil er unter anderem einen Sachantrag gestellt hat. Eine Säumnis kann nicht dadurch hergestellt werden, dass im Laufe der Verhandlung erklärt wird, man wolle nun doch keinen Antrag stellen. Dass der Kläger nicht die nach Auffassung des Landgerichts notwendigen Tatsachen vortragen konnte, steht einem Verhandeln nach § 334 ZPO nicht entgegen.

2. Zu Unrecht geht das Landgericht allerdings davon aus, dass der Kläger nicht ausreichend Tatsachen für seinen geltend gemachten Sachschaden vorgetragen hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt kein Totalschaden vor. Ein Fall des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht gegeben. Denn dies ist nach der Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn die Wiederherstellungskosten den Wert der Sache um mehr als 30% übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90 -, BGHZ 115, 364-374 Rdn. 17). Für den Wert der Sache kommt es dabei regelmäßig nicht auf den Wiederbeschaffungsaufwand, sondern den Wiederbeschaffungswert an (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90 -, BGHZ 115, 364-374 Rdn. 18). Dann aber ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger hier den Schaden nach § 249 Abs. 2 BGB berechnet, indem er die Reparaturkosten geltend macht. Denn der Reparaturaufwand liegt auch unter Berücksichtigung der Wertminderung weit unter dem Wiederbeschaffungswert von 27.500 EUR. Allerdings weist das Landgericht insoweit der Sache nach zu Recht darauf hin, dass der Kläger nicht die Nettoreparaturkosten verlangen kann. Denn diese liegen über dem Wiederbeschaffungsaufwand. Dann steht dem Kläger die Ersatzbeschaffung offen, die auch als Form der Naturalrestitution anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90 -, BGHZ 115, 364-374 Rdn. 11, std. Rspr.) . Diese hätte er nach dem derzeitigen Stand auch zu wählen, weil er verpflichtet ist, unter mehreren Möglichkeiten der Naturalrestitution grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90 -, BGHZ 115, 364-374 Rdn. 12, std. Rspr.). Die Voraussetzungen für ein weitergehendes Integritätsinteresse, dass eine Erstattung der über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehenden Reparaturkosten rechtfertigen könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. April 2008, VI ZR 220/07, juris), sind bisher nicht dargetan. In welcher Höhe Wiederherstellungskosten zu zahlen sind, betrifft aber nur eine Frage der Schadensberechnung nach § 287 Abs. 1 ZPO, die eine vollständige Abweisung der Klage nicht rechtfertigen kann.

3. Die Klage ist aber abzuweisen, weil der Kläger sowohl eigenes Eigentum als auch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft das Eigentum der T… Kreditbank an dem angeblich am 5. Februar 2015 beschädigten Taxis geltend macht.

a) Insoweit ist allerdings nicht von einer Unzulässigkeit der Klage auszugehen. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift vom 24. März 2015 behauptet, er selbst sei Eigentümer des Fahrzeugs gewesen. Im Termin vom 16. März 2016 hat er sodann eine Ermächtigung der T… Kreditbank GmbH vorgelegt, die darauf hindeutet, dass der Kläger lediglich wegen einer andauernden Finanzierung des Erwerbs des Taxis Sicherungsgeber gewesen und eigentlicher Eigentümer die GmbH gewesen ist. Dann aber hat der Kläger seine Klage auf zwei verschiedene Streitgegenstände gestützt. Aufgrund der zeitlichen Reihenfolge der Geltendmachung kann aber davon ausgegangen werden, dass er beide Streitgegenstände nicht – was unzulässig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – I ZR 108/09 -, BGHZ 189, 56-64) – alternativ, sondern wie vom Landgericht wohl angenommen und mit der Berufung nicht beanstandet den Anspruch für die Sicherungsnehmerin in gewillkürter Prozessstandschaft nur hilfsweise geltend machen wollte.

b) Die Klage konnte gleichwohl in der Sache keinen Erfolg haben. Der Kläger hat sein eigenes Eigentum nicht ausreichend dargetan. Auf die Regelung des § 1006 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 BGB konnte er sich nicht stützen. Die Regelung greift allerdings zu Gunsten des Eigenbesitzers auch bei der Geltendmachung einer Sachbeschädigung ein (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1976 – VI ZR 113/76 -, juris Rdn. 15). Dabei kommt es zwar nicht darauf an, wie das Landgericht meint, dass das Fahrzeug geparkt gewesen sein soll. Denn dies steht der Annahme eines Eigenbesitzes nach § 854 BGB nicht entgegen (vgl. dazu etwa Staudinger/Gutzeit, BGB, 2012, § 854 Rdn. 9; Prütting/Wegen/Prütting, BGB, 12. Aufl., § 854 Rdn. 8). Überdies befand sich in dem Fahrzeug nach dem Vortrag des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls der Fahrer, so dass von einem Fall des § 855 BGB ausgegangen werden könnte. Ob es auf einen genauen Vortrag zum Erwerb des Fahrzeugs ankommt, wie das Landgericht meint (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 – IV ZR 207/92 -, juris Rdn. 16; Urteil vom 10. Mai 1960 – VIII ZR 90/59 -, juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 08. Mai 2014 – 4 U 393/11 – 124 -, juris Rdn. 28; anders wohl LG Berlin, Beschluss vom 07. April 2016 – 45 S 103/15 -, juris), kann hier dahinstehen. Denn der Kläger hat zugleich geltend gemacht, dass die T… Kreditbank GmbH Sicherungseigentümer sei. Dies steht in einem unlösbaren Widerspruch zu der Behauptung, er sei Eigentümer, so dass der Vortrag nicht berücksichtigt werden kann. Eine Partei darf zwar in einem Zivilprozess auch widersprüchlich vortragen, soweit sie klarstellt, welcher Vortrag in erster Linie und welcher nur hilfsweise geltend gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1995 – II ZR 255/93 -, juris Rdn. 29; BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83 -, juris Rdn. 27). Ein solches Vorgehen steht aber, wie jeder Vortrag, unter dem Gebot der Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1995 – II ZR 255/93 -, juris Rdn. 29; BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83 -, juris, Rdn. 27). Wer aber Eigentümer ist, muss der Kläger grundsätzlich wissen. Dann aber ist hier ein Verstoß gegeben, weil nicht zugleich der Kläger und die T… Kreditbank GmbH Alleineigentümer des Fahrzeugs sein können. Aus dem gleichen Grund kann sich der Kläger auch nicht hilfsweise auf die Eigentümerstellung der T… Kreditbank GmbH und die ihm erteilte Ermächtigung berufen. Darauf, dass diese Eigentümerstellung im Übrigen ebenso bestritten ist, wie die Eigentümerstellung des Klägers, ohne dass der Kläger dies zum Anlass von Vortrag oder Beweisantritten genommen hätte, kommt es nach alldem nicht mehr an. Auch die Frage, ob es sich um einen gestellten Unfall handelt, kann offen bleiben.

V. Der Senat regt an, die Durchführung des Berufungsverfahrens zu überdenken. Eine Rücknahme führt zu einer Reduzierung der Gerichtsgebühren.