Die Klägerin verlangte Zahlung aus einer Teilkaskoversicherung aufgrund eines von ihm behaupteten Pkw-Diebstahls. Sie berief sich für ihre – bestrittene – Eigentümerstellung auf vie Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB und benannte einen Zeugen, von dem sie das Fahrzeug gekauft haben will. Beide äußerten sich allerdings widersprüchlich zu ihrer Beziehung und den Umständen des Fahrzeugerwerbs. Das LG Saarbrücken tendiert dahin, ebenso wie das OLG Koblenz, § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht anzuwenden, wenn der Besitzer zu den Erwerbsumständen hinsichtlich seines Besitzes unglaubhaft vorträgt. Dies konnte offenbleiben, da auch der Eintritts des Versicherungsfalls wegen erheblicher Widersprüche in der Aussage des Zeugen nicht erwiesen war.

LG Saarbrücken, Urteil vom 25.10.2018 – 14 O 124/17

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung aus einer Teilkaskoversicherung aufgrund eines vermeintlichen PKW-Diebstahls.

Auf die Klägerin war der streitgegenständliche PKW Mercedes-Benz SL 320, Fahrgestellnummer …, Erstzulassung 26.03.1998 unter dem amtlichen Kennzeichen … zugelassen. Für diesen PKW schloss die Klägerin bei der Beklagten eine Teilkaskoversicherung unter der Versicherungsscheinnummer … mit Beginn am 26.02.2015 ab. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrtversicherung der Beklagten (AKB) zu Grunde. Der Zeuge …, Freund der Klägerin und vermeintlicher Verkäufer des PKW an sie, erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug seinerseits im November 2014 mit einem vermeintlichen Kilometerstand von 138.000 km zu einem Preis von 8.400,00 €. Am 24.09.2016 wurde durch den Zeugen … bei der Polizeiinspektion … der Diebstahl des Fahrzeugs angezeigt. Am 25.09.2016 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass der streitgegenständliche PKW am Vorabend gestohlen worden sei. Hierauf erhielt sie von der Beklagten mit Schreiben vom 27.09.2016 die Schadenanzeige zur Beantwortung sowie die Anforderung der von der Beklagten benötigten Unterlagen und den Hinweis zur Übersendung der Autoschlüssel. Die Klägerin übersandte der Beklagten die erbetenen Unterlagen mit Ausnahme der TÜV- und AU-Berichte im Original mit dem Hinweis, diese haben sich im gestohlenen PKW befunden. Danach forderte die Beklagte zur Erstellung eines Zeitwertgutachtens des PKW den entwerteten KFZ-Brief (Zulassungsbescheinigung Teil II) sowie sämtliche TÜV- und AU-Berichte des Fahrzeugs und Bilder des Fahrzeugs. Mit Schreiben vom 27.10.2016 zweifelte die Beklagte die von der Klägerin mit 141.000 km angegebene Laufleistung des PKW an, weil sie in der anderthalb Jahren seit des angeblichen Erwerbs nur ca. 2.000 km gefahren sein könne und wies auf weiteren Klärungsbedarf zum Diebstahlhergang hin.

Die Klägerin antwortete der Beklagten, dass sie die entwertete Zulassungsbescheinigung Teil II nicht aufbewahrt habe, sie nur noch eine Kopie des letzten TÜV-AU-Berichts vorlegen könne, der Kilometerstand korrekt sei, weil sie das Fahrzeug als Wunschwagen erworben und nur als Zweit-/Drittwagen genutzt habe und über die am Fahrzeug bezeichneten Mängel diverse Personen Auskunft geben könnten. Nut Schreiben vom 09.11.2016 forderte die Beklagte den vermeintlichen Verkäufer des PKW, den nunmehrigen Freund der Klägerin Herr … zur Erteilung von Informationen darüber auf, wie er selbst das Auto erworben habe.

Mit Schreiben vom 30.11.2016 lehnte die Beklagte eine Regulierung ab mit der Begründung, dass die Aussagen zur Vorschäden und Kilometerstand in der Schadenmeldung eindeutig falsch seien. Mit Schreiben vom 14.03.2017 forderte die Klägerin die Beklagte letztmalig zur Zahlung auf. Eine Auszahlung durch die Beklagte erfolgte jedoch nicht.

Die Klägerin behauptet, sie sei die Eigentümerin des Fahrzeugs und somit im hiesigen Verfahren aktivlegitimiert. Sie habe den PKW aufgrund des Kaufvertrags vom 20.02.2015 vom Zeugen … erworben. Dieser sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihr Freund gewesen, sondern lediglich ihr Mieter, weshalb sie selbst keine Kenntnis über die Umstände des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Zeugen … gehabt habe. Der Kaufpreis habe 9.500,00 € betragen. Nach Barzahlung dieser Summe habe der Zeuge … ihr das Eigentum an dem Fahrzeug übertragen und den entsprechenden Fahrzeugbrief ausgehändigt. Das Fahrzeug sei dann am 24.09.2016 zwischen 17:00 Uhr und 22:30 Uhr gestohlen worden. Dies sei auf dem Parkplatz des … in … geschehen, während der Zeuge … mit dem Fahrzeug das Oktoberfest in … besucht habe. Die Angaben, die sie gegenüber der Beklagten hinsichtlich des Zustands des Fahrzeugs, dessen Erwerb und dem Diebstahl gemacht habe, seien allesamt korrekt. Nach Erwerb des Fahrzeugs sei dieses aufbereitet worden, sodass es zum Zeitpunkt des Diebstahls einen Verkehrswert von 19.900,00 € gehabt habe, was sich aus einem Vergleich des konkreten Fahrzeugs mit einer einschlägigen Fahrzeugwerttabelle ergebe. Diese Wertsteigerung seit Erwerb des Fahrzeugs sei auch plausibel, weil es einen „Youngtimer“ darstelle, hinzu verfüge es über umfangreiche Sonder- bzw. Vollausstattung. Im Jahr 2013 habe das Fahrzeug bereits eine Laufleistung von über 640.000 km aufgewiesen, sodass es in den Jahren 2013 und 2014 jeweils ca. 30.000 km gefahren worden sein müsse. Alle Mängel, die sich aus den TÜV-Berichten ergeben, seien vor dem Diebstahl vollumfänglich beseitigt worden. Einen Wildschaden zur Zeit eines Vorbesitzers habe es nicht gegeben.

Die Klägerin ist der Ansicht, für sie spreche als Besitzerin die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.990,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,
die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, denn sie sei nicht Eigentümerin des streitgegenständlichen PKW. Dieses sei vielmehr nur zum Schein auf sie zugelassen gewesen. Hinzu komme, dass sich die Klägerin und der Zeuge … hinsichtlich der (Vor-)Erwerbsumstände widersprechen: Während die Klägerin selbst außergerichtlich gegenüber der Beklagten erklärt habe, sie habe das Fahrzeug vom Zeugen … erworben und dieser sei zu diesem Zeitpunkt nicht ihr Freund, sondern nur ihr Mieter gewesen, habe der Zeuge … bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, die Klägerin selbst habe das Auto im Jahr 2014 in … gekauft und er sei dabei zugegen gewesen. Die Umstände des Diebstahls bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Das Auto habe zu diesem Zeitpunkt auch keinen Zeitwert von 19.900,00 € gehabt, eine Wertsteigerung von über 10.000,00 € seit November 2014 sei nicht erklärbar. Unter einem Vorbesitzer des Fahrzeugs, dem Zeugen …, habe das Fahrzeug bereits im Jahr 2013 eine Laufleistung von über 640.000 km aufgewiesen sowie einen Wildschaden erlitten. Sämtliche werterhöhende Maßnahmen an dem Fahrzeug seit dem angeblichen Erwerb durch die Klägerin bzw. den Zeugen … werden mit Nichtwissen bestritten, ebenso die fachgerechte Beseitigung des Wildschadens.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin könne sich in Anbetracht der zweifelhaften Erwerbsumstände und dem Vortrag, der Zeuge … habe am Tag des vermeintlichen Diebstahls das Auto genutzt, sich nicht auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB berufen, da sie bereits nicht Besitzerin des Fahrzeugs gewesen sei.

Die mündliche Verhandlung fand am 13.09.2018 statt. Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … .

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstands auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Saarbrücken ist nach § 215 Abs. 1 VVG örtlich und nach §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig.

Anhaltspunkte, die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

B.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht aus § 1 Abs. 1 VVG i. V. m. A.2.2.1.2 AKB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.

I.

Zunächst erscheint bereits die Aktivlegitimation der Klägerin fraglich, wobei diese allerdings mangels Nachweis eines Versicherungsfalls im Ergebnis dahinstehen kann.

Bei Sachwertversicherungen, wie der Kaskoversicherung, ist grundsätzlich das Eigentümerinteresse als versichert anzusehen (BGH, Urt. v. 05.03.2008, Az.: IV ZR 89/07). Die Kaskoversicherung deckt daher das Eigentümerinteresse des Versicherungsnehmers selbst an der Erhaltung des in seinem Eigentum stehenden Fahrzeugs. Er muss im Zweifel beweisen, dass ihm das versicherte Interesse zugestanden hat, also dass er im Zeitpunkt des vermeintlichen Versicherungsfalls Eigentümer des versicherten Fahrzeugs war. Zum Nachweis kann er sich auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB stützen (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung: AKB, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 A.2, Rn. 389).

Die Beklagte hat die Eigentümerstellung der Klägerin und damit deren Aktivlegitimation bestritten, weshalb der Klägerin der diesbezügliche Beweis obliegt. Es erscheint im vorliegenden Fall zweifelhaft, ob der Klägerin die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB zu Gute kommt. Die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Vermutung erfordert grundsätzlich, dass derjenige, der sich auf sie beruft, den Besitz an der beweglichen Sache im maßgeblichen Zeitpunkt darlegt und beweist (jurisPK-BGB/Hans, 8. Aufl. 2017, § 1006, Rn. 8). Auf den Nachweis des Eigentumserwerbs kommt es hingegen nicht an (BGH, Urt. v. 30.01.2015, Az.: V ZR 63/16). Greift die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, muss der Vermutungsgegner der Vollbeweis nach Maßstab des § 286 Abs. 1 ZPO für deren Widerlegung erbringen (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 292, Rn. 2). Allerdings wird vertreten, dass sich der Besitzer trotz Nachweis des Besitzes nicht auf die Vermutungswirkung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB berufen kann, wenn er zu den Erwerbsumständen hinsichtlich des Besitzes unglaubhaft vorträgt, weil dann § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB unanwendbar sein soll (Palandt/Herrler, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1006, Rn. 7; OLG Koblenz, Urt. v. 01.06.2015, Az.: 12 U 991/14). Denn würde man bei einer unglaubwürdigen Schilderung des Besitzerwerbs des Klägers die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB ohne Einschränkung anwenden, wäre dem Vermutungsgegner grundsätzlich die Möglichkeit zum Gegenbeweis abgeschnitten (OLG Koblenz, Urt. v. 01.06.2015, Az.: 12 U 991/14). Für eine Anwendbarkeit dieser Grundsätze im vorliegenden Fall könnten die Ausführungen der Klägerin selbst im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung sowie diejenigen des Zeugen … sprechen, da sie teilweise der Lebenserfahrung, teilweise sich selbst widersprechen.

Zunächst haben sich die Klägerin und der Zeuge widersprüchlich hinsichtlich ihrer persönlichen Beziehung geäußert. Bis wann ihre Beziehung auf ein bloßes Mietverhältnis beschränkt gewesen sein soll und ob – und wenn ja in welcher Art und Weise – die beiden in einer persönlichen Bindung zueinander stehen, wurde nicht klar ersichtlich, wobei der Zeuge … ausweislich des Vernehmungsprotokolls (Bl. 168 d. A.) bei der polizeilichen Vernehmung die Klägerin als seine Lebensgefährtin bezeichnete, in der mündlichen Verhandlung beide sich jedoch als „gute Freunde“ bzw. die Beziehung mit „es ist kompliziert“ bezeichneten. Weiter hat die Klägerin vorgetragen, sie habe den Kaufpreis von 9.500,00 € aus Barmitteln geleistet, die sie daheim angespart habe. Auch in Zeiten niedriger Zinsen erscheint die Aufbewahrung solch hoher Barsummen in der Privatwohnung zumindest ungewöhnlich. Weiter konnte die Klägerin, als vermeintliche Eigentümerin, keine Angaben zu Arbeiten machen, die an dem Auto vorgenommen wurden bzw. worden sein sollen, gerade auch in dem Zeitraum nach dem von ihr vorgetragenen Erwerb. Auch erscheint es ungewöhnlich, dass der Zeuge …, der in einer – wie auch immer letztlich gearteten – persönlichen Beziehung zu der Klägerin steht, dieses Fahrzeug, dass ein „Wunschauto“ der Klägerin gewesen sein soll, unabhängig von dieser erwirbt, nach eigenem Vortrag bereits mit geliehenem Geld, um es kurze Zeit später, ohne dass es je auf ihn zugelassen war, ausgerechnet an diese aus finanziellen Gründen weiter zu verkaufen. Jedenfalls steht der diesbezügliche Vortrag der Klägerin und des Zeugen … im Widerspruch zu dessen Aussage im polizeilichen Vernehmungsprotokoll, wonach die Klägerin – und nicht der Zeuge – das Auto in … für 9.400,00 €, anstatt für 8.400,00 €, erworben haben soll. Auf Vorhalt hat der Zeuge erklärt, er habe wohl aus Nervosität falsche Angaben bei der Polizei gemacht. Grundsätzlich erscheint es zwar denkbar, dass man aufgrund besonders anspannender Situationen zu Details unwissentlich Fehlangaben gemacht. Allerdings erscheint es dem Gericht auch in der Situation der polizeilichen Vernehmung nach dem vorgetragenen Diebstahl lebensfremd, dass man sich darüber irrt, dass man beim Erwerb des Fahrzeugs mit einer anderen Person anstatt alleine den Weg von … bis … zurückgelegt und dass diese andere Person anstatt man selbst den streitgegenständlichen PKW erworben hat. In Gesamtschau dieser Umstände sind die Aussagen der Klägerin selbst sowie des Zeugen … in sich widersprüchlich, was deren Glaubwürdigkeit schadet, sodass nach den vom OLG Koblenz aufgestellten Maßstäben (OLG Koblenz, Urt. v. 01.06.2015, Az.: 12 U 991/14) im vorliegenden Fall eine Nichtanwendbarkeit von § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht kommt.

II.

Die Frage nach der Anwendbarkeit von § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB zu Gunsten der Klägerin kann hier jedoch dahinstehen. Denn sie hat bereits den ihr obliegenden Beweis des Eintritts des Versicherungsfalls nicht erbracht.

Grundsätzlich hat nach allgemeinen Beweislastregeln der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalles und damit die Entwendung des Fahrzeugs zu beweisen. Das ist dann schwierig, wenn den Diebstahl niemand beobachtet hat und dem Versicherungsnehmer keine Zeugen zum Nachweis der Entwendung zur Verfügung stehen. Da das Fehlen von Zeugen bei einer i. d. R. heimlich stattfindenden Entwendung nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist, würde eine strenge Belassung der Beweislast beim Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz stark entwerten. Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 05.10.1983, Az.: IVa ZR 19/82) ist dies mit Inhalt und Zielsetzung der Kaskoversicherung unvereinbar. Um einerseits dem Versicherungsnehmer keine zu hohen Hürden zu stellen und andererseits den Versicherer vor Missbrauch durch unredliche Versicherungsnehmer zu schützen haben der BGH und ihm folgend die Instanzgerichte das sog. „Zwei-Stufen-Modell“ entwickelt (BGH, Urt. v. 05.10.1983, Az.: IVa ZR 19/82; Urt. v. 17.05.1995, Az.: IV ZR 279/94; Urt. v. 13.12.1995, Az.: IV ZR 54/95; Urt. v. 26.03.1997, Az.: IV ZR 91/96; OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.07.2004, Az.: 5 U 58/04; Urt. v. 08.08.2018, Az.: 5 U 2/18; OLG Köln, Urt. V. 16.07.2013, Az.: 9 U 30/13; Urt. v. 15.07.2014, Az.: 9 U 57/13; OLG Celle, Urt. v. 24.09.2018, Az.: 8 U 73/18; KG Berlin, Beschl. v. 19.09.2014, Az.: 6 U 200/13; OLG Naumburg, Urt. v. 06.09.2012, Az.: 4 U 69/11; umfassend hierzu Brockmöller, ZfSch 2017, 184). Hiernach wird dem Versicherungsnehmer auf der ersten Stufe der Nachweis der Entwendung erleichtert, indem es ausreicht, wenn dieser Tatsachen zum Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls vorträgt. Auf der zweiten Stufe kann der Versicherer den gelungenen Beweis für das äußere Bild einer versicherten Entwendung dadurch zu Fall bringen, dass er Tatsachen darlegt, aus denen sich eine Vortäuschung ergeben könnte (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung: AKB, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 A.2, Rn. 167).

Vorliegend hat die Klägerin aber bereits die Voraussetzungen der ersten Stufe nicht erfüllt. Hier muss der Versicherungsnehmer einen Sachverhalt darlegen und beweisen, aus dem sich das äußere Bild einer versicherten Fahrzeugentwendung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt (BGH, Urt. v. 30.01.2002, Az.: IV ZR 263/00; jurisPK-StVR/Reichel, 1. Aufl. 2016, AKB 2015, Rn. 61). Dieses äußere Bild ist gegeben, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer Berechtigter das Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es später dort gegen seinen Willen nicht wieder vorgefunden hat (BGH, Urt. v. 22.09.1999, Az.: IV ZR 172/98; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.12.2012, Az.: 10 U 503/12). Dieser so genannte „Minimalsachverhalt“ (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung: AKB, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 A.2, Rn. 170) ist jedoch ohne jede Einschränkung der Beweisanforderungen nach dem Maßstab des § 286 Abs. 1 ZPO voll zu beweisen (van Bühren/Therstappen, Handbuch Versicherungsrecht, 7. Aufl. 2017, § 2, Rn. 257). Er ist bewiesen, wenn ein Mindestmaß an Tatsachen feststeht, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.08.2018, Az.: 5 U 2/18). Der Nachweis eines bloßen Rahmensachverhalts reicht dabei für den Beweis dieses Mindestmaßes nicht aus (BGH, Urt. v. 30.01.2002, Az.: IV ZR 263/00). Bereits bei widersprüchlichen Angaben zu Abstellort oder -zeit kann es an dem erforderlichen Nachweis fehlen (OLG Hamm, Urt. v. 12.06.2015, Az.: 20 U 185/14). Ebenso kann er entfallen bei widersprüchlichen Angaben zum Randgeschehen der behaupteten Entwendung (OLG Köln, Urt. V. 16.07.2013, Az.: 9 U 30/13; OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.07.2004, Az.: 5 U 58/04) oder wenn die Aussagen des für das äußere Bild der Entwendung benannten Zeugen aufgrund seines persönlichen Verhaltens sowie wegen wechselnder und unglaubhafter Angaben unglaubhaft wirken (OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.08.2018, Az.: 5 U 2/18).

Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin bereits den Beweis für das äußere Bild der bedingungsgemäßen Entwendung des streitgegenständlichen PKW nicht geführt. Zum Beweis dieses Bildes hat sie den Zeugen … benannt, der das Fahrzeug am Tag der Entwendung geführt haben soll. Neben den widersprüchlichen Angaben hinsichtlich des Erwerbs des Fahrzeugs, hat dieser sich in seiner Vernehmung auch in erhebliche Widersprüche hinsichtlich des Geschehens am Tattag verwickelt. Im Hinblick auf die zeitliche Abfolge hat sich der Zeuge … im Rahmen seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingelassen, er habe sich mit seinem Freund, Herrn …, gegen 19:30 Uhr in … getroffen um dort mit ihm und weiteren Freunden von Herrn … das dortige Oktoberfest zu besuchen. Dort sei dann der Entschluss der beiden gefallen, weiter nach … zu fahren, wo sie zwischen 20:30 und 21:00 Uhr eingetroffen seien. Ausweislich des Vernehmungsprotokolls hat er bei seiner polizeilichen Vernehmung hingegen angegeben, er sei am Tattag bereits zwischen 16:45 und 17:15 Uhr auf dem Parkplatz in … eingetroffen und habe das Auto dort abgestellt. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, dass dies dann wohl damals so gewesen sei und er sich jetzt ziemlich sicher gewesen wäre, dass sie erst abends eingetroffen seien. Zwar mag einem Zeugen zugestanden werden, sich nach einer gewissen Dauer nicht mehr explizit an Uhrzeiten und exakte Ablauffolgen erinnern zu können. Bei einem solch einprägsamen Ereignis wie dem Diebstahl eines PKW erschließen sich jedoch solche Diskrepanzen, mit der auch unterschiedliche Tageszeiten einhergehen, nicht ohne weiteres. Hinzu kommt, dass der Zeuge in der mündlichen Verhandlung das Geschehen, im Hinblick auf die Vorgeschichte in …, deutlich detaillierter geschildert hat, als dies in seiner polizeilichen Vernehmung der Fall war. Nach der Lebenserfahrung erinnert sich ein Zeuge aber einen Tag nach einem bestimmten Geschehen detaillierter daran als zwei Jahre später.

Auch hinsichtlich des Randgeschehens hat sich der Zeuge widersprüchlich eingelassen. Während er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er sei zunächst mit dem Herrn … und dessen Freunden und später mit diesem allein unterwegs gewesen, weil sie einen „Herrenabend“ durchführen wollten, hat er in seiner polizeilichen Vernehmung bekundet, er habe mit Herrn … und dessen Frau das Oktoberfest in … besucht. Auf Vorhalt hat er erklärt, dass Letzteres definitiv nicht der Fall gewesen sei und er bei der Polizei einen Fehler gemacht habe. Auch hier gilt, aus denselben Gründen wie hinsichtlich der zeitlichen Geschehensabfolge, dass ein plausibler Grund für das Entstehen der widersprüchlichen Aussagen nicht ersichtlich ist.

Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände folgt für das Gericht, dass der einzige für den Versicherungsfall benannte Zeuge unglaubwürdig ist. Seine widersprüchlichen Aussagen, die mit größerem Zeitabstand sogar detaillierter werden, konnte er nicht plausibel erklären. Aus seinem Verhalten und dem Inhalt seiner Aussagen hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass seine Zeugenaussage sichtlich von dem Bestreben getragen war, den Vortrag der Klägerin zu bestätigen. Aufgrund der inneren Widersprüchlichkeit der Zeugenaussage und der daraus resultierenden Unglaubwürdigkeit des Zeugen sieht das Gericht bereits den Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung nicht als erbracht an, sodass es auf den Beweis des Versicherers auf der zweiten Stufe für Tatsachen, die die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalls nahelegen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.08.2018, Az.: 5 U 2/18), nicht ankommt. Weitere Beweisangebote für das äußere Bild der bedingungsgemäßen Entwendung hat die Klägerin nicht erbracht, insbesondere wurde nicht der vermeintliche Begleiter des Zeugen …, Herr …, als Zeuge benannt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2 ZPO.