Der Verteidiger hatte bei der Behörde außer der Akteneinsicht auf Grund die Überlassung verschiedener darüber hinausgehender Unterlagen zu dem behaupteten Geschwindigkeitsverstoß beantragt, was abgelehnt wurde. Einen Teilerfolg konnte er nun beim AG Kaiserslautern erzielen: Die unverschlüsselten Rohdaten der ESO ES 3.0-Messserie sowie die Bedienungsanleitung müssen ihm übersandt werden. Das gebiete der Grundsatz des fairen Verfahrens, um die im standardisierten Verfahren erfolgten Messung überprüfen zu können. So weit, so gut. Ein Anspruch auf Zusendung des Beschilderungsplanes und der Lebensakte hingegen bestehe nicht, da diese Unterlagen bei der Behörde nicht geführt würden. Man fragt sich dann natürlich, wie die Behörde Wartungs- o. ä. Nachweise aufbewahrt, wozu sie gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG verpflichtet ist (AG Kaiserslautern, Beschluss vom 13.06.2016, Az. 5 OWi 1020/16).

1. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz, Zentrale Bußgeldstelle, wird als Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Verteidiger oder einen vom ihm bevollmächtigten Sachverständigen die unverschlüsselten Rohdaten der Messreihe des vorliegenden Verfahrens (Sensordaten) sowie die Bedienungsanleitung des Messgerätes zur Verfügung zu stellen. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
2. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen soweit sie das vorliegende Verfahren auf gerichtliche Entscheidung betreffen, hat die Landeskasse zu zu 2/3 tragen, im übrigen der Betroffene selbst.

Gründe:

I.

Der Betroffene wurde wegen eines Gechwindigkeitsverstosses vom 08.03.2016, um 15:20 Uhr auf der A 63 bei Kilometer 70,8 in der Gemarkung Mehlingen in Fahrtrichtung Kaiserslautern angehört. Die mit dem Geschwindigkeitsmessgerät vom Typ ES 3.0 der Firma ESO GmbH ermittelte Geschwindigkeit, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, soll nach Toleranzabzug 137 km/h betragen haben.

II.

Der Verteidiger hat die Überlassung der unverschlüsselten Rohdaten der Messreihe sowie der unverschlüsselten Datei des Falldatensatzes beantragt, sowie die Vervollständigung der Akte um Bedienungsanleitung, Lebensakte, Beschilderungspläne usw. – wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 23.05.2016 Bezug genommen.

Im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zum standardisierten Messverfahren in Bußgeldsachen und der weitgehenden Möglichkeit, im gerichtlichen Bußgeldverfahren gerade im Hinblick auf diese Rechtsprechung Beweisanträge auf Einholung von Sachverständigengutachten, die die Ordnungsgemäßheit einer Messung betreffen, abzulehnen, wenn diese nicht substantiiert begründet sind, gebietet es der Grundsatz des fairen Verfahrens, einem Betroffenen bereits im Vorfeld eine umfassende Überprüfung des ihm gemachten Tatvorwurfes zu ermöglichen. Dies beinhaltet, dass einem Betroffenen auf Verlangen die vollständigen, unverschlüsselten Daten der Messserie einer Geschwindigkeitsmessung auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden. Im Fall einer Verschlüsselung müssen die Daten entschlüsselt oder mit dem dazugehörigen Entschlüsselungsprogramm geliefert, beziehungsweise an einen vom Verteidiger unterbevollmächtigten Sachverständigen übermittelt werden (vgl. Cierniak, zfs 12/12 S.677). Der Verteidiger hat auch Anspruch auf Einsicht in die Bedienungsanleitung des Messgerätes; ein Anspruch auf Überlassung der Lebensakte besteht nicht, da eine solche nicht geführt wird, dasselbe gilt hinsichtlich des Beschilderungsplanes. Die übrigen erbetenen Unterlagen wie etwa Eichbescheinigung, Übersichtsskizze, Messprotokoll, Schulungsbescheinigung sind soweit ersichtlich bereits Bestandteil der Akte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 S. 2 OwiG i.V.m. § 473 Abs. 3 und § 473 a StPO.

Vie­len Dank an Herrn Rechts­an­walt Dirk Rahe, Sozie­tät Dr. Zwan­zi­ger & Col­le­gen, Gera / Herms­dorf, für die Zusen­dung die­ser Entscheidung.