In diesem Verfahren (fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 65 km/h) stellte der Verteidiger in der Hauptverhandlung u. a. einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, hilfsweise “Überlassung aller Messdaten zur gegenständlichen Messserie sowie auf Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhandlung”. Den Beweisantrag hat das AG im Urteil abgelehnt und über die weiteren Anträge nicht mehr entschieden. Das OLG Bamberg hat das Urteil aufgehoben (Beschluss vom 25.01.2015, Az. 3 Ss OWi 58/15). Eine ähnliche Konstellation lag vor kurzem schon einer Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde, die im Burhoff online Blog besprochen wurde. Bei mir gestaltete sich die Urteilsanforderung übrigens einfacher: Anforderung am 25. Juni, Verfügung der Übersendung am 26. Juni und heute Morgen war die Entscheidung per E-Mail da. Daher mein Dank und Lob nach Bamberg.

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 11.07.2014 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird an das Amtsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.

Gründe:

I. Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 65 km/h eine Geldbuße von 660,00 € und ein Fahrverbot von zwei Monaten nach Maßgabe des § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt.

In seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Mit seinen Verfahrensrügen beanstandet der Betroffene, dass das Amtsgericht einen in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt habe und dass das Amtsgericht in der Hauptverhandlung hilfsweise für den Fall der Ablehnung gestellte Anträge auf Überlassung aller Messdaten zur gegenständlichen Messserie sowie auf Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhandlung überhaupt nicht verbeschieden habe.

II.  1. Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat jedenfalls mit der ordnungsgemäß ausgeführten (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) Verfahrensrüge Erfolg, das Amtsgericht habe verfahrensfehlerhaft über die hilfsweise gestellten Anträge auf Überlassung aller Messdateien zur gegenständlichen Messserie und auf Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhandlung nicht entschieden. Auf die weitere Verfahrensrüge und die materiellen Rügen kommt es daher nicht mehr an.

2a. Tatsächlich ergibt sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung, dass der Betroffene über seinen Verteidiger einen Beweisantrag gestellt und hilfsweise die Überlassung aller Messdateien zur gegenständlichen Messserie und die Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhandlung beantragt hat. Während das Amtsgericht den Beweisantrag in seinem Urteil abgelehnt hat, hat es ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung und der Urteilsgründe über die weitergehenden Anträge des Betroffenen nicht entschieden.

2b. Durch die Nichtverbescheidung des Antrags auf Überlassung der Messdateien zur gegenständlichen Messserie und auf Aussetzung bzw. Unterbrechung des Verfahrens hat das Amtsgericht die Verteidigung des Betroffenen in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt unzulässig beschränkt (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 338 Nr. 8 StPO), denn einem die Verteidigung beschränkenden Beschluss steht es gleich, wenn das Gericht einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Beiziehung von Unterlagen und Aussetzung der Hauptverhandlung überhaupt nicht verbescheidet (KK-Gericke StPO 7. Auflage § 338 Rn. 102; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 57. Auflage § 338 Rn. 60, jeweils m.w.N.). Dem Betroffenen ist es auch trotz bis zur Rechtsbeschwerdebegründung unternommener mehrmaliger vergeblicher Versuche nicht gelungen, Einsicht in die von ihm gewünschte Messreihe zu erlangen.

2c. Es ist auch nicht denkgesetzlich ausgeschlossen, dass das Urteil auf der Nichtverbescheidung des Überlassungs- und Aussetzungs- bzw. Unterbrechungsantrags beruht.

III. Aufgrund des dargestellten Verfahrensfehlers wird daher auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Kostenausspruch aufgehoben (§ 353 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).