Quelle: ACBahn, Wikimedia Commons

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Das AG hatte den Beschwerdeführer wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt; das Urteil ist seit 18.11.2014 rechtskräftig. Er hat die Wiederaufnahme seines Verfahrens mit der Begründung beantragt, dass das AG ein anderes Strafverfahren des Beschwerdeführer bei seiner Entscheidung verwertet habe, dieses aber am 02.12.2014 gemäß § 153 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden sei. Er begehrt in einem neuen Verfahren die Anwendung des § 56 Abs. 1 StGB bzw. die Nichtanwendung des § 47 Abs. 1 StGB. Damit blieb er beim OLG Nürnberg ohne Erfolg (Beschluss vom 18.05.2015, Az. 1 Ws 214/15 WA).

Gemäß § 359 Nr. 5 StPO ist die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Verurteilten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet sind.

Ein milderes Gesetz ist danach ein solches, dessen Strafdrohung geringer ist oder welches die Strafbarkeit vermindernde Umstände vorsieht (Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 58. Aufl. § 359 Rn. 41). Die Annahme eines vertypten Milderungsgrundes fällt hierunter, nicht aber diejenige eines allgemeinen minder schweren Falles.

Der Verurteilte begehrt hier den Wegfall der Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB, so dass statt Freiheitsstrafe von zwei Monaten eine Geldstrafe zu verhängen wäre und die Anwendung des § 56 StGB mit der Folge der eventuellen Strafaussetzung zur Bewährung. Beides sind nach obigen Kriterien keine zulässigen Angriffsziele des Wiederaufnahmeverfahrens.

Die Vorschrift des § 47 Abs. 1 StGB ist keine Strafzumessungsnorm, insbesondere keine Strafnorm mit milderer Strafdrohung. Vielmehr erfolgt die Strafzumessung zunächst ohne Ansehung des § 47 StGB. Erst wenn danach vom Gericht eine kurze Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten als angemessen erachtet wurde, hat eine ergänzende Prüfung zu erfolgen, ob diese Strafe als Freiheitsstrafe notwendig ist, oder die Verhängung einer Geldstrafe ausreicht. Dabei findet keine (erneute oder zusätzliche) Strafzumessung statt, vielmehr ist § 47 Abs. 1 StGB eine Anwendungsregel bei Fällen wahlweiser Freiheits- oder Geldstrafe. Somit ist § 47 Abs. 1 StGB kein schärferes Gesetz bzw. dessen Wegfall kein milderes Gesetz im Sinne des § 359 StPO.

Gleiches gilt für die Anwendung oder Nichtanwendung des § 56 StGB. Auch diese Norm beinhaltet nicht die Anwendung eines milderen Strafgesetzes, sondern lediglich die Frage, ob die Vollstreckung einer zuvor unter Anwendung der Strafgesetze bemessenen Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder nicht. Die eigentliche Strafhöhe und -art bleiben hiervon unberührt. Dementsprechend wird die Möglichkeit, ein Wiederaufnahmebegehren auf die Gewährung der Strafaussetzung zur Bewährung zu stützen, allgemein abgelehnt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 58. Aufl. § 359 Rn. 41; Julius/Gercke u.a. StPO 5. Aufl. § 359 Rn. 28; anders nur Peters, Fehlerquellen im Strafprozess Rn. 92). Von dieser allgemeinen Meinung abzuweichen sieht der Senat aus obigen Erwägungen heraus keine Veranlassung.

Da somit vorstehend durch die behauptete neue Tatsache nicht die Bestrafung (nur) nach einer milderen Strafnorm erreicht werden könnte, der Zweck des Erreichens einer milderen Strafe aufgrund desselben Strafgesetzes aber ausgeschlossen ist (§ 363 Abs. 1 StPO), wurde der Wiederaufnahmeantrag zutreffend als unzulässig verworfen.