Der Betroffene nahm seinen gegen einen Bußgeldbescheid gerichteten Einspruch mit Schreiben vom 30.04.2019 gegenüber dem Amtsgericht zurück. Dieses verwarf mit Urteil vom 02.05.2019 den Einspruch. Das BayObLG hob das Urteil auf: Das von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernis des rechtskräftigen Bußgeldbescheides stand der Verwerfung des Einspruches entgegen. Ob das Gericht von der Rücknahme Kenntnis erlangt habe, sei nicht entscheidend.

BayObLG, Beschluss vom 26.09.2019 – 202 ObOWi 1929/19

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 2. Mai 2019 aufgehoben.

II. Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 10.07.2018 hat sich durch Rücknahme erledigt. Der vorgenannte Bußgeldbescheid ist damit rechtskräftig.

III. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie die dem Betroffenen ab der Einspruchsrücknahme entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 10.07.2018 wurde gegen den Betroffenen wegen einer am 18.04.2018 begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 45 km/h eine Geldbuße von 240 Euro festgesetzt und zugleich ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen vom 26.07.2018 hat das Amtsgericht mit Urteil vom 02.05.2019 nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend, den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mit Schreiben seines Verteidigers vom 30.04.2019 gegenüber dem Amtsgericht zurückgenommen zu haben, so dass das Verfahren nicht mit dem angegriffenen Urteil hätte beendet werden dürfen.

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Wie Beschwerdeführer und Generalstaatsanwaltschaft jeweils zutreffend ausführen, stand der Einspruchsverwerfung im Urteilswege das durch die wirksame Einspruchsrücknahme (§ 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 302 StPO) bereits vor Urteilserlass geschaffene und von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernis eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides entgegen. Denn mit der bis zum Erlass einer gerichtlichen Entscheidung im ersten Rechtszug jederzeit möglichen Rücknahme des Einspruchs wird dieser als Rechtsbehelf vernichtet, womit der Bußgeldbescheid als Bußgelderkenntnis zwar wieder ‚auflebt‘, allerdings sofort in Rechtskraft erwächst und vollstreckbar wird, womit das gerichtliche Verfahren beendet ist. Darauf, dass und warum das Gericht – wie regelmäßig – vor Urteilserlass von der wirksam erklärten Einspruchsrücknahme keine Kenntnis (mehr) erlangt hat, kommt es nicht an (vgl. neben BGH, Beschl. v. 11.10.1977 – 5 StR 395/77 = BGHSt 27, 271/273 = MDR 1978, 69 = NJW 1978, 59 = DAR 1978, 81 schon BayObLG, Beschl. v. 20.12.2000 – 1 ObOWi 586/00 = BayObLGSt 2000, 178 = NStZ-RR 2001, 306 = NZV 2002, 469; ferner u.a. Göhler/Bauer/Seitz OWiG 17. Aufl. § 71 Rn. 11; KK/Ellbogen OWiG 5. Aufl. § 67 Rn. 109 und Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn. 988 ff., 1000 ff. jeweils m.w.N.).

III.

Das mithin (objektiv) zu Unrecht ergangene Verwerfungsurteil des Amtsgerichts ist deshalb ersatzlos aufzuheben und feststellend auszusprechen, dass der Einspruch des Betroffenen durch Rücknahme erledigt und damit der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG (vgl. BayObLG a.a.O.).

V.

Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.