Hier hat das AG Wuppertal die Verwaltungsbehörde angewiesen, der Verteidigung die Messreihe des Tattages zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung argumentiert das AG mit dem Grundsatz der Waffengleichheit, ähnlich wie es nun auch der VerfGH Saarland getan hat. Das Einsichtsrecht soll (zumindest) im behördlichen Verfahren gelten bzw. wenn der Antrag im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde gestellt worden ist. Entschieden wurde nämlich erst im gerichtlichen Verfahren, da die Verwaltungsbehörde den Antrag der Verteidigung auf gerichtliche Entscheidung schlicht ignoriert hatte.

AG Wuppertal, Beschluss vom 09.08.2017 – 21 OWi 124/17

In dem Bußgeldverfahren

gegen …

Verteidiger: Rechtsanwältin Janine Redmer-Rupp, Kölner Str. 52, 50321 Brühl

hat das Amtsgericht Wuppertal durch die Richterin … am 09. August 2017 beschlossen:

Der Stadt Wuppertal wird aufgegeben, der Verteidigerin die im Schriftsatz vom 09.03.2017 und 13.04.2017 benannte komplette Messreihe des Tattages zur Verfügung zu stellen.

Dabei ist seitens des Betroffenen bzw. der Verteidigerin ein geeignetes Speichermedium der Behörde zur Verfügung zu stellen.

Sodann ist das bespielte Speichermedium der Verteidigerin in ihre Kanzleiräume zu übersenden.

Gründe

Die Entscheidung der Ermittlungsbehörde, dass die Messdaten oder Videoaufzeichnungen des Tattages, welche nicht unmittelbar den Betroffenen betreffen, keine Relevanz für das Verfahren besitzen und demnach dem Gericht nicht amtsseitig vorgelegt wurden, ist zwar nicht zu beanstanden. Eine Urteilsfindung ist nach überzeugender Auffassung auch ohne diese zusätzlichen Daten möglich, ohne dass dadurch die gerichtliche Aufklärungspflicht berührt wäre, Nach der Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.07.2015, Az. IV-2 RBs 63/15 m.w.N.) besteht ein solcher Anspruch jedenfalls im gerichtlichen Verfahren in der Hauptverhandlung nicht mehr.

Im Hinblick auf die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens obliegt es dem Betroffenen konkrete Einwände gegen die Richtigkeit der Messung vorbringen zu müssen, um gegebenenfalls die Überprüfung des Messevorgangs durch gerichtliches Sachverständigengutachten zu erreichen. Ist der Betroffene aber dazu gezwungen, relevante Tatsachen, die die Ordnungsgemäßheit eines im standardisierten Messverfahren gewonnenen Ergebnisses erschüttern können, selbst vorzutragen, muss er in die Lage versetzt werden, an derartige Informationen zu gelangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier die Akteneinsicht gegenüber der Behörde beantragt wurde. Dass die Akten bereits an das hiesige Gericht abgegeben wurden, schadet dabei nicht. Da jedenfalls der Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch gegenüber der Behörde gestellt wurde und dort nicht beschieden wurde.

Vielen Dank an Frau Rechtsanwältin Janine Redmer-Rupp, Brühl, für die Zusendung dieser Entscheidung.