Eine relativ häufig vorkommende Konstellation: Es liegt bereits ein Beschluss des Gerichts nach § 62 OWiG vor, wonach die Behörde Einsicht in bestimmte Unterlagen zu gewähren hat. Diesem Beschluss kommt sie aber nicht oder nicht vollständig nach. Wegen einer Nichtüberlassung der öffentlichen Schlüssels (Public Key) eines ESO-Messgeräts hatte bereits das AG Landstuhl ein Verfahren eingestellt. Das AG Zweibrücken ist hier ebenso verfahren.

AG Zweibrücken, Beschluss vom 10.05.2021 – 1 OWi 4211 Js 2509/21

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Betroffenen … gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Der Betroffene hat seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen.

Gründe:

Das Verfahren war gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen. Dem Betroffenen wurde seitens der Bußgeldbehörde nicht in ausreichendem Umfang Akteneinsicht in nicht bei der Akte befindliche, aber den Schuldvorwurf betreffende Daten und Unterlagen gewährt, obwohl ein gerichtlicher Beschluss vom 07.01.2021 vorlag. Dem Verteidiger wurde der Public Key des Messgeräts nicht zur Verfügung gestellt. Davon ist das Gericht nach Durchführung der Hauptverhandlung überzeugt: Rechtsanwalt Gratz hat den entsprechenden Umstand anwaltlich versichert. Darüber hinaus hat das Gericht den entsprechenden Datensatz in der Sitzung durch Zuhilfenahme eines Computers in Augenshein genommen. Diesem – der Betroffenenseite übermittelte – Datensatz enthält gerade den Public Key des Messgerätes nicht.

Dem Betroffenen wird aber durch die unvollständige Einsicht in nicht bei den Akten befindliche das Messgerät betreffende Daten und Unterlagen die Verteidigung in wesentlicher Form erschwert. Insoweit ist angesichts des durch die Bußgeldbehörde selbst geschaffenen Hindernisses das staatliche Verfolgungsinteresse als stark gemindert anzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 467 Abs. StPO, 46 Abs. 1 OWiG.

Die Schuld des Betroffenen ist in hohem Maße wahrscheinlich. Es wird daher davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen. Es handelt sich um ein standardisiertes Messverfahren, der Betroffene hat die Fahrereigenschaft – zumindest indirekt – auch eingeräumt.

Mitgeteilt von Rechtsanwälte Zimmer-Gratz, Bous.