Nach Überzeugung des Landgerichts erteilte der Angeklagte in an zwei Tagen jeweils in mehreren Fällen bewusst Verwarnungen wegen verbotswidrigen Parkens, obwohl die jeweiligen Fahrzeuge nicht ordnungswidrig abgestellt gewesen seien. Es bestätigte die Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht wegen Verfolgung Unschuldiger in neun Fällen. Das OLG Rostock änderte den Schuldspruch dahingehend ab, dass lediglich zwei Fälle der Verfolgung Unschuldiger vorliegen, da die an einem Tag hintereinander begangen Taten jeweils durch eine natürliche Handlungseinheit verbunden seien. Hierzu führte es aus: “Das Anbringen der Verwarnzettel erfolgte innerhalb weniger Minuten, wobei das Täterverhalten von dem einheitlichen Tatentschluss vor der Tat getragen sein dürfte, allen Fahrzeugführern der abgestellten Fahrzeuge ein Verwarngeld aufzuerlegen. Eine getrennte Beurteilung der Tatakte würde gekünstelt erscheinen.”

OLG Rostock, Beschluss vom 12.08.2019 – 20 RR 28/19

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 11.10.2018, Az. 24 Ns 47/18, im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Verfolgung Unschuldiger gem. § 344 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB in drei Fällen schuldig ist.

II. Das Urteil wird im Strafausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen eins bis acht bezüglich der Taten vom 08.01.2016 und 11.01.2016 sowie betreffend die gebildete Gesamtstrafe aufgehoben, wobei die zugrundeliegenden Feststellungen aufrechterhalten bleiben.

III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landgerichts Stralsund zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Stralsund hat den Angeklagten am 24.05.2018 (Az. 341 Ds 506/17) wegen Verfolgung Unschuldiger in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Stralsund mit Urteil vom 11.10.2018 (Az. 24 Ns 47/18) als unbegründet verworfen.

Hiergegen richtet sich die am 18.10.2018 bei dem Landgericht eingegangene Revision des Angeklagten. Der Angeklagte rügt mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.12.2018 die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock hat nach Hinweis des Senates und Rücknahme ihres Antrages vom 03.05.2019 eine teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils beantragt. Insoweit wird auf die Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 04.06.2019 Bezug genommen. Der Angeklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 25.06.2017 Stellung genommen.

II.

Die gemäß § 333 StPO statthafte Revision ist form- und fristgerecht angebracht, mit Anträgen versehen und innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO mit der Verfahrensrüge der fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages und der allgemeinen Sachrüge ausreichend begründet worden, mithin zulässig.

Die Revision hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a.

Die in zulässiger Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobene Verfahrensrüge der fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages ist unbegründet. Der Angeklagte rügt die Verletzung des § 244 Abs. 5 Satz 1 StPO. Dem liegt zugrunde, dass der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 11.10.2018 den Beweisantrag auf Ortsbesichtigung und Inaugenscheinnahme der Liegenschaft 138-140 in S zum Beweis der Tatsache gestellt hat, dass es sich bei der Fahrbahn im genannten Bereich um eine schmale Fahrbahn handelt, bei der das Parken gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten unzulässig ist.

Das Landgericht hat es mit Beschluss vom 11.10.2018 abgelehnt, dem Beweisantrag nachzugehen. Die Beschlussgründe lauten wie folgt:

„Die beantragte Inaugenscheinnahme/Ortsbesichtigung ist zur Erfassung der Wahrheit nicht erforderlich. Die Örtlichkeiten sind der Kammer gerichtsbekannt. Überdies hat die Kammer sich anhand diverser Lichtbilder zusätzlich einen Eindruck vom Tatort verschafft. Aus den Lichtbildern ist insbesondere zu ersehen, dass auch Fahrzeugen mit herkömmlicher Fahrzeugbreite das Ein- und Ausfahren aus einem gegenüberliegenden Grundstück gefahrlos möglich ist, wenn der Ein- bzw. Ausfahrt gegenüberliegend Fahrzeuge parken.“

Die Zulässigkeit der Ablehnung des von der Verteidigung gestellten Beweisantrages auf Durchführung einer Ortsbesichtigung / Inaugenscheinnahme der Liegenschaft 138-140 kann dahinstehen, weil nicht ersichtlich ist, dass das angefochtene Urteil auf der Ablehnung des Beweisantrages beruht. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft Rostock in ihrer Stellungnahmeschrift vom 03.05.2019 folgendes ausgeführt:

Es kann dahinstehen, ob dessen Ablehnung durch die Kammer insoweit rechtsfehlerhaft war, als diese sich zur Begründung darauf stützte, die Örtlichkeiten seien „der Kammer gerichtsbekannt“, und auch dem Urteil zu entnehmen ist, dass die Kammer die Fahrbahnbreite „aus eigener Anschauung“ (UA S. 7) kenne. Da weder aus dem Hauptverhandlungsprotokoll noch den Urteilsgründen nachvollziehbar ist, dass die Kammer die Tatsache der Fahrbahnbreite gerichtskundig im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit der mitwirkenden Richter zuverlässig in Erfahrung gebracht hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 244 Rn. 3 und 52), kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Kammer insoweit bei ihrer Überzeugungsbildung auf einen Vorgang gestützt hat, der zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehört (§ 261 StPO). Der Tatrichter darf seiner Entscheidung zur Schuld- und Straffrage nur das zugrunde legen, was er an Erkenntnissen durch die Verhandlung und in der Verhandlung im Rahmen einer förmlichen Beweiserhebung oder unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten gewonnen hat. Dies schließt es grundsätzlich aus, außerhalb der Hauptverhandlung erlangtes Wissen des Richters ohne förmliche Beweiserhebung hierüber zum Nachteil des Angeklagten zu verwerten. Eine Ausnahme kann gelten bei gerichtskundigen Tatsachen, wenn sie zuvor, auch in ihrer Wertung als „gerichtskundig“, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind (BGH, Beschluss vom 13.02.2013 – 2 StR 556/12 -, Rn. 7, juris). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.

Auf der hiermit begründeten Ablehnung des Beweisantrages beruht das angefochtene Urteil indes nicht (§ 337 StPO). Es ist auszuschließen, dass die Kammer ohne ein Stützen auf die eigene (private) Ortskenntnis der mitwirkenden Richter zu einer für den Angeklagten günstigen Entscheidung gelangt wäre.

Sowohl die Begründung des ablehnenden Beschlusses als auch die Urteilsgründe lassen keinen Zweifel daran, dass die Kammer auch unter bloßer Würdigung der in die Hauptverhandlung eingeführten Lichtbilder und der Aussagen der gehörten Zeugen von einem Ortstermin abgesehen und insbesondere nicht zu einem anderen Ergebnis bezüglich der festgestellten Fahrbahnbreite gekommen wäre. Die Urteilsgründe nehmen wiederholt und ausführlich – unter zugleich zulässiger Verweisung – Bezug auf die in die Hauptverhandlung eingeführten Lichtbilder (UA S. 5, 7, 8), auf deren Grundlage sich die Kammer mit den Breitenverhältnissen der Fahrbahn vertieft auseinandersetzt, die für die Bewertung eines unzulässigen Parkens im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO entscheidungserheblich sind. Daneben stützt sich die Kammer auf die Aussagen des Zeugen G (UA S. 6) und des Zeugen H M nebst dem mit diesem in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen und erörterten Übersichtsplan (UA S. 5), mit denen sie die festgestellte Örtlichkeit und die örtlichen Gegebenheiten zum Ein- und Ausfahren des den gegebenenfalls parkenden Fahrzeugen gegenüberliegenden Grundstücks ausdrücklich belegt.

Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, dass die Kammer ohne Verwertung einer eigenen (privaten) Ortskenntnis andere Feststellungen zur Fahrbahnbreite getroffen hätte und damit eine für den Angeklagten günstigere Entscheidung denkbar wäre.

Soweit die Revision darüber hinaus die durch die Kammer vorgenommene Würdigung der Lichtbilder selbst angreift – indem sie die Qualität bzw. die Aussagekraft derselben in Frage stellt – ersetzt der Angeklagte in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Kammer durch seine eigene. Die Auswertung von Lichtbildern ist allein Sache des Tatrichters (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 261 Rn. 38a).“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und machte sie zur Grundlage seiner Entscheidung.

b.

Soweit die Revision daneben den Einwand erhebt, die Kammer habe „die Frage der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Parkens nicht in ausreichendem Maße“ aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln abgeleitet, und hieraus eine Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) entnommen werden könnte, ist die Rüge bereits nicht in zulässiger Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben worden.

In zulässiger Form ist die Aufklärungsrüge nur erhoben, wenn die Revision neben der Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und dem Beweismittel, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen, auch bestimmt behauptet und konkret angibt, welche Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätten drängen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. 3 StR 337/10, zitiert nach Juris; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 244 Rdn. 102 m.w.N.).

Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Auch insofern zutreffend hat die Generalstaatsanwaltschaft Rostock in ihrer Zuschrift darauf hingewiesen, dass sich die Revision auf die Darlegung beschränkt, die Einnahme des Augenscheins habe sich aufgedrängt, weil „auch aus anderen Gründen außerhalb der Fahrbahnbreite das Parken unzulässig sein kann“, ohne dass sie einen solchen anderen Grund benennt. Damit ist aber nicht erkennbar, welche konkreten Tatsachen die Kammer nach Ansicht der Revision hätte ermitteln müssen und aus welchen Umständen sich diese weitere Ermittlungspflicht hätte ergeben sollen. Bei der Frage der Zulässigkeit des Parkens selbst handelt es sich nicht um eine Tatsache, die dem Beweis zugänglich ist, sondern vielmehr um eine – u.a. aus § 12 Abs. 3 StVO – folgende rechtliche Wertung.

2.

Die revisionsrechtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf die erhobene Sachrüge führt zur teilweisen Abänderung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an eine andere Berufungskammer des Landgerichts Stralsund.

a.

Das Urteil leidet an einem Rechtsfehler, soweit der Angeklagte wegen Verfolgung Unschuldiger in neun Fällen verurteilt worden ist. Bei den Taten vom 08.01.2016 zum Nachteil der Geschädigten G, H, S und R sowie vom 11.01.2016 zum Nachteil der Geschädigten G, L, D und W liegt eine natürliche Handlungseinheit vor, so dass diese als zwei Fälle der Verfolgung Unschuldiger, jeweils begangen am 08.01.2016 bzw. 11.06.2016 zu behandeln sind. Der Senat hat zu dieser Rechtslage in seinem Hinweis vom 24.05.2019 u. a. wie folgt ausgeführt: „ Nach der Rechtsprechung liegt eine natürliche Handlungseinheit vor, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte auch durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1995, Az. 5 StR 465/95; BGH, Beschluss vom 11.05.1993, Az. 5 StR 242/93, jeweils zitiert nach Juris).

Die vom Angeklagten am 08.01.2016 sowie am 11.01.2016 begangenen Taten sind durch eine natürliche Handlungseinheit verbunden, denn die einzelnen Handlungen stehen in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang. Das Anbringen der Verwarnzettel erfolgte innerhalb weniger Minuten, wobei das Täterverhalten von dem einheitlichen Tatentschluss vor der Tat getragen sein dürfte, allen Fahrzeugführern der abgestellten Fahrzeuge ein Verwarngeld aufzuerlegen. Eine getrennte Beurteilung der Tatakte würde gekünstelt erscheinen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19.11.2009, Az. 3 StR 87/09, zitiert nach Juris).“

Dem hat sich die Generalstaatsanwaltschaft mit neuer Antragsschrift vom 04.06.2019 angeschlossen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird. Im Ergebnis war damit der Schuldspruch dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte der Verfolgung Unschuldiger in drei Fällen schuldig ist, sowie der Strafausspruch wie geschehen und ebenfalls von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt, teilweise aufzuheben.

b.

Weitergehenden Erfolg hat die Revision nicht. Soweit der Angeklagte beanstandet, nach den aus seiner Sicht zu dürftigen Ausführungen im Urteil könne kein vorsätzliches Handeln des Angeklagten angenommen werden, dringt er mit dieser Rüge nicht durch. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Berufungskammer tragen vielmehr die Verurteilung wegen Verfolgung Unschuldiger. Soweit mit der Rüge im Ergebnis die Beweiswürdigung des Gerichtes zur Feststellung des nach dieser Vorschrift zur Tatbestandsverwirklichung notwendigen Vorsatzes angegriffen wird, weist die Beweiswürdigung indes keine für den Senat beachtlichen Rechtsfehler auf.

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Beweiswürdigung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist allein darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2018, Az. 1 StR 420/18; BGH, Urteil vom 11.02.2016, Az. 3 StR 436/15; BGH, Urteil vom 14.12.2011, Az. 1 StR 501/11, jeweils zitiert nach Juris).

Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor.

Das Landgericht hat seine Beweiswürdigung zur Annahme eines vorsätzlichen Handelns des Angeklagten ausgehend von dem im Übrigen von ihm rechtsfehlerfrei und unangefochten festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen begründet:

1. Ursprünglich habe im Bereich der Poller, dem späteren Tatort, ein Halteverbotsschild, das der Voreigentümer sich im Jahre 1998 hatte genehmigen lassen, gestanden. Dieses sei allerdings bereits vor 2009 entfernt worden. Zum Tatzeitpunkt habe sich im streitigen Bereich kein Halteverbotsschild befunden, Parkflächenmarkierungen seien ebenfalls nicht vorhanden gewesen. Schon im Jahre 2009 hätten Pkw im Bereich zwischen dem Parkplatz und der Zufahrt, der durch Poller begrenzt gewesen sei, geparkt. Die Eigentümer des Gewerbehofes seien hiermit nicht einverstanden gewesen und hätten begonnen, Handzettel zu verteilen, um den Pkw-Führern mitzuteilen, dass sie dort nicht stehen dürften. Nachdem im Jahre 2014 das Bauamt in das Gebäude des ehemaligen Finanzamtes gezogen sei, hätten wieder vermehrt Pkw auf der streitigen Fläche geparkt. Durch die Zeugen H und T M seien erneut Handzettel verteilt worden, weil sie sich daran gestört hätten. Nachdem dies nichts gefruchtet habe, habe der Zeuge H M zu Beginn des Jahres 2016 den Angeklagten angerufen, ihm die Situation mit dem Parken geschildert und ihn gebeten, zu prüfen, ob man etwas dagegen machen könne. Einen Gehweg, der das Parken verhindert hätte, hätten die Eigentümer nicht anlegen wollen, weil dies aus ihrer Sicht mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre. Der Angeklagte habe dem Zeugen M erklärt, er werde sich der Sache annehmen.

2. Der Angeklagte habe eingeräumt, gar nicht gewusst zu haben, welchen Tatbestand er auf den jeweiligen Verwarn Zettel aufschreiben solle, weshalb er zunächst auf seiner App zum Bußgeldtatbestand nachgesehen habe, welcher der aufgelisteten Tatbestände passen könnte und entschieden habe, dass das „Parken auf nicht markierten Parkflächen“ das „naheliegendste“ sei. Auf die Frage, warum er sich nicht zuvor bei den Kollegen vom Ordnungsamt oder auch bei seinem Vorgesetzten oder zumindest bei anderweitigen Kollegen informiert habe, habe der Angeklagte keine Antwort zu geben vermocht. Schließlich habe er sich darauf zurückgezogen, dass die angegebene Tatbestandsnummer auch gleichgültig sei, da, wenn dort nicht habe geparkt werden dürfen, wovon er klar ausgehe, der Verwarn Zettel jeweils berechtigt sei, und zwar unabhängig von der angegebenen Tatbestandsnummer. Dies nehme die Kammer dem Angeklagten indes nicht ab. Das Parken auf der streitbefangenen Fläche sei weder aufgrund der Tatbestandsnummer 141015 noch aus anderen Gründen verboten. Das Parken sei auch nicht verboten gewesen, weil die Straße ( Zufahrt ) zu schmal sei, oder sich dort Gullideckel befänden. Dem Angeklagten sei dies bewusst gewesen. Er habe dennoch gehandelt, um seinem Freund M einen Gefallen zu tun, obwohl er gewusst habe, dass ein sanktionswürdiger Verstoß nicht vorgelegen habe. Er habe eingeräumt, nicht gewusst zu haben, in welchen verwarnungswürdigen Tatbestand er die Parker einordnen solle, und habe auch in seiner Bußgeldkatalog-App keinen zutreffenden gefunden, weshalb er sich schließlich – dennoch – für die Tatbestandsnummer 101415 entschieden habe.

Der Angeklagte könne mit seiner Einlassung, er habe gemeint, dass auf jeden Fall ein Parken verboten sei, da die Zufahrt im Eigentum der M stehe und er deshalb berechtigt gewesen sei, einen Verwarn Zettel auszufüllen, nicht durchdringen. Zunächst glaube die Kammer dem Angeklagten diese Erklärung nicht, sondern gehe insoweit von einer unwahren Schutzbehauptung aus. Der Angeklagte sei seit 2003 Polizeibeamter und wisse bereits aufgrund dieser Funktion, dass es einer bestimmten geregelten Tatbestandsregelung bedürfe, um -in diesem Fall – Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. So habe der Angeklagte selbst eingeräumt, auf seiner App im Bußgeldkatalog nach einer ihm passenden Tatbestandsziffer gesucht zu haben, also nach einer solchen, die das Parken auf im Eigentum Dritter stehenden Flächen, die öffentlich genutzt würden, verbiete. Eine solche habe er eigenen Angaben zufolge (nachvollziehbarerweise) nicht gefunden. Wäre der Angeklagte wirklich der Überzeugung gewesen, es käme nicht darauf an, eine tatsächlich zutreffende Tatbestandsnorm aufzuschreiben, sei nicht nachvollziehbar, wieso er auf seiner App überhaupt zunächst eine zutreffende gesucht und die „ihm naheliegendste“ ausgewählt habe. Im Übrigen habe der Angeklagte gewusst, dass, obschon die parkende Fläche mit dem Zufahrtsbereich zum Eigentum der Familie M gehöre, dort kein Parkverbot herrsche, was er selbst eingeräumt habe. Der streitgegenständliche Raum bzw. die Zufahrtstraße sei dem öffentlichen Verkehr zugänglich, was für jedermann erkenntlich sei und der Angeklagte, wie er ebenfalls eingeräumt habe, auch gewusst habe. Der Angeklagte habe auch gewusst, dass er Personen nur verfolgen dürfe, wenn konkret materiellrechtliche Gründe hierfür vorlägen und dass es nicht ausreichend sei, auf „Gutdünken“ einen Tatbestand auszuwählen. Die Kammer erachte es als hanebüchen, wenn der Angeklagte hier einen Irrtum behaupten wolle.

Diese Ausführungen des Landgerichts lassen erkennen, dass das Gericht alle Tatsachen in seine Gesamtschau der Beweissituation einbezogen hat, welche hier maßgeblich erscheinen. Dabei hat es in den Mittelpunkt seiner Würdigung den Umstand gestellt, dass der Angeklagte als ausgebildeter Polizeibeamter anhand seiner Bußgeldtatbestands-App keinen Parkverbotstatbestand habe feststellen können und aufgrund seiner Freundschaft zu M und seiner Tätigkeit auf dem Gewerbehof gewusst habe, dass am Tatort kein Parkverbot herrsche. Damit sei dem Angeklagten im Ergebnis bekannt gewesen, dass kein Ordnungswidrigkeitstatbestand vorgelegen habe. Diese Bewertung lässt angesichts der vorstehend ausgeführten Maßstäbe der Prüfung im Revisionsverfahren keinen durchgreifenden Fehler erkennen. Unbeachtlich ist, ob eine andere Beweiswürdigung möglich gewesen wäre, oder das Revisionsgericht hierzu tendieren würde, solange die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung, bzw. dessen Schlussfolgerungen, möglich sind, wovon hier auszugehen ist. Das betrifft auch die Einschätzung des Landgerichts, dass der Einwand des Angeklagten, er sei trotz dieser Umstände davon ausgegangen, dass die Geschädigten am Tatort nicht hätten parken dürfen, als Schutzbehauptung zu behandeln sei.