Das AG verhängte gegen den Betroffenen durch Beschluss gemäß § 72 OWiG eine Geldbuße wegen nicht ordnungsgemäßer Ladung eines Lkw. Das OLG hob den Beschluss auf, da dieser keinerlei Beweiswürdigung enthalte. Zwar könne das Rechtsbeschwerdegericht bei Anfechtung einer Entscheidung im Beschlussverfahren Kenntnis vom Akteninhalt nehmen. Auf eine Beweiswürdigung durch den Tatrichter könne deshalb aber nicht verzichtet werden; sie könne auch nicht vom Oberlandesgericht vorgenommen werden, da dieses andernfalls contra legem als Berufungsinstanz agieren müsste.

OLG Hamm, Beschluss vom 20.12.2018 – III-4 RBs 387/18

Der angefochtene Beschluss wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an das Amtsgericht Lüdinghausen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen im Beschlusswege nach § 72 OWiG wegen Anordnens bzw. Zulassens einer verbotswidrigen Fahrt am Sonntag mit einem LKW mit Anhänger sowie der Anordnung der Inbetriebnahme bzw. des Zulassens der Inbetriebnahme eines Lastkraftwagens bzw. dessen Anhänger, obwohl die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung wesentlich beeinträchtigt war, eine Geldbuße von 720 Euro festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der auf die Sachrüge gestützten Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Die Begründung eines Beschlusses nach § 72 OWiG entspricht der eines Urteils in Strafsachen (Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 72 Rdn. 63). Eine fehlende Beweiswürdigung führt bei einem solchen auf die Sachrüge hin zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (BGH NStZ-RR 1999, 45). Der angefochtene Beschluss enthält keinerlei Beweiswürdigung und war mithin bereits deswegen aufzuheben. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend einen Beschluss nach § 72 OWiG dem Rechtsbeschwerdegericht in gewissem Umfang die Kenntnisnahme des Akteninhalts möglich ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2016 – III-4 RBs 320/15 – juris; Seitz/Bauer a.a.O. Rdn. 79 m.w.N.). Wollte man auf das Erfordernis einer Beweiswürdigung des Tatrichters völlig verzichten, weil er sich selbst aus den Akten eine Überzeugung bzgl. der Richtigkeit der Feststellungen verschaffen könnte, so würde dies dazu führen, dass die Rechtsbeschwerdeinstanz – contra legem (vgl. § 79 Abs. 3 OWiG) – von einer Rechtsüberprüfungsinstanz zu einer Berufungsinstanz würde.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die getroffenen Feststellungen auch die o.g. Verurteilung nicht hinreichend belegen. So bleibt unklar, in welchem Verhältnis der Betroffene und der Fahrzeugführer stehen, inwieweit der Betroffene also tatsächlich dessen Fahrzeugführung zugelassen hat, und es bleibt unklar, ob es sich bei dem “LKW” um einen solchen i.S.v. § 30 Abs. 3 StVO handelt. Nähere Feststellungen zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit fehlen ebenfalls. Die Wertung, dass die Zurrbänder “ablegereif” gewesen sein, wird nicht näher belegt.

Weiter weist der Senat ergänzend darauf hin, dass der Tenor auf eine Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage hindeutet (“Anordnens bzw. Zulassens”), während die Urteilsgründe offenbar auf ein Zulassen abstellen. Insoweit besteht ein Widerspruch.

Angesichts der ohnehin gebotenen Aufhebung auf die allein erhobene Sachrüge hin, kann dahinstehen, ob eine Beschlussentscheidung, deren Voraussetzung ist, dass das Gericht eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich hält, auch noch möglich ist, wenn – wie hier – kurz zuvor eine Hauptverhandlung stattgefunden hat.