Der Betroffene wurde wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zu einer Geldbuße mit Fahrverbot verurteilt. Der unterbevollmächtigte Rechtsanwalt legte für den Betroffenen Rechtsbeschwerde ein, welche der Verteidiger nach Urteilszustellung begründete. Diesen Schriftsatz versah er mit einer eingescannten Unterschrift.

Das OLG Jena verwarf die Rechtsbeschwerde wegen Nichtbeachtung von § 345 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG als unzulässig: Aus der Begründungsschrift müsse deutlich werden, dass der Verteidiger die volle Verantwortung für den Inhalt übernehme. Das Einfügen einer gescannten Unterschrift stehe stattdessen einem Namensstempel gleich und könne von beliebigen Personen, wenn sie Zugriff auf den Scan haben, auf Dokumenten angebracht werden. Die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt sei so nicht gewährleistet. Die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr, mit denen ein hoher Aufwand bei der elektronischen Identifikation zur Realisierung des Sicherheitsstandes einhergehe, wären überflüssig, könnten computergenerierte Schreiben als rechtsverbindliche Erklärungen akzeptiert werden.

OLG Jena, Beschluss vom 22.05.2018 – 1 OLG 121 SsBs 30/18

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe

I.

Mit Urteil vom 24.07.2017 verhängte das Amtsgericht Stadtroda gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung um 45 km/h außerorts ein Bußgeld in Höhe von 160,00 € und untersagte ihm – unter Beachtung der Wirksamkeitsregel des § 25 Abs. 2a StVG – für die Dauer von einem Monat Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.

Hiergegen legte der Betroffene noch am am 27.07.2017 über den unterbevollmächtigten Verteidiger Rechtsanwalt V Rechtsbeschwerde ein, die er nach am 22.12.2017 erfolgter Urteilszustellung am 18.01.2018 durch von seinem Verteidiger Rechtsanwalt R nicht eigenhändig unterzeichnetem, sondern mit dessen eingescannter Unterschrift versehenen Schriftsatz vom selben Tage, begründet hat.

In ihrer Zuschrift an den Senat vom 15.03.2018 hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Diese Stellungnahme wurde dem Verteidiger mit der Möglichkeit der Stellungnahme zu Kenntnis gegeben.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ergibt sich entgegen der Stellungnahme der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft allerdings nicht aus einer fehlenden Bevollmächtigung von Rechtsanwalt R. Ausweislich der im Verfahren vorgelegten Vollmacht (Bl. 70 d.A.) hat der Betroffene am 18.04.2016 ausdrücklich Rechtsanwalt R mit seiner Verteidigung und Vertretung in vorliegender Bußgeldsache umfassend beauftragt.

Die Rechtsbeschwerde wurde aber nicht formgerecht begründet.

Der Senat hat insoweit im Verfahren 1 OLG 171 SsBs 38/18, in dem ebenfalls Rechtsanwalt R verteidigte, ausgeführt:

„Gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 2 StPO ist es erforderlich, dass die Begründung von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichnet wird.

Dieses Erfordernis dient nicht zuletzt dem Ziel, den Revisions-/Rechtsbeschwerdegerichten die Prüfung unsachgemäßer und unvollständiger Anträge zu ersparen (vgl. BVerfG NJW 1983, 2762, 2764; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, § 345 Rdnr. 10). Wählt der Angeklagte/Betroffene die Möglichkeit der Revisions-/Rechtsbeschwerdebegründung durch einen Verteidiger oder Anwaltsschriftsatz, muss aus der Unterzeichnung der Begründungsschrift deutlich werden, dass der Verteidiger oder der unterfertigte Rechtsanwalt die volle Verantwortung für den Inhalt übernimmt (BGHSt 25, 272; Löwe-Rosenberg/Hanack, StPO, 25. Auflage, § 345 Rd.-Nr. 16, 20, 27 f.). Eine solche Unterzeichnung erfordert die eigenhändige Unterschrift (BGH NJW 1980, 291; KK-Gericke, StPO, 7. Auflage, § 345 Rdnr. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einl. Rdnr. 129). Nicht ausreichend ist hingegen das Anbringen eines Namensstempels (RGSt 69, 137).

Diesem Erfordernis wird die vorliegende Begründungsschrift nicht gerecht, weil sie lediglich mittels einer eingescannten Unterschrift „gezeichnet“ wurde. Das Einfügen einer solchen Scan-Datei steht in technischer Hinsicht dem Anbringen eines Schriftzuges mittels eines Namensstempels gleich. In beiden Fällen kann ein einmal hergestellter Schriftzug beliebig oft durch eine beliebige Anzahl von Personen, die Zugang zu dieser Scan-Datei bzw. diesem Stempel haben, auf Dokumenten angebracht werden. Die Benutzung durch den Namensinhaber dieser Datei bzw. dieses Stempels ist nicht zwingend notwendig, sondern erscheint, ob der Tatsache, dass er ein selbst verfasstes Schreiben ohnehin gleich selbst unterschreiben könnte, eher fernliegend. Es ist gerade nicht gewährleistet, dass der Verfasser des Schreibens, der möglicherweise auch nur einen Entwurf fertigte, die volle Verantwortung für den Inhalt übernimmt, wenn sein Name – durch wen auch immer – nur gestempelt bzw. in elektronischer Form eingefügt wurde, er selbst aber nicht eigenhändig unterzeichnet hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.03.2018, Az.: 2 Ss-OWi 1265/17). Angesichts der leichten Reproduktionsmöglichkeiten von authentisch aussehenden Schreiben durch die neuen medialen Möglichkeiten, kommt diesem Erfordernis umso mehr Bedeutung zu, was der Gesetzgeber durch die elektronische Identifikation und den damit verbundenen hohen Aufwand zur Realisierung des Sicherheitsstandes ausdrücklich bestätigt. Dies alles würde es nicht bedürfen, wenn durch Computer generierte Schreiben, die von jedermann stammen können, als rechtsverbindliche Erklärungen akzeptiert werden könnten (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.).

Fehlt es damit an einer eigenhändigen Unterschrift und damit an einer Unterzeichnung der Begründungsschrift im Sinne des § 345 Abs. 2 StPO, liegt bereits keine formgerechte und damit auch keine zulässige Rechtsbeschwerdebegründung vor.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vorliegender Sache an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 466 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.