Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer eines Zugfahrzeugs und nimmt nach Regulierung eines Unfallschadens den Haftpflichtversicherer des Sattelaufliegers in Anspruch, der zum Zeitpunkt des von dem Zugfahrzeug verursachten Verkehrsunfalls mit diesem verbunden war. Der BGH geht davon aus, dass der Ausgleichsanspruch des § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG im Verhältnis zwischen den Versicherern nicht auf Grund von zwischen dem Versicherer des Sattelaufliegers und seinem Versicherungsnehmer vereinbarten AKB ausgeschlossen werden kann.

BGH, Urteil vom 04.07.2018 – IV ZR 121/17

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. März 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin nimmt als Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer eines Zugfahrzeugs nach Regulierung eines Unfallschadens den beklagten Haftpflichtversicherer des im Unfallzeitpunkt mit dem Zugfahrzeug verbundenen Sattelaufliegers im Wege des so genannten Innenausgleichs auf hälftige Erstattung der Regulierungsleistung in Anspruch.

Der Fahrer des Sattelzugs verursachte am 26. September 2014 einen Verkehrsunfall. Beim Abbiegen scherte der Sattelauflieger mit dem Heck aus und stieß dabei gegen ein im Einmündungsbereich der Straße stehendes Fahrzeug. Die Zugmaschine war im Unfallzeitpunkt über deren Halterin bei der Klägerin und der Sattelauflieger über dessen (andere) Halterin bei der Beklagten versichert. Die Klägerin regulierte den am Fahrzeug der Geschädigten entstandenen Sachschaden und verlangt ihre Aufwendungen zur Hälfte von der Beklagten ersetzt.

Die Beklagte sieht sich nicht zur Zahlung verpflichtet. Sie beruft sich auf A.1.1.5 ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 01-2014, im Folgenden nur: AKB). Die Klausel lautet:

“Mitversicherung von Anhängern, Aufliegern und abgeschleppten Fahrzeugen

A.1.1.5

Ist mit dem versicherten Kraftfahrzeug ein Anhänger oder Auflieger verbunden, erstreckt sich der Versicherungsschutz auch hierauf. Der Versicherungsschutz umfasst auch Fahrzeuge, die mit dem versicherten Kraftfahrzeug abgeschleppt oder geschleppt werden, wenn für diese kein eigener Haftpflichtversicherungsschutz besteht.

Dies gilt auch, wenn sich der Anhänger oder Auflieger oder das abgeschleppte oder geschleppte Fahrzeug während des Gebrauchs von dem versicherten Kraftfahrzeug löst und sich noch in Bewegung befindet.

Soweit für einen unter diesen Punkt fallenden Kfz-Haftpflicht-Schaden bereits durch einen anderen Versicherer Versicherungsschutz geboten wird bzw. Versicherungsleistungen erbracht wurden, ist die hier gebotene Deckung nachrangig und nur subsidiär.

Sofern sich der Schaden ausschließlich durch ein Fehlverhalten des Fahrers des Zugfahrzeugs oder die spezifische Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs realisiert hat, haften wir im Innenverhältnis nicht gegenüber dem Versicherer des Zugfahrzeugs, wenn für das Zugfahrzeug keine Haftpflichtversicherung bei uns besteht.

Diese Regelungen berühren nicht die Haftung im Außenverhältnis bzw. die Deckung nach dem Pflichtversicherungsgesetz.”

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte zur hälftigen Erstattung der von der Klägerin erbrachten Versicherungsleistungen gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG verpflichtet.

Es hat dahinstehen lassen, ob die Klausel A.1.1.5 AKB, die nach Überschrift und Regelungsgehalt ihrer Absätze 1 und 2 Fälle betreffe, in denen ein Anhänger oder Auflieger mit einem bei der Beklagten versicherten Kraftfahrzeug verbunden und mitversichert sei, für die hier gegebene umgekehrte Konstellation eines bei der Beklagten allein haftpflichtversicherten Anhängers Subsidiarität beanspruche. Jedenfalls stehe die von der Beklagten verwendete Subsidiaritätsklausel weder der Annahme einer Mehrfachversicherung entgegen noch könne sie den Ausgleichsanspruch gemäß § 78 Abs. 2 VVG wirksam abbedingen, weil eine solche Vereinbarung die – hier unstreitig nicht gegebene – Mitwirkung beider Parteien als Versicherer vorausgesetzt hätte. Sie stelle vielmehr im Verhältnis zur Klägerin einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar, da sie – ihre Wirksamkeit unterstellt – ohne deren Zutun zum Ausschluss ihres Ausgleichsanspruchs im Innenverhältnis führe.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Klägerin kann, soweit sie ihre Leistungsverpflichtung aus der bei ihr gehaltenen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung erfüllt hat, von der Beklagten einen Innenausgleich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Mehrfachversicherung verlangen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 VVG).

Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei der Regelung in A.1.1.5 Abs. 4 AKB, welche bei Schadenverursachung durch ein Gespann eine im Innenverhältnis zum Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs subsidiäre Haftung des Anhängerversicherers für den Fall vorsieht, dass der Schaden ausschließlich Folge eines Fehlverhaltens des Fahrers des Zugfahrzeugs oder dessen spezifischer Betriebsgefahr ist, um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB handelt. Denn jedenfalls führt eine in den Bedingungen der Haftpflichtversicherung eines versicherungspflichtigen Anhängers vereinbarte Subsidiaritätsklausel nicht zu einer umfassenden Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers des Zugfahrzeugs im Innenverhältnis zum Haftpflichtversicherer des Anhängers und steht daher einem Ausgleichsanspruch aus § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht entgegen.

1. Allerdings sind – wie der Senat bereits entschieden hat – sogenannte eingeschränkte oder einfache Subsidiaritätsklauseln (zum Begriff vgl. Möller in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 59 Anm. 50), nach denen – wie hier – die Haftung des Subsidiärversicherers erst dann entfallen soll, wenn und soweit eine andere Versicherung nicht nur besteht, sondern im konkreten Fall auch Deckung gewährt, im Grundsatz nicht zu beanstanden (Senatsurteil vom 21. April 2004 – IV ZR 113/03, VersR 2004, 994 unter II 1 [juris Rn. 15 ff.]; vgl. auch Senatsurteil vom 23. November 1988 – IVa ZR 143/87, VersR 1989, 250 unter 3 [juris Rn. 8 ff.]; OLG Düsseldorf r+s 2002, 297, 298 [juris Rn. 28 f.]).

Durch eine derartige Klausel wird im Regelfall nicht ein bestehendes Recht des Primärversicherers zum Innenausgleich vereitelt (vgl. Armbrust, Subsidiaritätsabreden in Versicherungsverträgen 1991 S. 104), sondern die durch die Subsidiaritätsklausel vereinbarte Nachrangigkeit verhindert bereits, dass es überhaupt zu einer echten Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 1 VVG kommt (Senatsurteile vom 18. November 2009 – IV ZR 58/06, r+s 2010, 69 Rn. 10; vom 13. September 2006 – IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 24; vom 21. April 2004 aaO unter II 1 a [juris Rn. 16]; Möller in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 59 Anm. 53; FAKomm-VersR/K. Schneider, § 78 VVG Rn. 37; Armbrust aaO S. 104 f.; Fenyves, Aktuelle Probleme der Subsidiaritätsklausel 1989 S. 3 f.; Martin, VersR 1973, 691; Segger/Degen, r+s 2012, 422, 423; Vogel, ZVersWiss 62 [1973], 563, 567; Vollmar, VersR 1987, 735, 737 f.; Winter, VersR 1991, 527; vgl. auch RGZ 130, 47, 49; Kisch, Die mehrfache Versicherung desselben Interesses 1935 S. 163 m. Fn. 7; Schauer in Berliner Kommentar zum VVG, § 59 Rn. 56; anders: Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. § 78 Rn. 30; Langheid, BGH-Report 2004, 1156, 1157 [Anm. zum Senatsurteil vom 21. April 2004 aaO]). Der Ausgleichsanspruch des Primärversicherers wird folglich nicht durch die Subsidiaritätsklausel ausgeschlossen, sondern es fehlt – wenn auch nur infolge des Inhalts des Vertrags zwischen dem Subsidiärversicherer und seinem Versicherungsnehmer – eine gesetzliche Voraussetzung, von der § 78 Abs. 2 VVG den Ausgleichsanspruch als Rechtsfolge abhängig macht (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. V I Rn. 24; Armbrust aaO S. 25; Kohleick, Die Doppelversicherung im deutschen Versicherungsvertragsrecht 1999 S. 156).

2. Im Streitfall kann der mit der Subsidiaritätsklausel bezweckte Ausschluss der gesetzlichen Regelung in § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG jedoch nicht erreicht werden.

a) Dass die Haftpflichtversicherungen des Zugfahrzeugs einerseits und eines – nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe c PflVG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) versicherungsfreien – Anhängers andererseits für das aus beiden Fahrzeugen gebildete Gespann eine Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 1 VVG begründen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 – IV ZR 279/08, BGHZ 187, 211 Rn. 9 ff.), ergibt sich unabhängig von den Vereinbarungen der Parteien des Versicherungsvertrages zwingend aus gesetzlichen Vorgaben.

aa) § 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Anhängers, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zu nehmen. Nach der aufgrund von § 4 PflVG erlassenen Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) muss die Versicherung Schadensersatzansprüche umfassen, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden (§ 2 Abs. 1 KfzPflVV). Als mitversicherte Person bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 3 KfzPflVV auch den Fahrer, wobei die Vorschrift nicht zwischen motorisierten Fahrzeugen und Anhängern unterscheidet (Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 – IV ZR 279/08, BGHZ 187, 211 Rn. 14). Zugleich hat sich der Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeugs gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KfzPflVV zwingend (vgl. Jahnke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. § 3 KfzPflVV Rn. 3) auf einen mit ihm verbundenen Anhänger oder Auflieger zu erstrecken.

Die Mitversicherung des Fahrers des Anhängers ergibt sich in den zwischen der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmerin vereinbarten Bedingungen aus A.1.2 Abs. 1 Buchst. c AKB. Mehrfach versichert war daher jedenfalls das Haftpflichtrisiko des Zugmaschinenführers, der – sowohl haftungs- wie versicherungsrechtlich – in Personalunion zugleich dem Anhänger-Haftungsverband als Fahrzeugführer angehört (Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 aaO Rn. 30; vgl. auch OLG Celle r+s 2013, 594 [juris Rn. 30 ff.]; Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. A.1 AKB Rn. 110). Dieses Haftpflichtrisiko hat sich im vorliegenden Fall auch ausgewirkt. Daran ändert die Subsidiaritätsklausel nichts. Sie lässt nach A.1.1.5 Abs. 5 AKB die Deckung nach dem PflVG – und damit zugleich den nach § 2 KfzPflVV vorgesehenen Mindestversicherungsschutz – ausdrücklich unberührt, geht mithin selbst von einer Kongruenz zwischen Haftung und Deckung aus.

bb) Nach der Einführung einer selbständigen Gefährdungshaftung für – auch mit dem Zugfahrzeug verbundene – Anhänger in § 7 StVG durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) und der damit einhergehenden Aufhebung des § 3 Abs. 2 KfzPflVV in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 10. Juli 2002 (BGBl. I S. 2586) entfiel die zuvor eröffnete Möglichkeit der Beschränkung des Versicherungsschutzes für Schäden, die von einem Anhänger oder Auflieger verursacht werden, während dieser mit einem Kraftfahrzeug entweder verbunden ist oder sich von diesem gelöst hat und sich noch in Bewegung befindet (BT-Drucks. 14/8770 S. 18). Zugleich wurde damit die frühere – eine Doppelversicherung gemäß § 59 VVG a.F. ausschließende – Subsidiarität der Anhängerhaftung nach § 10a Abs. 2 Satz 1 AKB in der bis zum 30. September 2003 verwendeten Fassung (vgl. Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Kraftfahrtversicherung Anm. G 57; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 10a AKB Rn. 1, § 3 KfzPflVV Rn. 7) beseitigt. Vereinbarungen zwischen dem Haftpflichtversicherer des Anhängers und seinem Versicherungsnehmer, die darauf abzielen, im Innenverhältnis zum Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs das Entstehen einer Mehrfachversicherung zu verhindern, ist damit jede Grundlage entzogen (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 – IV ZR 279/08, BGHZ 187, 211 Rn. 21; Langenick, NZV 2011, 577, 582 f.).

b) Steht demnach eine zwischen dem Haftpflichtversicherer des Anhängers und seinem Versicherungsnehmer vereinbarte Subsidiaritätsklausel dem Entstehen einer Mehrfachversicherung nicht entgegen, kann sie auch keinen Ausschluss der in § 78 Abs. 1 VVG angeordneten gesamtschuldnerischen Haftung und des Innenausgleichs nach § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG bewirken.

Zwar ist – wie sich aus § 87 VVG ergibt – die gesetzliche Regelung in § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG abdingbar (vgl. auch Senatsurteil vom 19. Februar 2014 – IV ZR 389/12, VersR 2014, 450 Rn. 23). Voraussetzung einer solchen Abbedingung ist jedoch die Mitwirkung der vom Innenausgleich betroffenen Versicherer. Mithin ist es dem einzelnen Versicherer nicht möglich, durch eine Vereinbarung lediglich mit dem Versicherungsnehmer seine Ausgleichspflicht gegenüber einem an dieser Vereinbarung nicht beteiligten anderen Versicherer auszuschließen (so schon Motive zum VVG, Neudruck 1963 S. 131 [zu §§ 59 und 60 VVG a.F.]; vgl. auch Kisch, Die mehrfache Versicherung desselben Interesses 1935 S. 162 f.).

Entgegen der Auffassung der Revision stellt eine derartige Vereinbarung – wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat – einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar (einhellige Ansicht, vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. § 78 Rn. 28; ders. in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 6 Rn. 76; MünchKomm-VVG/Halbach, 2. Aufl. § 78 Rn. 31; von Koppenfels-Spies in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 78 Rn. 22; Langheid in Langheid/Rixecker, VVG 5. Aufl. § 78 Rn. 31; Schnepp in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 78 Rn. 195; Schauer in Berliner Kommentar zum VVG, § 59 Rn. 55; Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. V I Rn. 24; ders., VersR 1973, 691 m. Fn. 2; Armbrust, Subsidiaritätsabreden in Versicherungsverträgen, 1991 S. 104; Kohleick, Die Doppelversicherung im deutschen Versicherungsvertragsrecht, 1999 S. 125; Ackmann, VersR 1991, 1103, 1105; vgl. auch OLG München, Urteil vom 3. Juli 2012 – 25 U 995/12, BeckRS 2014, 04879 unter II 4 zur Auslegung einer sog. doppelten Subsidiaritätsklausel [Ausgangsentscheidung zum Senatsurteil vom 19. Februar 2014 aaO]).