Außer den Videoaufzeichnungen (bei Videoabstandsmessungen) und den Wartungsnachweisen des Messgeräts gewährt das AG Mayen, wie dieser Beschluss zeigt, Verteidigern bei Geschwindigkeitsmessgeräten ähnlich weitgehend wie das LG Trier auch Einsicht in alle Rohmessdaten der Messreihe, die Statistikdatei und – bei ESO 3.0 – den Public Key des Messgeräts. Weder müssten die angeforderten Daten Aktenbestandteil sein noch stünden die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens der Einsicht entgegen, da auch bei solchen im Einzelfall Messfehler möglich seien.

AG Mayen, Beschluss vom 31.07.2018 – 3 OWi 171/18

Verteidiger: Rechtsanwalt Stefan Schubert, Eurener Straße 33, 54294 Trier

1. Der zentralen Bußgeldstelle Speyer wird aufgegeben, dem Verteidiger der Betroffenen die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten der gesamten Messserie, die Statistikdatei zur Messserie und den im Messgerät hinterlegten Public-Key sowie die Wartungsinstandsetzungs- und Eichnachweise des Messgerätes seit der letzten Eichung am 18.11.2017 bis zum 22.06.2018 zur Verfügung zu stellen.

2. Der weitergehende Antrag auf Zurverfügungstellung der zum Messgerät gehörenden Lebensakte sowie der Eichnachweise seit der 1. Inbetriebnahme des Messgerätes wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Ein Anspruch auf Überlassung der sogenannten Lebensakte besteht nicht, da eine solche Lebensakte in Rheinland-Pfalz für die streitgegenständlichen Messgeräte nicht geführt wird.

Bezüglich der im Tenor bezeichneten Unterlagen hingegen hat die Betroffene einen Anspruch auf Zurverfügungstellung zur Oberprüfung der Ordnungsgemäßheit der Messung. Es kann nicht darauf ankommen, ob solche Unterlagen sich bei der Akte befinden oder nicht, da ein Sachverständiger diese Unterlagen benötigt, um die Ordnungsgemäßheit der Messung zu überprüfen und eventuell aufgetretene Messfehler zu ermitteln. Unbeachtlich ist, dass es sich vorliegend um ein standardisiertes Messverfahren handelt, da auch bei einem standardisierten Messverfahren im Einzelfall Messfehler auftreten können, die nur durch Überprüfung der im Tenor aufgeführten Unterlagen ermittelt werden können.

Der Betroffene hat hingegen lediglich einen Anspruch auf Zurverfügungstellung der Wartungsinstandsetzungs-
und Eichnachweise des Messgerätes seit der letzten Eichung bis zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 22.06.2018, da durch die Eichung vom 18.11.2017 zuvor erfolgte Wartungsinstandsetzungs-und Eichnachweise kein Einfluss mehr auf das vorliegende Messergebnis am Tattag, das ist der 06.03.2018, haben können, wohl aber Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten von der letzten Eichung bis zur Antragstellung auf Überlassung der Unterlagen, da auch Fehler am Messgerät, die nach der Tat aufgetreten sein können und zu Reparaturen geführt haben, Einfluss auf das Messergebnis am Tattag haben könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO I.V.m. § 62 OWiG.

Vielen Dank an Herrn Rechtsanwalt Stefan Schubert, Trier, für die Zusendung die­ser Entscheidung.