Der heute eingestellte Beschluss des OLG Frankfurt verhält sich auch zur Lebensakte: Soll Einsicht in eine solche Lebensakte gewährt werden, müsse jedenfalls im Rahmen eines Beweisantrages in der Hauptverhandlung vorgetragen werden, wo diese sich und was sich in ihr befinden soll, kurz gesagt also, was eine Lebensakte überhaupt ist, damit das Gericht prüfen kann, ob die Akte für das Verfahren relevant ist. In Hessen würden solche Akten nicht geführt und es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung dazu. § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG finde nur auf ungeeichte, konformitätsbewertete Messgeräte nach dem neuen Eichrecht Anwendung – das hat allerdings das OLG Naumburg wohl anders gesehen. Das OLG Jena habe in seinem (laut OLG Frankfurt teilweise “nicht nachvollziehbaren”) Beschluss zur Einsicht in die Lebensakte die Existenz einer solchen einfach vorausgesetzt, was jedoch nur den dort entschiedenen Einzelfall betreffe und keine weitere Bedeutung für die Klärung des Problems habe. Im Übrigen könnten sich durch den Inhalt einer Lebensakte ohnehin keine Zweifel an Messrichtigkeit und Messbeständigkeit ergeben, da bei einer etwaigen Reparatur die Eichsiegel gebrochen würden und daher eine Neueichung erfolge, wodurch erneut die Messrichtigkeit und -beständigkeit des Geräts bestätigt sei; auch diese Annahme weicht womöglich von denen des OLG Naumburg ab, das ausgeführt hat, dass allein die Tatsache der Unversehrtheit der Eichsiegel während der Messung eine Prüfung auf nach der Eichung durchgeführte Reparaturen nicht entbehrlich macht. Zusammengefasst bedeutet die Entscheidung sowohl für die Lebensakte als auch die Messreihe kein eindeutiges “Nein”, doch der Verteidiger muss ggf. genauer dazu vortragen, in was und warum er Einsicht haben möchte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.08.2016 – 2 Ss-OWi 589/16, Volltext siehe hier).
Woraus ergibt sich denn bitte, daß § 31 II IV MessEG sich nur auf nicht-geeichte Meßgeräte bezieht??
Diese Behauptung der OLG-Richter aus der Poliscan-Wagenburg in Frankfurt (so zutreffend Burhoff) erscheint mir frei erfunden, wenn nicht gar glatt gelogen. Wenn einem sonst kein rechtliches Argument mehr einfällt, um die berechtigten Einwände der Betroffenen platt zu biegen, dann denkt man sich halt was aus. Denn das, was § 31 II Nr. 4 MessEG regelt, ist nicht anderes als das, wofür sich der Begriff Lebensakte eingebürgert hat. Armer Rechtsstaat. Aber sind ja nur die Raser, um die es hier geht, gell?
Nochmal der Wortlaut:
(2) Wer ein Messgerät verwendet, hat sicherzustellen, dass
1.
die wesentlichen Anforderungen an das Messgerät nach § 6 Absatz 2 während der gesamten Zeit, in der das Messgerät verwendet wird, und bei der Zusammenschaltung mit anderen Geräten erfüllt sind, wobei anstelle der Fehlergrenzen nach § 6 Absatz 2 die Verkehrsfehlergrenzen einzuhalten sind,
2.
die in einer Rechtsverordnung nach § 41 Nummer 3 enthaltenen Vorschriften über das Verwenden öffentlicher Messgeräte beachtet werden, wenn das Messgerät dazu verwendet wird, Messungen für jedermann vorzunehmen (öffentliches Messgerät),
3.
das Messgerät nach § 37 Absatz 1 nicht ungeeicht verwendet wird,
4.
Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät, einschließlich solcher durch elektronisch vorgenommene Maßnahmen, für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten nach Ablauf der nach § 41 Nummer 6 bestimmten Eichfrist, längstens für fünf Jahre, aufbewahrt werden.