Wird eine Geschwindigkeitsmessanlage bei einem Sturz beschädigt, kann es zum Erlöschen der Eichung kommen. Geräte, die während der Messung in der Hand gehalten werden können (z. B. Leivtec XV3 oder Riegl FG-21P), sind besonders anfällig dafür, aus Unachtsamkeit fallen gelassen zu werden. Kürzlich wurde uns ein solcher Fall bei einem von der Stadt Jena verwendeten Leivtec XV3-Infrarotmessgerät bekannt. Die Firma Leivtec hat die Stadt durch ein Schreiben vom 02.04.2015 darauf hingewiesen, dass dessen Eichung vorzeitig erloschen sei. Offenbar wurde im Rahmen einer Nacheichung zufällig entdeckt, dass das Geschwindigkeitsmessgerät – zu einem bisher nicht bekannten Zeitpunkt im Jahr 2015 – bei einem Sturz beschädigt worden ist. Die Firma Leivtec hat dazu ausgeführt:
„Sie haben Ihre LEIVTEC XV3-Geschwindigkeitsmessanlage mit der Seriennummer 100046 zur Nacheichung eingeschickt. Leider mussten wir feststellen, dass die Messanlage offensichtlich gestürzt ist. Durch den Sturz der Messanlage wurden einige Gehäuseteile beschädigt, Sensor und Kamera sind dejustiert. Durch die Dejustierung von Sensor und Kamera ist die Gültigkeit der Eichung (ab dem Zeitpunkt der Beschädigung durch Sturz) erloschen. (…) Nach einem Sturz muss die Messanlage grundsätzlich von uns überprüft werden. Insbesondere die Justierung von Sensor und Kamera ist dann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr innerhalb der vorgeschriebenen Toleranzen, was ein Erlöschen der Eichgültigkeit zur Folge hat.“
Nach Angaben der Stadt sei das Gerät jedoch erst am 26.03.2015 kurz vor der Verpackung zum Versand für eine Nacheichung einem Mitarbeiter „aus den Händen geglitten“. Eine Beschädigung sei dem Mitarbeiter nicht aufgefallen. Damit kann jedoch nicht erklärt werden, warum die Stadt bzw. der Mitarbeiter diesen Umstand zunächst offenbar verschwiegen hat und aus welchem Grund Fragen der Firma Leivtec zum genauen Ablauf des Sturzes (aus welcher Höhe, auf welchen Untergrund) von der Stadt nicht beantwortet wurden. Sollte der von der Stadt vorgebrachte Zeitpunkt des Sturzes nicht zutreffend sein, würde dies bedeuten, dass das Messgerät ggf. für einen längeren Zeitraum in beschädigtem Zustand, also mit dejustiertem Sensor und Kamera, betrieben wurde.
In diesem Fall wäre die Folge, dass in solchen Bußgeldverfahren der vom Gerät ermittelte Geschwindigkeitswert nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit nach den Grundsätzen eines standardisierten Messverfahrens beanspruchen kann.
Für die Verteidigung in Bußgeldsachen bietet es sich also, gerade bei leicht zu transportierenden Handmessgeräten, an, zu beantragen, dass der Messbeamte das Messgerät mit in die Hauptverhandlung nimmt oder der Verteidigung im Vorfeld eine Besichtigung zu ermöglichen, damit sie das Gerät auf Spuren eines Sturzes, Beschädigungen oder ungewöhnliche Abnutzungserscheinungen untersuchen kann.
Nur schade, dass diese Handmessgeräte nicht mit einem von aussen sichtbaren Fallindikator (z.B. Shockwatch-Sticker o.ä.) (und ggf. einem im Inneren als Nachweis für den Hersteller) versehen sind / versehen werden müssen.
Eine gute Idee!