Dem Betroffenen wurde nach einer Messung mit dem Gerät Riegl FG21-P ein Geschwindigkeitsverstoß vorgeworfen. Das Amtsgericht hat ihn nach Einholung einer Stellungnahme der PTB sowie eines Sachverständigengutachtens freigesprochen. Es sei möglich, dass durch den sog. Abgleiteffekt der Messwert verfälscht worden sei. Dies konnte der Sachverständige nicht genauer beurteilen, da die PTB sich nicht in der Lage sehe, die genaue Funktionsweise des Messgeräts oder seiner Software offenzulegen. Als weitere Fehlerquelle komme gerade bei Messungen von Motorrädern außerdem eine Aufweitung des Messstrahls in Betracht. Dem Freispruch konnte sich das OLG Bamberg nicht anschließen: Wie auch bei PoliScan Speed liege hier ein standardisiertes Messverfahren vor. Die Einwände des Sachverständigen zum Abgleiteffekt, denen sich das Amtsgericht angeschlossen hat, seien solche gegen das Messgerät selbst und – mangels Zugangs des Sachverständigen zu patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen – nicht konkret genug. Eine Messstrahlaufweitung werde in der Literatur gerade bei Motorrädern zwar für möglich gehalten. Allerdings habe das Messgerät einen gültigen Messwert angezeigt und nur das Motorrad des Betroffenen sich im Messfeldrahmen befunden, so dass eine Fehlmessung nicht naheliege (Beschluss vom 22.10.2015, Az. 2 Ss OWi 641/15).

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts vom 02.06.2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit Urteil vom 02.06.2014 von dem gegen ihn mit Bußgeldbescheid vom 18.06.2013 erhobenen Tatvorwurf einer am 09.06.2013 als Führer eines Motorrades begangenen fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 66 km/h aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil nach dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten infolge der nicht offengelegten Funktionsweise des eingesetzten Geschwindigkeitsmessgerätes Riegl FG21-P eine Fehlmessung nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beanstandet insbesondere die unzulässige Ablehnung ihres Beweisantrages auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sowie die Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Aufhebung des Urteils nebst den zugrundeliegenden Feststellungen sowie die Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht beantragt.

Mit Beschluss vom 20.10.2015 hat der Einzelrichter die Sache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

II. Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich bereits aufgrund der erhobenen Sachrüge als – zumindest vorläufig – erfolgreich, so dass es auf die darüber hinaus erhobenen verfahrensrechtlichen Beanstandungen nicht mehr ankommt. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil hält einer materiell-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und den Umfang der Beweisaufnahme bei Verwendung eines sog. standardisierten Messverfahrens grundlegend verkannt und seinem Urteil ein rechtlich fehlerhaftes Verständnis des Zweifelssatzes zugrunde gelegt.

1. Nach den Feststellungen in dem angegriffenen Urteil hat der Betroffene, der seine Fahrereigenschaft eingeräumt hatte, die Ordnungsgemäßheit der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung bestritten und insoweit insbesondere eingewendet,

„dass der Messstrahl bei der gemessenen Entfernung von 231 m entsprechend der in der Bedienungsanleitung genannten Strahlendivergenz sich auf 115 bis 116 cm aufgeweitet habe. Die Abmessungen des Motorrads betragen 67,5 cm x 113 cm. Dies bedeutet, dass bei einer Messung frontal in Richtung des entgegenkommenden Motorrades, selbst wenn der Messstrahl direkt auf die Mitte des Reflektors gerichtet wäre, etwa ca. 40 % der Laserstrahlen am Motorrad vorbeigehen würden. Aus Bild 1 der Lichtbildtafel sei ersichtlich, dass sich in unmittelbarer Nähe des Messpunktes ein großes rechteckiges Verkehrsschild befinde und dies zu Fehlmessungen führen könne. Aufgrund des Straßenverlaufs sei das […] Motorrad nicht direkt auf das Geschwindigkeitsmessgerät zugefahren, sondern habe in der gemessenen Entfernung den Messstrahl seitlich durchquert. Bei den behaupteten Geschwindigkeiten habe dieses Durchqueren ca. 0,4 s gedauert. Aufgrund dieser kurzen Zeit sei eine ordnungsgemäße Messung mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät gar nicht möglich gewesen, da es für den Messbeamten bei Einhaltung der Bedienungsanleitung nicht möglich gewesen sei, das Fahrzeug in dieser kurzen Zeit zu erfassen. Die Messdauer wird laut Bedienungsanleitung typischerweise mit 0,4 s bis 1,0 s angenommen. Demnach hätte die kürzeste Messdauer exakt mit dem Durchfahren des Messstrahls übereinstimmen müssen. Reaktions- und Auslösezeiten bleiben hierbei unberücksichtigt […].“

Das Amtsgericht sah sich aufgrund der Einwendungen des Betroffenen zur Einholung einer Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (im Folgenden: PTB) sowie eines Sachverständigengutachtens zur messtechnischen Überprüfung der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung veranlasst. Ausweislich der Urteilsgründe lehnte es die PTB unter Berufung auf die patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen ab, die genaue Funktionsweise des Messgeräts einschließlich der zugrunde liegenden messtechnischen Kenngrößen sowie der Gerätesoftware offenzulegen. Den weiteren Inhalt der Stellungnahme der PTB gibt das Amtsgericht in den Urteilsgründen wie folgt wieder:

„Bezüglich des Abgleit- und Stufeneffekts führt die PTB aus, dass sie diese im Rahmen des Zulassungsverfahrens eingehend geprüft habe, dass sowohl der Stufeneffekt als auch der Abgleiteffekt die vom Messgerät (zu) ermittelnden Messwerte nicht unzulässig verfälschen. Es seien bei Prüfmessungen mit diesem Gerät im Rahmen des Zulassungsverfahrens unter realen Betriebsbedingungen im öffentlichen Straßenverkehr keine Verfälschungen der Messwerte aufgetreten. Auch die Messung eines vollverkleideten Sporttourers produzierte daher bei ordnungsgemäßer Bedienung keinen sogenannten Abgleiteffekt. Zur Visiereinrichtung trug die PTB vor, dass ein sogenannter Abgleiteffekt dann stattfinde, wenn der Bediener während der Messung mit der Visiereinrichtung nicht dem zu messenden Fahrzeug folge. Dieses Abgleiten führe jedoch nicht zu einer unzulässigen Messwertbildung. Wenn das Abgleiten in einem nur geringen Umfang erfolge, kann das Gerät dennoch einen korrekten Geschwindigkeitsmesswert bilden. Wenn dieser Bereich des Abgleitens überschritten werde, unterdrücke das Gerät die Messwertausgabe vollständig. Bezüglich der rotierenden Fahrzeugteile teilte die PTB mit, dass diese keinen Einfluss auf die Entfernungsmessung und somit keinen Einfluss auf die Geschwindigkeitsmessung hätten. Die Strahlaufweitung und deren kritische Diskussion in der Literatur sei der PTB bekannt. Die Frage nach der Auswertung der reflektierten Signale und deren Beurteilung beziehe sich jedoch auf die Gerätesoftware, insoweit würden auch keine Angaben gemacht.“

Aus den Urteilsgründen ergibt sich weiter, dass sich der durch das Amtsgericht beauftragte Sachverständige in der Hauptverhandlung vom 02.06.2014 auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der PTB nicht in der Lage sah, die Korrektheit der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung zu bestätigen. Aufgrund der von der PTB zur Verfügung gestellten Angaben sei es nicht möglich, festzustellen, wie das Gerät funktioniere, wie es Messungen durchführe, und insbesondere wie es Fehlmessungen aussortiere. Ein sog. Abgleiteffekt sei vorliegend wahrscheinlich, da der Messbeamte aufgrund der Kürze der Messzeit, wie er zutreffend ausgeführt habe, mit der Visiereinrichtung nicht dem zu messenden Motorrad gefolgt sei, was technisch auch gar nicht möglich gewesen sei. Tests hätten ergeben, „dass der Abgleiteffekt sehr wohl zu Fehlmessungen führe. So habe der Sachverständige L. das Problem mit den sogenannten ‚fliegenden Balkonen‘ aufgedeckt. Im Test hätten an Gebäuden befestigte Balkone Geschwindigkeitswerte erzeugt“.

Unbeschadet der Tatsache, dass das Amtsgericht ausweislich der Urteilsfeststellungen davon überzeugt war, dass der Messbeamte die verfahrensgegenständliche Messung mit einem gültig geeichten Gerät entsprechend der Bedienungsanleitung durchgeführt hatte, sah sich das Amtsgericht nicht in der Lage, mit der für eine Verurteilung notwendigen Gewissheit festzustellen, dass der Geschwindigkeitsverstoß des Betroffenen auf einer ordnungsgemäßen Messung beruht. Es folgte insoweit vollumfänglich der Beurteilung des von ihm beauftragten Sachverständigen und sah sich im Übrigen daran gehindert, die Ausführungen in der von ihm eingeholten ergänzenden Stellungnahme der PTB zu verwerten, da deren „Befundtatsachen bestritten“ seien und die PTB „die den angeblichen Prüfungen zugrunde gelegten Sachverständigenfeststellungen für die wesentlichen Fragen“ nicht offengelegt habe, woraus sich ein Verwertungsverbot ergebe.

2. Spricht das Tatgericht – wie hier – den Betroffenen frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Rechtsbeschwerdegericht in der Regel hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Der Beurteilung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt insoweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist nur dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (BGH NStZ-RR 2009, 210 m.w.N.). Insbesondere sind die Beweise auch erschöpfend zu würdigen (BGHSt 29, 18/19 ff.). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Betroffenen zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen sind beim freisprechenden Urteil nicht geringer als im Fall der Verurteilung (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 27 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung deshalb auch dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung überspannte bzw. übertriebene Anforderungen gestellt sind (BGHSt 10, 208/209 ff.). Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Betroffenen von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (BGH NStZ 2004, 35 f.; OLG Bamberg, Urteil vom 30.03.2010 – 3 Ss 100/09 = DAR 2011, 147 = OLGSt StPO § 261 Nr. 19). Die prozessuale Feststellung einer zu erweisenden Tatsache erfordert nur den Ausschluss des Zweifels eines besonnenen, gewissenhaften und lebenserfahrenen Beurteilers, nicht aber eine von niemandem anzweifelbare absolute, gewissermaßen mathematische, jede Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewissheit (BGH VRS 49, 429).

3. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem hier eingesetzten Lasermessgerät Riegl FG21-P um eine solche in einem sog. standardisierten Messverfahren handelt (st.Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 02.07.2015 – 2 Ss OWi 779/15 [unveröffentlicht]; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 12.01.2010 – 1 SsBs 127/09 [bei juris] = BeckRS 2010, 05511; KG VRS 116 [2009], 446), weil die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. hierzu rechtsgrundsätzlich BGHSt 39, 291 und BGHSt 43, 277).

a) Im Zusammenhang mit der Anerkennung des sog. standardisierten Messverfahrens hat der BGH ausdrücklich betont, dass die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen – den systemimmanenten Messfehler erfassenden – Toleranzwert gerade darauf abzielen, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen (vgl. auch Cierniak ZfS 2012, 664 f. unter Hinweis auf BGHSt 39, 291 und Bellardita DAR 2014, 382 f.). Danach kommt der Bauartzulassung durch die PTB die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu. Denn mit der amtlichen Zulassung des Messgerätes bestätigt die PTB, die Zugriff auf alle maßgeblichen patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen hat, nach umfangreichen messtechnischen, technischen und administrativen Prüfungen sowie Festlegung der Eichprozeduren im Wege eines Behördengutachtens, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer Sachverständigenprüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat (instruktiv zu Art und Umfang der Prüfungen: Kupper/Märtens/Fischer, polizei, verkehr + technik 2013, 16 ff.). Damit ist die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Geräts festgestellt, die Informationen zu dessen genauer Funktionsweise entbehrlich macht (OLG Köln NZV 2013, 459). Das den geschilderten Anforderungen im konkreten Fall genügende Verfahren indiziert die Richtigkeit des gemessenen Geschwindigkeitswerts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.07.2015 – 2(7) SsBs 212/15 [bei juris]; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.04.2013 – 2 Ss OWi 349/13 = DAR 2014, 38 = OLGSt StPO § 261 Nr. 21, jeweils m.w.N.).

b) Erst recht begründet die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geräts, das eine Bauartzulassung der PTB erhalten hat, keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Nach welchem Prinzip das vorliegend zum Einsatz gekommene Lasermessgerät Riegl FG21-P funktioniert, ist vielmehr ebenso bekannt wie die möglichen Ursachen für Fehlmessungen (vgl. nur R. Schäfer/Poziemski/Böttger in Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. Rn. 1996 ff.). Die genaue Funktionsweise von Messgeräten ist den Gerichten auch in den Bereichen der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin nicht bekannt, ohne dass insoweit jeweils Zweifel an der Verwertbarkeit der Gutachten aufgekommen wären, die auf den von diesen Geräten gelieferten Messergebnissen beruhen (vgl. OLG Köln NZV 2013, 459; OLG Zweibrücken DAR 2013, 38; OLG Schleswig, Beschluss vom 31.10.2013 – 1 Ss OWi 141/13 [bei juris] = SchlHA 2013, 450). Folglich steht der Verwertung von Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen des sog. standardisierten Messverfahrens insbesondere auch nicht entgegen, dass ein Sachverständiger mangels Zugangs zu patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen die genaue Funktionsweise anhand hierfür maßgeblicher Daten der Messwertermittlung nicht im Einzelnen nachvollziehen kann (so zutreffend OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.10.2014 – 2 (7) SsBs 454/14 [bei juris] unter Hinweis auf KG VRS 118, 367; OLG Köln VRS 125, 48; OLG Schleswig a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2014 – 1 Rbs 50/14 [bei juris]).

c) Bei Verwendung eines von der PTB zugelassenen und gültig geeichten Messgeräts, das durch geschultes Personal entsprechend den Vorgaben der Bedienungsanleitung bedient wurde, ist das Tatgericht nicht gehalten, weitere technische Prüfungen, insbesondere auch zur Funktionsweise des Geräts zu veranlassen. Die Zulassung der PTB macht eine solche Prüfung entbehrlich. Damit soll gerade sichergestellt werden, dass nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Verfahren die technische Richtigkeit der Messung jeweils neu überprüfen muss (so zutreffend OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2014 – 2 Ss OWi 1041/14 = DAR 2015, 149 = BeckRS 2015, 04646).

d) Nur wenn sich im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses zu begründen, kann eine nähere Überprüfung des gemessenen Geschwindigkeitswertes – sei es durch einen Sachverständigen für Messtechnik, sei es durch eine ergänzende Stellungnahme der PTB oder des Geräteherstellers – geboten sein (zur prozessualen Rolle der PTB sowie zur prozessordnungsgemäßen Einführung schriftlicher Stellungnahmen der PTB bzw. des Geräteherstellers in die Hauptverhandlung vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Umständen, die abweichend vom Regelfall dem Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Messung entgegenstehen und konkrete Zweifel an der Funktionstüchtigkeit und der sachgerechten Handhabung des eingesetzten Geschwindigkeitsmessgeräts begründen, muss das Gericht nachgehen. Ohne derartige Anhaltspunkte würden allerdings die an die Überzeugungsbildung des Tatrichters zu stellenden Anforderungen überspannt.

4. Soweit das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Betroffenen geltend gemachte Fehlmessung wegen des Phänomens der Aufweitung des Messstrahls über die gemessene Entfernung, der Abmessungen des Motorrads, das den Messstrahl in einem Winkel durchfahren habe, und des dadurch verursachten Abgleiteffekts aufgrund der vom Hersteller nicht offengelegten Funktionsweise des Geräts nicht zu widerlegen sei und den Betroffenen daher vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung freigesprochen hat, entbehrt seine Beweiswürdigung nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage, die dem Senat eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.07.2015 – 2 (7) SsBs 212/15 [bei juris]).

a) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wurde das hier eingesetzte Lasergeschwindigkeitsmessgerät Riegl FG21-P nebst der verwendeten Softwareversion 1.12 seitens der PTB zur Eichung zugelassen. Es war zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung gültig geeicht und wurde von dem entsprechend geschulten Messbeamten unter Einhaltung der Vorgaben der Bedienungsanleitung bedient. Anhaltspunkte für eine technische Störung im Messgerät bestanden ersichtlich nicht. Damit lagen mögliche Fehlerquellen bei der Messung nicht in dem durchgeführten Messvorgang selbst, sondern waren allenfalls in der Messtechnik, der Messsoftware oder der Auswertesoftware strukturell angelegt und betreffen damit ggf. eine Vielzahl von Messvorgängen an unterschiedlichen Orten und Zeiten (eingehend zu dieser grundlegenden Unterscheidung möglicher Fehlerquellen und ihren Folgen für die gerichtliche Aufklärungspflicht OLG Frankfurt a.a.O.).

b) Um gleichwohl tragfähig zu begründen, dass das so ermittelte Messergebnis keine hinreichende Grundlage für die zu treffenden Feststellungen bildet, muss der Tatrichter danach entweder darlegen, dass der Messung ein Szenario zugrunde liegt, das bei der Prüfung durch die PTB nicht mit erfasst wurde, oder aber Umstände dartun, die es im konkreten Einzelfall als plausibel erscheinen lassen, dass trotz der Zulassung des Geräts durch die PTB die Geschwindigkeitsmessung im zu entscheidenden Fall fehlerbehaftet gewesen sein kann (OLG Karlsruhe a.a.O.). Dies ist den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht ansatzweise zu entnehmen.

c) Darauf, dass sich der gerichtlich beauftragte Sachverständige auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme der PTB mangels genauer Kenntnis der Messwertbildung und insbesondere der Funktionsweise der Software, die zum Ausschluss von Fehlmessungen führt, nicht in der Lage sah, die diesbezüglichen Einwendungen des Betroffenen aus technischer Sicht zu bewerten, kommt es – wie bereits oben unter II. 3.a. dargelegt – nicht an. Im Hinblick auf die amtliche Zulassung des Messgeräts durch die PTB im Wege eines antizipierten Sachverständigengutachtens müssen bei dem Tatrichter Zweifel an der Richtigkeit der Messung in solchen Fällen erst dann aufkommen, wenn der Sachverständige in einer für das Gericht verständlichen und nachvollziehbaren Form darlegen kann, wie eine mögliche Fehlmessung trotz Zulassungsprüfung durch die PTB entstehen kann (vgl. hierzu ausführlich OLG Frankfurt a.a.O.). Diese Anforderungen werden ausweislich der in den Urteilsgründen dargelegten Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, welche sich das Amtsgericht vollinhaltlich zu Eigen gemacht hat, offensichtlich verfehlt. Insbesondere bezogen sich die von ihm im Zusammenhang mit dem sog. Abgleiteffekt angeführten technischen Untersuchungen des Sachverständigen L. auf ein anderes Messgerät, nämlich das Riegl-Lasermessgerät LR90-235/P (Löhle NZV 1995, 265 ff.). Auch sonst werden konkrete Anhaltspunkte, die es vorliegend als plausibel erscheinen lassen, dass trotz der Zulassung des Messgeräts durch die PTB die verfahrensgegenständliche Geschwindigkeitsmessung fehlerbehaftet gewesen sein könnte, in den Urteilsgründen nicht aufgezeigt.

d) Waren die Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen danach in keiner Weise geeignet, die PTB-Zulassung in Verbindung mit den ergänzenden Ausführungen in der Stellungnahme der PTB in Frage zu stellen, so durfte sich das Amtsgericht nicht einfach den Zweifeln des von ihm bestellten Sachverständigen anschließen und den Betroffenen freisprechen (vgl. OLG Karlsruhe und OLG Frankfurt, jeweils a.a.O.).

aa) Was die möglichen Fehlerquellen „Stufenprofilmessung“ sowie „Abgleiteffekt“ angeht, so beruhen die für die Entscheidung des Amtsgerichts ausschlaggebenden Zweifel an einer ordnungsgemäßen Messung ausschließlich auf Umständen, die nach der ergänzenden Stellungnahme der PTB im Rahmen des Zulassungsverfahrens durch die PTB bereits berücksichtigt wurden. Insoweit erweisen sich die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht die durchgeführte Messung verworfen hat, nicht als konkrete einzelfallbezogene Anhaltspunkte für eine Fehlmessung, sondern lediglich als abstrakt-theoretische Zweifel allgemeiner Art an der Zuverlässigkeit des eingesetzten Messgerätetyps, die nicht geeignet sind, den Beweisgehalt des durch ein sog. standardisiertes Messverfahren gewonnenen Ergebnisses zu entkräften. Soweit sich das Amtsgericht im Übrigen sogar an einer Verwertung der ergänzenden Stellungnahme der PTB gehindert sah, weil deren „Befundtatsachen bestritten“ seien und die PTB ihr Prüfverfahren nicht offenlege, erscheint die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes unter Berufung auf entsprechende Erwägungen von Cierniak (Cierniak a.a.O., 670 f.), die der Senat hier nicht abschließend bewerten muss, schon deshalb rechtlich verfehlt, weil nach den vorstehenden Ausführungen von einem hinreichenden Bestreiten der Befundtatsachen des PTB-Prüfverfahrens durch den gerichtlich beauftragten Sachverständigen, mithin vom Vorliegen zweier widerstreitender Sachverständigengutachten keine Rede sein kann.

bb) Was darüber hinaus die mögliche Fehlerquelle „Messstrahlaufweitung“ anbelangt, so verhält sich die in den Urteilsgründen mitgeteilte ergänzende Stellungnahme der PTB hierzu jedenfalls nicht konkret. Die Problematik betrifft die Frage der Zuordnungssicherheit des Messwertes, die insbesondere bei der Messung von Motorrädern ab gewissen Entfernungsbereichen kritisch sein kann (vgl. hierzu Beck/Löhle/Kärger, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren. 10. Aufl. [2013], S. 110 Rn. 357, 359 und Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr 3. Aufl. S. 169 Rn. 797 ff.). Nachdem vorliegend jedoch ein gültiger Messwert angezeigt wurde, keine Anhaltspunkte für eine dejustierte Visiereinrichtung gegeben waren und das Amtsgericht nach Einvernahme des Messbeamten auch davon überzeugt war, dass sich das Motorrad des Betroffenen als einziges Fahrzeug im gesamten Messfeldrahmen befunden hatte, lagen konkrete Anhaltspunkte für eine Messwertverfälschung, Fehlanvisierung oder Fehlzuordnung infolge einer extremen Messstrahlaufweitung auch unter Berücksichtigung der Gegebenheiten an der Messstelle, welche der Senat infolge der prozessordnungsgemäßen In Bezugnahme (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG) des in den Akten befindlichen Lichtbildes in seine Überprüfung mit einbeziehen konnte, nicht vor.

cc) Selbst wenn sich das Amtsgericht zu einer solchen Beurteilung der konkreten Messsituation nicht in der Lage gesehen haben sollte, hätte es gleichwohl den Betroffenen auf dieser Grundlage nicht freisprechen dürfen, sondern – nachdem der von ihm beauftragte Sachverständige die ihm gestellte Beweisfrage schlicht nicht beantwortet hatte – entweder nochmals an die PTB herantreten oder, wenn es sich hiervon keinen weiteren Aufklärungsgewinn versprochen hätte, einen anderen Sachverständigen beauftragen müssen. Aus einer Vielzahl von Bußgeldverfahren ist dem Senat bekannt, dass sich eine Reihe anderer Sachverständiger sehr wohl in der Lage sieht, nach detaillierter Auswertung der konkreten Messung unter Berücksichtigung insbesondere der örtlichen Gegebenheiten an der Messstelle, mögliche Fehlerquellen wie etwa eine Fehlzuordnung des Messwertes wegen des Phänomens der Messstrahlaufweitung aus technischer Sicht zu bewerten. Für die Problematik einer Stufenprofilmessung oder eines sog. Abgleiteffekts gilt im Übrigen nichts anderes.

Der Zweifelsgrundsatz kommt jedenfalls erst nach abschließender Beweiswürdigung zum Zuge, nachdem der Tatrichter alle Mittel zur Sachaufklärung erschöpft hat, um zu eindeutigen Feststellungen zu gelangen (OLG Karlsruhe a.a.O.; BGH NStZ 2006, 650; LR-Sander StPO 26. Aufl. § 261 Rn. 103 ff.).

III. Aufgrund der aufgezeigten rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung ist daher auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

IV. Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1OWiG entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Richtern.