Quelle: pixabay.com

Quelle: pixabay.com

Das Fahrzeug des Beschwerdeführers war am 05.12.2014 gegen 11:30 Uhr auf einem Parkplatz mit dem Schild „Parken” und dem Zusatzzeichen „Bewohner mit Parkausweis F+S 18-7 h” abgestellt. Daraufhin hörte das Ordnungsamt den Beschwerdeführer, verbunden mit einer Verwarnung, schriftlich an. Eine Reaktion des Beschwerdeführers erfolgte nicht. Nach Verjährung des Parkverstoßes erging gegen ihn ein Kostenbescheid gemäß § 25a StVG. Im gerichtlichen Verfahren führte der Rechtsanwalt aus, dass sein Mandant keine Anhörung erhalten habe und auch ein Parkverstoß überhaupt nicht vorgelegen habe. Das AG ging in seinem Beschluss auf diese Ausführungen nicht ein und hielt den Kostenbescheid aufrecht. Nach einer ersten (unzulässigen) Verfassungsbeschwerde hatte der Beschwerdeführer mit einer zweiten Erfolg: Der VerfGH Baden-Württemberg hat den Beschluss aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (Beschluss vom 13.04.2016 – 1 VB 83/15).

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht der Verfassungsgerichtshof mit dem Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr., vgl. BVerfGE 86, 133 – Juris Rn. 39 m.w.N.).

Die angefochtene Entscheidung wird damit begründet, dass die Ermittlung des Lenkers des betroffenen Kraftfahrzeugs nur durch Anfrage beim Halter möglich gewesen sei, dieser aber keine Auskunft erteilt habe, weshalb nach § 25a StVG zu verfahren gewesen sei. Dass der Beschwerdeführer mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 20. April 2015 nicht nur mitgeteilt hat, den Anhörungsbogen nicht erhalten zu haben, sondern auch substantiierte Einwendungen gegen das Vorliegen eines Parkverstoßes erhoben hat, findet in dieser Entscheidung keine Erwähnung. Es ist nach der kurzen und formelhaften Begründung des Beschlusses nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht den Vortrag des Beschwerdeführers für unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert gehalten haben könnte. Diese Bewertung ist auch nicht naheliegend.

Die mit dem Verfahren nach § 25a StVG verbundene Präklusion des Verteidigungsvorbringens ist nämlich nur dann mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar, wenn der betroffene Kraftfahrzeughalter nachweislich Gelegenheit erhalten hatte, sich zur Sache zu äußern, diese aber schuldhaft verstreichen ließ (vgl. BVerfGE 54, 117 – Juris Rn. 27; BVerfGE 55, 72 – Juris Rn. 58 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn nicht positiv feststeht, dass der die Gewährung rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren – auch zur Möglichkeit eines Kostenbeschlusses gemäß § 25a StVG (§ 25a Abs. 2 StVG) – bezweckende Anhörungsbogen dem Halter auch zugegangen ist (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 15.4.2011 – 97/09 -, Juris Rn. 16 ff.; Janker, in: Bur- mann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 25a StVG Rn. 3).

Eine Vermutung für den Zugang formlos mit der Post übersandter Schreiben besteht nicht. Mit der formlosen Absendung des Anhörungsbogens wurde daher auch dann kein Nachweis für dessen Zustellung erbracht, wenn dieser nicht als unzustellbar zurück gesandt wurde (vgl. BVerfGE 36, 85 – Juris Rn. 14; VerfGH Berlin, Beschluss vom 20.11.2013 – 16/13 u.a. -, Juris Rn. 14; VerfGH Berlin, Beschluss vom 15.4.2011 – 97/09 -, Juris Rn. 17). Der Beschwerdeführer hat wiederholt bestritten, den Anhörungsbogen erhalten zu haben. Dies hätte das Amtsgericht nicht unberücksichtigt lassen dürfen.

Hinzu kommt, dass Voraussetzung für die Kostenhaftung des Kraftfahrzeughalters nach § 25a Abs. 1 Satz 1 StVG ein objektiv feststehender Parkverstoß ist (vgl. Euler, in: BeckOK OWiG <9. EL, Bearb.-Stand: 15.10.2015>, § 25a StVG Rn. 2; Janker, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 25a StVG Rn. 3), wovon das Amtsgericht in seiner Entscheidung auch ausdrücklich ausgeht. Der Beschwerdeführer hat aber ausführlich dargelegt, weshalb er meint, keinen Parkverstoß begangen zu haben. Ausweislich des maßgeblichen Verkehrsschildes sei das Parken nur zwischen 18 und 7 Uhr den Anwohnern vorbehalten gewesen, die Parkzeit habe aber zwischen 11.21 und 11.30 Uhr gelegen. Dieser Vortrag spricht gegen das Vorliegen eines Parkverstoßes. Das Amtsgericht hätte daher auch darauf im Rahmen der Überprüfung des Kostenbescheides eingehen müssen.

2. Der angefochtene Beschluss beruht auf den festgestellten Gehörsrechtsverletzungen. Wie dargelegt kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht anders entschieden hätte, wenn es die Einwände des Beschwerdeführers berücksichtigt hätte (zu diesem Maßstab StGH, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14 -, Juris Rn. 68; BVerfGE 86, 133 – Juris Rn. 41).