Hier dann der zweite Beschluss in dieser Woche in Sachen Einsicht in digitale Messdaten. Ausnahmsweise ging es nicht um eine ESO ES 3.0-Messung, sondern eine solche mittels Leivtec XV3 (Infrarotmessverfahren). Das AG Völklingen orientiert sich an der Rechtsprechung anderer saarländischer Gerichte, nämlich des OLG Saarbrücken und des AG Neunkirchen. Das heißt: Die Verteidigung erhält die gewünschten Daten, ohne dass sie zuvor Anhaltspunkte für Messfehler o. ä. liefern müsste. Auch sieht das Gericht keine Datenschutzbedenken bei Herausgabe der kompletten Messserie des Tattages (AG Völklingen, Beschluss vom 13.07.2016, Az. 6 Gs 49/16).

In der Bußgeldsache

Verteidigerin: RA’in Monika Zimmer-Gratz, Winkelstraße 24, 66359 Bous

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

wird die Zentrale Bußgeldbehörde angewiesen, der Verteidigerin die unverschlüsselten Rohdaten der gesamten Messreihe des vorliegenden Verfahrens zur Verfügung zu stellen.

Die Verfahrenskosten hat die Landeskasse zu tragen.

Gründe:

Der Antrag der Verteidigerin auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 62 OWiG zulässig, nachdem die Zentrale Bußgeldbehörde die Herausgabe der vorbezeichneten Daten ablehnt hat, wobei zur Begründung im Übrigen lediglich angegeben wurde, eine solche erfolge nur auf richterliche Anordnung. Diese Ablehnungsentscheidung ist als Maßnahme im Sinne des § 62 OWiG anzusehen.

Der Antrag ist auch begründet. Den Ausführungen der Verteidigerin, zu denen die Bußgeldbehörde sich im Übrigen nicht geäußert hat, wird beigetreten. Auch im Falle eines sogenannten standardisierten Messverfahrens kann sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ein Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in vorhandene, sich nicht bei den Akten befindliche Messunterlagen und Messdaten ergeben, und zwar unabhängig davon, ob konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen oder vorgetragen worden sind (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.02.2016 AZ: Ss (BS) 6/2016 (4/16 OWi)).

Einer solchen Datenherausgabe stehen jedenfalls im vorliegenden Fall mit der Herausgabe lediglich an die Verteidigerin und einen von ihr beauftragten Sachverständigen auch eventuelle datenschutzrechtliche Bedenken nicht entgegen (vgl. auch AG Jena ,Beschluss vom 5.11.2015 AZ: 3 OWi 1268/15, 92646284, AG Neunkirchen, Beschluss vom 27.04.2016 AZ: 19 Gs 55/16 und AG Kaiserslautern, Beschluss vom 13.06.2016 AZ: 5 OWi 1020/16).

Die Entscheidung bzgl. der Verfahrenskosten ergeht nach § 46 I OWiG, 467 I StPO. Eine Entscheidung auch über die notwendigen Auslagen des Betroffenen ist nicht veranlasst, da es sich vorliegend um eine Entscheidung im Ermittlungsverfahren ohne selbständige Bedeutung handelt (vgl. Göhler OWiG, 16. Auflage, Rdn. 32a zu§ 62 m.w.N.).

Diese Entscheidung ist gem. § 62 II Satz 3 OWiG nicht anfechtbar.

Vielen Dank an Frau Rechtsanwältin Monika Zimmer-Gratz, Bous, für die Zusen­dung die­ser Entscheidung.