Die Klägerin betreibt Parkplätze auf dem Privatgrundstück eines Supermarkts. Dort wurde das Fahrzeug, dessen Halter der Beklagte ist, unberechtigterweise abgestellt. Das LG Kaiserslautern sieht eine AGB-Klausel (welche auf dem Parkplatz auf Schildern angebracht ist) bezüglich einer Vertragsstrafe bei unberechtigt parkenden Fahrzeugen grundsätzlich als wirksam an, da offensichtlich sei, dass der Supermarktbetreiber die Parkplätze nicht der Allgemeinheit, sondern seinen Kunden zur Verfügung stellen will. Allerdings konnte die Klägerin nicht beweisen, dass der Beklagte sein Fahrzeug dort abgestellt hat. Ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass ein Fahrzeug üblicherweise vom Halter gefahren wird, existiere nicht. Der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe bestünde aber nur gegen den Fahrer, nicht gegen den Beklagten, da im Zivilrecht keine Halterhaftung existiere. Insbesondere sei § 25a StVG (Haftung des Halters für Verfahrenskosten) nicht analog anwendbar. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet, der Klägerin den Namen des Fahrers zu nennen (Urteil vom 27.10.2015, Az. 1 S 53/15)

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die geltend gemachte “Vertragsstrafe” gegen den Beklagten wegen seines auf dem fraglichen Parkgelände abgestellten PKW. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin über die Nutzung des Parkplatzes. Denn es steht nicht fest, dass zwischen den Parteien diesbezüglich ein Vertrag zustandegekommen ist. Die Klägerin ist für ihre Behauptung beweisfällig geblieben, dass der Beklagte sein Fahrzeug selbst auf dem von ihr verwalteten Parkplatz abgestellt hat (s. hierzu 1.). Für einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe ist auch keine andere Anspruchsgrundlage ersichtlich (s. hierzu 2.).

1. Es besteht kein vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten.

Voraussetzung hierfür wäre zunächst, dass zwischen den Parteien ein Vertrag mit dem klägerseits behaupteten Inhalt zustandegekommen wäre. Daran fehlt es hier.

a. Ein solcher Vertrag könnte allenfalls zwischen der Klägerin und dem Fahrer eines Fahrzeuges zustande kommen, und zwar dadurch, dass dieser ein Fahrzeug auf dem Parkplatz abstellt. Hierin wäre die konkludente Annahme des von der Klägerin unterbreiteten Vertragsangebotes zu den auf den aufgestellten Schildern abgedruckten Bedingungen zu sehen.

Daran, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in diesem Fall wirksam in den Vertrag einbezogen würden, hat die Kammer keinen Zweifel, insbesondere nicht im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist es gerade nicht erforderlich, dass der Vertragstext in einer Form abgedruckt ist, die es dem Nutzer ermöglicht, diese im Vorbeifahren und “auf einen Blick” zu erfassen.

Die Kammer hat auch ansonsten keine Zweifel daran, dass die gegenständliche Allgemeine Geschäftsbedingung – nämlich Anfall einer Vertragsstrafe für den Fall der Missachtung des Gebots, eine Parkscheibe zur Dokumentation der Parkdauer auszulegen – wirksam ausgestaltet ist. Insbesondere ist diese nicht als “überraschende Klausel” iSd § 305c BGB anzusehen. Denn es liegt für jeden vernünftigen Betrachter auf der Hand, dass ein Supermarkt, der einen Parkplatz vorhält, damit selbstverständlich nur seinen Kunden – und dies auch nur für die Zeit des Einkaufes – einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung stellen will und nicht der Allgemeinheit. Auch verstößt die Klausel nicht gegen die in § 308 BGB (ohne Wertungsmöglichkeit) und § 309 (mit Wertungsmöglichkeit) normierten Klauselverbote. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB vor, da die Vertragsstrafe hier nicht für den Fall der Nichtabnahme, des Zahlungsverzuges oder der Lösung vom Vertrag anfallen sollte, sondern vielmehr für den Fall der Erschleichung einer Leistung, nämlich der unberechtigten Inanspruchnahme des Privatparkplatzes. Auch eine unangemessene Benachteiligung des Parkplatznutzers iSd § 307 BGB ist für die Kammer nicht ersichtlich.

b. Die Klägerin hat jedoch nicht zu beweisen vermocht, dass der Beklagte selbst das Fahrzeug am fraglichen Tag auf dem Parkplatz abgestellt hat. Es steht lediglich dessen Haltereigenschaft fest. Einem Fahrzeughalter, der seinen PKW nicht selbst auf dem Parkplatz abstellt, kann jedoch die oben dargelegte Annahmeerklärung unter Zugrundelegung der AGB der Klägerin nicht zugeordnet werden.

Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte selbst habe das Fahrzeug abgestellt, ist beweisbedürftig, nachdem der Beklagte nunmehr im Termin vor der Kammer sein bisher unzureichendes Bestreiten mit Nichtwissen hinreichend konkretisiert hat. Den ihr damit obliegenden Beweis hat die Klägerin nicht angetreten.

Zugunsten der Klägerin streitet auch nicht – wie diese meint – der Anscheinsbeweis, dass der Halter des Fahrzeuges dieses auch an dem betreffenden Tag gefahren und auf dem Parkplatz abgestellt habe.

Die Grundsätze des Anscheinsbeweises werden herangezogen, wenn im Einzelfall ein “typischer” Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder Folge hinweist und derart gewöhnlich und üblich erscheint, dass die besonderen individuellen Umstände an Bedeutung verlieren. Diese Voraussetzungen hat zu beweisen, wer den Hauptbeweis führen will. Sind sie bewiesen, so scheitert der Anscheinsbeweis erst, wenn der Gegner Tatsachen behauptet und beweisen kann, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden (atypischen) Ablaufs ergibt (vgl. Musielak/Foerste, BGB, 12. Auflage 2015, § 286 Rn. 23).

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem “typischen” Geschehensablauf. Denn es ist keineswegs gewöhnlich und üblich, dass ein Fahrzeug stets ausschließlich von seinem Halter gefahren wird. Vielmehr ist es ein völlig lebensnaher Vorgang, dass dieses zumindest auch von dessen Familienangehörigen benutzt wird.

2. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe ergibt sich auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt.

Im Einzelnen:

a. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen (sekundären) Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 iVm § 242 BGB.

Hierfür fehlt es bereits am Bestehen eines Schuldverhältnisses zwischen den Parteien (siehe oben).

b. Es besteht auch kein “isolierter” Auskunftsanspruch aus § 242 BGB dahingehend, dass der Beklagte verpflichtet wäre, der Klägerin den ihm ggf. bekannten Fahrer seines Fahrzeuges zu benennen.

Zwar kann ein solcher Auskunftsanspruch grundsätzlich auch gegenüber Dritten bestehen, mit denen kein Schuldverhältnis besteht. Dies gilt jedoch nur in Ausnahmefällen. So werden in bestimmten Fällen Rechte und Pflichten zwischen Personen anerkannt, die vorher noch nicht in einer Sonderrechtsbeziehung aufgrund spezieller Rechtsinstitute standen, sondern erst durch die Anerkennung von Rechten und Pflichten begründet werden. Auch die Einschränkung von absoluten Rechten gegenüber bestimmten Personen beruht auf der Sonderverbindung, die sich aus dem spezifischen Verhältnis zwischen diesen Personen ergibt (z.B. Eigentumsbeschränkungen im Nachbarrechtsverhältnis). Treu und Glauben gilt zudem für Rechtsverhältnisse, die durch ein nichtiges Rechtsgeschäft begründet wurden (vgl. MünchKomm/Roth/Schubert, BGB, 6. Auflage 2012, § 242 Rn. 87).

Hier fehlt es bereits an einer derartigen Sonderverbindung. Weder hat der Beklagte gegenüber der Klägerin Rechte und Pflichten anerkannt, noch in irgendeiner Form deren absolute Rechte eingeschränkt.

Dessen ungeachtet ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben keine allgemeine Verpflichtung des Halters, den Fahrer seines Fahrzeuges zu benennen. Erst recht kann dies nicht von ihm gefordert werden, wenn er eine entsprechende Auskunft wegen des bei Verwandten bestehenden Zeugnisverweigerungsrechtes sowohl im Rahmen einer Zeugenaussage vor einem Zivilgericht, als auch im Rahmen einer etwaigen Strafverfolgung verweigern dürfte.

Schließlich würde ein Schadensersatzanspruch wegen der Verweigerung einer solchen Auskunft auch ein entsprechendes Verschulden des Beklagten voraussetzen. Davon wäre im vorliegenden Fall aber nur auszugehen, wenn feststünde, dass dem Beklagten die Erteilung dieser Auskunft aufgrund Erinnerung überhaupt möglich wäre. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

c. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht aus dem Rechtsgedanken einer “Halterhaftung” herleiten. Denn hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage.

Insbesondere kann hierfür nicht eine analoge Anwendung des § 25a StVG herangezogen werden.

Diese Vorschrift legt die Verfahrenskosten eines behördlichen Verfahrens dem Fahrzeughalter auf, sofern der im öffentlichen Verkehrsraum falsch parkende Fahrzeugführer nicht ermittelt werden kann. Für das Parken auf privaten Parkplätzen fehlt eine entsprechende Vorschrift, sie ist darauf auch nicht analog anwendbar.

Es ist zunächst äußerst fraglich, ob diese Fallgestaltungen überhaupt vergleichbar sind. So regelt § 25a StVG das Parken im öffentlichen Verkehrsraum, wohingegen hier Geschehnisse auf einem Privatgelände betroffen sind. Auch betrifft § 25a StVG durch unberechtigtes Parken entstandene Verfahrenskosten, wohingegen die Klägerin hier gerade nicht den Ersatz ihr entstandener Kosten begehrt, sondern die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Jedenfalls fehlt es aber auch an einer planwidrigen Regelungslücke. Das Fehlen einer allgemeinen “Halterhaftung” im Zivilrecht beruht nicht auf einer solchen Regelungslücke, sondern auf der entsprechenden Absicht des Gesetzgebers. Denn der Gesetzgeber hat die Problematik der Personenverschiedenheit von Halter und Fahrer eines Fahrzeuges und der sich daraus ergebenden praktischen Schwierigkeiten in Fällen von nicht durch den Halter sondern durch den Fahrer beeinträchtigten Verkehrsraum sehr wohl erkannt und geregelt. So ist z.B. bei der Haftung bei Verkehrsunfällen ausdrücklich eine Halterhaftung vorgesehen (§ 7 StVG). Gleichwohl hat der Gesetzgeber keine generelle Haftung des Halters für jegliches Fehlverhalten des Fahrers vorgesehen, sondern die Fälle der Halterhaftung konkret im StVG festgeschrieben. Damit ist für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke hinsichtlich der nicht geregelten Fälle kein Raum. Dieses liefe vielmehr der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen die zivilrechtliche “Halterhaftung” zuwider.

d. Schließlich hat die Klägerin gegen den Beklagten auch keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

aa. Denn ein etwaiger Eingriff jedenfalls des Beklagten steht nicht fest, so dass ein Handeln durch positives Tun ausscheidet.

Auch eine Pflichtverletzung durch Unterlassen ist nicht anzunehmen.

Zwar kann grundsätzlich eine zurechenbare Verletzungshandlung iSd § 823 BGB auch durch Unterlassen begangen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine Pflicht zum Handeln zur Verhütung der Rechtsgutsverletzung besteht, deren Beachtung die Rechtsgutsverletzung verhindert hätte. Diese kann sich insbesondere aus Garantenstellung, aus Gesetz oder konkreten Lebensbeziehungen sowie vorangegangenem Verhalten ergeben (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage 2015, § 823 Rn. 2).

An einer solchen Pflicht fehlt es hier. Weder besteht eine Garantenstellung des Beklagten in Bezug auf die Klägerin, noch ist er zu deren Schutz aus einer konkreten Lebensbeziehung oder vorangegangenem Verhalten verpflichtet. Auch eine gesetzliche Handlungspflicht besteht nicht. Insbesondere besteht – entgegen der Berufung – keine Pflicht des Fahrzeughalters, dafür Sorge zu tragen, dass dies Benutzung seines Fahrzeugs von Dritten nur unter Beachtung der im Verkehr geltenden Regeln erfolgt, gleich ob es sich dabei um Regeln des öffentlichen oder des privaten Verkehrs handelt. Denn dies käme einer zivilrechtlichen Halterhaftung gleich. Eine solche ist dem deutschen Zivilrecht fremd (s. oben 2.c).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der klägerseits zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 21.09.2012 – V ZR 230/11). Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Halter eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeuges als Zustandsstörer anzusehen ist, weil er die Möglichkeit hat, dieses wegzufahren. Zudem habe er aus §§ 683, 670,677 BGB die Kosten der Halterermittlung zu tragen, da diese zur Vorbereitung der an ihn gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich gewesen seien. Mit der Frage der Verpflichtung des Halters eines Fahrzeuges zur Zahlung einer Vertragsstrafe wegen des verbotswidrigen Parkens durch den Fahrer seines Fahrzeuges hat sich der BGH jedoch in keiner Weise auseinandergesetzt.

Derartige Schäden hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Auch sonst erschließt sich nicht, weshalb diese – gerade auch in Höhe der Vertragsstrafe – bestehen sollten.