Quelle: Jepessen, Wikimedia Commons

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Bei der Prüfung, ob die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches zurecht ergangen ist, müssen die Verwaltungsgerichte auch prüfen, ob ein Verkehrsverstoß begangen wurde. Bei der Prüfung, ob eine Geschwindigkeitsmessung ordnungsmäß vorgenommen wurde, stellen sie auf die Rechtsprechung der Bußgeldgerichte zum standardisierten Messverfahren ab. Das Gleiche gilt für die Frage, ob PoliScan Speed oder – wie hier – ES 3.0 als standardisierte Verfahren anerkannt werden können, auch wenn genauere Informationen über die Messverfahren nicht vorhanden sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2015, Az. 10 S 278/15).

1.1.1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass mit einem auf den Antragsteller zugelassenen Kraftrad am 01.06.2014 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h außerorts um 45 km/h überschritten wurde und damit eine erhebliche Verkehrsordnungswidrigkeit begangen worden ist. Dies zieht der Antragsteller ohne Erfolg mit den Einwänden in Zweifel, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht beweiskräftig festgestellt, eine Messfehlerquote von 20 % bis 30 % sei die Regel, und die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Unterstellung eines Geschwindigkeitsverstoßes verstoße gegen die Unschuldsvermutung.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 17.02.2015 die vom Antragsteller zunächst zutreffend bei den vorgelegten Verwaltungsakten vermissten Unterlagen der Bußgeldbehörde über das eingesetzte Messgerät (ESO 3.0) und das konkrete Messverfahren vorgelegt, so den bis zum 31.12.2015 gültigen Eichschein, Zertifikate über die persönliche Qualifikation der bei der Messung tätig gewesenen Bediensteten sowie mit Bezugnahme auf die Bauartzulassung des verwendeten Messsystems durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) das Protokoll über die Geschwindigkeitsmessung. Dies genügt jedenfalls im vorliegenden Verfahren den insoweit zu stellenden Anforderungen, zumal der Antragsteller danach auch keine Einwendungen mehr erhoben hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats erbringen geeichte Geschwindigkeitsmessgeräte, die über eine Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt verfügen, bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder unsachgemäße Bedienung hinreichend verlässlichen Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung bestimmten Umfangs. Insoweit ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur gerichtlichen Verwertbarkeit von Daten aus standardisierten Messverfahren entsprechend heranzuziehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 04.12.2013 – 10 S 1162/13ESVGH 64, 161 = VBlBW 2015, 128 m.N. zur ordnungswidrigkeitsrechtlichen Rechtsprechung; vom 09.12.2013 – 10 S 2082/13 -; vom 21.07.2014 – 10 S 1256/13). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind, wenn die Überzeugung des Tatrichters auf Messergebnissen beruht, die mit anerkannten Geräten in einem weithin standardisierten und täglich praktizierten Verfahren gewonnen werden, keine weitergehenden Ermittlungen und diesbezüglichen Darlegungen in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.1993 – 4 StR 627/92BGHSt 39, 291; Beschluss vom 30.10.1997 – 4 StR 24/97BGHSt 43, 277). Denn die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Werts um einen – die systemimmanenten Messfehler erfassenden – Toleranzwert gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der sachverständigen Begutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Es entspricht deshalb allgemein anerkannter strafgerichtlicher Praxis, dass weitergehende Ermittlungen des Tatrichters und entsprechende Erörterungen nur dann erforderlich sind, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt, etwa weil der Betroffene die Richtigkeit der Messung durch substantiierte Rügen in Zweifel zieht. Da die Beschwerde sich auf die angeführten allgemeinen, nach den obigen Ausführungen nicht durchschlagenden Einwände gegen das Messverfahren beschränkt, ist mit dem Antragsgegner und dem Verwaltungsgericht von der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung auszugehen. Von einem Verstoß gegen die – ohnedies nur im Bereich der straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ahndung, nicht im vorliegenden präventivpolizeilichen Zusammenhang geltende – Unschuldsvermutung kann hiernach keine Rede sein.