Zu der Frage, wann Videoaufzeichnungen des Straßenverkehrs (etwa mit einer Dashcam) als Beweismittel verwertet werden dürfen, gibt es mittlerweile einige Urteile der Instanzgerichte sowohl in Straf- als auch Zivilprozesen. Entscheidungen des BGH oder des BVerfG dazu sind, soweit ersichtlich, noch nicht ergangen. Bereits letztes Jahr hat sich allerdings der EGMR aus menschenrechtlicher Sicht dazu geäußert: Der Beschwerdeführer hatte nach einem Verkehrsunfall u. a. eine Versicherungsgesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen mit der Begründung, durch den Unfall sei es bei ihm zu einer posttraumatischen Neurose gekommen. Er habe intensive Angst davor, ein Fahrzeug zu fahren. Die Versicherungsgesellschaft beauftragte eine Detektei, die Videos vom Kläger anfertigte, die ihn u. a. dabei zeigen, wie er ein Moped fährt. Die (spanischen) Gerichte erkannten die Videos als verwertbare Beweismittel an und wiesen eine (weitere) Klage auf Schadensersatz wegen Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und am eigenen Bild ab. Auch der EGMR stellte keine Konventionsverletzung fest. Die Gerichte hätten ihren Ermessensspielraum bei der Entscheidung nicht überschritten. Die Videos seien nicht verbreitet worden und auch nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen. Der Beschwerdeführer sei durch die Aufnahmen nicht gestört worden und die Detektei staatlich anerkannt gewesen. Die Verwendung von Videoaufnahmen in einem Rechtsstreit stehe auch in Einklang mit dem spanischen Zivilprozessrecht. In diesem Fall sei der Eingriff in Art. 8 EMRK nicht unverhältnismäßig (EGMR, Urteil vom 27.05.2014, Az. 10764/09).
Hallo Herr Gratz,
vielen Dank für diese interessante Veröffentlichung. Ich konnte jedoch dem Tatbestand des von Ihnen verlinkten Volltextes des Urteils nicht die Information entnehmen, dass die Videoaufzeichnung durch die Privatdetektive mit einer Dashcam aufgezeichnet wurden. Stehen Ihnen hierzu Hintergrundinformationen zur Verfügung?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
MfG
Simone Sanetra
Hallo Frau Sanetra, Sie haben recht. Bisher kenne ich nur die deutsche Übersetzung aus der NJW (2015, 1079), in der schlicht von Videos die Rede ist. Der Rechtsstreit ist auch schon länger her: Ein erstes Urteil erging am 15. März 1999 und das Berufungsurteil am 19. Februar 2001. Dashcams, wie man sie heute kennt, gab es noch nicht.
Mir ging es auch weniger um die technische Seite. Möglicherweise kann man einen Teil der Argumentation auf die Dashcam-Problematik übertragen? Wobei hier noch hinzukam, dass kein Unfallgeschehen bewiesen werden sollte und der Betroffene anscheinend gezielt von einem Detektiv überwacht wurde.
Interessant wäre auch zu wissen, was genau § 265 der spanischen ZPO regelt, auf den der EGMR verweist.
[…] Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Keine Bedenken gegen Dashcam-Videos vor G…, […]