VKS 4.5 ist der Nachfolger vom VKS 3.0-Abstands- bzw. Geschwindigkeitsmessverfahren. Bezüglich der Falldokumentation haben sich einige Änderungen ergeben (es gibt nun u. a. einen digitalen Vorlagensatz mit XML-, JPEG2000-, BMP- etc. Daten), die beim Anfordern der Messdaten beachtet werden müssen. Das AG Mannheim gewährt die Einsicht zumindest in den genannten Vorlagensatz, die Schulungsnachweise, die “Lebensakte” sowie Zulassungsunterlagen.

AG Mannheim, Beschluss vom 24.05.2021 – 20 OWi 151/21

1. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wird verpflichtet, den Schulungsnachweis bzw. die Multiplikatoren-Bescheinigung von POK K., den Beschilderungsplan für die Messstelle, die vorhandenen Wartungsunterlagen, die Baumusterprüf- und Konformitätsbescheinigung sowie den hinsichtlich des Verstoßes bestehenden Vortagensatz inklusive der Mitteilung, ob ein Select-Modul zum Einsatz kam, und die Verwendungsanzeige bei der zuständigen Landesbehörde zur Akte zu reichen. Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.02.2021 als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Die Verteidigung beantragte bei der Bußgeldbehörde der Stadt Mannheim durch ihr Schreiben
vom 18.12.2020 folgende Unterlagen zur Akte zu nehmen:

– Vollständige Videoaufnahmen der Übersichts- sowie der Identkameras, jeweils im Originalformat,
– Lebensakte/Gerätebegleitkarte bzw. vorhandene Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichunterlagen zur Messanlage,
– Gebrauchsanweisung,
– Zulassungsschein (Bauartzulassung) bzw. Baumusterprüfbescheinigung, Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung zum Messgerät,
– Schulungsnachweise der Multiplikatoren
– Mitteilung und ggf. Nachweis, ob ein Select-Modul beim Messbetrieb zum Einsatz kam,
– Beschilderungsplan,
– Verwendungsanzeige(n) bei der zuständigen Landesbehörde gemäߧ 32 Abs. 1, 2 MessEG.

Der Antrag wurde schließlich durch ihr Schreiben vom 19.01.2021 noch einmal in Bezug auf folgende Unterlagen erweitert:

– Vollständiger Vorlagensatz zur gegenständlichen Messung inklusive XML- und JPEG2000-Dateien nebst öffentlichem Schlüssel (Public Key).

Der Antrag der Verteidigung wurde durch die Stadt Mannheim mit ihrem Schreiben vom 17.02.2021 teilweise zurückgewiesen. Die Gebrauchsanweisung wurde der Verteidigung zur Verfügung gestellt.

Die Verteidigung beantragte daraufhin mit ihrem Schriftsatz vom 23.02.2021 die gerichtliche Entscheidung über den gestellten Antrag.

II.

Die Multiplikatoren-Bescheinigung von POK K., der Beschilderungsplan für die Messstelle, die vorhandenen Wartungsunterlagen, die Baumusterprüf- und Konformitätsqescheinigung sowie der hinsichtlich des Verstoßes bestehende Vorlagensatz inklusive der Mitteilung, ob ein Select-Modul zum Einsatz kam und die Verwendungsanzeige bei der zuständigen Landesbehörde, sind durch das Regierungspräsidium zur Akte zu reichen. Dies gebietet das Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18).

Soweit die Verteidigung zudem die Herausgabe der gesamten Messreihe wünscht, wird dies zurückgewiesen. Das Einsichtsrecht der Verteidigung erstreckt sich nicht auf die gesamte Messreihe (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.08.2016 – 2 Ss-Owi 589/16), da es sich bei dieser weder um ein unmittelbares noch mittelbares Beweismittel im Verfahren handelt. Ein ausreichender und fundierter Tatsachenvortrag, der eine Begründung zur Einsichtnahme in die anderen Messungen darstellen könnte, wurde nicht vorgenommen. Unspezifische Bedenken und abstrakte Mutmaßungen sind insoweit nicht ausreichend (so das OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.08.2016 – 2 Ss-Owi 589/16). Dem schließt sich das Gericht vorliegend an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 1 und 4 StPO.

Mitgeteilt von Rechtsanwälte Zimmer-Gratz, Bous.