Der Beschluss des OLG Bamberg befasst sich mit den Aufsichts- und Überwachungspflichten des Fahrzeughalters in Bezug auf die Ladungssicherung (§ 31 Abs. 2 StVZO). Die Überprüfung der Fahrzeuge könne auf qualifiziertes Personal, auch die Fahrer selbst, übertragen werden. Allerdings müsse der Verantwortliche bei Auswahl und Schulung der Fahrzeugführer die erforderliche Sorgfalt beachten und diese entsprechend unterweisen. Zudem müsse er regelmäßig und unangekündigt kontrollieren, ob seine Weisungen beachtet werden. Mit Ladungssicherungsaufgaben dürften nur körperlich und geistig gesunde Personen mit ausreichenden Fach- und Sprachkenntnissen betraut werden, welche turnusgemäß nach den einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes, der BetriebssicherheitsVO und der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften praktisch und theoretisch unterwiesen und fortgebildet wurden und ihre Befähigung zur zuverlässigen Aufgabenerfüllung nachgewiesen haben. Dies sollte auch schriftlich dokumentiert werden. In einem Bußgeldurteil sei regelmäßig darzulegen, wie der betroffene Fahrzeughalter seinen Fuhrpark diesbezüglich organisiert hat, in welchen Abständen er die Einhaltung seiner Anweisungen kontrolliert sowie ggf. eine mögliche Delegation seiner Halterpflichten auf Kfz-Meister, Platzmeister, Fahrzeugwart, Fahrdienstleiter, Fuhrparkleiter oder besonders erfahrene Fahrer.
OLG Bamberg, Beschluss vom 18.12.2017 – 3 Ss OWi 1774/17
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 27. Juni 2017 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen als Halter wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs trotz nicht vorschriftsmäßiger Ladungssicherung gemäß § 31 Abs. 2 StVZO zu einer Geldbuße von 270 Euro verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet, da sich die bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG als lückenhaft erweisen und demgemäß bereits den Schuldspruch und damit auch die verhängte Rechtsfolge der Tat nicht tragen.
1. Nach § 31 Abs. 2 StVZO darf „der Halter […] die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet“.
2. Zwar sind an die Erfüllung dieser dem Halter nach § 31 Abs. 2 StVZO obliegenden Aufsichts- und Überwachungspflichten für die Einhaltung der aus den §§ 22 Abs. 1 Satz 1,23 Abs. 1 Satz 1 StVO resultierenden Ladungssicherungsvorschriften strenge Anforderungen zu stellen. Ihre Erfüllung setzt auch bei einer wirksamen Delegation auf qualifiziertes Personal zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung mit Blick auf die besonderen Gefahren, die von entsprechenden Verstößen gegen die Ladungssicherheit für den öffentlichen Straßenverkehr ausgehen, deshalb nicht nur voraus, dass der insoweit Verantwortliche bei der Auswahl und Schulung der Fahrzeugführer die erforderliche Sorgfalt walten lässt und diese mit den notwendigen Unterweisungen versieht. Erforderlich ist etwa auch, dass die Beachtung der Weisungen durch gelegentliche – auch unerwartete – Kontrollen überprüft wird, weil nur so eine wirksame, nicht lediglich auf zufällig entdeckte Verstöße beschränkte, planmäßige Überwachung gewährleistet ist, welche auch präventiv wirkt (OLG Bamberg, Beschl. v. 12.06.2013 – 2 Ss OWi 659/13 = VM 2013 Nr. 51 = ZfS 2013, 651 = VRR 2013, 349 [Gieg]; Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. [2018], Rn. 2699 m.w.N.). Danach hat der Halter u.a. dafür Sorge zu tragen, dass nur solche Personen mit Ladungssicherungsaufgaben betraut werden, die körperlich und geistig gesund sind, über ausreichende Fach- und ggf. Sprachkenntnisse verfügen, hinsichtlich ihrer Tätigkeit turnusgemäß – nach der Richtlinie VDI 2700 mindestens alle 3 Jahre – nach den einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes, der BetriebssicherheitsVO und der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften praktisch und theoretisch unterwiesen und fortgebildet wurden und ihre Befähigung zur zuverlässigen Aufgabenerfüllung nachgewiesen haben, was nach Möglichkeit schon zur Absicherung der Verantwortlichen in geeigneter Form schriftlich festgehalten werden sollte (Burhoff/Gieg a.a.O. m.w.N.). Nach richtiger Ansicht erstrecken sich die in der Bußgeldbewehrung des § 31 Abs. 2 StVZO enthaltenen speziellen Halterpflichten über § 9 OWiG auch auf den gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter des Halters (OLG Düsseldorf NZV 1990, 323; König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht [StVR], 44. Aufl. [2017], § 22 StVO Rn. 27 und Dauer, in Hentschel/König/Dauer [a.a.O.], § 31 StVZO, Rn. 18; Burhoff/Gieg Rn. 2700).
3. Jedoch ist Tathandlung des § 31 Abs. 2 StVZO – wie die Rechtsbeschwerde zutreffend argumentiert – nicht die ungenügende Ladungssicherung selbst, sondern ‘lediglich’ die Anordnung oder Zulassung der Inbetriebnahme des Fahrzeugs trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der nicht vorschriftsmäßigen Ladung oder der durch diese beeinträchtigten Verkehrssicherheit des Fahrzeugs mit der Folge, dass von einem tatbestandlichen Handeln des Halters i.S.v. § 31 Abs. 2 StVZO nicht schon allein aufgrund einer – wie hier – objektiv feststehenden ungenügenden Ladungssicherung ausgegangen werden darf. Vielmehr ist dem Halter nachzuweisen und im Urteil nachvollziehbar anhand konkreter Umstände darzulegen, woraus sich im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrzeugs gerade die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis in seiner Person ergibt (KG NZV 2008, 51; Dauer a.a.O.; Heß, in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht [StVR], 24. Aufl. [2017], § 23 StVO, Rn. 34 ff.; Burhoff/Gieg Rn. 2702).
4. Hieran fehlt es im angefochtenen Urteil, wenn dort der Nachweis, „dass der Betroffene die Tat begangen hat“ über die Einvernahme der beiden den Ladungsverstoß feststellenden und dokumentierenden Polizeibeamten und des Fahrzeugführers nur darauf gestützt wird, dass der Betroffene und „Chef“ des Fahrzeugführers auf telefonische Anforderung hin „mit einem weiteren Handlanger“ am Betreffensort erschien, um die nicht vorschriftsmäßigen Ladungssicherungen zu beseitigen. Denn hierdurch kann allenfalls die ohnehin feststehende Haltereigenschaft des Betroffenen und möglicherweise auch seine Stellung als Arbeitsgeber des Fahrzeugführers ergänzend belegt werden, allerdings gerade nicht die von § 31 Abs. 2 StVZO geforderte Tathandlung der Anordnung oder Zulassung der Inbetriebnahme des Fahrzeugs trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der nicht vorschriftsmäßigen Ladungssicherung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrzeugs.
III.
Aufgrund der dem Urteil anhaftenden sachlich-rechtlichen Darstellungsmängel ist es mitsamt seinen Feststellungen aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).
IV.
Ergänzend weist der Senat noch auf Folgendes hin:
In einer neuen Hauptverhandlung wird ergänzend festzustellen und im Urteil nachvollziehbar darzulegen sein, wie der Betroffene als Halter seinen Fuhrpark im Hinblick auf die Vermeidung von Verstößen gegen Ladungssicherungsbestimmungen im Einzelnen organisiert und in welchen Abständen er u.a. die Einhaltung der Regeln zur ordnungsgemäßen Beladung bzw. zum Ausschluss unsachgemäßer Handhabung kontrolliert. Entsprechendes gilt, wenn geltend gemacht wird, die Halterpflichten seien auf qualifiziertes Personal (Kfz-Meister, Platzmeister, Fahrzeugwart, Fahrdienstleiter oder Fuhrparkleiter, aber auch besonders erfahrene Fahrer selbst) delegiert worden. Feststellungen hierzu sind dann im Urteil umso mehr geboten, je größer der Verantwortungsbereich des Betroffenen ist und deshalb schon aufgrund der Betriebsgröße, im Einzelfall aber auch aufgrund offensichtlich fehlender Sachkunde der als Halter anzusehenden Person, nicht davon ausgegangen werden kann, der Betroffene könne die gebotenen Überprüfungen überhaupt oder ohne Hilfe persönlich durchführen.
V.
Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.
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