Der Betroffene wurde von einem Messgerät PoliScan speed M1 mit einer Geschwindigkeit von 159 km/h erfasst. Hier hat sich das AG Dortmund nicht damit begnügt, im Sinne eines standardisierten Messverfahrens nach Toleranzabzug von 3 % eine Geschwindigkeit von 154 km/h zugrunde zu legen, sondern hat im Hinblick auf eine zu Abweichungen im Messbereich ergangene Entscheidung des OLG Karlsruhe versucht, an die (in der XML-Datei zum Falldatensatz befindlichen) Zusatzdaten, aus denen sich der Messbereich ergibt, zu gelangen. Die Vorlage dieser Daten war – warum auch immer – der Polizei nicht möglich, so dass das Gericht zu diesem Punkt auf ein vom Verteidiger bzw. Betroffenen privat eingeholtes Gutachten eines Sachverständigen zurückgegriffen hat, dem diese Daten vorlagen. Aus dem Gutachten folgte, dass sich anhand der Zusatzdaten im Falldatensatz nur eine Geschwindigkeit von 157 km/h ergibt. Von diesem Wert zog das Gericht dann noch die übliche Toleranz (von hier 5 km/h) ab und gelangte nur zu einer Geschwindigkeit von 152 km/h. Die Abweichung des Messbereichs von der Bauartzulassung betrug hier einen Zentimeter und war damit dem Gericht nicht hoch genug, um eine höhere Toleranz oder gar eine Unverwertbarkeit der Messung zu erwägen (AG Dortmund, Urteil vom 28.07.2017 – 729 OWi-268 Js 1065/17-178/17).

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer

Geldbuße von 260,00 €

verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene.

Gründe

Der Betroffene ist verheiratet und Vater eines 15 Jahre alten Sohnes. Er ist von Beruf Versicherungsfachmann und leitet eine Niederlassung der A-Versicherung. Für den Fall einer Verhängung einer Geldbuße in Höhe des Bußgeldbescheides (264,00 €) bedarf es nach Erklärung des Angeklagten keiner Ratenzahlung. Der Verteidiger hat weiterhin für den Betroffenen erklärt, dass die wirtschaftlichen Umstände des Betroffenen derart beschaffen seien, dass es keinerlei persönliche oder berufsbedingte Härten gebe, die der Betroffene geltend machen könne, die im Sinne der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum Regelfahrverbot bzw. zum Absehen vom Regelfahrverbot eine Rolle spielen könnten.

Am 4. März 2017 um 10.08 Uhr befuhr der Betroffene mit einem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 123 die Bundesautobahn 45 in Dortmund im Bereich des KM 23,600 in Fahrtrichtung Frankfurt. Bereits in Höhe KM 21,850 ist durch Zeichen 274 die zulässige Höchstgeschwindigkeit für PKW auf 100 km/h begrenzt. Die Beschilderung ist hier beidseitig vorgenommen. Gleichartige Beschilderungen wiederholen sich in Höhe KM 22,700 und 23,500, so dass an der Messstelle KM 23,600 eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h für PKW gilt. An dieser Messstelle führt die Polizei D Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät PoliScan speed M1 durch. Die Messung wurde am Tattage betreut durch den Polizeibeamten S, der die Gültigkeit der Beschilderung entsprechend des Beschilderungsplanes vor und nach der Messung geprüft. Das genannte Messgerät war zur Tatzeit gültig geeicht und wurde durch den Zeugen S der Bedienungsanleitung entsprechend eingesetzt.

Zur genannten Tatzeit wurde der Betroffene angemessen und fotografiert mit einer gefahrenen Geschwindigkeit von von dem Messgerät angezeigten 159 km/h. Das Gericht hat diese Geschwindigkeit bereinigt um den Toleranzabzug und einen von der Sachverständigengesellschaft B angeblich festgestellten Fehler und so nur eine Geschwindigkeit von 152 km/h seinem Schuldspruch zugrunde gelegt.

Der Betroffene hat zur Sache nichts sagen wollen. Er hatte durch seinen Verteidiger bereits vor dem Hauptverhandlungstermin erklären lassen, dass der Betroffene Fahrzeugführer am Tattage war. Eine derartige Erklärung in einem Schriftsatz vom 26.06.2017 konnte urkundsbeweislich verlesen werden. Der anwesende Verteidiger bestätigte in Gegenwart des Betroffenen die Richtigkeit dieser Erklärung.

Der Polizeibeamte S bestätigte, am Tattage das in Rede stehende Geschwindigkeitsmessgerät PoliScan speed eingesetzt zu haben. Er sei geschult im Umgang mit dem Gerät. Er habe vor und nach der Messung die Geschwindigkeitsbeschränkung geprüft. Er habe dies anhand des vorliegenden Beschilderungsplanes getan. Zudem sei zur Tatzeit das Gerät gültig geeicht gewesen und entsprechend der Bedienungsanleitung eingesetzt. Das Gericht konnte ergänzend hierzu das Messprotokoll des Tattages urkundsbeweislich verlesen, aus dem sich die Angaben des Zeugen S bestätigen ließen. Zudem konnte das Gericht einen Eichschein vom 07.09.2016 über eine gültige Eichung vom 06.09.2016 bis zum 31.12.2017 feststellen. Im Hinblick auf die Entscheidung OLG Karlsruhe Beschl. v. 26.05.2017 – 2 Rb 8Ss 246/17, BecksRS 2017, 111916 hat das Gericht versucht, die „Zusatzdaten“ zu erhalten, um die Qualität der Messung näher prüfen zu können. Dies war nicht möglich. Weder der Messbeamte noch die Polizei D konnten die Werte zur Verfügung stellen, obwohl die Werte existieren, wie sich aus einer von der Polizei übersandten Stellungnahme des Herstellers ergibt. Erfreulicherweise hat der Verteidiger ein Sachverständigengutachten der B Sachverständigen GmbH & Co. KG, dort zuständig G, eingereicht. Dieses Gutachten wurde im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Verteidiger erörtert. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich einer der Werte einen cm außerhalb des Messbereichs, wie ihn die PTB-Zulassung benennt, liegt. Im Übrigen habe die B die Daten erneut ausgewertet und dabei eine Geschwindigkeit von 157 km/h feststellen können, von denen noch ein Toleranzabschlug vorzunehmen sei, der auf 5 km/h zu bemessen sei, so dass sich eine vorwerfbare Geschwindigkeit von nur noch 152 km/h ergebe. Mangels seitens der Polizei vorgelegter Daten ist das Gericht von diesem Geschwindigkeitswert der B ausgegangen, zumal sich im Rahmen der Rechtsfolgenzumessung hierdurch nichts änderte.

Dementsprechend war der Betroffene zu verurteilen wegen eines fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes, für den der Bußgeldkatalog in 11.3.8 eine Regelgeldbuße in Höhe von 240,00 € vorsieht, die aufgrund einer Voreintragung auf angemessene 260,00 € zu erhöhen war. Gegen den Betroffenen war nämlich unter dem 14.01.2016 (Rechtskraft: 02.02.2016) wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. I a StVO eine Geldbuße von 60,00 € festgesetzt worden.

Ferner hat der Betroffene aufgrund der Höhe seines Geschwindigkeitsverstoßes einen Regelfahrverbotstatbestand verwirklicht, der dazu führt, dass das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung im Sinne des § 25 Abs. I StVG indiziert ist. Das Gericht hat bei dem Verteidiger ausdrücklich im Rahmen des zweiten Hauptverhandlungstermins, in dem sich der Betroffene von der Erscheinenspflicht hatte entbinden lassen, nachgefragt, ob fahrverbotsrelevante Härten geltend gemacht würden oder festzustellen seien. Der Verteidiger erklärte hierzu, dass angesichts der bekannten strengen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte eine wirtschaftliche oder persönliche Härte, die zum Absehen vom Fahrverbot führen müsse, nicht gesehen werde und auch nicht geltend gemacht werde.

Das Gericht war sich im Übrigen darüber bewusst, dass es ggf. unter Erhöhung der Geldbuße unter Anwendung des § 4 Abs. IV BKatV von der Anordnung des verwirkten Fahrverbotes hätte absehen können. Das Gericht hat jedoch angesichts der Vorbelastung einerseits und der mehrfachen Vorbeschilderung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h andererseits eine Anwendung des § 4 Abs. IV BKatV abgelehnt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.