Dem Betroffenen wurde die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorgeworfen. Gemessen wurde er mit einem VDS M5 Speed-Messgerät. Das Amtsgericht ging von einem standardisierten Messverfahren aus und verurteilte den Betroffenen. Auf seinen Antrag hin ließ das OLG Düsseldorf die Rechtsbeschwerde zu, um die Frage der Standardisierung (offenbar erstmals) obergerichtlich zu klären, bestätigte dann indes die Ansicht des Amtsgerichts. Aus der Internetseite der PTB ergebe sich, dass das Gerät von ihr zugelassen worden sei. Dieser Zulassung komme die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu, mit der Folge, dass es ausreiche, im Urteil Feststellungen zu Messverfahren, Geschwindigkeit und Toleranz zu treffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.01.2017 – IV-2 RBs 10/17).
1. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
2. Die Sache wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Die Rechtsbeschwerde war – durch den Einzelrichter (§ 80a Abs. 1 OWiG) – zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 OWiG) und die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80a Abs. 3 OWiG).
II.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße von 70,00 € festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die auf die Verfahrensrüge wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf die Sachrüge gestützte Rechtsbeschwerde des
Betroffenen.III.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist unzulässig.
Die als Gehörsrüge angebrachte Rüge, das Amtsgericht sei dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass das angewendete Messverfahren kein standardisiertes sei, weil in keinem Eichschein der Wandler genannt sei, zu Unrecht nicht nachgegangen, genügt nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Die Behauptung, dass in keinem Eichschein der Wandler genannt sei, trifft ausweislich des den Urteilsgründen zugrunde gelegten gesonderten Eichscheins vom 29. Juni 2015, der sich ausdrücklich auf den Wandler bezieht, nicht zu. Damit stellt der Betroffene einen für die Beurteilung der Begründetheit der Verfahrensrüge wesentlichen Umstand unzutreffend und irreführend dar. Eine Verfahrensrüge, die auf einen derart irreführenden Vortrag gestützt wird, ist rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 85; BeckRS 2011, 16120).
Dessen ungeachtet hätte die Rüge auch in der Sache keinen Erfolg. Die mit dem abgelehnten „Beweisantrag“ begehrte Feststellung, dass es sich bei dem angewendeten Messverfahren um kein standardisiertes Messverfahren handele, stellt keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung dar, sondern eine vom Gericht zu würdigende Rechtsfrage. Ein Beweisantrag im prozessualen Sinne, dessen Ablehnung gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör oder sonstiges Verfahrensrecht verstoßen haben könnte, wurde somit bereits nach dem Inhalt der Rüge nicht gestellt.
Die Rüge, dass über den Antrag nicht förmlich entschieden worden sei, versteht der Senat so, dass das Unterbleiben einer Entscheidung über den Antrag in der Hauptverhandlung beanstandet wird. Insoweit verkennt der Betroffene, dass über den ausdrücklich als Hilfsbeweisantrag bezeichneten Antrag, der unter der prozessualen Bedingung der Erfolglosigkeit des (Haupt-)Sachantrages stand, erst im Urteil zu befinden war.
Schließlich liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs auch deshalb nicht vor, weil sich das Amtsgericht in den Urteilsgründen – wenn auch knapp – mit der Einordnung des Messverfahrens M5 Speed der Firma VDS Verkehrstechnik GmbH (VDS) als sog. standardisiertes Messverfahren auseinandergesetzt hat.
Aufgrund der ausdrücklichen Aufführung des Wandlers im Eichschein vom 29. Juni 2015 entbehrte auch der Antrag auf Beiziehung der Bauanforderungen und Prüfvorschriften zum Zweck der Klärung, ob der Wandler im Rahmen der Eichung geprüft und im Eichschein benannt werden muss, jeder Grundlage.
2. Auch mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Sachrüge ist unbegründet.
Der Betroffene hat eingeräumt, das Fahrzeug zum Zeitpunkt des geahndeten Verstoßes geführt zu haben.
Hinsichtlich der Geschwindigkeit des vom Betroffenen geführten Fahrzeuges enthält das Urteil Feststellungen zum angewendeten Messverfahren M5 Speed der Firma VDS, der gemessenen Geschwindigkeit sowie zu der in Ansatz gebrachten Messtoleranz.
Von Feststellungen zu den für das Messverfahren maßgeblichen Bauanforderungen und Prüfvorschriften hat das Amtsgericht ausdrücklich mit der nicht näher ausgeführten Begründung abgesehen, dass es sich bei dem angewendeten Messverfahren um ein sog. standardisiertes Messverfahren handele.
Über die Einordnung des Messverfahrens M5 Speed der Firma VDS als sog. standardisiertes Messverfahren ist – soweit ersichtlich – obergerichtlich bislang noch nicht entschieden worden. Indessen hat das Amtsgericht sie im Ergebnis zu Recht angenommen.
Unter einem standardisierten Messverfahren ist ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGHSt 43, 277, 284).
Die Geschwindigkeitsüberwachungsanlage M5 Speed der Firma VDS ist von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) unter dem Zulassungszeichen 18.11/02.05 zur Eichung zugelassen worden (vgl. https://www.ptb.de/cms/ptb/ fachabteilungen/abt1/fb-13/ag-131/geschwindigkeitsueberwachungsgeraete.html).
Von der PTB zugelassene Systeme zur Geschwindigkeitsmessung sind grundsätzlich als standardisierte Messverfahren anzuerkennen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 – IV-1 RBs 50/14, zitiert aus juris; OLG Bamberg DAR 2016, 146f). Denn der Bauartzulassung durch die PTB kommt die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu. Mit der amtlichen Zulassung des Messgerätes bestätigt die PTB, die Zugriff auf alle maßgeblichen Herstellerinformationen hat, nach umfangreichen messtechnischen, technischen und administrativen Prüfungen sowie Festlegung der Eichprozeduren im Wege eines Behördengutachtens, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer Sachverständigenprüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Damit ist die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Gerätes festgestellt, die Informationen zu dessen genauer Funktionsweise durch den Tatrichter entbehrlich macht (vgl. OLG Bamberg a.a.O.)
Bei Verwendung eines von der PTB zugelassenen und gültig geeichten Messgerätes, das durch geschultes Personal entsprechend den Vorgaben der Bedienungsanleitung bedient wurde, ist das Tatgericht nicht gehalten, weitere technische Prüfungen, insbesondere auch zur Funktionsweise des Gerätes zu veranlassen (vgl. OLG Bamberg a.a.O.).
Das Amtsgericht hat über die bereits dargestellten Feststellungen zur Ermittlung der dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeit hinaus seiner Entscheidung auch das Messprotokoll, den Schulungsnachweis des verantwortlichen Messbeamten sowie die Eichscheine vom 22. Juli 2015 und 29. Juni 2015 zugrunde gelegt.
Konkrete Anhaltspunkte, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses zu begründen, hat der Betroffene mit Ausnahme der unzutreffenden Beanstandung, dass der Wandler in den Eichscheinen nicht genannt sei, nicht vorgebracht.
Aufgrund des Verweises in den Urteilsgründen gem. §§ 46 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf den bei der Akte befindlichen Beschilderungsplan, in dem die Beschilderung zeichnerisch dargestellt ist, sind auch die tatsächlichen Feststellungen zu der dem Betroffenen zur Last gelegten Sorgfaltspflichtverletzung hinsichtlich der Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit noch ausreichend. Da die vorliegend ermittelte Geschwindigkeit die grundsätzlich gem. § 3 Abs. 3 Nr. 2c StVO außerhalb geschlossener Ortschaften für Personen-kraftwagen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überstieg, waren weitergehende Feststellungen zum Sorgfaltspflichtverstoß geboten. Aus dem Beschilderungsplan geht indessen hervor, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch beidseitige Beschilderung mit dem Zeichen 274 im Abstand von 224 Metern vor der Geschwindigkeitsmessanlage auf 70 km/h beschränkt war. Dass er die Beschilderung nicht wahrnehmen und seine Geschwindigkeit nicht bis zur Geschwindigkeitsmessung daran hätte anpassen können, trägt der Betroffene nicht vor.
Die Bemessung der Regelgeldbuße hat das Amtsgericht einzelfallbezogen und ermessensfehlerfrei begründet.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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