Die Betroffene wurde wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zu einer Geldbuße von 80 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Die Eichscheine des verwendeten Messgeräts lagen am Tag der Messung zwar vor, wurden aber erst einen Tag später ausgefertigt. Das OLG Naumburg hält die Messung für verwertbar, da am Tattag eine gültige Eichung gegeben gewesen sei und auch keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Messergebnisses vorlägen. Außerdem habe die Ausfertigung am Tag darauf etwaige Formfehler geheilt. Einen Teilerfolg hatte das Rechtsmittel dennoch: Das Fahrverbot wurde unter anderem auf tilgungsreife Voreintragungen gestützt (OLG Naumburg, Beschluss vom 09.12.2015, Az. 2 Ws 225/15).

2 Ws 225/15 OLG Naumburg
12 (E) OWi 352 Js 18025/15 AG Merseburg

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Merseburg vom 7. September 2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat gegen die Betroffene (im Tenor der Urteilsurkunde als „der Betroffene“ bezeichnet) wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße von 80,00 € und ein Fahrverbot von einem Monat (im Tenor der Urteilsurkunde irrtümlich als „Dauer von zwei Monaten“ bezeichnet) verhängt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt und ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Messung geltend macht.

II.

Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg.

Der Schuldspruch ist nicht zu beanstanden.

Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift an den Senat ausgeführt:

„Der Einwand der Betroffenen, die Messung sei als solche unzulässig gewesen, da zum Messzeitpunkt (am 20.11.2014) die Eichscheine noch nicht ausgefertigt gewesen seien, greift nicht durch. Die Wertung des Amtsgerichts, das Messgerät sei zum Zeitpunkt der Messung gültig geeicht gewesen, weshalb ein standardisiertes Messverfahren vorliege, ist richtig. Es ist unschädlich, dass zum Zeitpunkt der Messung die Eichscheine noch nicht ausgefertigt waren, mithin vorlagen. Denn maßgebend für das Bußgeldverfahren ist die materielle Richtigkeit der Messung. In den Urteilsgründen wird festgestellt, dass die Anlage von der PTB zugelassen und gültig geeicht war (UA S. 4). Vor diesem Hintergrund ist auch eine uneingeschränkte Verwertbarkeit gegeben, die nicht einmal eines Sicherheitsabschlags bedarf, da die Eichung materiell richtig festgestellt wird. Im Übrigen wäre ein etwaiger formeller Mangel durch die Ausfertigung der Eichscheine am Tag nach der Messung, mithin am 21.11.2014, geheilt worden (vgl. hierzu z. B. Krienberger, jurisPR-Ve19/2012 Anm. 6, OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.02.2012 – 4 Ss 39/12).“

Dem tritt der Senat bei.

Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs hat die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt:

„Die Anordnung des Fahrverbots ist rechtsfehlerhaft. Das Gericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Betroffene wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers durch die Betroffene gemäß § 25 Abs. 1 StVG ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet wird (UA S. 4-5). Wie die Eintragungen der Betroffenen im Verkehrszentralregisterauszug vom 03.06.2015 – so das Amtsgericht – zeigen würden, sei die Betroffene trotz der mehrfachen Verhängung deutlicher Geldbußen und der mehrfachen Anordnung eines Fahrverbots von einem Monat Dauer nicht gewillt, ihren Pflichten als Kraftfahrzeugführer nachzukommen, sodass die Anordnung eines erneuten Fahrverbots erforderlicher war, um sie zum normgerechten Verhalten im Straßenverkehr anzuhalten (UA S. 5).

Die Voreintragungen im Verkehrszentralregister (Stand: 03.06.2015) wurden im Urteil unter Ziffer I Nrn. 1-7 aufgeführt (Bl. 70-71 d. A.)

Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass das Amtgericht die tilgungsreifen Vorbelastungen unter den lfd. Nrn. 1-3 (UA S. 2), die inzwischen auch getilgt sind (vgl. anliegenden Verkehrszentralregisterauszug vom 09.11.2015), nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG a. F. nicht mehr zum Nachteil der Betroffenen hätten verwerten dürfen.

Vor dem Hintergrund, dass kein Regelfall der Verhängung eines Fahrverbotes gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG vorliegt, beruht das angefochtene Urteil auf diesem Rechtsfehler.“

Das sieht der Senat ebenso.