Heute hat das Amtsgericht Neunkirchen zwei Betroffene, denen nach einer Messung mittels TraffiStar S350 bzw. S 330 durch Bußgeldbescheid eine Geschwindigkeitsüberschreitung in Neunkirchen vorgeworfen wurde, freigesprochen (19 OWi 234/15; 19 OWi 622/15). Die Stadt betreibt insgesamt fünf stationäre Messgeräte. Zwei Sachverständige sowie eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes der Stadt hatten dem Gericht heute und in der vergangenen Woche die Vorgehensweise bei der Auswertung von Verkehrsverstößen erläutert: Bei Geschwindigkeitsverstößen werden demnach von dem Messgerät automatisch Falldateien generiert, die auf den Server eines Privatunternehmens hochgeladen werden. Nach Freigabe durch eine Mitarbeiterin der Stadt übernimmt dieses Unternehmen eine “Aufbereitung” der Daten.

Dazu gehören u. a. die Verbesserung der Bildqualität durch Aufhellung sowie die Vergrößerung der Fotos von Kennzeichen und Fahrer. Ein Sachverständiger erläuterte, dass diese Schritte der Bediensteten des Ordnungsamtes bei einem Ortstermin nicht möglich waren, was ihr in der Verhandlung jedoch – nach wiederholter und eindringlicher Ermahnung zur Wahrheit durch den Vorsitzenden – nicht mehr erinnerlich war. Daher ist gerade bei Fällen mit schlechter Bildqualität die Behörde vollständig auf die Datenaufbereitung dieses Unternehmens angewiesen, ansonsten kann sie die Ordnungswidrigkeit nicht verfolgen, weil beispielsweise das Kennzeichen zu dunkel und nicht zu erkennen ist. In diesen Fällen vertraue man nach ihrer Aussage dem Privatunternehmen. Zu dessen Mitarbeitern, deren Arbeitsweise oder Ausbildung könne man aber nichts sagen. Einmalig sei bei dem Unternehmen die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Vorschriften überprüft worden.

Theoretisch sei laut Sachverständigem auch eine Manipulation der Daten möglich. Dies könne zwar bei der Originaldatei mittels Public Key nachgewiesen werden. Die Behörde erhalte von der Privatfirma aber nach der Aufbereitung nur übliche JPEG-Bilder, bei denen eine Manipulation auf diese Weise nicht nachgewiesen werden könne. Im Übrigen erfolgt laut der Zeugin nach der Aufbereitung der Daten bei der Behörde eine Überprüfung des Fotos des Fahrers, aber nicht mehr des vorzuwerfenden Geschwindigkeitswertes. Da verlasse man sich ebenfalls auf die Privatfirma, die pro verwertbarem Falldatensatz von der Stadt einen Betrag von € 5,50 zzgl. Umsatzsteuer erhält.

Das Gericht sieht in dieser Art der Datenauswertung einen eklatanten Verstoß gegen den Erlass über die Wahrnehmung der Verkehrsüberwachung durch Ortspolizeibehörden gem. § 80 Abs. 4 des Saarländischen Polizeigesetzes vor. Weder seien die Mitarbeiter der Privatfirma räumlich und organisatorisch in die Behörde eingebunden, noch sei eine Ausbildung der Mitarbeiter für Verkehrsüberwachung sichergestellt. Daraus folge ein Beweisverwertungsverbot, da die Stadt sehenden Auges gegen den Erlass verstoße, so dass nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt eine Verurteilung nicht auf die Messdaten und -fotos, die von dem Privatunternehmen ausgewertet wurden, gestützt werden könne. Zudem könnten die Messdaten bei der Privatfirma manipuliert werden, ohne dass die Mitarbeiter der Stadt dies stets feststellen könnten.