Dieser Beschluss des AG Stadtroda befasst sich mit der Problematik der Löschung von Messdaten. Allerdings nicht in Bezug auf Rohmessdaten, also eine Nichtspeicherung durch das Messgerät selbst. Hier hatte die Polizei bzw. Verwaltungsbehörde einen Teil der Datensätze einer Messreihe gelöscht, weil die die Messungen betreffenden Verfahren bereits beendet waren oder kein Verfahren eingeleitet wurde. Da das Gericht von einem Recht auf Einsicht in die Messreihe ausging und die Einsichtsgewährung durch das Verhalten der Behörde unmöglich gemacht worden sei, sei das Verfahren gegen die Betroffene einzustellen gewesen.

AG Stadtroda, Beschluss vom 27.07.2021 – 1 OWi 260 Js 5143/19

1. Das Verfahren wird hinsichtlich der Betroffenen … gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

Das Verfahren war gem. § 47 II OWiG aus Opportunitätsgründen einzustellen.

Die Betroffene hat einen Anspruch auf Überlassung der gesamten digitalen Fallsätze der gesamten Messreihe vom Tattag sowie der entsprechenden Statistikdatei. Dies hat sie von Anfang an begehrt und die Richtigkeit der Messung bestritten. Es wurde auch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gern. § 62 OWiG gestellt, der dem Gericht nicht vorgelegt wurde. Der im Rahmen der Hauptverhandlung entsprechend gestellte Beweisantrag wurde abgelehnt und die Betroffene verurteilt. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde wurde das erstinstanzliche Urteil deswegen aufgehoben, weil der Grundsatz des fairen Verfahrens durch die Nichtherausgabe der relevanten und begehrten Daten verletzt worden war.

Nach Rückkehr der Akte vom Thüringer OLG verfügte das Gericht zusammen mit der Terminsbestimmung am 20.04.2021, dass die ZBS Artern der Betroffenen die digitalen Falldatensätze der gesamten Messreihe und die weiteren begehrten Unterlagen herausgeben möge. Hierauf teilte die ZBS Artern mit Schreiben vom 26.04.2021 mit, dass die Daten gelöscht und auch nicht wiederherstellbar sind. Damit hat die Bußgeldbehörde selbst, während eines laufenden Verfahrens, ein Hindernis geschaffen, das es der Betroffenen unmöglich macht, die Ordnungsgemäßheit der Messung zu überprüfen. Dies ist erheblich, denn wenn der Amtsermittlungsgrundsatz im Rahmen der Geschwindigkeitsverstöße bei sog. standardisierten Messverfahren dahingehend eingeschränkt ist, dass es dem/der Betroffenen obliegt, konkrete Messfehler vorzutragen, dann setzt dies denknotwendig voraus, dass der Betroffene dazu auch durch Übersendung aller relevanten Unterlagen in die Lage dazu versetzt wird.

Daher war das Verfahren einzustellen.

Da vor diesem Hintergrund auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Schuld der Betroffenen in hohem Maße wahrscheinlich ist, waren die notwendigen Auslagen der Betroffenen ebenfalls der Staatskasse aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 467 Abs. 1 und 4 StPO, 46 I, 47 II OWiG.