Das AG beauftragte im OWi-Verfahren einen Sachverständigen mit der Überprüfung einer Geschwindigkeitsmessung (mittels Leivtec XV3). Nachdem bekannt wurde, dass der Sachverständige Messfehler bzw. Probleme mit dem Messgerät nachweisen konnte, wurde von Seiten mehrerer Rechtsanwälte versucht, gemäß § 475 StPO Einsicht in das Gutachten zu erhalten. Das AG Aue verneint hier ein berechtigtes Interesse an der Einsicht. Das Gutachten betreffe die gegenständliche Messung und lasse keine Rückschlüsse auf andere Messungen zu. Da zudem Informationen der PTB zu den Problemen bei Leivtec XV3 veröffentlicht seien, spreche auch dies gegen ein berechtigtes Interesse.

AG Aue, Beschluss vom 31.03.2021 – H 1 OWi 512 Js 16655/20

1. Den Beschwerden gegen die Versagung der Akteneinsicht der Rechtsanwälte …, … und … jeweils vom 18.01.2021 wird nicht abgeholfen.

2. Die Sache wird dem Landgericht Chemnitz zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe

Die begehrte Akteneinsicht, beziehungsweise die begehrte Übersendung des im vorliegenden Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten ist nicht von der Vorschrift des § 475 StPO gedeckt. Danach ist die Akteneinsicht nur bei berechtigtem Interesse zu gewähren, soweit keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Verteidiger hat der Akteneinsicht widersprochen. Ein berechtigtes Interesse an diesem Bußgeldverfahren ist bei den die Akteneinsicht begehrenden Rechtsanwälten nicht gegeben. Dass sie jeweils in Verfahren als Verteidiger beauftragt sind, die ebenfalls die Problematik des Messverfahrens mit dem Messgerät Leivtec XV3 beinhalten, begründet nach Auffassung des Gerichts noch kein berechtigtes Interesse auf Einsicht in das Gutachten im hiesigen Verfahren, denn jede Messung ist verschieden. Rückschlüsse auf andere Messungen sind nicht ohne weiteres möglich. Das hiesige Gutachten betrachtet hiesige Messung. Mittlerweile hat überdies der Hersteller und die Physikalisch-Technische-Prüfanstalt Hinweise zur Problematik von Messungen mit diesem Gerät veröffentlicht. Diese Informationen sind öffentlich zugänglich. Auch dies steht einem Berechtigten Interesse entgegen. Auf die Problematik der schutzwürdigen Interessen des Betroffenen kommt es mithin nicht an.

Mitgeteilt von Rechtsanwälte Zimmer-Gratz, Bous.