Reicht ein Unfallgeschädigter seine Klage gegen einen Haftpflichtversicherer vor Ablauf einer diesem zustehenden Prüffrist ein und erklärt dieser ein sofortiges Anerkenntnis (§ 93 ZPO), fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last. Nach Auffassung des OLG Saarbrücken ist dies auch der Fall, wenn der Haftpflichtversicherer innerhalb seiner Prüffrist gegenüber dem Geschädigten das Verlangen zum Ausdruck bringt, den beschädigten Pkw wegen begründeter Zweifel an der Richtigkeit des vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens nachzubesichtigen und dieser ihm die Nachbesichtigung ohne ausreichenden Grund verweigert.

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.05.2018 – 4 W 9/18

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Februar 2018 – 4 O 170/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.967,67 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger hatte von der Beklagten zu 2 als Fahrerin und Halterin eines bei der … pp. in Frankreich haftpflichtversicherten unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs und von dem erstbeklagten … pp. e. V. auf Grund eines Verkehrsunfalls am 7. Januar 2016 auf dem Gelände des Globus-Einkaufsmarkts in Saarbrücken mit Anwaltsschreiben vom 2. Februar 2016, gerichtet an die Dekra Claims Services GmbH in Aachen als Regulierungsbeauftragte, unter Vorlage des Gutachtens des Sachverständigenbüros Saarpfalz S. K., vom 26. Januar 2016 und Fristsetzung zum 19. Februar 2016 vorläufig auf 5.752,96 € bezifferten Schadensersatz nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Mit E-Mail vom 23. März 2016 teilte die Regulierungsbeauftragte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, sie werde das Kläger-Fahrzeug nachbesichtigen lassen, und sie bat um Mitteilung, wo dies geschehen könne. Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers lehnte eine Nachbesichtigung ab.

Am 11. Mai 2016 hat der Kläger die Klageschrift vom 21. April 2016 beim Landgericht Saarbrücken eingereicht mit den Anträgen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger von 5.514,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2016 zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € freizustellen. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2016, mittels Telefax am 27. Mai 2016 beim Landgericht eingegangen, hat der Kläger unter Beibehaltung des Antrags auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten im Übrigen beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 4.677,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2016 zu zahlen und den Kläger von Gutachterkosten des Sachverständigen S. K. in Höhe von 837,69 € freizustellen. Die Klageschrift und der Schriftsatz vom 26. Mai 2016 sind dem Beklagten zu 1 am 10. Juni 2016 zugestellt worden (Bd. I Bl. 15 d. A. Rücks.). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben mit Schriftsatz vom 27. Juni 2016 erklärt, dass ihre Verteidigungsanzeige vom 21. Juni 2016 auch für die Beklagte zu 2 gelte. In der Klageerwiderung vom 8. Juli 2016 haben die Beklagten für den Fall, dass die Behauptungen des Klägers zu Grund und Umfang der reklamierten Schäden durch einen Gerichtssachverständigen bestätigt werden, ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kosten des Verfahrens angekündigt (Bd. I Bl. 23 d. A.). Mit am 8. August 2016 beim Landgericht eingegangenen und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 11. August 2016 zugestellten (Bd. I Bl. 36 d. A.) Schriftsatz vom 22. Juli 2016 hat der Kläger die Hauptforderung auf 5.527,95 € erweitert.

Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und der Beklagten zu 2 als Partei und Vernehmung der Zeugen A.-K. H. und Polizeioberkommissare M. und K. in dem Termin vom 17. Januar 2017 (Bd. I Bl. 48 ff. d. A.) gemäß dem Beschluss vom 7. Februar 2017 (Bd. I Bl. 59 f. d. A.) das am 15. November 2017 beim Landgericht eingegangene Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. E. vom 29. August 2017 eingeholt (Bd. I Bl. 81 ff. d. A.). Dieses Gutachten ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gemäß Beschluss vom 16. November 2017 mit einer Frist zur Stellungnahme von vier Wochen (Bd. I Bl. 147 d. A.) am 20. November 2017 zugestellt worden (Bd. I Bl. 150 d. A.). Mit Telefax vom 18. Dezember 2017 haben die Beklagten ein sofortiges Teilanerkenntnis der Klageforderung in Höhe von 3.678,26 € unter Verwahrung gegen die Kosten erklärt (Bd. I Bl. 159 d. A.). Die klagende Partei hat mit Telefax vom 3. Januar 2018 die Zurücknahme der Klage für den das Teilanerkenntnis übersteigenden Betrag erklärt (Bd. I Bl. 169 d. A.). Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2018 hat die klagende Partei mitgeteilt, die Klagerücknahme vom 3. Januar 2018 habe sich nur auf den Klageantrag zu 1 bezogen (Bd. I Bl. 173 d. A.). Nachdem mit Datum vom 25. Januar 2018 auch eine Regulierung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erfolgt ist, hat der Kläger mit Telefax vom gleichen Tage hinsichtlich des Antrags auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten die Erledigung erklärt (Bd. I Bl. 174 d. A.). Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 haben sich die Beklagten insoweit der Erledigungserklärung angeschlossen (Bd. I Bl. 178 d. A.).

Mit Teilanerkenntnisurteil vom 28. Februar 2018, auf das Bezug genommen wird (Bd. I Bl. 179 ff. d. A.), hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.678,26 € zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht dem Kläger auferlegt. Dieses Urteil ist beiden Prozessbevollmächtigten am 2. März 2018 zugestellt worden (Bd. I Bl. 184, 186 d. A.). Gegen die Kostenentscheidung hat der Kläger mit am 16. März 2018 beim Landgericht eingegangenem Telefax sofortige Beschwerde eingelegt (Bd. I Bl. 189 f. d. A.). Das Landgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 28. März 2018 nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt (Bd. I Bl. 197 f. d. A.).

II.

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Wenngleich die Beschwerde keinen konkreten Antrag gestellt hat, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass sich das Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung nur insoweit richtet, als sich diese auf das Teilanerkenntnis und die Teilerledigung bezieht. Hinsichtlich des auf die Teilklagerücknahme entfallenden Teils trägt die Beschwerde nichts vor. Die Teilklagerücknahme beruht, anders als die Teilerledigungserklärung, auch nicht auf einer Zahlung der Beklagten, sondern ersichtlich darauf, dass der geltend gemachte Schaden laut Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. E. sich jedenfalls nicht in vollem Umfang auf das hier interessierende Unfallereignis zurückführen ließ und der Kläger dieses Gutachten im Ergebnis nicht beanstandet hat (Bd. I Bl. 151 d. A.). Davon ausgehend ist das Rechtsmittel zulässig, insbesondere nach §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 99 Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 ZPO). Wegen des auch für die Rechtsmittelinstanz geltenden Grundsatzes der einheitlichen Kostenentscheidung hat das Beschwerdegericht gleichwohl einen Ausspruch über die Gesamtkosten zu treffen und dabei die von dem Erstgericht bezüglich des unstreitig gebliebenen Teils getroffene Kostenverteilung ohne eigene Sachprüfung zu übernehmen (vgl. BGHZ 40, 265, 271).

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

a) Das Landgericht hat in Bezug auf den sowohl im Rahmen des Teilanerkenntnisses als auch der infolge der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung anwendbaren § 93 ZPO im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem Klageanlass, weil die klagende Partei dem berechtigten Verlangen des gegnerischen Haftpflichtversicherers bzw. Regulierungsbeauftragten, das beschädigte Fahrzeug besichtigen zu können, nicht nachgekommen sei. Wenn der Kläger eine Nachbesichtigung schlicht deshalb verweigere, weil er sie eben nicht zulassen möchte, könne er nicht davon ausgehen, nur durch eine Klage zu seinem Recht zu kommen. Die Beklagten hätten den Anspruch auch sofort im Sinne des § 93 ZPO anerkannt, da die fehlende Möglichkeit der Nachbesichtigung des Kläger-Fahrzeugs erst durch den Zugang des Gutachtens Dipl.-Ing. E. entbehrlich geworden und das Anerkenntnis innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme erklärt worden sei.

b) Diese Erwägungen halten in jeder Hinsicht den Angriffen der Beschwerde stand.

aa) Zur Beantwortung der Frage, ob ein Beklagter nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung im Sinne von § 93 ZPO gegeben hat, kommt es auf sein Verhalten vor dem Prozess an (Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 12). Allein durch ein prozessuales Gebaren des Beklagten kann dagegen ein Klageanlass nicht „nachwachsen“; ihm kann lediglich indizielle Bedeutung zukommen, um Zweifelsfragen bezüglich einer vorprozessual angelegten Klageveranlassung zu klären (BGH NJW 1979, 2040; Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 12). Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt der Beklagte durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH NJW-RR 2005, 1005, 1006), wenn also das Verhalten des Beklagten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (BGHZ 168, 57, 59; Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 12). Dies wird im Allgemeinen dann der Fall sein, wenn sich der Beklagte mit der berechtigten Klageforderung bei Klageeinreichung bereits im Verzug befindet. Handelt es sich bei dem Beklagten um einen Kraftfahrt-Pflichtversicherer, der nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen wird, ist ihm allerdings eine Prüfungszeit zuzubilligen, die mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt und vor deren Ablauf Verzug nicht eintritt und auch eine Klage nicht veranlasst ist (OLG Stuttgart VersR 2010, 1306, 1307; Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 13; 2018, 208, 209 Rn. 17; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR 1. Aufl. § 249 BGB Rn. 276). Erhebt der Geschädigte vor Ablauf dieser Prüffrist Klage, kann der Versicherer noch ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast (§ 93 ZPO) abgeben oder bei fristgerechter Regulierung und anschließender Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung auf eine ihm günstige Kostenentscheidung vertrauen (vgl. KG VersR 2009, 1262; Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 13; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO). Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 ZPO – hier: keine Veranlassung zur Erhebung der Klage – liegt bei der beklagten Partei (OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2009, 1437; Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO 15. Aufl. § 93 Rn. 2).

(1) Die Zubilligung einer angemessenen Prüffrist liegt im Interesse der Gesamtheit der pflichtversicherten Kraftfahrzeughalter, die über ihre Prämien die Unfallschäden im Ergebnis zu tragen haben, weshalb das durchaus anzuerkennende, im Übrigen durch Verzinsung zu berücksichtigende Interesse des Geschädigten an einer möglichst schnellen Schadenregulierung insoweit zurückzutreten hat (OLG Köln NJW-RR 2012, 861). Freilich darf auf diesem Wege nicht ein dilatorisches Verhalten eines Haftpflichtversicherers gebilligt werden, das auf eine sachlich nicht gerechtfertigte oder gar schikanöse Regulierungsverzögerung angelegt ist (OLG Karlsruhe NZV 2012, 189, 190; Senat NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 14).

(2) Die Prüffrist beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens (Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Ihre Dauer ist vom Einzelfall abhängig, wobei die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen als angemessen ansieht (Senat, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 4 W 26/10 – 3 -, juris Rn. 2; NJW-RR 2017, 697, 698 Rn. 15; OLG Köln NJW-RR 2012, 861; OLG Frankfurt VersR 2015, 1373; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Auch wenn ein Versicherer die Prüfung eines Schadens, für den er einzustehen hat, tunlichst beschleunigen muss, gibt es für die Länge der Prüfungsfrist keine festen oder starren Regeln (Senat MDR 2007, 1190). Bei komplexem Unfallhergang, bei Auslandsberührung – wie hier – oder auch bei mehreren dazwischenliegenden Feiertagen kann sich der Zeitraum unter Umständen verlängern (Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, aaO Rn. 277). Allerdings verbietet sich auch hier jede generalisierende Betrachtungsweise; maßgebend sind vielmehr stets die Umstände des Einzelfalls (Senat NJW-RR 2018, 208, 210 Rn. 19).

bb) Das Landgericht hat von diesen Maßstäben ausgehend zutreffend angenommen, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles für den Kläger überhaupt keine Veranlassung zur Klage gegeben war, weil die Regulierungsbeauftragte innerhalb der noch offenen, angemessenen Prüffrist mit E-Mail vom 23. März 2016 um Ermöglichung der Nachbesichtigung seines Pkw gebeten hatte, was ihr der anwaltlich vertretene Kläger trotz begründeter – auf der Hand liegender – Zweifel an der Richtigkeit des von ihm vorgelegten Privatgutachtens verwehrte.

(1) In Rechtsprechung und Schrifttum ist zwar grundsätzlich anerkannt, dass dem Kraftfahrthaftpflichtversicherer regelmäßig kein Anspruch auf Nachbesichtigung des unfallgeschädigten Fahrzeuges zusteht (LG München I ZfSch 1991, 123: etwas Anderes könne allenfalls dann gelten, wenn z. B. ein Verdacht auf betrügerische Geltendmachung von Unfallschäden vorliege und behauptet werde, dass Vorschäden verschwiegen worden seien; LG Kleve ZfSch 1999, 239, 240; AG Rostock ZfSch 2000, 151, 152: „regelmäßig“ kein Anspruch; Jaeger VersR 2011, 50; Dötsch ZfSch 2013, 63). Im Rahmen des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen dem Geschädigten und dem gegnerischen Haftpflichtversicherer sind aber auch dem Erstgenannten in Grenzen Pflichten zur Rücksichtnahme auf den Haftpflichtversicherer bei der Schadensfeststellung auferlegt, deren Verletzung über prozessuale Nachteile für die Durchsetzung der eigenen Schadensersatzansprüche hinaus sogar unter besonderen Umständen zum Ersatz von Schäden des Versicherers verpflichten kann (BGH VersR 1984, 79). Kann der Haftpflichtversicherer begründete Zweifel an der Richtigkeit des vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens haben, verstößt der Geschädigte gegen die ihm obliegende Rücksichtspflicht, wenn er dem vom Haftpflichtversicherer beauftragten Sachverständigen, ohne einen berechtigten Grund zu haben, die Besichtigung des Fahrzeugs verwehrt (vgl. BGH VersR 1984, 79).

(2) Im vorliegenden Fall konnten die Beklagten begründete Zweifel an der Richtigkeit des vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens haben, weshalb unbeschadet der materiell-rechtlichen Einordnung des Nachbesichtigungsverlangens der Regulierungsbeauftragten jedenfalls für den Kläger keine Veranlassung zur Erhebung der Klage bestand.

(2.1) Die Beklagten haben bereits in der Klageerwiderung (Bd. I Bl. 23 d. A.) zutreffend bemerkt, dass die Feststellungen des vom Kläger beauftragten Privatgutachters in mehrfacher Hinsicht nicht plausibel waren. So passte das im Privatgutachten zu Grunde gelegte unfallbedingte Schadensausmaß mit Reparaturkosten in Höhe von 4.477,27 € netto nicht dazu, dass im Frontbereich des Pkw der Beklagten zu 2 auch für die Polizei keine Schäden festzustellen waren. Ferner hatte der Privatgutachter festgestellt, der Stoßfänger des vom Kläger geführten Fahrzeugs sei verformt und hänge augenscheinlich rechts runter (Gutachten, S. 6, Anlage K 1, im Anlagenbd. Kläger). Demgegenüber hatte die Polizei im Rahmen der Verkehrsunfallanzeige detailliert dokumentiert, dass die einzige potentielle Beschädigung, die von ihr am Pkw des Klägers festgestellt werden konnte, diejenige war, dass der dritte Parksensor von links (von vier Sensoren) am oberen Ende aus der Halterung gerutscht war. Allerdings hat die Polizei hinzugefügt, dass schlechtes Wetter geherrscht hatte und die Fahrzeuge verdreckt waren. Überdies war eine – vom Gerichtssachverständigen aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich gehaltene – Gegenüberstellung der beiden unfallbeteiligten Pkw durch den Privatgutachter nicht erfolgt. Schließlich ist zu bemerken, dass das Privatgutachten zu Vorschäden mehrere, teils widersprüchliche Angaben enthält. So heißt es auf S. 4 zu „Vorschäden: keine erkennbaren Vorschäden“. In der nächsten Rubrik ist unter „Nicht reparierte Vorschäden“ eingetragen: „Am Fahrzeug war eine Beschädigung vorne links im Bereich Radlauf und Kotflügel ersichtlich, welche nach dem hier gegenständlichen Unfallereignis eingetreten ist.“. Auf S. 5 ist festgehalten: „Vorschäden: Im Schadenbereich befanden sich keine erkennbaren bzw. ersichtlichen Vorschäden.“. Der Eintrag zu „Unreparierte(n) Vorschäden“ entspricht demjenigen auf S. 4. Allerdings heißt es unter „Besichtigungszustand: … Das Fahrzeug befand sich laut Angabe noch in gleichem Zustand wie unmittelbar nach dem Schadenereignis.“.

(2.2) Die Zweifel der Beklagten haben sich schließlich im Rahmen der Begutachtung durch den Gerichtssachverständigen bestätigt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. E. hat – vom Kläger nicht angegriffen – lediglich Reparaturkosten in Höhe von 2.640,57 € netto – statt der vom Kläger ersetzt verlangten 4.477,27 € netto – als unfallbedingt angesehen (Bd. I Bl. 145 d. A.).

(3) Einen sachlichen Grund, warum der anwaltlich vertretene Kläger die Besichtigung des Fahrzeugs verwehrt hat, vermag auch die Beschwerde nicht aufzuzeigen.

(3.1) Wie bereits das Landgericht im Rahmen des Beschlusses vom 28. März 2018, mit dem es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen hat, zutreffend ausgeführt hat, steht die angefochtene Kostenentscheidung nicht im Widerspruch zu den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen BGH NJW 1989, 3009 und 2000, 800 (Bd. I Bl. 192 d. A.). Der BGH hat in dem Urteil vom 20. Juni 1989 (VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009) ausgeführt, dass für dasjenige, was zur Schadensbeseitigung nach § 249 Satz 2 BGB a. F. erforderlich ist, ein objektivierender, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten typisierender Maßstab anzulegen ist. Dafür kann das Schätzungsgutachten eines anerkannten Kfz-Sachverständigen über die Höhe der voraussichtlichen Reparaturkosten für das Gericht eine sachgerechte Grundlage sein, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Zur Nachbesichtigung verhält sich diese Entscheidung nicht. Entsprechendes gilt für das Urteil des BGH vom 30. November 1999 (VI ZR 219/98, BGHZ 143, 189 ff. = NJW 2000, 800, 802). Darin hat der BGH ausgeführt, dass der Grundsatz, wonach der von einem Sachverständigen ermittelte Restwert eine geeignete Grundlage für die Schadensabrechnung bilde, nur „in aller Regel” gilt und desgleichen auch Ausnahmen von dem Grundsatz, dass sich der Geschädigte nicht auf spezialisierte Restwertaufkäufer verweisen zu lassen brauche, nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Wie der BGH weiter entschieden hat, müssen derartige Ausnahmen in engen Grenzen gehalten werden, weil andernfalls die dem Geschädigten zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde. Nach dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes ist der Geschädigte „Herr des Restitutionsgeschehens“. Diese Stellung darf ihm durch eine zu weite Ausnahmehandhabung nicht genommen werden. Insbesondere dürfen ihm bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten nicht aufgezwungen werden. Es geht vorliegend aber nicht um die Frage, ob und auf welche Weise der Geschädigte seinen Schaden ersetzt verlangen kann, sondern um die Nachbesichtigung, weil das Schadensausmaß vom Privatgutachter nicht in nachvollziehbarer Art und Weise festgestellt worden ist.

(3.2) Anders als die Beschwerde meint (Bd. I Bl. 192 d. A. Mitte), bedurfte es zur Nachbesichtigung nicht einmal der kurzfristigen Überlassung des Pkw. Zu der von der Regulierungsbeauftragten erbetenen Nachbesichtigung hätte es ausgereicht, diese in Anwesenheit des Klägers oder eines von ihm beauftragten Dritten an einem vom Kläger zu nennenden Ort – auf Gefahr und Kosten des Haftpflichtversicherers (vgl. Jaeger VersR 2011, 50, 51) – zu ermöglichen.

(3.3) Die Beschwerde verweist weiter darauf, von Seiten der Beklagten seien in keinem Zeitpunkt konkrete Zweifel an dem Schaden bzw. an dessen Höhe vorgetragen worden (Bd. I Bl. 192 d. A.). Diese Erwägung greift zu kurz. Auf Grund des Nachbesichtigungsverlangens lag es für die klagende Partei auf der Hand, dass die Regulierungsbeauftragte das Privatgutachten nicht für überzeugend hielt. Die Regulierungsbeauftragte war darüber hinaus nicht gehalten, zur Begründung der Nachbesichtigung konkrete Zweifel an dem Schaden bzw. an dessen Höhe vorzutragen. Würden schon beim Nachbesichtigungsverlangen als solchem Begründungsanforderungen gestellt, würde der Streit um die Begründetheit des Verlangens in den außergerichtlichen Zeitraum vorverlagert, in dem eine verbindliche Entscheidung über die Begründetheit gerade nicht möglich ist. Ein grundloses, dilatorisches Verhalten des gegnerischen Haftpflichtversicherers ist im Allgemeinen nicht zu besorgen, weil dieser, wie oben ausgeführt, die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung und damit das Risiko der Unbegründetheit der geltend gemachten Zweifel trägt. Zudem ist unter Berücksichtigung der langjährigen Erfahrungen des Senats im Rahmen der Spezialzuständigkeit für Verkehrsunfallsachen nicht zu erkennen und nicht zu erwarten, dass Haftpflichtversicherer das für sie kostenpflichtige Nachbesichtigungsverlangen aus sachfremden Erwägungen, insbesondere zur Verzögerung der Regulierung, einsetzen würden. Dem Geschädigten kommt als möglichem Inhaber von Schadensersatzansprüchen eine rasche Aufklärung des Sachverhalts, an der er kraft Gesetzes aktiv mitwirken soll, stets zugute (MünchKomm-VVG/Schneider, 2. Aufl. § 119 Rn. 25). Etwaige Rechtsunsicherheiten kann auch er vermeiden, indem er eine kurzfristige Nachbesichtigung ermöglicht.

cc) Weiter richtig hat das Landgericht die Sofortigkeit des Teilanerkenntnisses der Beklagten bejaht, obgleich dieses erst mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 und damit gut ein Jahr und neuneinhalb Monate nach dem anwaltlichen Anspruchsschreiben der Klägerseite vom 2. Februar 2016 erfolgt ist.

(1) Das sofortige Anerkenntnis setzt in der Regel voraus, dass der Beklagte die erste sich bietende prozessuale Möglichkeit gegenüber Gericht und Prozessgegner wahrnimmt. Wann diese Möglichkeit gegeben ist, bestimmt sich maßgeblich nach dem Zweck der Vorschrift (MünchKomm-ZPO/Schulz, 5. Aufl. § 93 Rn. 12). Im Einzelfall kann der Beklagte ein kostenbefreiendes Anerkenntnis sogar noch nach Beweisaufnahme abgeben, wenn der Kläger nicht alles ihm Zumutbare unternommen hatte, um den Beklagten von seinem Recht zu überzeugen (OLG Celle MDR 1954, 490 [Ls.]; OLG Köln MDR 1957, 754; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO 4. Aufl. § 93 Rn. 20). Erkennt der Versicherer, dem die Nachbesichtigung vom Geschädigten zu Unrecht verwehrt wurde, die Klage unmittelbar nach Einholung eines Sachverständigengutachtens an, sind dem Kläger gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil der Versicherer durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (AG Heilbronn DAR 2008, 90; Jaeger VersR 2011, 50, 51).

(2) Da der Regulierungsbeauftragten vorprozessual die Nachbesichtigung verwehrt worden war, war bis zum Tätigwerden des Gerichtssachverständigen Dipl.-Ing. E. für die Beklagten keine Möglichkeit gegeben, ihre begründeten Zweifel an der Richtigkeit eines vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens zu überprüfen. Dass somit auch nach längerer Zeit noch ein sofortiges Anerkenntnis mit für den Kläger nachteiligen Kostenfolgen möglich sein würde, war für den Kläger auf Grund des entsprechenden Hinweises in der Klageerwiderung (Bd. I Bl. 23 d. A.) erkennbar. Zur Beendigung der damit verbundenen Ungewissheit hätte der Kläger es in der Hand gehabt, eine Nachbesichtigung – wie später im Rahmen der Begutachtung durch den Gerichtssachverständigen Dipl.-Ing. E. geschehen – zu ermöglichen. Dass das mit Beschluss vom 7. Februar 2017 eingeholte Gerichtsgutachten vom 29. August 2017 erst am 15. November 2017 dem Landgericht vorlag (Bd. I Bl. 81 d. A.), haben jedenfalls nicht die Beklagten zu verantworten. Angesichts des Umfangs dieses Gutachtens von 66 Seiten (Bd. I Bl. 81 bis 146 d. A.), das den Prozessbevollmächtigten am 20. November 2017 zur Stellungnahme binnen vier Wochen zugestellt worden ist (Bd. I Bl. 147, 150 d. A.), haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten in dem am 18. Dezember 2017 beim Landgericht eingegangenen Telefax – selbst wenn man den Auslandsbezug in diesem Schadensfall außer Betracht ließe – die erste sich bietende prozessuale Möglichkeit gegenüber Gericht und Prozessgegner zum Teilanerkenntnis wahrgenommen.

c) Für den von der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung betroffenen, als Nebenforderung ohnehin nicht ins Gewicht fallenden Teil der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gelten die vorstehenden Erwägungen im Rahmen des § 91a Abs. 1 ZPO entsprechend. Im Übrigen ist, wie eingangs ausgeführt, hinsichtlich der Teilklagerücknahme die Kostenentscheidung des Landgerichts zu Grunde zu legen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da es an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO).

5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 2.967,67 € ergibt sich aus dem Betrag der bisher entstandenen Kosten und dem Umfang der Anfechtung (vgl. OLG München, Beschluss vom 8. Juni 2017 – 13 W 916/17, juris Rn. 21), hier also der angefallenen gerichtlichen und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 4.460,02 € und der Anfechtung im Umfang von 3.678,26 € bei einem Streitwert von bis zu 5.527,95 €. Die zwischenzeitlich eingetretene Streitwertminderung hat sich auch auf die Höhe der bereits entstandenen Terminsgebühren nicht mehr ausgewirkt, weshalb die Kosten auf der Grundlage des bis zur Entstehung aller Gebühren unveränderten Streitwerts in Höhe von 5.527,95 € zu verteilen waren. Findet – wie hier am 17. Januar 2017 vor dem Landgericht – ein Termin statt, so genügt es für die Entstehung der Terminsgebühr, dass der Rechtsanwalt seine Partei in diesem vertritt (Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG 10. Aufl. VV Nr. 3104 Vorb. 3 Rn. 52). Die Gerichtskosten betragen laut Kostenrechnung vom 2. März 2018 insgesamt 2.327,55 € (Bl. VII d. A.). Die Rechtsanwaltskosten der Beklagten in Höhe von 1.055,52 € sind deren Kostenfestsetzungsantrag vom 7. März 2018 zu entnehmen (Bd. I Bl. 187 f. d. A.). In Ermangelung eines Kostenfestsetzungsantrags der klagenden Partei sind deren Anwaltskosten mit 1.076,95 € anzunehmen (1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 460,20 € zuzüglich 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG in Höhe von 424,80 €, Auslagen gemäß Nr. 7001, 7002 VV RVG in Höhe von 20 € und Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG).