Ein kleiner Trost für Betroffene des Abgasskandals, die gegen den Hersteller ihres Fahrzeugs klagen möchten, kann eine Besonderheit hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts sein: Die Betroffenen müssen den Fahrzeughersteller nicht vor dem Gericht an dessen Sitz verklagen, sondern können die Klage an ihrem Wohnsitzgericht erheben. Dies nimmt vorliegend auch das LG Duisburg an. Der Grund dafür ist, dass die insoweit in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen für ein Schadensersatzbegehren (§§ 826, 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB) zugleich unerlaubte Handlungen im Sinne von § 32 ZPO darstellen. Üblicherweise ist der Ort, wo nach einer unerlaubten Handlung (etwa Körperverletzung oder Sachbeschädigung) ein (Vermögens-)Schaden eingetreten ist, zuständigkeitsrechtlich unbeachtlich (“Schadensort”). Hier besteht indes die Besonderheit, dass – da beide Anspruchsgrundlagen das Vermögen schützen – die Vermögensschädigung zugleich der tatbestandliche Erfolg und damit auch zuständigkeitsrechtlich relevanter Erfolgsort ist. Dieser befindet sich am Belegenheitsort des Vermögens, was zumindest bei Privatpersonen regelmäßig deren Wohnort bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort entspricht.

Die Klage war dann auch begründet: Das LG nahm eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung der Klägerin als der Käuferin eines mit der Einhaltung der Euro 5-Norm beworbenen Fahrzeugs, dessen Motorsoftware allerdings die Schadstoffemissionen nur auf dem Prüfstand reduzierte, an. Daher verurteilte es den Fahrzeughersteller, den Kaufpreis des Fahrzeugs als Schadensersatz abzüglich gezogener Nutzungen und Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs an die Klägerin zu zahlen.

LG Duisburg, Urteil vom 19. Februar 2018 – 1 O 178/17

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.928,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2017 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs W mit der Fahrgestellnummer ….

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 1.029,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.01.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 46 % und die Beklagte zu 54 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 23.02.2011 von der W2 GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) einen Pkw W mit der Fahrgestellnummer … zu einem Kaufpreis von 22.949,00 EUR (brutto). Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung der “Auftragsbestätigung” Bezug genommen (Bl. 33 GA).

Das Fahrzeug wurde von der Beklagten hergestellt. In ihm ist ein Motor des Typs EA189 verbaut. In dem Fahrzeug ist serienmäßig eine Motorensteuergerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert. In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro-5-Norm vorgegebenen Grenzwerte – nur während des Durchfahrens des NEFZ – eingehalten werden. Anschließend wird der Modus wieder deaktiviert, sodass die Grenzwerte – insbesondere im normalen Straßenbetrieb – wieder überschritten werden. Durch Verwendung der Motorensteuergerätesoftware erlangte die Beklagte eine EU-Typengenehmigung, weil die Behörde davon ausging, dass der Fahrzeugtyp die Anforderungen der Euro-5-Norm erfüllt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren unstreitig verschiedene Angestellte der Beklagten in das Vorgehen der Beklagten involviert, u.a. K (Leiterin der Funktions- und Softwareentwicklung innerhalb der Q), F (Leiter der Dieselmotoren-Entwicklungsabteilung) und L (Leiter der Dieselsystemanwendung innerhalb der Q). Wegen der Einzelheiten wird auf S. 7 des Schriftsatzes der Klägerin vom 25.10.2017 Bezug genommen (Bl. 393 GA).

Nachdem im Rahmen des sogenannten “Abgasskandals” öffentlich bekannt wurde, dass die Beklagte diese Software in einer Vielzahl von Fahrzeugtypen zum Einsatz brachte und dass alle Fahrzeuge der betroffenen Typen im normalen Straßenbetrieb die Grenzwerte überschritten, entwickelte die Beklagte ein Update für die Motorensteuergerätesoftware. Nach dem Update verfügt das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus.

Die Klägerin beauftragte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit ihrer außergerichtlichen Vertretung. Diese forderten die Beklagten mit vorgerichtlichem Schreiben vom 04.01.2017 unter Fristsetzung zum 13.01.2017 auf, an die Klägerin 16.769,91 EUR Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 1.430,38 EUR zu zahlen. Wegen des genauen Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung des vorgerichtlichen Schreibens vom 04.01.2017 Bezug genommen (Bl. 116 GA).

Die Klägerin nutzte das Fahrzeug nach dem Kauf weiter. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung legte sie mit dem Fahrzeug eine Strecke von 130.824 km zurück.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne von der Beklagten Schadensersatz gerichtet auf Rückgewähr des Fahrzeugs Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs verlangen. In diesem Zusammenhang behauptet sie:

Die Klägerin behauptet weiter, sie habe sich aufgrund der Täuschung der Beklagten über die Eigenschaften des Fahrzeugs geirrt, insbesondere über die Gesetzeskonformität der Software und über die Richtigkeit der von dem Fahrzeug auf dem Prüfstand erzielten Schadstoffwerte. Aufgrund dieses Irrtums habe sie sich zum Kauf des Fahrzeugs entschlossen. Hätte sie Kenntnis von den tatsächlichen Werten gehabt, hätte sie das Fahrzeug nicht erworben. Als umweltbewusste und rechtstreue Person sei die Nutzung für sie nicht hinnehmbar.

Die Klägerin hält das Vorgehen der Beklagten für sittenwidrig. Sie behauptet, die Beklagte habe sich aus Gewinnstreben und zum Erlangen der Marktführerschaft entschlossen, Dieselmotoren zu entwickeln, die den Anforderungen der Euro-5-Norm entsprechen. Dies sei ihr jedoch nicht gelungen. Deshalb habe sie beschlossen, eine von der S GmbH zu Testzwecken entwickelte Software einzusetzen, um im Falle eines Abgastests die Messwerte zu manipulieren. Dadurch sollten auf dem Prüfstand ausreichende Messwerte erreicht werden, um die entsprechende EU-Typengenehmigung zu erlangen. Hierzu sei die Software serienmäßig in den Fahrzeugen – u.a. auch in das von der Klägerin erworbene Fahrzeug – eingebaut worden. Die Klägerin habe in Kauf genommen, auf Kosten der Umwelt und Gesundheit von Menschen Fahrzeuge mit zu hohen Schadstoffwerten in Verkehr zu bringen, um ihren Profit und ihre Marktanteile zu steigern.

Die Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt. Die Anweisung, die Software in die Motoren zu integrieren, sei vom damaligen Entwicklungsvorstand I erteilt worden. Neben den unstreitig beteiligten Angestellten sei allen Vorstandsmitgliedern, insbesondere Herrn E X, der Einsatz der Software bekannt gewesen. Sie hätten auch gewusst, dass es sich dabei um eine verbotene Abschalteinrichtung gehandelt habe und dass die Fahrzeuge infolge des Einsatzes nicht über eine wirksame EU-Typengenehmigung verfügten, dass die ausgestellten Übereinstimmungsbescheinigungen falsch und die Fahrzeuge nicht zulassungsfähig seien.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie müsse sich von ihrem Anspruch keine Nutzungsentschädigung abziehen lassen. Andernfalls behauptet sie, es sei von einer durchschnittlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km auszugehen. Die Klägerin meint, die Beklagte müsse ihr zudem weitere Aufwendungen ersetzen, die sie aufgrund des Kaufs des Fahrzeugs getätigt hat: Sie behauptet, sie habe das Fahrzeug mit einem Darlehen der W3 am 13.05.2011 finanziert. In dem Darlehensvertrag seien Zinsen von 987,46 EUR vereinbart worden (Anlage K 1.1, Bl. 34 GA). Weiterhin habe die Klägerin einen 48-monatigen Service Management Vertrag mit der W4 beginnend ab Juni 2011 mit einem monatlichen Betrag von 12,40 EUR und einmaligen Berechnungskosten von 24,80 EUR geschlossen; insgesamt seien dadurch Kosten von 682,00 EUR entstanden (K1.2 und K1.3, Bl. 35 f. GA). Zudem habe die Klägerin Winterreifen zu einem Kaufpreis von 504,99 EUR erworben (K1.4, Bl. 37 GA). Außerdem habe sie notwendige Reparaturmaßnahmen durch das Autohaus F2 vornehmen lassen, die mit 916,59 EUR in Rechnung gestellt worden seien (K1.5, Bl. 38 GA).

Der Marktwert des Fahrzeugs sei nach Bekanntwerden der Manipulation um mindestens 20 % gesunken. Diese Wertminderung sei den Verantwortlichen bei der Beklagten auch bewusst gewesen und von ihnen in Kauf genommen worden. Zudem bestehe die Gefahr, dass das Fahrzeug stillgelegt werde und der Versicherungsschutz erlösche.

Das von der Beklagten angebotene Software-Update sei ungeeignet, den Schaden zu beseitigen; auch nach dem Update sei der NOx-Ausstoß zu hoch. Die Installation des Updates sei für die Klägerin nach ihrer Auffassung unzumutbar, weil es zu einer Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs, einer Verminderung der Motorleistung sowie zu Schäden am Motor und zu einer Reduzierung der Haltbarkeitsdauer des Partikelfilters führe. Zudem sei eine Nacherfüllung durch das betrügende Unternehmen unzumutbar.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs W mit der Fahrgestellnummer … im Wege des Schadensersatzes an die Klägerin 26.040,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 14.01.2017 im Annahmeverzug befindet;

3. Die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe nicht über die Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht. Sie habe niemals zugesichert, dass die auf dem Prüfstand erreichten Laborwerte auch im normalen Straßenbetrieb erzielt würden. Es sei vielmehr naturgemäß so, dass es im Straßenbetrieb zu Abweichungen komme. Zudem sei das Fahrzeug auch nicht fehlerbehaftet. Es sei technisch sicher und fahrbereit und verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen, insbesondere wurde – was unstreitig ist – die EU-Typengenehmigung vom Kraftfahrtbundesamt nicht aufgehoben. Bei der installierten Software handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung, weil die Rückführung der Abgase in den Motor lediglich eine innermotorische Maßnahme betreffe und die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems im realen Fahrzeugbetrieb nicht eingeschränkt werde, sondern lediglich um eine “Umschaltlogik”. Im Übrigen entspreche der Zustand des Fahrzeugs den gesetzlichen Vorgaben. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, Emissionsgrenzwerte allein unter Laborbedingungen festzulegen. Es gebe keine gesetzlichen Vorgaben, die die Einhaltung von Grenzwerten im normalen Straßenbetrieb festlegten. Auf dem Prüfstand würden die Grenzwerte jedoch – was unstreitig ist – durch die serienmäßig installierte Software eingehalten.

Die Beklagte habe auch nicht vorsätzlich gehandelt. Kein Vorstandsmitglied habe zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis von der Verwendung der Software gehabt.

Im Übrigen müsse sich die Klägerin jedenfalls die erzielten Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Die Beklagte behauptet, die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs betrage nur 200.000 km. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einem Nutzungs- bzw. Wertersatzanspruch von 14.619,58 EUR. Die Beklagte erklärt sich mit Nichtwissen zu den Behauptungen der Klägerin, sie habe auf ein Darlehen Zinsen von 987,46 EUR, 504,99 EUR für Winterreifen, 682,00 EUR für Serviceleistungen sowie 916,59 EUR für Reparaturleistungen gezahlt. Nach Auffassung der Beklagten seien die Serviceleistungen nicht erstattungsfähig, weil der Klägerin der Nutzen, der durch die Serviceleistungen entstehen konnte, vollständig zugutegekommen sei.

Die Beklagte meint außerdem, ein etwaiger Mangel an dem Fahrzeug sei unerheblich. Sie behauptet, nach Durchführung der von der Beklagten für die Klägerin kostenlos angebotenen Maßnahmen werde das Fahrzeug stets alle Grenzwerte einhalten. Durch die Maßnahmen würden auch keine Verschlechterungen an dem Fahrzeug auftreten. Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen würden sich nicht negativ verändern. Auch gebe es keine negativen Einflüsse auf die Haltbarkeit des Motors und seiner Komponenten. Dies beruhe auf neuen technischen Erkenntnissen, infolge derer der Verbrennungsprozesses durch das Software-Update optimiert worden sei.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 26.07.2017 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den dazugehörigen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Der Beklagten war auf ihren Antrag kein Schriftsatznachlass gemäß § 139 Abs. 5 ZPO oder § 283 ZPO zu gewähren. Weder hat die Kammer einen Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilt, noch liegen die Voraussetzungen von § 283 ZPO vor. Insbesondere handelt es sich bei der Frage, ob die von der Klägerin benannten Angestellten Kenntnis von den Manipulationen hatten, nicht um neuen Sachvortrag der Klägerseite, der der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt worden wäre. Der entsprechende Schriftsatz der Klägerin ist der Beklagten vielmehr mehr als zwei Monate vor dem Termin zugestellt worden. Soweit der Beklagtenvertreter noch Stellung dazu nehmen wollte, wie sich die Kenntnis der Angestellten auf eine Haftung auswirkt, handelt es sich um bloße Rechtsfragen, für die kein Schriftsatznachlass zu gewähren ist.

II.

Die Klage ist zulässig.

Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 GVG, weil der Streitwert 5.000,00 EUR übersteigt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO. Im Rahmen von § 32 ZPO kann die Klage an jedem Ort erhoben werden, an dem ein Teilakt der unerlaubten Handlung begangen worden ist. Daher kann die Klage sowohl an dem Ort, an dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist (Handlungsort), als auch an dem Ort, an dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgsort), erhoben werden. Gehört zum Tatbestand der Verletzungsnorm der Eintritt eines Vermögensschadens, so ist als Erfolgsort auch der Belegenheitsort des Vermögens des Verletzten, also regelmäßig dessen Wohnsitz anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. 10. 2010 – XI ZR 394/08 = BKR 2010, 509). Vorliegend ist nach diesen Grundsätzen ein Gerichtsstand auch am Wohnsitz der Klägerin als Erfolgsort begründet, weil die Klägerin ihre Klage unter anderem auf einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) stützt und zum Tatbestand dieser Norm auch der Eintritt eines Vermögensschadens gehört.

Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu 2. folgt aus § 756 ZPO, weil die Klägerin im Falle ihres Obsiegens die spätere Zwangsvollstreckung nur unter den erschwerten Voraussetzungen betreiben kann, solange der Annahmeverzug nicht rechtskräftig festgestellt ist.

III.

Die Klage hat teilweise Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 13.928,86 EUR gegen die Beklagte gemäß § 826 BGB.

a) Die Haftung besteht dem Grunde nach.

aa) Die Beklagte hat der Klägerin einen Schaden zugefügt. Ein Schaden im Sinne von § 826 BGB ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nur dann zu bejahen, wenn sich die Vermögenslage im Sinne der Differenzhypothese durch das schädigende Verhalten verschlechtert hat, sondern davon losgelöst auch dann, wenn Leistung und Gegenleistung zwar objektiv gleichwertig sind, der Geschädigte aber durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03 = BGHZ 161, 361-371 m.w.N.).

Das ist hier der Fall. Es kommt nicht darauf an, ob das Fahrzeug der Klägerin durch den Einsatz der Software oder durch das spätere Bekanntwerden der Manipulationen einen Wertverlust erlitten hat. Die Beklagte hat der Klägerin nämlich schon dadurch einen Schaden im vorgenannten Sinn zugefügt, indem sie sie mittelbar zum Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug verleitete, den die Klägerin sonst nicht geschlossen hätte. Dies hat sie getan, indem sie ein Fahrzeug produzierte und auf den Markt brachte, dessen tatsächliche Schadstoffausstoßwerte nicht mit den von der Beklagten suggerierten Werten übereinstimmten und indem sie bei der Klägerin mittelbar durch die Veröffentlichung von falschen Produktdaten sowie durch die Erwirkung einer falschen Typengenehmigung bzw. Übereinstimmungsbescheinigung den Irrtum erzeugte, das das Fahrzeug die gesetzlichen Grenzwerte der Euro-5-Norm im normalen Straßenverkehr einhalte.

Die Beklagte hat ein Fahrzeug hergestellt und in Verkehr gebracht, dessen Schadstoffausstoßwerte aufgrund der darin installierten Software nicht denjenigen Werten entsprachen, die die Beklagte suggeriert hat. Die Beklagte hat durch die Angabe, das Fahrzeug halte die Grenzwerte der Euro-5-Norm ein, der Öffentlichkeit im Allgemeinen und jedem interessierten Fahrzeugkäufer im Besonderen den Eindruck vermittelt, das Fahrzeug halte diese Grenzwerte unter idealen Betriebsbedingungen stets – also auch im normalen Straßenbetrieb – ein, obwohl dies in Wahrheit nicht der Fall war. Der Einwand der Beklagten, das Fahrzeug sei gar nicht fehlerhaft und sie habe niemals zugesichert, dass die auf dem Prüfstand erreichten Laborwerte auch im normalen Straßenbetrieb erzielt würden, ist ganz erstaunlich. Jedermann und insbesondere jeder vernünftige Kaufinteressent, der sich über die Fahrzeugdaten informiert, geht selbstverständlich davon aus, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand in demselben Grundmodus betrieben wird, wie im normalen Straßenverkehr und dass es deshalb auch im normalen Betrieb jedenfalls unter optimalen Bedingungen die auf dem Prüfstand gemessenen Grenzwerte erreichen kann. Demgegenüber kann die Beklagte nicht ernsthaft annehmen, dass irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, dass auf dem Prüfstand ein anderer Betriebsmodus getestet würde, als im normalen Straßenverkehr. Denn eine Prüfung der Fahrzeuge wäre gänzlich sinnlos, wenn mit dem Test nicht versucht würde, zumindest annäherungsweise den Schadstoffausstoß zu ermitteln, den die Fahrzeuge auch im normalen Betrieb erreichen bzw. unter optimalen Bedingungen erreichen können. Dass auf dem Prüfstand unter Laborbedingungen geringfügige Abweichungen vorkommen mögen, mag sein; bei diesen Abweichungen handelt es sich aber schon vom Grundsatz her um gänzlich andere Werte, als solche, die durch eine gezielte Manipulation des Prüfungsverfahrens durch die von der Beklagten eingesetzte Software erreicht werden.

Durch dieses Verhalten hat die Beklagte die Klägerin zum Abschluss eines Vertrags verleitet, den sie sonst nicht geschlossen hätte. Die Klägerin hatte sich zu dem Kauf eines Fahrzeugs entschlossen, das von seiner Beschaffenheit her dem von der Beklagten beworbenen Zustand entspreche und das insbesondere die Grenzwerte der Euro-5-Norm einhalte. Ein solches Fahrzeug hat sie jedoch nicht erhalten; sie hat vielmehr ein Fahrzeug erworben, das mit der manipulierenden Software ausgestattet war und das tatsächlich die Grenzwerte nicht einhielt. Auf die Frage, ob zwischenzeitlich ein Softwareupdate die Mängel beheben kann, kommt es dabei nicht an, weil es im Rahmen eines Anspruchs aus § 826 BGB kein Recht zur Nachbesserung gibt. Dadurch, dass die Klägerin nicht das Fahrzeug erhielt, zu dessen Kauf sie sich bei ihrer Willensbildung entschlossen hatte, ist sie an einer auf ihrer freien Willensbildung beruhenden Teilnahme am Wirtschaftsleben gehindert worden, ohne dass es eines wirtschaftlichen Nachteils bedarf. Dies ist auch von der Beklagten verursacht worden. Denn ohne die Entwicklung, Herstellung und das Inverkehrbringen des Fahrzeugs hätte die Klägerin es nicht erwerben können. Ohne die vorgenannte öffentliche Suggestion der Beklagten, das Fahrzeug halte die Grenzwerte der Euro-5-Norm stets ein, hätte die Klägerin das Fahrzeug ebenfalls nicht erworben. Denn wenn die Beklagte offen eingeräumt hätte, dass in dem Fahrzeug die in Rede stehende Software installiert ist und dass das Fahrzeug im normalen Straßenbetrieb die Grenzwerte nicht einhalten kann, weil es dort in einem alternativen Modus mit einem per se höheren Schadstoffausstoß betrieben werde, wäre das Fahrzeug schon gar nicht erst zugelassen worden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich in Kenntnis der wahren Umstände nicht zum Kauf des Fahrzeugs entschlossen hätte. Für die Klägerin spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es für die Darlegung eines Ursachenzusammenhangs zwischen einer Täuschung und der Abgabe einer Willenserklärung ausreicht, dass der Getäuschte Umstände darlegt, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten und nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung gehabt haben können (BGH Urteil vom 12.05.1995 – V ZR 34/94 = NJW 1995, 2361). In diesem Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Täuschung auf die Willensentschließung Einfluss gehabt hat (BGH, Urteil vom 05. Dezember 1975 – V ZR 34/74 = MDR 1976, 388). Diese Grundsätze sind auch hier anwendbar. Die Klägerin hat ausreichend dargelegt, dass sie das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn sie Kenntnis von der eingesetzten Software und den tatsächlichen Schadstoffwerten gehabt hätte. Das ist auch plausibel. Einerseits liegt es auf der Hand, dass kein Käufer ein solches Fahrzeug in dem Wissen erworben hätte, dass dies mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklang steht und andererseits hätte ein Käufer das Fahrzeug jedenfalls nicht zu dem hier in Rede stehenden Preis erworben. Denn wenn das Fahrzeug, das der Käufer erwirbt tatsächlich schlechter gewesen ist, als das, was er erwarten durfte, wäre der Kaufpreis entsprechend geringer gewesen. Es ist insoweit allgemein bekannt, dass mindere Qualität zu einem geringeren Kaufpreis am Markt führt. Den sich daraus ergebenden Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert. Sie hat schon keine Tatsachen vorgetragen, die zur Erschütterung geeignet wären.

Soweit in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, gegen die die Beklagte durch den Einsatz der Software und die Manipulation des Prüfungsverfahrens verstoßen hat, nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen diene, und deshalb Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Verstoß der Beklagten nicht unter den Schutzbereich des § 826 BGB fielen (vgl. LG Köln, Urteil vom 07.10.2016 – 7 O 138/16; LG Ellwangen, Urteil vom 10.06.2016 – 5 O 385/15; LG Braunschweig, Urteil vom 19. Mai 2017 – 11 O 4153/16 – jeweils zitiert nach juris), vermag sich die Kammer dieser Ansicht nicht anzuschließen. Denn die Haftung aus § 826 BGB hängt nicht davon ab, auf welchem Weg und unter Verstoß gegen welche gesetzlichen Vorschriften der Schädiger gehandelt hat (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris). Es steht auch nicht zu befürchten, dass es andernfalls zu einer Ausuferung der Haftung kommen würde: Der Schädiger haftet allein für die durch seine sittenwidrige Schädigung verursachten Vermögensschäden, der Kreis der Ersatzberechtigten wird dadurch eingegrenzt, dass der Schädiger hinsichtlich der Schädigung mit Vorsatz handeln muss (s.u.) und dadurch diejenigen Personen, deren Vermögensschäden zu ersetzen sind, von vornherein ausreichend genau bestimmt werden; erfasst werden im vorliegenden Fall nämlich nur die Erwerber der von der Manipulation betroffenen Fahrzeuge. Im Übrigen übersieht die vorzitierte Rechtsauffassung, dass der Beklagten nicht allein ein Verstoß gegen das Genehmigungsverfahren anzulasten ist, sondern insbesondere, dass sie der Allgemeinheit und den betroffenen Fahrzeugkäufern durch ihre öffentlichen Angaben und die – von ihr zu verantwortenden Übereinstimmungsbescheinigungen – suggeriert, dass die Fahrzeuge bestimmte technische Eigenarten aufweisen, die tatsächlich nicht gegeben sind. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB hängt schließlich auch nicht davon ab, ob der Käufer seinen Vermögensschaden von einer anderen Person ersetzt verlangen kann. Das Bestehen von kaufrechtlichen Ansprüchen gegen den Verkäufer schließt deliktische Ansprüche gegen einen Dritten nämlich keinesfalls aus (LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris).

bb) Das Verhalten der Beklagten war auch sittenwidrig. Nach der Rechtsprechung liegt Sittenwidrigkeit vor, wenn das Verhalten des Täters gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (BGH, Urteil vom 09.07.1953 – IV ZR 242/52 = BGHZ 10, 228; Urteil vom 19.10.2010 – VI ZR 124/09 = VersR 2010, 1659; Urteil vom 03.12.2013 – XI ZR 295/12 = NJW 2014, 1098). Zwar genügt nicht jeder Gesetzesverstoß zur Annahme der Sittenwidrigkeit. Hinzukommen müssen besondere Umstände, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als “anständig” Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 10.07.2001 – VI ZR 160/00 = NJW 2001, 3702; Urteil vom 20.11.2012 – VI ZR 268/11 = NJW-RR 2013, 550; Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 124/12 = NJW 2014, 1380).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das schädigende Verhalten der Beklagten ist sowohl wegen seines Zwecks als auch wegen des angewandten Mittels als auch mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung als verwerflich anzusehen. Es kann nur davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Software eingebaut hat, weil sie nicht in der Lage war, auf andere Art und Weise mit vergleichbarem Aufwand Fahrzeuge zu entwickeln, die die Euro-5-Norm auch im normalen Straßenbetrieb einhalten. Dementsprechend diente der Einsatz der Software dazu, Fahrzeuge zu produzieren und zu verkaufen, die andernfalls keine oder zumindest weniger Abnehmer gefunden hätten. Das Verhalten der Beklagten diente damit dazu, auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit von Menschen und anderen Lebewesen, die durch die (höheren) Schadstoffwerte gefährdet bzw. geschädigt werden, den Umsatz der Beklagten zu steigern, sich im Wettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen durchzusetzen und die Marktmacht des Unternehmens der Beklagten weiter auszubauen. Der entsprechende Vortrag des Klägers gilt als zugestanden, weil die Beklagte ihn nicht ausreichend bestritten hat (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat nämlich keinen vernünftigen Grund benannt, warum sie die Software sonst hätte einsetzen sollen. Im Übrigen liegen diese Ziele der Beklagten angesichts der Art und Weise der Manipulation auf der Hand. Schon der Zweck, also das millionenfache Veräußern von Fahrzeugen, die den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen und einen zu hohen Schadstoffausstoß aufweisen, ist als verwerflich anzusehen, weil er mit den Regeln eines geordneten Zusammenlebens nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral nicht vereinbar ist. Aber auch die Mittel, nämlich durch den Einsatz der Software die technischen Unzulänglichkeiten der Fahrzeuge gegenüber den Prüfungs- und Zulassungsbehörden planmäßig zu verschleiern, sowie die sich daraus mittelbar ergebende Täuschung der Käufer über die zu erwartenden Eigenschaften der Fahrzeuge, sind nach den vorgenannten Grundsätzen als verwerflich anzusehen. Dasselbe gilt für die von rücksichtslosem Gewinnstreben auf Kosten der Umwelt, der Allgemeinheit und der einzelnen Käufer geprägte Gesinnung der Beklagten. Diese Umstände führen schon jeweils allein und erst recht in ihrem Zusammenspiel dazu, dass das Verhalten der Beklagten als grob sittenwidrig einzustufen ist (vgl. u.a. auch LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16; LG Dortmund, Urteil vom 06.06.2017 – 12 O 228/16; LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17; LG Osnabrück, Urteil vom 28.06.2017 – 1 O 29/17; LG Saarbrücken, Urteil vom 14.07.2017 – 12 O 104/16; LG Frankfurt a. d. Oder, Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16; LG Köln, Urteil vom 18.07.2017 – 22 O 59/17; LG Krefeld, Urteil vom 19.07.2017 – 7 O 147/16; LG Essen, Urteil vom 28.08.2017 – 4 O 114/17; LG Bielefeld, Urteil vom 16.10.2017 – 6 O 149/16; im Ergebnis wohl ebenso: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17 – jeweils zitiert nach juris).

cc) Die Beklagte handelte auch vorsätzlich. Gemäß § 826 BGB muss die Zufügung des Schadens vorsätzlich erfolgt sein. Nach ganz herrschender Meinung muss sich der Vorsatz dabei sowohl auf die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände als auch auf die Schädigung beziehen. Hinsichtlich der Schädigung ist der Vorsatz zu bejahen, wenn der Schädiger die Art und Richtung der Schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen hat (BGH, BGH, Urteil vom 20.11.1990 – VI ZR 6/90 = NJW 1991, 634; Urteil vom 15.09.1999 – I ZR 98/97 = NJW 2000, 393).

Davon ist vorliegend auszugehen. Die den Schadstoffausstoß beeinflussende Software kann nicht versehentlich in das Fahrzeug eingebaut worden sein, sondern muss willentlich entwickelt und installiert worden sein. Die Wirkungsweise der Software war ebenfalls gewollt. Sie ist gerade mit der Absicht eingebaut worden, das Durchlaufen des NEFZ zu erkennen und den Schadstoffausstoß während der behördlichen Prüfung zu senken, um so die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten. Aus dem Umstand, dass die Software überhaupt entwickelt, eingebaut und genutzt worden ist, folgt, dass den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst war, dass der von ihr entwickelte Fahrzeugtyp die gesetzlich geforderten Grenzwerte nicht einhält und dass keine Genehmigung nach der Euro-5-Norm erteilt werden könne. Denn andernfalls wäre der Einsatz einer Software, die die Schadstoffemissionen nur auf dem Prüfstand verbessert, überflüssig und sinnlos gewesen.

Dass durch die Überschreitung der Grenzwerte bzw. den höheren Schadstoffausstoß höhere Gefahren für die Umwelt, den Menschen und anderen Lebewesen drohen, liegt auf der Hand und muss jedem Mitarbeiter der Beklagten bewusst gewesen sein. Indem die Verantwortlichen das Fahrzeug trotzdem in produziert und in Verkehr gebracht haben, haben sie die sich daraus ergebenden Schäden an den vorgenannten Rechtsgütern und Personen zumindest billigend in Kauf genommen. Dies geschah gerade in der Absicht, den Gewinn zu steigern und die Marktstellung der Beklagten zu verbessern, weil der Einsatz der Software gerade den Verkauf der Fahrzeuge ermöglichen bzw. fördern sollte.

Aus dem Vorgenannten folgt im Übrigen, dass auch die Täuschung der Käufer und damit die Beeinflussung ihrer freien Willensbildung bei der Kaufentscheidung gewollt gewesen ist. Dass die Käufer eines Fahrzeugs, das mit Euro-5-Norm zugelassen ist, davon ausgehen, dass jedenfalls bei optimalem Betrieb die Grenzwerte dieser Norm eingehalten werden, ist jedermann, erst recht jedem Mitarbeiter eines Kraftfahrzeugherstellers, bekannt. Damit bestand auf Seiten der Beklagten auch Kenntnis davon, dass die verkauften Fahrzeuge die am Markt erwarteten Eigenschaften nicht aufwiesen und dass dies den Käufern nicht bekannt war. Man wusste mithin, dass die Käufer ihre Kaufentscheidungen auf unzutreffender Tatsachengrundlage treffen würden. Indem die für die Beklagte in verantwortlicher Position Handelnden in diesem Wissen veranlassten bzw. hinnahmen, dass Fahrzeuge mit der manipulierenden Software verkauft wurden, ohne dass die Abweichung von den Erwartungen der Käufer offengelegt wurden, nahmen sie zumindest billigend in Kauf, dass die Käufer Fahrzeuge erhielten, deren Eigenschaften hinter deren berechtigten Erwartungen zurückblieben. Schließlich fand sich die Beklagte auch damit ab, dass dieser Irrtum nicht nur bei ihren unmittelbaren Vertragspartnern, sondern auch bei Käufern von Neuwagen bei Vertragshändlern und späteren Gebrauchtwagenkäufern auftreten würden. Denn die Beklagte wusste, dass die von ihr suggerierten Schadstoffausstoßwerte auch von solchen Käufern von Neu- oder Gebrauchtwagen wesentlich berücksichtigt werden, die die Fahrzeuge nicht unmittelbar von der Beklagten erwerben. Damit nahm die Beklagte die Schädigung der Klägerin zumindest billigend in Kauf. Dass die Person der Klägerin noch nicht bekannt war bzw. feststand, ist unerheblich, weil es ausreicht, dass sich der Vorsatz auf die Schädigung irgendeines Käufers bezog.

dd) Das Verhalten und der Vorsatz ihrer Mitarbeiter ist der Beklagten auch zuzurechnen.

Einem Unternehmen wird zunächst das Verhalten und Wissen von Organen gemäß § 31 BGB zugerechnet (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 = WM 2016, 1975). Bei dem in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebenen Unternehmen betrifft dies das Verhalten des Vorstands und aller Vorstandsmitglieder (vgl. § 76 AktG). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine juristische Person darüber hinaus auch für das Verhalten sonstiger verfassungsmäßig berufener Vertreter sowie für alle sonstigen Personen haftet, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, sodass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (ständige Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 27.04.1962 – VI ZR 210/61 = VersR 62, 664; Urteil vom 30.10.1967 – VII ZR 82/65 = BGHZ 49, 19; Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 = WM 2016, 1975). Es ist nicht notwendig, dass die betreffende Person in der geschäftsführenden Verwaltung tätig ist. Entscheidend ist vielmehr, es sich um einen leitenden Angestellten handelt, der aufgrund der Organisation der juristischen Person eine gewisse Selbständigkeit der Entschließung und dementsprechend ein gewisses Maß von Eigenverantwortung für einen größeren Verwaltungsbereich hat. So hat etwa die Rechtsprechung die Haftung einer juristischen Person auf Sachbearbeiter erstreckt, denen wichtige Angelegenheit zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen worden sind (vgl. RG, Urteil vom 14.03.1939 – III 128/37 = RGZ 162, 129), sowie auf einen Chefarzt eines Krankenhauses und einer Krankenhausabteilung und dessen Vertreter, wenn sie im medizinischen Bereich weisungsfrei arbeiten (BGH, Urteil vom 22.04.1980 – VI ZR 121/78 = BGHZ 77, 74). In Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze haftet ein Unternehmen, das Kraftfahrzeuge entwickelt und herstellt, insbesondere für solche Personen, denen innerhalb der Unternehmensstruktur leitende und eigenverantwortliche Tätigkeiten bezüglich der Fahrzeugentwicklung – insbesondere hinsichtlich zentraler Bauteile wie Motoren -, der Produktsicherheit, der Genehmigungsverfahren und der Produktion übertragen sind.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist es der Beklagten zunächst zuzurechnen, dass ihre Mitarbeiter die Manipulationssoftware in dem hier in Rede stehenden Motorensystem installiert, mithilfe der Software eine rechtswidrige EG-Typengenehmigung erschlichen und anschließend die Fahrzeuge in Verkehr gebracht haben. Bei den von dem Kläger auf S. 7 des Schriftsatzes vom 25.10.2017 namentlich benannten Personen, insbesondere bei der Leiterin der Funktions- und Softwareentwicklung bzw. dem Leiter der Dieselmotorenentwicklungsabteilung handelt es sich um leitende Angestellte im vorgenannten Sinne. Sie treffen für ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich eigenverantwortliche Entscheidungen von erheblicher Tragweite für das Unternehmen der Beklagten. Das ergibt sich sowohl sinngemäß aus dem Vortrag der Klägerin, den die Beklagte nicht bestritten hat, als auch aus der speziellen Art ihrer Tätigkeit. Bei der Motorenentwicklung einschließlich der Entwicklung der dazugehörigen Steuerungssoftware handelt es sich um einen Kernbereich eines Unternehmens, das Kraftfahrzeuge entwickelt und produziert. Die Leiter der entsprechenden Abteilungen haben eine derart zentrale und für den Unternehmenserfolg wesentliche Stellung, dass sie nach den eingangs genannten Grundsätzen über eine gewisse Selbständigkeit der Entschließung und ein erhebliches Maß von Eigenverantwortung verfügen. Die Beklagte behauptet auch nicht einmal, dass die Software ohne Wissen und Wollen wichtiger Entscheidungsträger in die Fahrzeuge gelangt wäre, sondern beschränkt sich auf die pauschale Verteidigung, dass der Vorstand keine Kenntnis gehabt habe. Die vorgenannten Personen handelten auch vorsätzlich, sodass sich die Beklagte auch den Vorsatz zurechnen lassen muss. Der Einsatz der Software und die sich daraus ergebenden Konsequenzen ist von ihnen in ihrer leitenden Funktion entweder selbst veranlasst bzw. gebilligt und mit getragen worden. Das ergibt sich ebenfalls aus der unbestrittenen Behauptung der Klägerin, die benannten Personen seien “in den Betrug involviert” gewesen.

b) Die Beklagte hat gemäß § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst daher zunächst die Rückzahlung des Kaufpreises von unstreitig 22.949,00 EUR Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Denn ohne die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung hätte die Klägerin das Fahrzeug nicht erworben und den Kaufpreis nicht zahlen müssen; im Gegenzug hätte sie das Fahrzeug nicht übergeben und übereignet bekommen.

Die Klägerin muss sich allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung die Vorteile anrechnen lassen, die sie durch die Nutzung des Fahrzeugs erzielt hat. Denn andernfalls stände sie durch das schädigende Ereignis besser, als sie es ohne die Schädigung tun würde. Die Kammer schätzt den Wert der von der Klägerin gezogenen Nutzungen auf 10.007,60 EUR. Der Wert der Nutzung des Fahrzeugs berechnet sich anhand der Formel: Bruttokaufpreis multipliziert mit der gefahrenen Kilometerzahl dividiert durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung. Der Bruttokaufpreis betrug 22.949,00 EUR, die gefahrene Kilometerzahl zum Schluss der mündlichen Verhandlung betrug unstreitig 130.824 km. Die Kammer legt der Schätzung eine zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km zu Grunde, die für ein Dieselfahrzeug realistisch erscheint. Die von der Beklagten angesetzten 200.000 EUR entsprechen nicht einmal der Erwartung an ein Fahrzeug mit einem modernen Benzinmotor. Insgesamt ergibt sich nach der vorgenannten Formel daher eine Nutzungsentschädigung von 10.007,60 EUR (22.949 EUR x 130.824 km / 300.000 km). Von dem Kaufpreis verbleibt damit noch ein Restbetrag von 12.941,40 EUR (22.949 EUR – 10.007,60 EUR). Hinsichtlich der Differenz von 10.007,60 EUR ist die Klage unbegründet. Soweit die Klägerin meint, sie müsse sich die gezogenen Nutzungen nicht anrechnen lassen, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Insbesondere lässt sich dies nicht auf Verweis auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie begründen, weil deren Anwendungsbereich nicht eröffnet ist; zwischen den Parteien besteht kein Kaufvertrag, eine analoge Anwendung der Sondervorschrift kommt nach allgemeinen Grundsätzen nicht in Betracht. Es überrascht im Übrigen, dass die Klägerin den Abzug plötzlich nicht mehr vornehmen möchte, nachdem sie sowohl vorgerichtlich als auch noch mit der Klageschrift selbst von der Notwendigkeit eines entsprechenden Abzugs ausgegangen ist.

Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Zinsen in Höhe von 987,46 EUR, die sie im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises aufgewendet hat. Dass die Klägerin die von ihr behauptete Finanzierung getätigt hat, ergibt sich aus der von ihr vorgelegten Anlage K1.1. Die Richtigkeit des Schreibens wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass die Klägerin einen entsprechenden Finanzierungsvertrag mit der W4 geschlossen hat. Da der Vertrag zur Finanzierung des Fahrzeugs geschlossen worden ist und die Klägerin das Fahrzeug unstreitig erhalten hat, steht zugleich fest, dass das Darlehen abgenommen worden ist und die Klägerin gegenüber ihrer Vertragspartnerin u.a. zur Zahlung der vereinbarten Zinsen verpflichtet ist.

Die Klägerin kann keinen Ersatz der Kosten für den Abschluss eines 48-monatigen Service-Management-Vertrags in Höhe von 682,00 EUR von der Beklagten verlangen. Selbst wenn die Klägerin diesen Vertrag abgeschlossen hat, muss sie sich von dem grundsätzlich zu ersetzenden Betrag die Vorteile abziehen lassen, die sie aus dem Vertrag gezogen hat. Die Klägerin hat nämlich während der gesamten Vertragslaufzeit, die zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abgelaufen war, alle Leistungen aus dem angeblichen geschlossenen Service-Vertrag in Anspruch genommen. Dem erstattungsfähigen Betrag stehen daher Nutzungsvorteile in gleicher Höhe gegenüber, die den Anspruch der Klägerin auf Null reduzieren.

Soweit die Klägerin darüber hinaus auch Ersatz der Kosten für die angeblich erworbenen Winterreifen von 504,99 EUR begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Winterreifen tatsächlich und zu dem behaupteten Preis erworben hat. Selbst wenn man ihren Vortrag als wahr unterstellt, wäre ihr insoweit kein Schaden entstanden bzw. sie müsse sich im Wege der Vorteilsausgleichung den Wert der weiter in ihrem Vermögen verbleibenden Reifen abziehen lassen. Die Klägerin ist weiterhin Eigentümerin der Winterreifen. Auch will sie diese nicht an die Beklagte zurückgeben, sondern sie vielmehr behalten. Dass die Winterreifen einen geringeren Wert gehabt hätten, als den Kaufpreis, den sie dafür gezahlt hat, behauptet die Klägerin selbst nicht einmal.

Die Klage ist schließlich auch unbegründet, soweit die Klägerin Ersatz der Kosten für “notwendige Reparaturmaßnahmen” von 916,59 EUR geltend macht. Auch insoweit muss sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichungen ersparte Aufwendungen abziehen lassen, die ihren etwa bestehenden Anspruch vollständig aufzehren. Bei genauer Betrachtung handelt es sich bei den von der Klägerin aufgewandten Kosten nicht um solche Kosten, die mit Mängeln an dem Fahrzeug zusammenhängen, sondern um allgemeine Wartungskosten, die ihr andernfalls auch bei einem anderen Fahrzeug entstanden wären.

2. Der Zinsanspruch folgt – soweit die Hauptforderung besteht – aus §§ 288, 291 BGB, im Übrigen ist er mangels Hauptforderung ebenfalls unbegründet.

3. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet. Aus den unter Ziff. 1 ausgeführten Gründen war die Beklagte verpflichtet, den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung an die Klägerin zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Mit der von der Klägerin geschuldeten Gegenleistung der Klägerin befand sich die Beklagte seit dem 14.01.2017 in Annahmeverzug, nachdem sie auf das wörtliche Angebot der Klägerin vom 04.01.2017 nicht reagiert und insbesondere ihrer Mitwirkungspflicht durch Annahme des Fahrzeugs nicht nachgekommen ist (§§ 293, 295 BGB).

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.029,35 EUR gemäß § 826 BGB. Die grundsätzliche Haftung ergibt sich aus den unter Ziff. 1 dargestellten Erwägungen. Zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden gehören auch vorgerichtliche Anwaltskosten als Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Der Höhe nach ist der Anspruch aber nur in Höhe von 1.029,35 EUR begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nur diejenigen Kosten verlangen, die erforderlich waren, um einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dabei handelt es sich in der Regel um die Kosten, die der Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellen durfte. Der Klägervertreter konnte für seine Tätigkeit nach den Vorschriften des RVG nur einen Betrag von 1.029,35 EUR abrechnen. Bei Zugrundelegung einer 1,3-Gebühr und einem Gegenstandswert von 14.656,76 EUR ergab sich nach Nr. 2300, 7002, 7008 VV RVG ein abrechenbares Honorar von 1.029,35 EUR.

Soweit die Klägerin höhere Anwaltskosten von der Beklagten verlangt, ist die Klage aus den vorgenannten Gründen unbegründet. Die Abrechnung einer 1,5-Gebühr anstelle der regelmäßig nach Nr. 2300 VV RVG anzusetzenden 1,3-Gebühr kommt nicht in Betracht, weil die Sache weder besonders umfangreich noch schwierig war. Es handelt sich um einen allenfalls durchschnittlich schwierigen und umfangreichen Fall des allgemeinen Kauf- und Deliktsrechts. Der Umfang oder die Schwierigkeit ist auch nicht aufgrund des Umstands als überdurchschnittlich anzusehen, dass der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgerichtlich – wie im Übrigen auch im Klageverfahren – alle möglichen Zeitungsartikel und Fernsehberichte insbesondere zu Vorkommnissen in den USA zusammengestellt und an die Beklagte übersandt hat (vgl. Bl. 116 ff. GA), weil die mediale Berichterstattung, noch dazu über Vorgänge im tatsächlich und rechtlich anders gelagerten Ausland, für die rechtliche Beurteilung des Falls ohne Belang ist. Die Kammer geht im Übrigen nur von einem Gegenstandswert von 14.656,76 EUR aus, weil sich dieser Wert ergibt, wenn man von dem Kaufpreis den vorgerichtlich anzusetzenden Nutzungsersatz – ausgehend von einer gefahrenen Kilometerzahl von 108.400 km (vgl. S. 11 des Mahnschreibens, Bl. 126 GA) – von 8.292,24 EUR abzieht.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 26.040,04 EUR.