Philipp451, Wikimedia Commons

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Der Kläger kaufte 2010 ein Neufahrzeug, das nach seiner Behauptung von dem sogenannten Abgasskandal betroffen ist. Er nimmt vor dem Landgericht Darmstadt die Beklagte zu 1 (Vertragshändlerin) auf Lieferung eines mangelfreien Pkw sowie die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 (Fahrzeughersteller) auf Schadensersatz, letztere aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB, in Anspruch. Der Sitz der Beklagten zu 1 sowie der Wohnsitz des Klägers befinden sich im Bezirk des LG Flensburg. Das OLG Frankfurt erachtet das LG Flensburg hinsichtlich beider Beklagter als zuständig. Dies ergebe sich hinsichtlich der Beklagten zu 1 aus den §§ 12, 17 ZPO, hinsichtlich der Beklagten zu 2 aus § 32 ZPO. Im Falle des Betrugs gemäß § 263 StGB sei tatbestandlicher Erfolg der Eintritt eines Schadens. In diesen Fällen stimmten ausnahmsweise der für § 32 ZPO (neben dem Handlungsort) entscheidende Erfolgsort und der Ort des Schadens überein. Dies sei der Belegenheitsort des Vermögens des Geschädigten, welcher regelmäßig dem Wohnort entspreche (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.07.2017 – 13 SV 6/17).

Als das örtlich zuständige Gericht wird das Landgericht Flensburg bestimmt.

Gründe

I.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19.01.2017 (Bl. 1 ff. d. A.) vor dem Landgericht Darmstadt Klage gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) erhoben, mit der er von der Beklagten zu 1) Lieferung eines mangelfreien Pkw und von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz verlangt.

Mit Kaufvertrag vom 10.06.2010 kaufte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1), einer A-Vertragshändlerin, ein Neufahrzeug der Marke A1 zu einem Kaufpreis von 22.816,51 €.

Der Wohnsitz des Klägers und der Sitz der Beklagten zu 1) befinden sich im Bezirk des Landgerichts Flensburg, die Beklagte zu 2) hat ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts Darmstadt.

Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Pkw A1 sei mangelhaft. Der Pkw sei mit einer Software versehen, die die Stickoxidwerte bei Abgasmessungen verändere, um die gesetzlichen Abgaswerte im Prüfstandlauf einzuhalten, wodurch die Überschreitung der Abgaswerte im Normalbetrieb des Fahrzeugs verschleiert werde. Die Beklagte zu 2) sei Herstellerin und Garantiegeberin des streitgegenständlichen Pkw. Sie habe die unerlaubte Software wissentlich und willentlich in die betreffende Modellreihe eingebaut.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegenüber der Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Pkw gemäß §§ 433, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 2. Alt. BGB und einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.844,98 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB. Die Beklagte zu 2) hafte gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gesamtschuldnerisch für den Schadensersatzersatzanspruch in Höhe von 6.844,98 €.

Mit Schriftsatz vom 08.03.2017 (Bl. 64 ff. d. A.) hat die Beklagte zu 1) die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Darmstadt gerügt. Örtlich zuständig für die Beklagte zu 1) sei das Landgericht Flensburg, in dessen Bezirk die Beklagte zu 1) ihren Sitz habe.

Mit Verfügung vom 10.03.2017 (Bl. 71 R d. A.) hat das Landgericht Darmstadt darauf hingewiesen, dass es die Ausführungen der Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 08.03.2017 für zutreffend halte, und angeregt, das Landgericht Flensburg im Verfahren nach §§ 36, 37 ZPO als zuständiges Gericht bestimmen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 24.03.2017 (Bl. 86 ff. d. A.) hat der Kläger Antrag bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestellt, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das “Landgericht für 24837 Schleswig” als das zuständige Gericht zu bestimmen.

Mit Schriftsätzen vom 18.04.2017 (Bl. 91 ff. d. A.) und vom 11.05.2017 (Bl. 101 ff. d. A.) hat sich die Beklagte zu 1) dem Antrag angeschlossen.

Schließlich hat sich auch die Beklagte zu 2) mit Schriftsatz vom 13.06.2017 (Bl. 108 ff. d. A.) mit einer “Verweisung” an das Landgericht Flensburg einverstanden erklärt.

II.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zur Entscheidung über den Antrag berufen.

Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des Gerichtsstands gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen im Ergebnis vor.

Zwar erfolgt nach der vorgenannten Vorschrift eine Bestimmung des Gerichtsstands grundsätzlich nur, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Ist ein gemeinsamer Gerichtsstand zuverlässig feststellbar, scheidet eine Gerichtsstandsbestimmung demgegenüber in der Regel aus (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 30.07.2012, 11 AR 142/12, juris Rn. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 36 Rn. 15). Maßgeblich ist insoweit der Vortrag des Klägers; eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 36 Rn. 15).

Im Streitfall ist allerdings ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand für beide Beklagten feststellbar, und zwar beim Landgericht Flensburg, und nicht etwa, wie der Kläger zunächst vertreten hat, beim Landgericht Darmstadt. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Darmstadt ist vielmehr für die gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemachten Ansprüche nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus der Regelung des § 35 ZPO, da diese ein zuständiges Gericht voraussetzt.

Hinsichtlich der Beklagten zu 1) ist das Landgericht Flensburg gemäß §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig, weil sie ihren Sitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts Flensburg hat. Für die Beklagte zu 2) ist ein besonderer Gerichtsstand beim Landgericht Flensburg gemäß § 32 ZPO begründet. Der Kläger stützt seine gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Ansprüche auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Der Begehungsort liegt dabei überall dort, wo ein Teilakt der unerlaubten Handlung verwirklicht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.2010, VI ZR 57/09, juris Rn. 8; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.05.2012, 5 U 110/11, juris Rn. 20; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 32 Rn. 16). Gehört der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung, ist damit (auch) der Ort des Schadenseintritts Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO (MüKoZPO/Patzina, 5. A. 2016, § 322 Rn. 20; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 32 Rn. 16). Werden Ansprüche auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützt, ist Begehungsort folglich (auch) der Belegenheitsort des Vermögens des Geschädigten, mithin in der Regel dessen Wohnsitz, denn geschütztes Rechtsgut der vorgenannten Vorschriften ist das Vermögen als solches (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 32 Rn. 16 m.w.N.). Der Wohnsitz des Klägers befindet sich ebenfalls im Bezirk des Landgerichts Flensburg.

Vorliegend ist aus – im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigenden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 36 Rn. 15 m.w.N.) – Gründen der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung dennoch eine Gerichtsstandsbestimmung dahingehend geboten, dass das Landgericht Flensburg als zuständiges Gericht bestimmt wird. Denn der im Ergebnis überflüssige Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung ist vom Kläger auf Anregung des Landgerichts Darmstadt gestellt worden. Ein weiterer, mit einer Zurückweisung des Antrags auf Gerichtsstandsbestimmung durch den Senat und anschließender Durchführung eines Verweisungsverfahrens vor dem Landgericht Darmstadt notwendigerweise verbundener Zeitverlust ist den – im Hinblick auf eine Zuständigkeit des Landgerichts Flensburg überdies übereinstimmenden – Parteien nicht zuzumuten.

Eine Kostenentscheidung ist im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nicht zu treffen, da dieses kostenrechtlich zu dem Verfahren gehört, für das der Gerichtsstand bestimmt werden soll (§ 16 Nr. 3a RVG; vgl. OLG München, Beschluss v. 31.07.2015, 34 AR 503/11, juris Rn 5; OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 15.12.2014, 11 AR 20/12, juris Rn. 6).