Die Klägerin ist Halterin eines geleasten Pkw und nach diesem Leasingvertrag ermächtigt, Schadensersatzansprüche des Fahrzeugeigentümers geltend zu machen. Ihr damaliger Geschäftsführer war mit dem Fahrzeug in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die Klägerin verlangte von dem Halter und Führer sowie dem Haftpflichtversicherer des gegnerischen Fahrzeugs Ersatz ihres gesamten aus dem Unfall resultierenden Schadens und insoweit Zahlung an sich selbst. Das LG Nürnberg-Fürth gelangt zu einer Haftungsquote von 60 % zu Lasten der Klägerin (Vorfahrtsverstoß ihres Geschäftsführers sowie Verstoß des Beklagten gegen die Rücksichtsnahmepflicht), so dass auch die Klage nur zu 40 % begründet sei.

Zwar verfolge die Klägerin einen Anspruch der Leasinggeberin als Eigentümerin des beschädigten Leasingfahrzeugs gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB, welchem mangels Zurechnungsnorm nach der BGH-Rechtsprechung ein Mitverschulden des Geschäftsführers oder die Betriebsgefahr des klägerischen Leasingfahrzeugs nicht entgegengehalten werden könne. Allerdings bestehe auch ein Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin gegen die Klägerin, welche sich ein Verschulden ihres Geschäftsführers über § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Daher hafteten die Beklagten und die Klägerin als Gesamtschuldner, so dass bei voller Inanspruchnahme des Beklagten ein Ausgleichsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin (§ 426 Abs. 2 BGB) bestehe. Die Klägerin verlange damit, soweit sie über die Haftungsquote hinausgehe, die Zahlung eines Betrages, welchen sie den Beklagten sofort wieder erstatten müsse, was gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (dolo agit qui petit quod statim redditurus est) verstoße.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 13.07.2017 – 2 O 8806/16

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 4.685,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene, anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 411,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 66% und die Beklagten als Gesamtschuldner 34% zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 13.663,27 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls vom 10.03.2016 in Schwabach, an der Kreuzung A F und H Straße/S Straße.

Die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin ist die Halterin des von ihr bei der S-Leasing GmbH geleasten PKW Skoda Superb, mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, welcher bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall durch den damaligen Geschäftsführer der Klägerin Herrn Peter N gefahren wurde. Der Beklagte zu 1 ist der Halter des unfallgegnerischen PKW Ford Mustang mit dem amtlichen Kennzeichen yyy, die Beklagte zu 2 ist der Kfz-Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1. Am Unfalltag befuhr der Geschäftsführer der Klägerin mit deren Fahrzeug gegen 13:20 Uhr die S Straße in Richtung A F, um diesen zu überqueren und geradeaus in die H Straße einzufahren. An der Einmündung der S Straße in die mit Zeichen 306 als Vorfahrtsstraße beschilderte Straße A F hielt der Fahrer des Klägerfahrzeuges. Von rechts näherte sich ein LKW mit Sattelauflieger und hielt auf Höhe der Einmündung zur S Straße. Der LKW-Fahrer winkte dem Geschäftsführer der Klägerin, er solle die Straße A F überqueren, während der LKW selbst wartend stehen blieb. Der Geschäftsführer fuhr sodann zur Überquerung der Straße A F an. Als der PKW der Klägerin gerade den stehenden LKW an dessen Frontseite passierte, kollidierte das Kläger-Fahrzeug mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1, welches rechts neben dem stehenden LKW vorbeifuhr. Im Zusammenhang mit dem Unfall entstanden der Klägerin durch die durchgeführte Reparatur Kosten in Höhe von 9.005,45 € und Sachverständigenkosten in Höhe von 952,80 €. Am Klägerfahrzeug trat eine unfallbedingte Wertminderung von 1.500,00 € ein. Außerdem entstanden der Klägerin Abschleppkosten in Höhe von 230,00 €, pauschale Unkosten in Höhe von 25,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 865,00 €. Die Beklagte zu 2 lehnte am 22.04.2016 eine Schadensregulierung ab.commons.wikimedia.org/wiki/File:Unfall_A99_Mercedes_mit_einged

Die Klägerin ist der Ansicht aktivlegitimiert zu sein, da sie aus ihrem Leasingvertrag zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche ermächtigt und verpflichtet sei. Der Beklagte zu 1 habe sich mit überhöhter Geschwindigkeit, jedenfalls mehr als 40 km/h, an dem stehenden LKW rechts vorbeigezwängt und dabei sowohl den am rechten Fahrbahnrand der Straße A F markierten Fahrradstreifen überfahren, als auch den Einmündungstrichter der H Straße befahren. Der Geschäftsführer der Klägerin sei seinerseits allenfalls mit 10 km/h über die Kreuzung gefahren. Er habe darauf vertrauen können, dass für andere Fahrzeuge ein Vorbeifahren an dem LKW mit ausreichendem Sicherheitsabstand nicht möglich sei. Die Klägerin behauptet einen unfallbedingten Nutzungsausfall für den Zeitraum der tatsächlich durchgeführten Reparatur vom 10.03.2016 bis zum 08.04.2016 in Höhe von 1.950 €; der Geschäftsführer N habe das beschädigte Fahrzeug auch privat genutzt. Die Klägerin ist der Meinung, dass das Überholen des LKW auf dessen rechter Seite mit hoher Geschwindigkeit unter Verwendung des Fahrradstreifens und des Einmündungstrichters grob verkehrswidrig gewesen sei, da die Straße A F in jede Richtung nur einspurig befahrbar sei. Bei dem Überholmanöver habe der Beklagte zu 1 die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen; er habe sich vor seinem Überholmanöver einen Überblick über die Verkehrslage verschaffen und feststellen müssen, ob nicht der LKW wegen die Straße kreuzenden Querverkehrs angehalten hatte. Der Geschäftsführer der Klägerin andererseits habe nicht mit einem den LKW überholenden Fahrzeug rechnen müssen.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 13.663,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene, anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 870,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Die Beklagten bestreiten aufgrund des Leasingverhältnisses die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Beklagten behaupten, dass der Beklagte zu 1 neben dem LKW genug Platz für ein Überholmanöver gehabt habe. Er sei mit ungefähr 10 km/h an dem LKW vorbeigefahren und dabei einem vor ihm fahrenden PKW nachgefolgt. Die Beklagten meinen, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Unfall durch seinen Vorfahrtsverstoß allein verschuldet habe. Der Unfall sei für den Beklagten zu 1 unvermeidbar gewesen. Angesichts der gewerblichen Nutzung des Klägerfahrzeugs könne nur entgangener Gewinn geltend gemacht werden. Der Klägerin habe außerdem ein weiteres Fahrzeug zur Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Beklagten bestreiten zudem die Dauer des behaupteten Nutzungsausfalls; ein solcher könne laut Schadensgutachten bei einer Reparaturdauer von 5-6 Tagen allenfalls für insgesamt zehn Tage entstanden sein.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen N, Mar und Mat sowie durch mündliches Gutachten des Sachverständigen Bäumler. Insoweit wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 01.06.2017 (Bl. 40 ff. d.A.). Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist nur teilweise erfolgreich.

I. Die Klägerin kann als Leasingnehmerin allerdings auch die unmittelbar fahrzeugbezogenen Ansprüche der Eigentümerin, der Leasinggeberin, in gewillkürter Prozesstandschaft geltend machen. Es ist zulässig, ein fremdes Recht in eigenem Namen im Prozess geltend zu machen, wenn der Berechtigte eine entsprechende Ermächtigung erteilt hat und der Kläger an der Durchsetzung des Rechts ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (vgl. BGH r+s 2017, 326; BGH VersR 2001, 1130). Diese Voraussetzungen, insbesondere auch das schutzwürdige Interesse der Klägerin, die sich ausdrücklich auf die ihr erteilte Ermächtigung beruft, sind hier zu bejahen (vgl. BGH r+s 2017, 326; OLG Nürnberg NJW-RR 2004, 1168; KG VRS 104, 92). Nach Ziff. X.4. des vorgelegten Leasingvertrages ist die Klägerin insoweit zur Schadensabwicklung berechtigt und verpflichtet.

II. Die Klage ist aber nur teilweise begründet, ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz besteht dem Grunde nach nur in Höhe von 40%.

1. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stellt sich der Unfallhergang wie folgt dar:

Der Beklagte zu 1 fuhr mit seinem Fahrzeug auf der Vorfahrtsstraße rechts an einem zum Linksabbiegen eingeordneten LKW vorbei. Der Beklagte zu 1 überfuhr dabei eine am rechten Fahrbahnrand aufgebrachte (Rad-)Markierung und bewegte sich mit den rechten Rädern in den Einmündungstrichter der untergeordneten Straße. Währenddessen überquerte der Fahrer des Klägerfahrzeugs auf entsprechendes Winkzeichen des wartenden LKW-Fahrers die Vorfahrtsstraße. Unmittelbar am rechten Fronteck des LKW kam es zur Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug, wobei dieses mit einer Geschwindigkeit von ca. 39-43 km/h fuhr, das Klägerfahrzeug mit ca. 15-20 km/h.

Diese Erkenntnisse fußen maßgeblich auf den Angaben des Fahrers des Klägerfahrzeugs und den Berechnungen des Sachverständigen, der anhand der objektiven Spurenlage insbesondere die räumlichen Verhältnisse und Fahrspuren der beteiligten Fahrzeuge überzeugend und nachvollziehbar erklären konnte. Soweit der Beklagte zu 1 die wesentlichen Eckpunkte (eigene Fahrlinie, Geschwindigkeit, etc.) anderes schilderte, ist dies mit Vorsicht zu genießen: Der Beklagte zu 1 war bei seinen Angaben ausschließlich auf das ihm zustehende Vorfahrtsrecht fixiert und ließ darüber hinaus praktisch keine anderen Umstände gelten. Seine Angaben zu der von ihm gefahrenen Fahrspur und Geschwindigkeit, sowie dem ihm zur Verfügung stehenden seitlichen Abstand standen im klaren Widerspruch zu den objektivierbaren Feststellungen des Sachverständigen. Insoweit kann zur Verdeutlichung auf die entsprechende maßstäbliche Skizze des Sachverständigen (Anlage zum Protokoll) Bezug genommen werden.

2. Der Beklagte zu 1 hat beim Überholen gegen seine ihm nach § 1 Abs. 1 StVO obliegende allgemeine Rücksichtnahmepflicht verstoßen.

a) Auf Seiten des Beklagten zu 1 ist aber kein Vorfahrtsverstoß gegeben. Der Beklagte zu 1 war nach § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. Zeichen 205, 306 StVO vorfahrtsberechtigt. Er hatte insbesondere nicht gegenüber dem Fahrer des Klägerfahrzeugs auf sein Vorfahrtrecht verzichtet (dazu sogleich unter 3b).

b) Der Beklagte zu 1 hat auch nicht gegen ein Überholverbot verstoßen.

Der Beklagte zu 1 war gehalten, grundsätzlich rechts an dem vor ihm befindlichen LKW vorbeizufahren bzw. diesen verkehrsbedingt haltenden LKW rechts zu überholen. Nach § 5 Abs. 7 S. 1 StVO ist derjenige rechts zu überholen, der seine Absicht, nach links abzubiegen, ankündigt und sich eingeordnet hat. Dies war bei dem im Kreuzungsbereich stehenden LKW nach den Angaben des Fahrers des Klägerfahrzeugs und des Beklagten zu 1 der Fall.

Für den Beklagten zu 1 bestand insoweit auch keine unklare Verkehrslage. Eine solche i.S.d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt vor, wenn nach allen Umständen mit einem gefahrlosen Überholen nicht gerechnet werden darf, etwa wenn sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich tun werde, wenn er sich unklar verhält, in seiner Fahrweise unsicher erscheint oder wenn es den Anschein hat, er wolle abbiegen, ohne dass dies deutlich wird (st. Rspr. z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. April 2017 – I-1 U 125/16, juris). Im Hinblick auf den zum Linksabbiegen angehaltenen und wartenden LKW war aus Sicht des Beklagten zu 1 eine derart unklare Situation nicht gegeben: Bei einer ansonsten klaren Verkehrslage im Bereich einer Straßeneinmündung braucht ein Vorfahrtberechtigter bei Einleitung eines Überholvorgangs ohne konkrete Anhaltspunkte nicht davon auszugehen, dass ein Wartepflichtiger im Bereich einer Straßeneinmündung seiner Wartepflicht nicht nachkommen wird (OLG Köln MDR 2011, 290).

Im Streitfall ist zwar zu sehen, dass für den Beklagten zu 1 aufgrund des im Kreuzungsbereich wartenden LKW die Sicht nach links in Richtung des Klägerfahrzeugs während des eigentlichen Überholvorgangs praktisch aufgehoben war. Dieser Umstand machte die Verkehrslage aber nicht derart unklar, dass von einem Überholen gänzlich abgesehen werden musste. Eine andere Frage ist, ob dem Beklagten zu 1 bei derart eingeschränkter Sicht auf den (wenngleich wartepflichtigen) Querverkehr erhöhte Sorgfaltspflichten für die Ausführung des Überholvorgangs oblagen (dazu sogleich).

c) Der Beklagte zu 1 hat gegen seine ihm nach § 1 Abs. 1 StVO obliegende allgemeine Vorsicht- und Rücksichtnahmepflicht verstoßen.

Dem Beklagten zu 1 musste aufgrund der von ihm im Kreuzungsbereich “vorgefundenen” Situation klar sein, dass er trotz Vorfahrtsberechtigung nicht ohne Weiteres mit einem ungefährdeten Überqueren der Kreuzung rechnen konnte. So war der LKW nach eigenen Angaben des Beklagten zu 1 schon längere Zeit im Kreuzungsbereich gestanden, jedenfalls befand er sich schon dort, als der Beklagte zu 1 die Kreuzung erreichte. Auch der Beklagte zu 1 selbst musste nach seinen Angaben hinter dem LKW anhalten. In dieser Situation musste damit gerechnet werden, dass das Abbiegemanöver des LKW nicht “planmäßig” abzulaufen schien – tatsächlich konnte der LKW ja offenbar auch wegen des Klägerfahrzeugs nicht problemlos nach links abbiegen. Unter Berücksichtigung der im “Schatten” des LKW absolut aufgehobenen Sicht nach links war der Beklagte zu 1 deshalb gehalten, sein Überholmanöver mit äußerster Vorsicht auszuführen. Er hätte hierzu eine Geschwindigkeit wählen müssen, die ihm ein Reagieren auf Querverkehr ermöglicht hätte. Dies wäre nach den Angaben des Sachverständigen bei gefahrener Schrittgeschwindigkeit, d.h. ca. 5 km/h möglich gewesen. Es stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht in der konkreten, jedenfalls nicht übersichtlichen Verkehrslage dar, wenn der Beklagte zu 1 mit einer “zügigen bis sportlichen Beschleunigung” – so der Sachverständige – im Vorbeifahren rechts neben dem LKW auf bis zu mindestens 39 km/h beschleunigte. Ein solches Anfahren muss stattgefunden haben, da sonst weder die Schäden am Klägerfahrzeug noch die Endstandsposition des Beklagtenfahrzeugs erzielbar gewesen wären.

d) Dem Beklagten zu 1 kann durch die Wahl seiner Fahrlinie nach rechts über die Fahrradmarkierung aber kein zusätzlicher unfallkausaler Verstoß gegen Zeichen 340 StVO vorgeworfen werden. Demnach darf ein auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierter Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf überfahren werden. Nach der entsprechenden Erläuterung zu Zeichen 340 ist ein derartiger Schutzstreifen für den Radverkehr in regelmäßigen Abständen mit dem Sinnbild “Radverkehr” auf der Fahrbahn gekennzeichnet. Für eine solche Markierung ist aber weder etwas vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Damit kann schon nicht von einem rechtlich relevanten Schutzstreifen ausgegangen werden, sondern nur von einer zur allgemeinen Orientierungserleichterung dienenden Markierung.

Zudem ist der Fahrer des Klägerfahrzeugs als Kraftfahrer nicht in den Schutzbereich des Schutzstreifens als Teil der Fahrbahn einbezogen, dessen Sinn und Zweck schon nach dem Wortlaut der Vorschrift allein darin besteht, die Gefährdung von Radfahrern auszuschließen (KG VersR 2011, 1199; Lafontaine in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 42 StVO Rn. 92).

d) Dem Beklagten zu 1 kann schließlich auch kein unfallkausaler Verstoß gegen den einzuhaltenden Seitenabstand vorgehalten werden.

Nach § 5 Abs. 4 S. 2 StVO muss beim Überholen ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere zu den zu Fuß Gehenden und zu den Rad Fahrenden, eingehalten werden. Aufgrund der räumlichen Verhältnisse, wie sie sich auf einer vom Sachverständigen gefertigten maßstäblichen Skizze ersehen lassen, ist zwar davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1 mit recht geringem Abstand rechts am LKW vorbeigefahren ist. Hierbei ist aber zum einen zu sehen, dass sich die Frage des gebotenen Seitenabstandes stets nach dem Einzelfall richtet (Helle in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 5 StVO Rn. 68 f. m.w.N.), so dass bei einem – wie hier – stehenden LKW auch ein geringerer Abstand zulässig ist. Entscheidend ist aber, dass die Regeln zum vom Überholer nach § 5 Abs. 4 StVO einzuhaltenden Seitenabstand nicht den Schutz vom Fahrbahnrand anfahrender (vgl. dazu KG NZV 2006, 371) oder eben querender Verkehrsteilnehmer bezweckt, sondern den Schutz des Überholten. Auf einen etwaigen Verstoß kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen.

3. Der Fahrer der Klägerin hat das dem Beklagten zu 1 nach § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. Zeichen 205, 306 StVO zustehende Vorfahrtsrecht verletzt.

a) Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Fläche der Kreuzung oder des Einmündungsbereichs. Der Vorfahrtsbereich wird bei rechtwinklig einmündenden Straßen und bei rechtwinkligen Straßenkreuzungen von den Fluchtlinien der Fahrbahnen beider Straßen gebildet. Bei einer trichterförmig erweiterten Einmündung erstreckt sich die Vorfahrt nicht nur auf das durch die Fluchtlinie der Fahrbahnen beider Seiten gebildete Einmündungsviereck, sondern umfasst auch die ganze bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterte bevorrechtigte Fahrbahn (BGH r+s 2014, 364). Eine Markierung des Verlaufs des bevorrechtigten Straßenzugs auf der Kreuzung durch eine rechtsseitig verlaufende bogenförmige unterbrochene weiße Linie ändert nichts am Umfang der Vorfahrtsberechtigung (BGH aaO).

Dass der Beklagte zu 1 beim Vorbeifahren am LKW nach den Ausführungen des Sachverständigen mit den rechten Rädern leicht in den Einmündungstrichter nach rechts gefahren ist, ist somit unbeachtlich. Der Beklagte zu 1 hatte die Vorfahrtsstraße zum Zeitpunkt der Kollision noch nicht zur Gänze verlassen. Demgemäß musste der Fahrer des Klägerfahrzeugs bei der Querung die Vorfahrt des Beklagten zu 1 beachten und durfte diesen weder gefährden noch wesentlich behindern (§ 8 Abs. 2 S. 2 StVO).

b) Der Fahrer des Klägerfahrzeugs kann sich nicht auf einen Verzicht auf das Vorfahrtsrecht berufen.

Nach § 11 Abs. 3 Hs. 2 StVO darf man auf einen Verzicht nur vertrauen, wenn man sich mit dem oder der Verzichtenden verständigt hat. Hier hat eine Verständigung aber nach Angaben des Fahrers des Klägerfahrzeugs und des Zeugen M. nur zwischen jenem und dem LKW-Fahrer, nicht aber mit dem vorfahrtsberechtigten Beklagten zu 1 stattgefunden.

c) Dass der Fahrer des Klägerfahrzeugs durch (zwei) weitere Fahrzeug, die unmittelbar vor dem Beklagtenfahrzeug am LKW vorbeigefahren waren gleichsam “gewarnt” gewesen wäre, lässt sich nach der Beweisaufnahme nicht mit hinreichender Sicherheit sagen. Zwar wurde durch den Beklagten zu 1 von zwei solchen ihm vorausfahrenden Fahrzeugen berichtet, doch kann den Angaben des Beklagten zu 1 insoweit keine hinreichende Überzeugungskraft beigemessen werden (s.o.). Die Angaben des Fahrers des Klägerfahrzeugs und der beiden unbeteiligten Zeugen lassen einen hinreichenden Schluss auf in räumlich-zeitlich relevantem Zusammenhang gegenwärtige Fahrzeuge nicht zu, sprechen vielmehr eher dagegen.

4. Aufgrund der für beide Fahrer festgestellten Verkehrsverstöße können sich weder Klägerin noch Beklagte auf die Unabwendbarkeit der Kollision i.S.d. § 17 Abs. 3 S. 3 StVG berufen: Als unabwendbar gilt ein Ereignis demnach nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.

Die damit nach § 17 Abs. 1, 2 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren (zum Sonderfall Leasing-Fahrzeug sogleich) führt zu einer leicht überwiegenden Eigenhaftung der Klägerin von 60%.

Zwar wird in der Rspr. im Regelfall von einer klar überwiegenden Haftung des Vorfahrtverletzers ausgegangen, auch wenn der vorfahrtsberechtigte Fahrer im Einmündungsbereich ein stehendes Fahrzeug überholt (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen 14. Auf. Kap. A. Rn. 22 ff.). Hier ist die Betriebsgefahr des Überholers aber durch die für die Sicht- und Verkehrsverhältnisse massiv überhöhte Geschwindigkeit merklich heraufgesetzt. Dem Beklagten zu 1 hätte sich geradezu aufdrängen müssen, dass aufgrund der Blockierung der Kreuzung durch den LKW andere Fahrzeuge die Vorfahrtsstraße queren würden, zumal aufgrund der jedenfalls nicht großzügig dimensionierten Platzverhältnisse rechts neben dem LKW für Querverkehr allenfalls mit einem vorsichtigen Vorbeifahren von Vorfahrtsberechtigten zu rechnen war. Demgegenüber hätte sich der an sich wartepflichtige Fahrer des Klägerfahrzeugs eben aufgrund der vorgenannten Umstände nur mit äußerster Vorsicht und in des Wortes Bedeutung sofortiger Bremsbereitschaft in den Sichtschatten des LKW hineintasten dürfen. Die hierbei tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit – der Fahrer selbst spricht von einem “normalen” (An-)Fahren – von mindestens 15 km/h wird dem keinesfalls gerecht.

In der Gesamtschau stellt sich der Verursachungsbeitrag des Klägerfahrzeugs wegen der hohen Bedeutung des Vorfahrtrechts doch als leicht überwiegend dar. Im Ergebnis ist deshalb eine Haftungsteilung von 60% zu Lasten der Klägerin auszusprechen. Die hierin liegende Abweichung gegenüber der – vor Beweisaufnahme erfolgten – Einschätzung aus der Verfügung vom 26.01.2017 beruht auf dem Umstand, dass sich die vom Beklagtenfahrzeug gefahrene Geschwindigkeit nunmehr doch als gravierend höher darstellt.

5. Die vorstehende Haftungsquote wird im Ergebnis nicht durch den Umstand beeinflusst, dass es sich beim Klägerfahrzeug um ein Leasing-Fahrzeug handelt.

Die – lediglich im eigenen Namen der Klägerin – verfolgten Ansprüche der S-Leasing als Eigentümerin des Klägerfahrzeugs betreffend (u.a.) Reparaturkosten und Wertminderung können wegen des Verschuldens des Fahrers des Beklagtenfahrzeugs, des Beklagten zu 1 auch auf § 823 Abs. 1 BGB gestützt werden. Diesem Anspruch kann mangels Zurechnungsnorm ein Mitverschulden des Fahrers oder die Betriebsgefahr des klägerischen Leasingfahrzeugs aber an sich nicht entgegengehalten werden (BGH, 7.3.2017 – VI ZR 125/16, r+s 2017, 326; BGH, 10.7.2007 – VI ZR 199/06, r+s 2007, 435). Die “eigenen” Ansprüche der Leasinggeberin wären damit grundsätzlich “ohne Quote” ungekürzt zuzusprechen.

Da hier allerdings für den Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin dem Grunde nach nicht nur der Beklagte zu 1 nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG und die Beklagte zu 2 nach § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VVG einzustehen haben, sondern auch die Klägerin selbst als Leasingnehmerin, kann sich diese nach Treu und Glauben nicht in vollem Umfang auf die ihr erteilte Prozessstandschaft stützen.

Ein Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin gegen ihre Leasingnehmerin lässt sich zwar nicht auf § 7 Abs. 1 StVG stützen, da diese Norm nicht das gehaltene Fahrzeug selbst schützt (BGH 7.12.2010 – VI ZR 288/09, r+s 2011, 132). Auch ein Anspruch der Leasinggeberin gegen die Klägerin als Leasingnehmerin aus § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht, da die Klägerin nicht selbst gehandelt hat bzw. gefahren ist, sondern der Zeuge N. Ob dieser Verrichtungsgehilfe der Klägerin ist, was eine Haftung der Klägerin nach § 831 BGB eröffnen könnte, ist nach dem Sachvortrag nicht zu beurteilen. Ein Anspruch gegen die Klägerin besteht aber jedenfalls nach §§ 280 Abs. 1, 278 BGB. Der Klägerin obliegt als Leasingnehmerin aus dem Leasingvertrag die vertragliche Nebenpflicht, den ihr überlassenen Leasinggegenstand pfleglich zu behandeln – nach Ziff. XI.1. haftet die Klägerin als Leasingnehmerin für Beschädigung des Leasingfahrzeugs sogar ohne Verschulden. Die (schuldhafte) Verletzung dieser Pflicht durch den Fahrer N hat sich die Klägerin nach § 278 BGB zurechnen zu lassen. Damit besteht zwischen den Beklagten zu 1 und 2 und der Klägerin eine Gesamtschuldnerschaft gegenüber der Leasinggeberin, die bei der vollen Inanspruchnahme der Beklagten einen Ausgleichsanspruch begründet. Dieser orientiert sich dem Grunde nach an § 17 Abs. 1 StVG, der auch im Rahmen des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB wirkt (vgl. BGH, 5.10.2010 – VI ZR 286/09, r+s 2011, 34).

Da die Klägerin Zahlung an sich selbst verlangt, verhält sie sich widersprüchlich: Sie beansprucht eine Leistung, die sie im Umfang der Haftungsquote bei Inanspruchnahme als Gesamtschuldnerin durch die “vorleistenden” Beklagten sofort wieder zurückzahlen müsste. In einer solchen Situation ist es treuwidrig, wenn die Klägerin die ihr aufgrund (wenngleich: wirksam) eingeräumter Prozessstandschaft eröffneten prozessualen Rechte in vollem Umfang (“Haftungsquote” 100%) beansprucht. Deshalb können die Beklagten dem Anspruch der Leasinggeberin auf Zahlung an die Klägerin den ihnen selbst gegen diese zustehenden gesamtschuldnerischen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 S. 2 BGB entgegenhalten (§ 242 BGB; dolo agit qui petit quod statim redditurus est: Lemcke r+s 2014, 579; Nugel NZV 2009, 313, 316).

Im Ergebnis unterliegt damit auch der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten und der Wertminderung einer Kürzung.

III. Zur Schadenshöhe:

1. Die Kosten für die Reparatur des Klägerfahrzeugs (9.005,45 €), Sachverständigenkosten (952,80 €), Wertminderung (1.500,00 €), Abschleppkosten (230 €) und die Unkostenpauschale (25,00 €) sind der Höhe nach unstreitig; sie können nach dem Vorstehenden allesamt jeweils in Höhe von 40% geltend gemacht werden und belaufen sich damit in Summe auf 4.685,30 €.

2. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallersatz für die entgangene Nutzung des Klägerfahrzeuges besteht für die Klägerin hingegen nicht.

Ein solcher Anspruch fußt nicht auf der Verletzung des Eigentumsrechts der (nicht nutzenden) Leasinggeberin und ist deshalb nicht Gegenstand der Prozessstandschaft (vgl. OLG Düsseldorf r+s 2016, 633). Grundlage wäre insoweit die Beeinträchtigung der berechtigten Besitzausübung. Der unmittelbare Besitz gehört zu den von § 823 Abs. 1 BGB und § 7 Abs. 1 StVG geschützten Rechten bzw. Rechtsgütern (BGH VersR 1981, 161; vgl. auch BGH r+s 2015, 156).

Ein Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens scheitert im Streitfall indes sowohl für die gewerbliche als auch die behauptet zusätzlich private Nutzung des Klägerfahrzeugs durch den Geschäftsführer der Klägerin. Zwar ist in der obergerichtlichen Rspr. zu Recht anerkannt, dass auch bei einer gemischten Nutzung (privat/gewerblich) eines Fahrzeuges für den privaten Nutzungsanteil grundsätzlich anteilige Nutzungsausfallentschädigung beansprucht werden kann (OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 15714; OLG Jena NJW-RR 2004, 1030; OLG Frankfurt NJW 1985, 2955; KG, Urteil vom 18. Dezember 1975 – 22 U 1701/75, juris). Voraussetzung eines jeden Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung ist jedoch, dass eine fühlbare Nutzungsentbehrung eintritt. Wenn der Geschädigte den Nutzungsausfall durch den zumutbaren Einsatz eines ihm zur Verfügung stehenden zweiten Fahrzeugs überbrücken kann, steht ihm eine Nutzungsausfallentschädigung nicht zu (BGH VersR 1985, 963).

Hier haben die Beklagten mit der Klageerwiderung zulässig mit Nicht-Wissen bestritten (§ 138 Abs. 2 ZPO), dass dem Geschäftsführer der Klägerin kein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestanden hat. Den der Klägerin als Anspruchsstellerin obliegenden Beweis für eine entsprechende fühlbare Nutzungsentbehrung hat jene aber nicht angetreten.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass es für den “privaten” Nutzungsentfall an der Aktivlegitimation der Klägerin fehlt. Insoweit könnte lediglich dem (ehemaligen) Geschäftsführer der Klägerin als Privatperson ein Anspruch aus einer Verletzung seines ihm von der Klägerin vertraglich eingeräumten Besitzrechts zustehen (vgl. Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 249 BGB Rn. 210).

3. Die berechtigten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind ausgehend von einem Gegenstandswert von 4.685,30 € zu berechnen. Bei einer 1,3 Gebühr zzgl. 20,00 € Auslagenpauschale können 411,30 € verlangt werden.

4. Der Zinsanspruch beruht auf § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Verzugseintritts sind zwischen den Parteien unstreitig. Der Beklagte zu 1 muss sich im Rahmen der Regulierungsvollmacht der Beklagten zu 2 nach A 1.1.4 AKB deren Leistungsverweigerung zurechnen lassen (vgl. OLG Saarbrücken BeckRS 2015, 08438; OLG Nürnberg NJW 1974, 1950).

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.