Das ca. zehn Jahre alte Fahrzeug des Klägers mit einer Laufleistung von ungefähr 287.000 km wurde bei einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte vollständig haftet, beschädigt. Nachdem er seinen Schaden zunächst fiktiv abrechnete, ist er während des Prozesses – zulässigerweise – auf die konkrete Schadensabrechnung übergegangen und gab an, da ein vergleichbares Fahrzeug auf dem regionalen Markt nicht zu finden gewesen sei, habe er für die Abholung und Überführung eines weiter entfernten Fahrzeugs 328,70 € aufwenden müssen. Das LG Saarbrücken hat die Verfügbarkeit eines vergleichbaren Fahrzeug auf dem regionalen Markt dahinstehen lassen. Der Kläger sei ohnehin nicht verpflichtet gewesen, sich auf Ersatzfahrzeuge des regionalen Markts zu beschränken. Das Wirtschaftlichkeitsverbot sei erst dann verletzt, wenn für die Wiederbeschaffung Nebenkosten anfallen, die unverhältnismäßig sind, so dass sie der Geschädigte bei vernünftiger Betrachtung nicht mehr für erforderlich halten darf. Auch seien die Kosten nicht überhöht, nachdem die Überführungskosten gängiger Autohersteller zwischen 400,- und 900,- € lägen (LG Saarbrücken, Urteil vom 19.05.2017 – 13 S 185/16).

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 08.11.2016 – 122 C 417/15 (14) – teilweise abgeändert und die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 578,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2015 aus einem Betrag von 250,- € und aus einem weiteren Betrag von 328,70 € seit dem 17.11.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in der 1. Instanz tragen der Kläger zu 75% und die Beklagte zu 25%. Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 84% und die Beklagte 16%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 20.10.2014 in … ereignet hat und für den die Beklagte vollumfänglich haftet. Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers, ein BMW 320d Touring, Erstzulassung 13.08.2004, Laufleistung ca. 287.000 km, beschädigt.

Die Beklagte hat den Kfz-Schaden auf der Grundlage eines von dem Kläger eingeholten Schadensgutachtens am 05.11.2014 abgerechnet. Der Kläger hat nach der Regulierung durch die Beklagten einen BMW 320d Touring, Erstzulassung 18.02.2004, Laufleistung ca. 188.000 km erworben.

Mit seiner Klage hat er neben einer – in der Berufung nicht mehr streitigen – Nutzungsausfallentschädigung von 250,- € tatsächlich entstandene Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ersatzbeschaffung in Höhe von 328,70 € und Prämiennachteile bei seiner Haftpflicht- und Kaskoversicherung in Höhe von 1.172,29 €, mithin insgesamt 1.750,90 € nebst Zinsen geltend gemacht sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm zum Ersatz des zukünftigen Prämienschadens verpflichtet ist. Der Kläger hat vorgetragen, ein vergleichbares Fahrzeug sei auf dem regionalen Markt nicht zu finden gewesen, weshalb er eine Bekannte mit der Abholung und Überführung eines vergleichbaren Fahrzeugs aus … im Landkreis … habe beauftragen müssen. Seinen Prämienschaden hat er damit begründet, dass er allein wegen des Fahrzeugwechsels nunmehr eine Versicherungsprämie von 307,58 € gegenüber 184,30 € aus dem früheren Vertrag zahlen müsse.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat behauptet, der Kläger habe ein gleichwertiges Fahrzeug auch auf dem regionalen Markt finden können.

Das Amtsgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klage – bis auf den geltend gemachten Nutzungsausfall – abgewiesen. Zur Begründung hat die Erstrichterin ausgeführt, die Überführungskosten stellten keinen ersatzfähigen Schaden dar. Dass der Kläger ein gleichwertiges Fahrzeug auf dem regionalen Markt nicht habe finden können, sei trotz gerichtlichen Hinweises nicht dargelegt worden. Die behaupteten Mehrkosten für die Kfz-Versicherung seien als Unfallschaden ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die Ansprüche im Umfang der Klageabweisung weiter verfolgt. Er rügt, dass das Amtsgericht die Beweislast im Rahmen des Schadensersatzanspruchs verkannt und ihn im Übrigen auch nicht angehört habe. Darüber hinaus meint der Kläger, nach dem Grundsatz der Naturalrestitution sei allein dem Schädiger anzulasten, dass er eine Kfz-Versicherung zu schlechteren Prämienbedingungen abgeschlossen habe.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach § 7 StVG, § 823 BGB i.V.m. § 115 VVG ein Anspruch auf Ersatz der im Zuge seiner Ersatzbeschaffung tatsächlich entstandenen Aufwendungen zu. Diese Aufwendungen sind Teil des nach § 249 Abs. 1 Satz 2 BGB ersatzfähigen Schadens.

a) Richtig ist allerdings, dass bei fiktiver Abrechnung eines Kraftfahrzeugsachschadens der nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.2006 – VI ZR 174/05, VersR 2006, 1088; Kammer, Urteil vom 15.05.2015 – 13 S 12/15, Zfs 2016, 85; Freymann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl., § 249 BGB Rn. 264, 81). Der Geschädigte, der im Gegenzug nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden gibt. Er muss sich in diesem Fall an der gewählten Art der Schadensabrechnung festhalten lassen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (BGH, st. Rspr.; vgl. Urteile vom 30.05.2006 – VI ZR 174/05, VersR 2006, 1088; vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15, VersR 2017, 115 und vom 24.01.2017 – VI ZR 146/16, VersR 2017, 441 m.w.N.).

b) Der Geschädigte, der – wie hier der Fall – zunächst seinen Schaden fiktiv abrechnet, kann indes im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung zur konkreten Schadensabrechnung übergehen, sofern sich nicht aufgrund der konkreten Umstände des Regulierungsgeschehens etwas Abweichendes ergibt (vgl. BGHZ 169, 263; Urteil vom 24.01.2017 – VI ZR 146/16, VersR 2017, 441). Davon ist hier auszugehen. Denn der Kläger hat zuletzt – wie der klägerische Prozessbevollmächtigte noch einmal im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt hat – seinen Schaden konkret abgerechnet, indem er die Kosten für den Erwerb des Ersatzfahrzeugs, die über dem gutachterlich ermittelten Wiederbeschaffungswert liegen, bis zur Höhe des vom Gutachter festgestellten Brutto-Wiederbeschaffungswerts geltend gemacht und – unwidersprochen – erklärt hat, er habe bei der tatsächlichen Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs den Restwert erzielt, den der Gutachter ausgewiesen habe. Da weder Umstände ersichtlich noch vorgetragen sind, die dem zulässigen Übergang von der fiktiven zur konkreten Schadensabrechnung hier entgegenstehen könnten, ist der Kläger mithin berechtigt, den objektiv zur Ersatzbeschaffung erforderlichen Betrag mit Bezug zu den tatsächlich getätigten Aufwendungen abzurechnen.

c) Hiervon ausgehend steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der mit der Abholung des Ersatzfahrzeugs in … entstandenen Aufwendungen in Form von Fahrtkosten und tatsächlich angefallenen Fremdkosten, mithin in Höhe von 328,70 € zu.

aa) Anders als bei einer fiktiven Schadensabrechnung kann der Geschädigte bei konkreter Schadensabrechnung die im Zuge der Ersatzbeschaffung tatsächlich entstandenen Aufwendungen wie z.B. Transportkosten ersetzt verlangen, soweit sie zur Schadensbehebung erforderlich waren. Denn es handelt sich dabei um (Neben-)Kosten, die bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes nicht berücksichtigt werden und die deshalb neben dem Ersatz des eigentlichen Wiederbeschaffungsaufwands als selbstständige Schadenspositionen im Rahmen des § 249 Abs. 1 Satz 2 BGB ersatzfähig sind (vgl. OLG Sachsen-Anhalt, NZV 2011, 342; LG Fulda, VersR 1990, 1017; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl., § 249 BGB Rn. 264).

bb) Die von dem Kläger geltend gemachten Nebenkosten waren zur Schadensbehebung erforderlich. Dabei kann unter den gegebenen Umständen dahinstehen, ob – wie die Beklagte behauptet – ein vergleichbares Ersatzfahrzeug auch auf dem regionalen Markt zu finden gewesen wäre, so dass die mit der Ersatzbeschaffung in … verbundenen Aufwendungen nicht entstanden wären.

Der Geschädigte ist in der Art und Weise der Ersatzbeschaffung grundsätzlich frei. Er darf im Rahmen einer (wirtschaftlichen) Naturalrestitution selbst entscheiden, ob er statt des beschädigten Fahrzeugs ein Neufahrzeug oder ein gebrauchtes Fahrzeug erwirbt und von wem (vgl. BGHZ 158, 388; 162, 270). Er ist weder verpflichtet, seine Suche nach einem Ersatzfahrzeug zunächst auf den regionalen Markt zu beschränken, um die Kosten für den Geschädigten gering zu halten, noch dürfen ihm die von dem Schädiger und dessen Versicherung gewünschten Beschaffungsmodalitäten aufgezwungen werden. Andernfalls würden die richterrechtlich geprägten Grundsätze des Schadensrechts ausgehöhlt, die den Geschädigten auch bei der Ersatzbeschaffung als „Herrn des Restitutionsgeschehens“ sehen und diesen bei konkreter Schadensabrechnung gegenüber dem fiktiv abrechnenden Geschädigten privilegieren (vgl. hierzu Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl., § 249 BGB Rn. 80 m.w.N. zur Rspr.). Der Geschädigte ist danach zwar nicht völlig von dem Gebot zu wirtschaftlichem Handeln befreit, wenn er zum Zwecke der Ersatzbeschaffung Aufwendungen macht, die bei einer anderen Art und Weise der Ersatzbeschaffung nicht angefallen wären (zum Wirtschaftlichkeitsgebot bei Ersatzbeschaffung vgl. nur BGHZ 181, 242 m.w.N.). Eine Verletzung des Gebots zu wirtschaftlichem Handeln liegt allerdings erst dann vor, wenn bei der tatsächlichen Wiederbeschaffung Nebenkosten anfallen, die unverhältnismäßig sind, so dass sie der Geschädigte bei vernünftiger Betrachtung nicht mehr für erforderlich halten darf.

Dass der Kläger nach diesen Grundsätzen die Nebenkosten in Höhe von 328,70 €, die für die Überführung des Ersatzfahrzeugs angefallen sind, nicht für erforderlich halten durfte, ist nicht ersichtlich. Dass sich die angefallenen Kosten von 328,70 € in einem angemessenen Rahmen halten, ergibt sich schon daraus, dass bei der Überführung von Neufahrzeugen der gängigen Autohersteller Kosten zwischen 400,- und 900,- € liegen (vgl. hierzu die Untersuchung von meinauto.de, Stand: 06.10.2014, abrufbar über www.t-online.de sowie die Aufstellung von auto motor und sport, abrufbar über http://www.auto-motor-und-sport.de/news/fahrzeug-ueberfuehrungskosten-das-verlangen-die-haendler-11671210.html).

Die Verpflichtung zur Entrichtung von Zinsen aus diesem Betrag folgt aus §§ 288, 291 BGB.

2. Die weiteren Angriffe der Berufung gegen die Feststellungen der Erstrichterin bleiben ohne Erfolg. Zu Recht ist die Erstrichterin davon ausgegangen, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten in seiner Kfz-Versicherung noch ein entsprechender Feststellungsanspruch zusteht.

a) Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs nicht auf die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle des Ersatzes des sog. Rückstufungsschadens berufen (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2006 – VI ZR 247/05, VersR 2007, 81 m.w.N.). Denn der Kläger macht hier keinen Anspruch wegen Rückstufung geltend, sondern begehrt vielmehr den Ersatz von Prämiennachteilen, die er, ohne rückgestuft worden zu sein, allein durch den Neuabschluss einer Kasko- und Haftpflichtversicherung wegen des durch die Ersatzbeschaffung bedingten Fahrzeugwechsels erlitten haben will.

b) Diese Mehrkosten sind hier allerdings nicht nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähig. Denn der Kläger hat nicht nachweisen können, dass die höheren Versicherungsprämien kausal auf den Unfall zurück zu führen sind. Anders als die Erstrichterin meint, lässt sich die Erhöhung der Prämien allerdings nicht mit den geänderten Regional- und Schadenfreiheitsklassen im neuen Versicherungsvertrag erklären. Denn diese wirken sich überwiegend vorteilhaft auf die Höhe der Prämie aus. Die Erstrichterin hat aber zutreffend festgestellt, dass sich der neue Versicherungsvertrag gegenüber dem alten wesentlich in der Eingruppierung des Versicherungsnehmers unterscheidet. Während der alte Versicherungsvertrag den Kläger in die Tarifgruppe der „Versicherungsangestellten“ eingruppierte, sieht der neue Versicherungsvertrag die Tarifgruppe „Normal“, also eine ungünstigere Tarifgruppe, vor. Die Änderung der Tarifgruppe hat sich mithin zuungunsten des Klägers ausgewirkt. Damit kann aber – wie die Erstrichterin ebenfalls zu Recht und von der Berufung auch nicht im Einzelnen angegriffen festgestellt hat – nicht mehr von der Unfallbedingtheit der Prämienerhöhung ausgegangen werden. Dabei berücksichtigt die Kammer insbesondere, dass der Kläger auch ohne den Unfall verpflichtet gewesen wäre, Änderungen mitzuteilen, die die Merkmale zur Beitragsberechnung betreffen (vgl. etwa die Regelung in K.4 der AKB 2015), so dass eine Erhöhung der Prämiensätze auch unfallunabhängig eingetreten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).