Quelle: pixabay.com

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Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlassten die Angeklagten den Nebenkläger, einen LKW-Fahrer, auf einer Autobahn durch Handzeichen von ihrem PKW aus zum Anhalten auf einem Rastplatz. Der Nebenkläger ging – wie von den Angeklagten beabsichtigt – von einer zivilen Polizeistreife aus. Auf dem Rastplatz wurde er von einem Angeklagten mit einer Pistole bedroht und in seiner Kabine gefesselt. Später luden die Angeklagten Waren im Wert von 450.000 Euro auf ein anderes Fahrzeug um.

Das Landgericht verneinte einen räuberischen Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a Abs. 1 StGB) mit der Begründung, der Nebenkläger sei auf dem Rastplatz mit abgestelltem Motor kein Führer eines KFZ mehr gewesen. Nach Ansicht des 2. Strafsenats des BGH hingegen liegt eine Verurteilung wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer nahe. Daher hat er die Sache an den für Verkehrsstrafsachen zuständigen 4. Strafsenat abgegeben (Beschluss vom 23.07.14, Az. 2 StR 105/14):

Für die hier entscheidungserhebliche Frage, ob der Nebenkläger „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 316a Abs. 1 StGB war, kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der „Angriff“ der Angeklagten erfolgte. Nach Ansicht des Senats war der Beginn des Angriffs nicht erst in dem Moment gegeben, als H. den Nebenkläger auf dem Rastplatz bedrohte. Vielmehr begann der Angriff bereits mit dem Herauswinken auf der BAB 3, also zu einem Zeitpunkt, als der Nebenkläger den LKW führte.

Nach der (neuen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Meinung reicht es für das Merkmal des „Angriffs“ nicht aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast gegenüber einem Taxifahrer ein falsches Fahrziel angibt; ebenso bei Vortäuschen eines Unfalls oder einer sonstigen Notlage, um einen Kraftfahrzeugführer zum Anhalten zu bewegen.

Hiervon abzugrenzen sind Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wirkung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.

Fälle einer vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substanziell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände (vorgetäuschte Panne; Anhalter); sie entsprechen vielmehr Fällen der Straßensperre. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch Haltezeichen durch Polizeibeamte kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, und befindet sich daher objektiv in einer (irrtümlich als gerechtfertigt angesehenen) Nötigungssituation.

Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird daher bereits dann eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubs eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht.